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My son, my son, what have ye done

Gestartet: 24 Nov 2010 18:01 - 10 Antworten


Veröffentlichung:
18.11.2010
Laufzeit:
91 Minuten
Schauspieler:
Regisseur:
Produktion:
Kategorie:
Altersfreigabe:
#1
Geschrieben: 24 Nov 2010 18:01

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My son, my son, what have ye done - Werner Herzog 2009

Die Erwartungen sind hoch, wenn sich Werner Herzog und David Lynch zu einem gemeinsamen Projekt entschließen. Die gespannten Cineasten in ihren heimischen Kinosesseln frohlockten, als die frohe Kunde sie erreichte. Nicht weniger als ein Meisterwerk erhofften sie sich. In ihren langen Karrieren hinterließen die beiden Filmkünstler zahlreiche faszinierende und verstörende Bilder in den Köpfen der Zuschauer. Wer erinnert sich nicht an das Boot, das Herzog in Fitzcarraldo über einen Berg ziehen ließ. Brutal hämmerte Lynch in Twin Peaks die tote Laura Palmer in das Gedächtnis eines geschockten Fernsehpublikums. Zusammen begaben sie sich an die Adaption eines Gewaltverbrechens. Herzog übernahm den Regiestuhl und David Lynch produzierte den Film. Ob es auch My son, my son, what have ye done gelingt, einen bleibenden Eindruck in der kollektiven Erinnerung der Filmfreunde zu hinterlassen, erfahren sie in dem folgenden Review.

Story

Ein ganz normaler Arbeitstag führt die beiden Detectives Havenhurst (W. Dafoe) und Vargas (M. Pena) zu einem Einsatz in eine Wohnsiedlung von San Diego. Mrs. Macallam (G. Zabriskie) wurde auf grausame Weise mit einem Schwert ermordet. Der Tat verdächtigt wird ihr Sohn Brad (M. Shannon). Dieser hat sich nach eigenen Angaben mit zwei Geiseln in seinem Haus verschanzt. So weit, so gut! Zum Feierabendbier sollte man die Angelegenheit erledigt haben. Doch weit gefehlt. Der Fall erweist sich schon bald komplexer, als man zuerst annahm. Brads Verlobte Ingrid (C. Sevigny) und sein ehemaliger Schauspiellehrer Lee Meyers (U. Kier) verlieren sich in der Analyse möglicher Tatmotive. Sie berichten von merkwürdigen Ereignissen bei den Theaterproben von Meyers Inszenierung einer griechischen Tragödie. Brad übernahm dort die Rolle eines Muttermörders. Der Fall nimmt immer seltsamere Dimensionen an. Wird es Havenhurst gelingen das Rätsel zu lösen?


Herzog inszeniert akribisch in grotesk-kafkaesken Rückblenden, Brads unaufhaltsamen Weg in den Abgrund. Die Hölle hat viele Gesichter und Formen. Sie ist nicht das tief im Inneren der Erde verborgene Reich mit lodernden Flammen und lauten Schreien geplagter Seelen. Oft ist es gerade die quälende Stille, ein urbaner Horrortrip, der Schritt für Schritt den Pfad in den Wahnsinn beschreibt. Die Hölle ist in den Köpfen der Menschen versteckt. Sie verbirgt sich hinter der zerbrechlichen Mauer des Verstandes. Die Zutaten, um diese zum Einsturz zu bringen, scheinen noch so unbedeutend zu sein. Die Summe der Ereignisse führt zur Eskalation. Brads Hölle ist kein Erdloch. Brads Hölle ist zum Teil ein Alptraum in rosa.

Keine Dämonen, sondern zahlreiche Flamingos und eine Übermutter sind die Kerkerwächter und Folterknechte seiner fragilen Psyche. Die einzige Rettung scheint Gott zu sein. Religiöse Wahnvorstellungen bestimmen sein Handeln. Sie bieten aber keinen Ausweg. Die griechische Tragödie und die Besessenheit von seiner Mutter und der späteren Tatwaffe, vermischen sich mit Gewaltfantasien. Die Wut auf seine Alltagswelt und die Ablehnung der Welt im Allgemeinen, werden immer stärker. Paranoia macht sich breit. Herzog skizziert Brads „Entrückung“ durch den völligen Stillstand seiner Umgebung. Realität und Theater verschmelzen. Als grausame Konsequenz überträgt er den fiktiven Mord des Theaterstückes auf die Realität und streckt seine Mutter nieder. Alle Darsteller ziehen die Zuschauer in ihren Bann. Vor allem Shannon, der auch noch eine beängstigende Ähnlichkeit mit Charles Manson aufweist, agiert absolut überzeugend und furchterregend. Herzog führt dem Publikum schonungslos vor Augen, wie schmal der Grat zwischen der vermeintlichen „Normalität“ und dem schleichenden Weg in den Irrsinn sein kann. Herzog gelingt ein faszinierender und beängstigender Blick in die menschlichen Abgründe.

Bildqualität
  • VC-1 Codec, Auflösung 1080p, Ansichtsverhältnis 1,78:1 / 16:9, 50 GB Blu-Ray.

  • künstlicher Look aufgrund der angewandten Stilmittel und Farbgebung

  • guter Schwarzwert

  • gute Schärfe und Detailzeichnung, in Flashbacks auch ein weiches, schwammiges Bild

  • guter Kontrast

  • keine durchgehende Plastizität

  • feines bis teilweise stärkeres Filmkorn

My son, my son, what have ye done präsentiert sich in einem guten HD-Bild, das aber keine besonderen räumlichen Aha-Effekte spendiert. Der gewählte Look unterstützt die morbide Atmosphäre des Plots perfekt.


Tonqualität
  • Deutsch, Englisch DTS-HD MA 5.1/2.0

  • gute Dynamik

  • keine durchgehende Räumlichkeit bei der 5.1 Spur

  • präzise Wiedergabe

  • Dialoge gut verständlich

Sowohl der Stereoton, als auch der DD 5.1 Ton transportieren solide den hypnotischen Score. Große Räumlichkeit kann die 5.1 Spur aufgrund der dialog- und scorelastigen und insgesamt eher effektarmen Inszenierung allerdings nicht vorweisen. Die vorhandenen Effekte werden aber kraftvoll und präzise herausgearbeitet und man erhält einen ordentlichen HD-Ton.

Ausstattung
  • Audiokommentar

  • Making of: Behind the Madness

  • Trailer

  • Fotogalerie

Das Bonusmaterial fällt sehr überschaubar aus. Der informative Audiokommentar mit Herzog und Golder sowie das ca. 27 minütige Making of (HD) sind sehr empfehlenswert. Hier bekommt man viele Fakten und Erläuterungen, die zur besseren Verständlichkeit der Geschichte und der Intentionen der Macher beitragen.

Fazit

Die technische Umsetzung bietet eine ideale Symbiose aus Bild und Ton, die dem Zuschauer ein ums andere Mal einen audiovisuellen Schlag in die Magengrube versetzt und für ein ordentliches HD-Erlebnis sorgt. In Sachen Ausstattung knausert der Publisher. Das Bonusmaterial fällt für diesen Film viel zu spärlich aus.

Herzog und Lynch wollten weg von den großen und teuren Blockbustern. Eine herausragende Story, die besten Schauspieler und die beste Musik sollten es sein. Ihnen gelang die Visualisierung einer Reise in den Wahnsinn. Herzog bietet zwar Motive an. Die Ursachen für den geistigen Verfall eines Menschen sind aber ebenso vielfältig wie austauschbar. Havenhursts Feststellung zu Beginn des Filmes „Manchmal bin ich mir nicht sicher, wer schlimmer ist. Wir Cops oder die Kriminellen“ klingt wie die Resignation vor der menschlichen Natur.

Die griechische Mythologie zieht sich wie ein roter Faden durch den ganzen Film. Eine Schüssel Wackelpudding scheint zur Metapher einer verzerrten ödipalen Beziehung zu werden. Auf Sophokles folgt der Muttermörder Orestes. Die Handlungsstränge in Herzogs Werk fordern den Zuschauer zum Nachdenken auf. Herzog widmet sich der Darstellung des Wahnsinns, ohne diesen erschöpfend zu erklären. Allerdings handelt es sich bei seinen Werken um keine leicht zu verdauende Kost. Wer sich in einen Film von Herzog oder Lynch begibt, erwartet daher weder ein einfaches Kino, noch eine anstrengungslose Berieselung. Der Film überzeugt durch seine gelungene Inszenierung. My son, my son, what have ye done verdient sich insgesamt das Prädikat: Empfehlenswert!

Story: 9/10
Bildqualität: 8/10
Tonqualität: 8/10
Ausstattung: 6/10
Gesamt: 7/10
In der Gesamt-Bewertung wird die Story nicht berücksichtigt

Kaufempfehlung: 8/10
Die Kaufempfehlung wird anhand der technischen Bewertung und unter Berücksichtigung der Story berechnet.

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#2
Geschrieben: 24 Nov 2010 18:15

danmarino

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Vielen Dank für dein Review:thumb:
Als großer Lynch und Herzogfan steht der Film und die BD bei mir schon lange auf der Wunschliste,ist bis dato nur etwas zu teuer(23€).Über kurz oder lang werd ich mir den Film auf jeden Fall zulegen,egal was viele dazu sagen werden(sind beide nun mal keine Mainstream Regisseure)
Ich hab auf jeden Fall wahnsinns Lust auf den Streifen dank deinem Review bekommen.:thumb::pray:
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sondern froh, dass es dich für uns gab.
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#3
Geschrieben: 24 Nov 2010 18:17

Patrick_Star

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Echt tolles Review Udo zu einem ganz besonderen Film. :):thumb: Filme abseits des Mainstreams erweisen sich immer wieder als echte Perlen.
#4
Geschrieben: 24 Nov 2010 18:28

HAL 9000

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Zitat:
Zitat von danmarino
Vielen Dank für dein Review:thumb:
Als großer Lynch und Herzogfan steht der Film und die BD bei mir schon lange auf der Wunschliste,ist bis dato nur etwas zu teuer(23€).Über kurz oder lang werd ich mir den Film auf jeden Fall zulegen,egal was viele dazu sagen werden(sind beide nun mal keine Mainstream Regisseure)
Ich hab auf jeden Fall wahnsinns Lust auf den Streifen dank deinem Review bekommen.:thumb::pray:

thx..

Für mich ist es eine der Vös des Jahres. Man muss allerdings, wie Du schon richtig erkannt hast, etwas anfangen können mit der Visualisierung einer Psyche und surrealen Elementen. Der einzige Kritikpunkt ist die dürftige Ausstattung. Das Material ist zwar sehr interessant, aber letztlich bissel zu wenig.
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#5
Geschrieben: 24 Nov 2010 18:40

Kuro77

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Sehr schönes Review, Udo! Werde mir den Film daraufhin ebenfalls zulegen. :thumb:
#6
Geschrieben: 24 Nov 2010 19:21

Dagoba

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Das klingt so, als wäre das ein Film für mich. Danke für das tolle Review! :thumb:


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Viele Grüße
Stefan
#7
Geschrieben: 05 Dez 2010 11:34

Gast

Habe mir den Film gerade angeschaut und möchte Dein tolles Review nur bestätigen Udo :thumb: Ich bin sowohl geschockt, fasziniert als auch noch etwas ratlos über die Interpretation des Films. Wahrlich keine leichte Kost. Werde ihn mir sicherlich nochmal in der Originalversion anschauen. Auf jeden Fall eine Perle für Freunde des Besonderen :thumb:

EDIT: Inspiration ist eine wahre Begebenheit: http://en.wikipedia.org/wiki/My_Son,_My_Son,_What_Have_Ye_Done%3F
#8
Geschrieben: 05 Dez 2010 12:02

HAL 9000

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Zitat:
Zitat von Sleaze
Habe mir den Film gerade angeschaut und möchte Dein tolles Review nur bestätigen Udo :thumb: Ich bin sowohl geschockt, fasziniert als auch noch etwas ratlos über die Interpretation des Films. Wahrlich keine leichte Kost. Werde ihn mir sicherlich nochmal in der Originalversion anschauen. Auf jeden Fall eine Perle für Freunde des Besonderen :thumb:

EDIT: Inspiration ist eine wahre Begebenheit: http://en.wikipedia.org/wiki/My_Son,_My_Son,_What_Have_Ye_Done%3F


Hast Du Dir das Making of auch schon angesehen?
Da berichten Herzog und Golder von ihrem Besuch bei Yavorsky. Golder hatte schon einige Interviews mit Yavorsky gemacht. Als das Projekt konkreter wurde, nahm er Herzog mit.
Yavorsky lebte in einem Camper. Die Szenerie und Yavorsky's Verhalten haben die beiden so verstört und teilweise wohl auch verängstigt, dass sie schnell wieder abgehauen sind. Yavorsky hatte eine Art Altar für Herzogs Aguirre errichtet.

Da stelle ich mir die Frage, ob die den damals nicht zu früh entlassen haben:eek:
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#9
Geschrieben: 05 Dez 2010 12:07

Gast

Zitat:
Zitat von HAL 9000
Hast Du Dir das Making of auch schon angesehen?
Da berichten Herzog und Golder von ihrem Besuch bei Yavorsky. Golder hatte schon einige Interviews mit Yavorsky gemacht. Als das Projekt konkreter wurde, nahm er Herzog mit.
Yavorsky lebte in einem Camper. Die Szenerie und Yavorsky's Verhalten haben die beiden so verstört und teilweise wohl auch verängstigt, dass sie schnell wieder abgehauen sind. Yavorsky hatte eine Art Altar für Herzogs Aguirre errichtet.

Da stelle ich mir die Frage, ob die den damals nicht zu früh entlassen haben:eek:

Nein, die Extras sehe ich mir erst noch an. Danke für den Hinweis :thumb:
Geschrieben: 05 Dez 2010 12:20

darkymarino

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Soo, wir (danmarino und ich) haben den gestern auch geschaut und waren (ich spreche mal für beide) leider enttäuscht - und das obwohl oder vielleicht auch weil wir beide sowohl David Lynch als auch Werner Herzog Fans sind.

Um Mißverständnissen vorzubeugen, möchte ich vorwegnehmen dass der Film keinesfalls ein Reinfall ist, sondern es uns beiden vielmehr an der beschriebenen Tiefe und Intensität fehlt, die wir evtl. durch die vorangegangen Werke der beiden Meister erwartet oder gewünscht hätten.
Sicher ist es generell schwierig etwas in diesem Genre zu erwarten, aber dennoch bleibt es nicht aus, dass man nun mal Vergleiche zieht.
Die Schauspieler agieren hervorragend, die Dialoge sind teils herrlich - aber die Story selbst wurde für diese Art Film beinahe zu oberflächlich, um nicht zu sagen lieblos umgesetzt.
Er ist definitiv kein Mainstream, allerdings auch für Nicht-Mainstream nicht "anders" genug - der Verlauf der Story ist selbsterklärend, und ist somit ein Film bei dem ich leider (nach langem, wirklich reiflichem Hin-und Herüberlegen unter Berücksichtigung aller Möglichkeiten und Sichtweisen) in der Tat nur unter Wohlwollen gegenüber des Regisseurs und Co-Writer wirklich positiv werten kann.
Und....das mache ich nicht. Da ich aber auch nicht negativ werten kann und möchte werde ich das erstmal bei neutral belassen.
Denn sie haben beide grandiose Werke geschaffen, doch dieses gehört meiner Meinung nach nicht dazu.
Ich (wir) freue mich dennoch über jeden, der dem Film mehr entnehmen kann, als es hier bei uns der Fall zu sein scheint.
In diesem Sinne möchte ich mich auch noch mal gerne bei Dir (HAL9000) für das tolle Review bedanken.
Requiem1.jpg

┌П┐(►_◄)┌П┐

"Ich bin gottlos! Ich muss mir meinen eigenen Gott machen und das ist der Spielfilm."

Darren Aronofsky


Wenn ihr mich sucht, dann sucht in euren Herzen.
Wenn ihr mich dort findet, dann lebe ich in euch weiter.


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