Geschrieben: 10 Aug 2010 10:26
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USA, 2010
Regie: Martin Scorsese
Drehbuch: Laeta Kalogridis
Musik: Robbie Robertson
Kamera: Robert Richardson
Darsteller: Leonardo DiCaprio, Mark Ruffalo,
Ben Kingsley, Max von Sydow, u.a.
Neue Filme etwaiger
Regielegenden sind meist mehr als anfällig für harte und
schonungslose Kritik. Jeder will den Film sehen, jeder was dazu
sagen und die meisten tun dies auch. Bei mir ist das nicht anders.
Die Erwartungen sind hoch und wollen erfüllt werden, vergangene
Klassiker werden aus der Schublade gezogen und bereitgestellt um
die Messlatte anzulegen, denn dass sich ein neuer Film an
vergangenen Großtaten messen muss, versteht sich von selbst. Martin
Scorsese ist eine dieser Regielegenden. Mit Filmen wie Taxi Driver,
Goodfellas oder Raging Bull schrieb er Filmgeschichte. Scorsese ist
ein Mann der dafür geboren wurde Filme zu drehen. Das behaupte ich
jetzt einfach mal, denn wenn man sich seine bisherige Filmografie
ansieht, wird man meines Erachtens nach zu keinem anderen Schluss
kommen.
Im Frühjahr 2010 wurde sein neuster Streich in die Kinos gezerrt.
Der vierte Film in Folge mit seinem neuen Zugpfärdchen Leonardo
DiCaprio in der Hauptrolle. Dafür werde ich ihm wohl auch in alle
Ewigkeit dankbar sein, für die unaufhaltsame und konsequente
Förderung dieses viel zu unterschätzten Schauspieltalents. Gangs Of
New York stellte zwar einen mehr als guten Start dieses Gespanns
dar, aber erst seit The Aviator weiß ich wie anmutend es sein kann,
wenn zwei Genies dieser Klasse aufeinandertreffen.
Nach dem darauffolgenden Departed war nun Shutter Island an der
Reihe und die Vorabkritik schlug, wie bereits geschildert,
hemmungslos zu. "Durchschnittlich" bis "recht guter Film" war am
häufigsten zu lesen, ganz wenige waren mehr überzeugt. Trotz
Entrüstung darüber, suchte ich das Kino auf. Ich sah den Film,
verinnerlichte ihn und wartete und wartete. Die Blu-ray kam raus
und ich kaufte sofort.
An dieser Stelle bitte einmal, wenn noch nicht geschehen, zu meiner
Filmbewertung runterscrollen und wieder hierher zurück. Nun die
Erklärung.
Shutter Island ist eine Romanverfilmung des Schriftstellers Dennis
Lehane, der auch schon die Vorlage zu Eastwood's Mystik River
schrieb. Die Story ist komplex und unterhaltend, aber definitv ist
dies kein Film den man nach einmaligen Sehen bewerten sollte. In
diesem Fall ist einmal Sehen keinmal Sehen. Gut, man kennt die
Auflösung der Geschichte und natürlich urteilt man auch darüber,
manchen gefiel es, dass man ab Mitte des Films ungefähr erahnen
konnte in welche Richtung es geht und vielen gefiel es nicht. Mich
störte es nicht sonderlich, denn ich finde nicht, dass das mögliche
frühe Erahnen der Auflösung das Besondere und Diskutable daran ist,
denn schliesslich ist dies kein M. Night Shyamalan Schinken,
sondern einzig und allein die Art und Weise wie die komplette
Geschichte erzählt und präsentiert wird macht ihn so bemerkenswert.
Dass man von einem Martin Scorsese exzellentes Handwerk geboten
bekommt ist klar, da macht auch Shutter Island in keinster Weise
Abstriche, nur muss man sich vor Augen halten, dass dieser Film
seine wahre Kraft und Komplexität erst beim zweiten Durchlauf
entfaltet.
Wenn man den Ausgang der Geschichte kennt und weiß, wie es um die
einzelnen Charaktere bestellt ist, erst dann bricht beim zweiten
Durchlauf der Film wie eine Flut aus Details über einen zusammen.
Manche Szenen können so auf 2, manchmal 3 verschiedenen
Erzählebenen interpretiert werden, so dass die Handlungen der
Figuren auf unterschiedlichste Weise ganz neue Gewichtungen
bekommen. Das verleiht dem Film eine unglaubliche Erzähltiefe, die
man nach einmaligem Sehen überhaupt nicht in vollem Ausmaße
wahrgenommen haben kann.
Aber der Film lebt nicht nur von seiner umwerfenden Inszenierung,
sondern auch von seinem mehr als perfekt gecasteten Ensemble an
Schauspielern. Es war sehr schön Mark Ruffalo mal wieder sehen zu
können und über Kingsley's Qualitäten muss nicht weiter sinniert
werden, nur stellt eben der von Leonardo DiCaprio dargestellte
Leidensweg des „Teddy“ Daniels ein ideales Beispiel seines großen
Potentials dar und zeigt, dass der Mann auf dem Weg nach ganz ganz
oben ist.
Die umsetzung des
Films ist absolut gelungen. Das Bild kommt im schicken 2.35:1
Cinemascope, mit einem VC-1 Videocodec angerollt. Das Bild ist
scharf und plastisch und trotz gelegentlichem Griseln, fast
referenzwürdig. Die Farbwahl ist ausgezeichnet. Bitter und kalt
vermittelt sie eine ideale Atmosphäre und unterstreicht das
Geschehen auf dieser Insel perfekt. Robert Richardson, der auch
mittlerweile als Stammkameramann für Größen wie Oliver Stone oder
Tarantino arbeitet, ist mittlerweile eine Referenz im
kinematografischen Bereich und heimste nicht umsonst einen Oscar
für JFK und auch für den göttlichen The Aviator ein. Wer ein
genaues Auge riskiert, wird sehen warum.
Im englischen, sowie im deutschen kommt der Film mit einem wirklich
opulent auffahrenden 5.1 DTS-HD Master, der das Soundgewand von
Robbie Robertson kristallklar aus den Boxen schmettert.
Dialogszenen gehen nicht unter, sondern kommen ideal durch. Der
Sound ist perfekt gemixed und man möchte einfach nur aufdrehen und
geniessen. Denn das kann man auch, geniessen. Einen Soundtrack von
Robbie Robertson habe ich selten so unfassbar perfekt auf die
Mentalität eines Films eingespielt gehört. Shutter Island zeigt so
seit langem mal wieder, was es wirklich heißt, Dramtik nicht nur
durch Visualistik zu inszenieren, sondern wie ein perfektes
Zusammenspiel aus Geschichte und Musik zu funktionieren hat.
Die Extras sind knapp, sehr knapp sogar. Zwei 20 minütige
Dokumentationen und Trailer. Nicht weltbewegend, aber dennoch
interessant. Wichtig ist vorallem, dass man sich die Extras erst
nach dem Film anschaut, sonst wird einem einiges vorweggenommen, da
die Dokumentationen viel zum Inhalt des Films widergeben und auf
die unterschiedlichen Interpretationsmöglichkeiten der Story
eingehen.
In meinen Augen hat es Scorsese mal wieder geschafft, uns, bzw. mir
zu zeigen, dass er ein absoluter Ausnahmeregisseur ist, mit dem man
immer rechnen sollte. Aber auch DiCaprio hat in den letzten Jahren durch seine Wandlungsfähigkeit, seine wirklich
gelungene Rollenauswahl und sein mehr als talentiertes Spiel, an
wahrerer Größe und auch Respekt meinerseits gewonnen. Shutter
Island ist somit ein durchdachter und inszenatorisch überragender
Film, der, wenn man denn will, seine Größe wie eine Blüte zu
entfalten vermag. Ob man die Qualität des Films auf seine mögliche
früherahnbare storytechnische Auflösung, oder eben das Gesamtwerk
abstellt, muss jeder für sich selbst entscheiden. Aber an dieser
Stelle unterscheidet sich vielleicht der Filmliebhaber mit gemeinen
Kinogänger.
Filmbewertung:
9/10
Bildqualität:9/10
Tonqualität:9/10
Extras:6/10
Absolute
Kaufempfehlung!
Geschrieben: 10 Aug 2010 10:41
Starkes Review... sehe eigentlich jeden Punkt genau so wie du...
wollte eigentlich auch ein Review zu dem Film schreiben, aber jetzt
kann ich mir das ja sparen... oder ich warte noch n Jahr ;)
Geschrieben: 10 Aug 2010 18:26
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Vielen Dank - tolles Review, bei dem ich dir in allen Punkten
zustimmen kann.
Scorsese ist wirklich ein Ausnahmeregisseur , einer der wenigen von
denen ich mir einen Film ansehen würde ohne auch nur das Geringste
darüber zu wissen.
Bei DiCaprio ging es mir ähnlich - erst seit Aviator weiß ich ihn
als Schauspieler zu schätzen. Ich hatte immer noch das Bürschchen
aus Titanic im Hinterkopf
- einem Film bei dem ich, bei mehrmaligen Versuchen, es nicht
einmal geschafft habe mir ihn zu Ende anzusehen. (Man sieht, ich
war guten Willens ;))
Nach Aviator hat DiCaprio es allerdings immer geschafft mich zu
begeistern, sei es mit Blood Diamond, Departed, Shutter Island und
nicht zuletzt mit Inception.
Geschrieben: 10 Aug 2010 18:55
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sehr sehr schöne review muss cih sagen hat mir wirklich sehr gut
gefallen und was den film angeht kann ich dir nur zustimmen der
film ist einfach nur spitze und leonardo di caprio ist einfach ein
super schauspieler :)
Geschrieben: 10 Aug 2010 19:32
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Geschrieben: 10 Aug 2010 20:01
Movieprops Collector
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Sehr schönes Review zu einem klasse
Film. :thumb:
Zitat:
Zitat von Ceyda
Nach Aviator hat DiCaprio es allerdings immer geschafft mich zu
begeistern, sei es mit Blood Diamond, Departed, Shutter Island und
nicht zuletzt mit Inception.
In Catch me if you
can und Gangs of New York war er auch
schon klasse oder mit DeNiro in This Boy's Life / Die
Geschichte einer Jugend.
So Long, and Thanks For All the
Fish.
Michael
Geschrieben: 10 Aug 2010 20:52
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Geschrieben: 10 Aug 2010 21:20
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Ted verkauft 18´er Filme!
vielen Dank für Dein klasse Review!
Ich fand den Film ebenfalls richtig klasse und ich werde mir
Shutter Island bestimmt nochmals anschauen, um die von Dir
beschriebenen Erzählebenen entdecken zu können.
Bei dieser BD stimmt nicht nur die technische Visualisierung bzw.
der Musikscore, sondern auch die Geschichte/Story ist mal etwas
anderes als das, was uns sonst so aus Hollywood vorgelegt wird.
TV: Toshiba 42X3000 BLU-RAY: OPPO
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Geschrieben: 27 Aug 2010 23:00
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Gilbert Grape und
Jim
Carroll - In den Straßen von New York, in denen er vor
Titanic gespielt hat, fand ich Leonardo auch schon sehr gut.
Manchmal kommt mir der Gedanke, dass Titanic und The Beach
vielleicht nicht sehr förderlich für seine charakterstarke
Schauspielleistung geeignet waren. Er wurde, vorallem durch
Titanic, in die Schublade eines Teenieschwarms gedrängt, aus der er
lange Zeit brauchte wieder herauszukommen.
Geschrieben: 28 Aug 2010 13:11
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Romeo und Julia trug auch seinen Teil zum Schubladendenken bei. In
The Beach fand ich ihn damals aber recht gut. Aber den hab ich auch
schon einige Jahre nicht mehr gesehen.