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Der große Diktator @ Patrick_Star

Gestartet: 21 Juni 2010 18:54 - 9 Antworten


Veröffentlichung:
06.05.2010
Laufzeit:
125 Minuten
Schauspieler:
Regisseur:
Produktion:
Kategorie:
Altersfreigabe:
#1
Geschrieben: 21 Juni 2010 18:54

Patrick_Star

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Führer oder Frisör?
 


Nur wenige Filme befassen sich auf satirischer Ebene mit dem NS-Regime. Durch die schrecklichen Vorkommnisse der damaligen Zeit, seien es nun Kriegsverbrechen oder die Zustände in den Konzentrationslagern, wagen es nicht viele, sich auf humoristische Art diesem Thema zu nähern, denn zu groß ist die Gefahr, dabei in die Geschmacklosigkeit zu verfallen. Charlie Chaplin war einer der Wenigen, die sich mit dem Thema wirklich befasst haben, wobei er einen Vorteil hatte: Sein Film „Der große Diktator" entstand zu einer Zeit, in der der Holocaust noch nicht seine volle Grausamkeit entwickelt hatte. Zwar gab es auch in der damaligen Zeit, der Film entstand zwischen 1935 und 1940, Verfolgungen beziehungsweise Konzentrationslager und Ghettos, die volle Wucht der Vernichtungsmaschinerie traf das jüdische Volk aber erst ab 1942-1943. Trotz alledem konnte Chaplin schon 1938 die zukünftigen Geschehnisse vortrefflich erahnen und im Film perfekt verarbeiten, sodass viele Szenen gleichzeitig zum Schmunzeln, als auch zum Nachdenken anregen. Die Szene marschierender KZ-Insassen, welche durch den übertrieben dargestellten Stechschritt dem Vordermann ins Gesäß treten, sorgte für Aufsehen. Chaplin entschuldigte sich später in seiner Autobiographie für diese Szene, denn ihm waren die tatsächlichen Umstände in den Konzentrationslagern zur Zeit der Dreharbeiten nicht bekannt. Das ganze Ausmaß der Grausamkeiten kam erst später ans Tageslicht, als die Alliierten im Jänner 1945 die ersten Konzentrations- und Vernichtungslager befreiten, in denen viele Millionen von Menschen misshandelt und umgebracht worden waren.


Bluray Daten:

Kodierung: h264 - 23,976 fps
Seitenformat: 16:9 – 1,33 : 1
Auflösung: 1920x1080
Sprachen: Deutsch DTS-HD MA 2.0 und Englisch DTS-HD MA 2.0 (jeweils Mono)
Spieldauer: 125 min
Produktionsjahr: 1940
Link zur IMD: http://www.imdb.de/title/tt0032553

Testgeräte:
Samsung PS58B680
Teufel System 5 THX
HTPC mit Bluraylaufwerk
 

Inhalt


1918 - der erste Weltkrieg tobt inzwischen im vierten Jahr und geht langsam seinem Ende entgegen. Trotzdem kämpfen die Truppen von Tomania (Synonym für Deutschland/beziehungsweise das Deutsche Reich) weiterhin tapfer für ihr Vaterland – so auch ein kleiner jüdischer Frisör, welcher in mehrfacher Hinsicht nicht vom Glück verfolgt ist: Da er in der militärischen Hierarchie ganz am Ende der Kette steht, bekommt er meist die ungeliebten Aufgaben, zum Beispiel das Entschärfen einer Granate beziehungsweise die nicht gerade einfache Bedienung eines Flugabwehrgeschützes. Noch dazu verirrt sich unser Frisör in dichtem Nebel und landet plötzlich mitten in den feindlichen Linien. Durch Glück rettet er jedoch einem tomanischen Flugoffizier das Leben, verliert allerdings durch diese Aktion sein Gedächtnis und kommt ins Spital. Inzwischen kommt Anton Hynkel an die Macht, und schafft ziemlich schnell Demokratie und freie Meinungsäußerung ab. Als der kleine Frisör aus dem Spital entlassen wird, findet er eine komplett veränderte Gesellschaft vor: Juden wohnen in speziellen Ghettos und werden von den Sturmtruppen terrorisiert. Wie durch ein Wunder trifft er, nachdem er gleich nach seiner Ankunft im Ghetto mit den Truppen in Streit gerät, auf Kommandeur Schultz. Dieser erkennt seinen Lebensretter aus dem ersten Weltkrieg wieder und veranlasst, dass die Bewohner des Viertels in Ruhe gelassen werden müssen. Als Hynkel jedoch das Geld für seine Kriegspläne auszugehen droht beschließt er, sich das Geld in Form von Krediten von den Juden zu holen. In der Hoffnung, das Geld der reichen Juden zu erhalten, gewährte der Führer diverse Vergünstigungen für die Juden. Als diese ihm allerdings den Kredit verweigerten, begann der Terror im jüdischen Ghetto des Frisörs wieder von vorne.
Der Film war mit einer Spieldauer von über 2 Stunden, er ist mit einem Budget von 2 Millionen US-Dollar auch sein bis dahin teuerster. Es ist nicht verwunderlich, dass Chaplins Filme im deutschen Reich nicht gerade auf Gegenliebe gestoßen sind und bereits ab 1934 verboten wurden. Man forderte die USA sogar auf, Chaplin das Drehen von Filmen zu verbieten. Auch in Amerika war man von „Der große Diktator" alles andere als begeistert. Erstens war bedingt durch den ersten Weltkrieg eine gewisse Kriegsmüdigkeit zu spüren und damit auch die einhergehende Meinung, man solle sich nicht in europäische Angelegenheiten einmischen, andererseits war der Antisemitismus auch in den Vereinigten Staaten durchaus nicht unbeliebt. Aufgrund der schnellen Veränderungen in Europa (das Drehbuch entstand bis 1938, ab 1939 wurde mit den Dreharbeiten begonnen), schließlich hatte Hitler bis 1940 Frankreich und die Beneluxstaaten überrollt, wurden Teile des Drehbuchs immer wieder leicht abgeändert.
Chaplin ist mit diesem kontrovers diskutierten Werk ein Meilenstein der Filmgeschichte gelungen. Einige der im Film verbauten Ideen sind später dann auch tatsächlich so eingetroffen. Die Liebe zum Detail ist beachtlich, ebenso die schauspielerische Leistung der Darsteller. Viele Kleinigkeiten wurden absichtlich stark übertrieben dargestellt, so zum Beispiel der typisch deutsche/tomanische Soldat, der gehorsam alle Befehle mit „Jawohl" beantwortet. Ebenso ist Chaplin mit der Namensgebung ein absoluter Volltreffer gelungen. Aus dem späteren Reichsmarschall des großdeutschen Reiches Göring wurde kurzerhand Hering, welcher dem Führer immer wieder neue Wunderwaffen verspricht (schusssicherer Anzug/ revolutionärer Fallschirm/ Giftgas), diese Innovationen zumindest im Film nichts taugen. Die Rolle des Hermann Görings wurde ebenso gekonnt überzeichnet. So wagt es Göring niemals, dem Führer zu wiedersprechen, auch als dieser ihm all seine Orden aberkennt. Ebenso wird er als sehr tollpatschig und für den Führer als nicht wirklich vertrauenswürdig dargestellt. Ebenso die Art und Gestik des Führers ist derart treffend, dass man meinen könnte, Chaplin hätte Hitler jahrelang vor Ort beobachten können, der Redestil wie auch der Größenwahn wurden perfekt inszeniert. Ebenfalls auf die zuerst angespannte Beziehung zwischen Hitler und Mussolini wird gegen Ende des Films eingegangen und regt doch des Öfteren zum Lachen an. So versuchen beide Diktatoren den jeweils anderen zu übertreffen, sei es nun die Sitzhöhe des Stuhls oder auch in der Aufzählung diverser militärischer Geräte. Die Ankunft des italienischen Führers in Berlin wurde ebenso treffend dargestellt. Mussolini war vor seinen militärischen Fehlschlägen ein sehr stolzer Mann, der sich auch von Hitler nicht einschüchtern lies.


Bild


Das im Verhältnis 4:3 präsentierte Bild hat inzwischen fast 70 Jahre auf dem Buckel. Gerade deshalb ist es umso erstaunlicher, wie gut hier die Restaurateure gearbeitet haben. Der Schwarz-Weiß Film weist eine tolle Durchzeichnung auf. Selbst feine Details wie Steine und Unebenheiten an Wänden werden sehr gut wiedergegeben. Nahaufnahmen bekommen das Prädikat „Exzellent" verliehen. Gerade Chaplins Barthaare, Verschmutzungen des Gesichts oder Hautporen werden perfekt wiedergegeben. Ebenso sind Gesichtsfalten der Darsteller immer sichtbar und plastisch. Der Schwarzwert ist durchgehen auf gutem Niveau. Ein den ganzen Film über leichtes Flimmern ist zwar zu vernehmen, stört aber nur bedingt. Das immer wieder auftretende Korn hält sich dezent im Hintergrund. In manchen Einstellungen sind senkrechte Lichtkegel über Objekten oder Köpfen zu beobachten. Besonders lobenswert ist die exzellente Schärfe. Nur selten sind leichte Unschärfen sichtbar, wenn sich zum Beispiel die Kamera von Objekten oder Darstellern wegbewegt. Selten sind kleinere Verunreinigungen zu bemerken, die aber kaum Gewicht fallen. Ein wirklich gelungener Transfer.

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Guter Schwarzwert und ein natürlich gehaltener Kontrast zeichnen das Bild aus.

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Auch feine Details wie Steine werden wunderbar wiedergegeben.


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Selbst feinste Haarsträhnen sind erkennbar.


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Selbst die kleinen Schokoladenstücke im Kuchen sind für den Zuschauer ersichtlich.


Ton


Es ist schon erstaunlich, wie gut eine 2.0 Monospur klingen kann. Das normalerweise aus alten Filmen bekannte Rauschen ist nur selten zu vernehmen. Dialoge sind überraschend klar und selbst in lauterer Umgebung immer klar verständlich. Die Filmmusik erinnert stark an alte Heimatfilme, passt jedoch sehr gut in das Geschehen. Zum Teil werden Handlungen rhythmisch der Musik angepasst und verstärken dadurch deren humoristischen Hintergrund. Natürlich ist an Räumlichkeit bei derartig alten Filmen nicht zu denken. Gerade zu Beginn wird während Explosionen und Schusswechsel auch der Subwoofer zur Arbeit gebeten, bleibt aber den Rest des Films über dezent im Hintergrund. Bedenkt man die damaligen technischen Möglichkeiten, ist die Tonspur für ihr Alter trotz der Kritikpunkte sehr gut.


Fazit


Technisch gibt es wenig Grund zur Beschwerde. Das Bild ist trotz des hohen Alters exzellent und stellt die DVD-Ausgabe in den Schatten. Hier sieht man deutlich, wie gut altes Material manchmal noch verwertet werden kann und vom Medium Blu-ray Disc profitiert. Als kleiner Kritikpunkt wäre das stellenweise auftretende Flimmern zu erwähnen. Die Tonspur ist als gut zu bewerten, die Filmmusik trägt gut zur Unterstützung der Atmosphäre bei, die Synchronstimmen wirken authentisch und passen zu den Darstellern. Vor allem während Hynkels Reden, welche in einer Phantasiesprache aus Englisch und Deutsch gehalten werden, werden die Grenzen trotz der übertriebenen Darstellung zwischen Hitler und Chaplin verwischt. Auch wenn die Reden bis auf Wortfetzen für uns unverständlich bleiben, so vermag man trotzdem das Thema aufgrund der Handbewegungen beziehungsweise Chaplins Mimik zu erahnen. Trotz des ernsten Hintergrundes vermag die Story den Zuseher immer wieder zum Schmunzeln zu bringen, gerade auch wegen Chaplins gespielter Tollpatschigkeit. Es ist schon erstaunlich, wie gut sich Chaplin in seine Doppelrolle hineinversetzen konnte. Das perfekte Spiel zwischen Komik und den Auswüchsen des Krieges werden perfekt in Balance gehalten. Gerade auch der Tanz mit dem Globus zeigt, wie nahe Sieg und Niederlage (Zerplatzen der Weltkugel) beisammen liegen. Ein perfekt inszenierter Film, welcher den Transfer absolut verdient hat. Eine absolute Kaufempfehlung an alle Filmfreunde.
 

Story 10/10
Bild 9/10
Ton 8/10


Am Ende noch mein persönlicher Dank an unseren Plasmaclub Mod RobertKuhlmann, der mich durch sein eigenes Review auf diesen Film aufmerksam machte.
#2
Geschrieben: 21 Juni 2010 20:16

RELLIK-2008

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Klasse Review!

Natürlich schade, dass der Film nur in 4:3 vorliegt, aber bei dem Alter ist es verständlich...
Gruß Dennis!

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#3
Geschrieben: 21 Juni 2010 20:23

naiboo

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Vielen Dank für das schöne Review. Hab die UK Disc auch schon hier und die wird bald mal eingelegt. Nach dem Review freue ich mich definitiv drauf. Toller Klassiker.

#4
Geschrieben: 21 Juni 2010 21:14

ds1

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tolles review, hab den film auch schon gesehen. kann ich so absolut unterschreiben. aus einem 70 jahre alten film das best-mögliche rausgeholt
#5
Geschrieben: 21 Juni 2010 21:48

D-Fens

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Merci - deine Reviews hätten eine Provisionierung verdient :thumb:
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#6
Geschrieben: 21 Juni 2010 22:27

gelöscht

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Hallo Patrick_Star !

Deine Reviews gefallen mir sehr gut. Immer sauber gestaltet und auf den Punkt gebracht. Ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg und hoffe auf weitere schöne Reviews.

Danke! :)
#7
Geschrieben: 22 Juni 2010 09:40

Nighteyes

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Sehr schönes Review, besten Dank dafür.

Ich freue mich vor allrm darauf, den Film mal im O-Ton zu sehen, kannte ihn bisher nur aus dem Fernsehen. Da geht doch wie immer einiges an Nuancen verloren, z.B. heisst der Goebbels-Charakter im Original "Garbitsch" (== garbage) und dergleichen mehr.
#8
Geschrieben: 22 Juni 2010 15:01

geraut

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Hallo Patrick_Star,

Charles Spencer Chaplin jr. stammte nicht aus jüdischen Verhältnissen.
Da er aber die Nationalsozialisten und insbesondere deren Antisemitismus hasste, widersprach er dem - von den Nazis gestreuten Gerücht - er sei Jude, nicht und solidarisierte sich dadurch mit dem jüdischen Volk.
Das nur zur Berichtigung. Ansonsten natürlich volle Zustimmung - ein absolutes Meisterwerk!

Dietmar
#9
Geschrieben: 22 Juni 2010 15:16

Patrick_Star

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Zitat von Knödelkämpfer
Hallo Patrick_Star,

Charles Spencer Chaplin jr. stammte nicht aus jüdischen Verhältnissen.
Da er aber die Nationalsozialisten und insbesondere deren Antisemitismus hasste, widersprach er dem - von den Nazis gestreuten Gerücht - er sei Jude, nicht und solidarisierte sich dadurch mit dem jüdischen Volk.
Das nur zur Berichtigung. Ansonsten natürlich volle Zustimmung - ein absolutes Meisterwerk!

Dietmar

Vielen Dank für deine Info - wieder etwas gelernt! :):thumb:
Geschrieben: 22 Juni 2010 15:31

Schoormann

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Schönes Review Matthias... werde mir den Film mal vormerken.

Danke!


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