Wir haben in Metro 2033 die Apokalypse
ge*sehen. Und sie auch spielend überlebt. Ein großer
Spaß!
Erinnern Sie sich noch an
Half-Life 2 und an dessen
Art, eine spannungs- und actiongeladene Geschichte in einem
Ego-Shooter zu erzählen? Und
vielleicht auch S.T.A.L.K.E.R., dessen dichte Atmosphäre den
Spieler in sich hineinsog? Bei unserem Probespielen fühlten wir uns
wie in einer Mischung aus den beiden: Eine postapokalyptische Welt,
lebendige Nichtspieler-Charaktere, und eine zielgerichtete,
geradlinige Action. In der Einführung folgen wir (in
Ego-Perspektive) "Hunter", einem guten Freund unseres digitalen
Adoptivvaters. Hier öffnen wir gemeinsam Türen, geben uns
gegenseitig Deckung und erwehren uns Angriffen vereinzelter
Widersacher. Bis uns an einer Stelle eine Horde mutierter Hunde und
Flugsaurier-ähnlicher Vögel förmlich überrennt, zu Boden wirft und
... das Spiel plötzlich einen zeitlichen Sprung zum Anfang der
Geschichte macht. Unser Interesse ist gleich geweckt!
Jene Geschichte beginnt weniger adrenalintreibend. Artjom, die
Hauptfigur in Metro 2033, will von einer Moskauer U-Bahn-Station
zur nächsten aufbrechen. Mit einer Draisine. Züge fahren im Jahr
2033 schon lange nicht mehr. Ein nuklearer Krieg ließ vor langer
Zeit nicht nur sämtliche Verkehrsmittel ausfallen, sondern trieb
auch die letzten Überlebenden in die engen U-Bahn-Schächte, wo sie
Schutz vor der tödlichen Strahlung gefunden haben. Hier leben sie
seit Jahren - so wie Artjom.
Doch zunächst zu einigen interessanten Spieldetails. Hier
verballern Sie wörtlich Ihr
Geld. Wie in anderen
Ego-Shootern finden Sie hier und da Munition. In Metro dient sie
jedoch als Währung. Somit stehen Sie oft vor der Wahl, dem
anrückenden Mutanten eine Salve zu verpassen und dafür pleite zu
sein oder zu Ihrem Messer zu greifen. Dadurch sparen Sie Munition
und kaufen sich davon bessere, stärkere Feuerwaffen. Sie dürfen
maximal drei davon gleichzeitig mitführen: eine Pistole und zwei
größere Wummen, etwa eine Schrotflinte und ein Kalaschnikow-Gewehr.
Handgranaten und Dynamitstangen kommen dazu - zu erwerben an jeder
U-Bahn-Station Ihres Vertrauens.
Eine weitere Besonderheit: In Metro gibt es keine Gesundheits- oder
Munitionsanzeigen. Wie es Ihnen geht, merken Sie an der
Geschwindigkeit, Atmung und dem Puls Ihrer Spielfigur. Wie oft Sie
noch zum Schuss kommen, sehen Sie an der Zahl der Patronen im
Magazin. Wer wissen will, wo er hin muss, drückt eine Taste und
Artjom holt daraufhin eine Armee-Mappe mit einer Papierkarte darin
heraus. Darauf notiert er auch seine aktuellen Missionsziele.
Witzig: Wenn Sie mal irgendwo in absoluter Dunkelheit neben ein
paar Mutanten ausharren und dabei einen Blick auf die Karte werfen,
kann Artjom auch sein Feuerzeug nutzen, um die Zeichnung zu
beleuchten. Bildschirmeinblendungen kommen lediglich bei Händlern
vor, um zum Beispiel die Preise für Waffen, Medikits oder
Gasmaskenfilter anzuzeigen.
Bei unserer Präsentation waren wir übrigens kaum allein unterwegs.
Ob in den Stationen, auf den Gleisen oder auf der vergifteten
Oberfläche im zerstörten Moskau: Wir hatten stets einen Begleiter.
Beispielsweise auf unserem Weg zur nächsten U-Bahn-Haltestelle mit
der genannten Draisine. Wir starteten unsere Reise zu viert -
sprich, in Begleitung von drei computergesteuerten Charakteren. Auf
dem Weg griff uns etwas Unbekanntes an, worauf zwei von ihnen in
Ohnmacht fielen. Wenig später verfolgte uns ein gutes Dutzend
Mutanten. Der Kerl, der bei Bewusstsein blieb, steuerte die
Draisine panisch zur nächsten Station, während wir die Widersacher
zuerst mit unserem Messer, dann mit einer Schrotflinte abwehrten.
Solche Szenen, die zwar nach einem bestimmten Skript ablaufen, in
denen wir aber dennoch einiges zu tun hatten, servierte uns das
Spiel am laufenden Band.
Die ukrainischen Entwickler von 4A Games schaffen in Metro 2033
eine bedrückende und dennoch aufregende Atmosphäre. Nicht zuletzt
dank des abwechslungsreichen Spielverlaufs. In den U-Bahn-Stationen
herrscht trotz Weltuntergangsstimmung blühendes Leben. Die Menschen
arbeiten, handeln, lieben und streiten sich. Hier findet Artjom
Halt und Ruhe. In den langläufigen Tunnels zwischen den
Haltestellen hausen Ratten, Mutanten oder Banditen. Und auf der
verstrahlten Erdoberfläche wimmelt es von riesigen Flugmonstern und
anderen Ungeheuern, die das ohnehin unfreundliche Moskau des Jahres
2033 um einiges ungemütlicher machen.
Artjom soll auf seinen Reisen noch anderen Gefahren begegnen.
Bestimmte Stationen liegen fest in der Hand von Kommunisten,
Faschisten, streng gläubigen Zeugen Jehovas oder auch Satanisten.
Selbst Kannibalen soll es geben. Bei so vielen Parteien und
U-Bahn-Haltestellen entsteht zwangsläufig der Eindruck, Metro 2033
wäre ein Spiel mit einer offenen Welt wie in Fallout 3 oder
S.T.A.L.K.E.R.. Dabei ist der Titel ein streng linearer
Ego-Shooter, in dem der Held
ähnlich wie etwa in
Half-Life 2 Level für Level
voranschreitet und die spannende Geschichte in Zwischensequenzen
aus der Ego-Sicht und mithilfe vorgegebener Ereignisse erlebt.
Artjom wird sich also nicht im verzweigten Moskauer U-Bahn-System
verlaufen.
Technisch präsentiert sich das Spiel auf höchstem Niveau. Vor allem
die Charaktere verdienen Lob: Dermaßen detailliert und realitätsnah
animierte Figuren gibt's in wenigen Computerspielen. Nur die Levels
fielen in unserer Präsentation noch etwas kurz aus. Wir durften
aber auch bloß die ersten zehn spielen.
So funktioniert das Leben unter Tage
Nur etwa 50.000 Menschen der 10,5-Millionen-Stadt Moskau konnten in
Metro 2033 in den U-Bahn-Schächten überleben. Trotz schwerster
Bedingungen machen sie es sich unter der
Erde gemütlich. Wir
beleuchten anhand einiger Beispiele, wie das jahrelange Leben in
den dunklen U-Bahn-Tunnels so ist.
Getto
Die sogenannten Bezirke sind kaum breiter als zehn
Meter, trotzdem tummeln sich
hier eine Menge Leute: Männer, Frauen, Kinder, Händler,
Waffenschieber, Bettler, Soldaten. Überbevölkert, aber jeder findet
irgendwo seinen Schlafplatz.
Kinder
In den U-Bahn-Tunnels gezeugte Kinder sehen nie das Tageslicht. Was
ihre Spielzeuge darstellen, wissen sie nur aus Erzählungen ihrer
Eltern.
Gemütliche Runde
Die Freizeitgestaltung vieler Menschen erinnert an den
Ego-Shooter S.T.A.L.K.E.R. -
Gitarrespielen am Lagerfeuer. Im Gegensatz zum
Tschernobyl-Abenteuer erzählen sie sich aber keine Witze, sondern
meist traurige Geschichten - zum Glück lokalisiert und nicht wie in
S.T.A.L.K.E.R. auf Russisch.
Nahrungsmittel
Irgendwie schafften es die Menschen, Schweine unter der
Erde zu züchten. Und Pilze.
Die brauchen schließlich kein Tageslicht. Fürs Essen ist also
weitgehend gesorgt.
Interview mit Andrey Prokhorov und Dean Sharpe von THQ und
4A Games:
PC Games: Die Idee mit dem Weltuntergang aus der
Sicht eines Moskauer Bürgers ist sehr ungewöhnlich.
Prokhorov: "Als wir im
Internet eine Kurzgeschichte
zur Moskauer U-Bahn fanden, hatten wir unser Szenario. Also die
Idee dieser postapokalyptischen Welt ist psychologisch für uns
Menschen, die in der Sowjet*union* gelebt haben, nahe an unseren
Erfahrungen. Es ist ein Spiel darüber, was hätte sein können -
wobei wir natürlich nicht wollen, dass das jemals passiert."
PC Games: Ist das auch der Grund, warum ihr das
Szenario des Buches Metro 2033 für das
Computerspiel nicht in die
westliche Welt verlegt habt?
Sharpe: "Dort, wo ich aufgewachsen bin, waren die
schlimmsten Sachen, die wir hatten, Feuerschutzübungen. Sicher
nichts im Vergleich zu dem, was die Menschen in der
Sowjetunion erlebt haben.
Deswegen glaube ich, dass das Spiel nirgendwo anders als hier in
der Ukraine verwirklicht werden kann."
Prokhorov: "Außerdem wollten wir nicht viel vom
Buch verändern. Und das Buch spielt nun mal in Moskau. Außerdem
haben nicht viele Städte der Welt das gleiche U-Bahn-System, das
tatsächlich auch wie ein Atombunker konstruiert wurde. Das ist der
Grund, warum Moskau für dieses Spiel einfach hundertprozentig als
Schauplatz passt."
PC Games: Die Moskauer U-Bahn hat ja 177
Stationen. Wie viele davon gibt's im Spiel?
Prokhorov: "Na ja, nicht alle. Das hätten wir
vielleicht gerne. Eigentlich würde die Moskauer U-Bahn Stoff für
viele Spiele hergeben. Aber wir haben ja das Szenario des
Buches."
Sharpe: "So viele auch immer gebraucht werden, um
die Geschichte zu erzählen."
PC Games: Andrey, du hast ja bereits an
S.T.A.L.K.E.R. gearbeitet. Was hast du von damals in dieses Projekt
mitgenommen?
Prokhorov: "Erfahrung. Ich habe zu meinem Team
immer gesagt: 'Wenn wir auf dem gleichen Level bleiben, bedeutet
das, dass wir schwächer geworden sind.‘ Also arbeiten wir hart an
dem Spiel - ausruhen können wir uns auch nach der Rente."
PC Games: Dean, du hast ja schon als westlicher
Produzent mit einem ukrainischen Team an S.T.A.L.K.E.R. gewerkelt.
Ist es anders, mit Entwicklern aus dem Osten zusammenzuarbeiten als
mit westlichen?"
Sharpe: "Ja, total (lacht). In den westlichen
Studios albern viele Entwickler mit ihren Spielen herum. Hier zwar
auch, aber sicher nicht so oft wie im Westen. Aber wisst ihr, was
der größte Unterschied ist? Draußen sind es minus 20 Grad, aber
drinnen sind es plus 30 und die Leute tragen trotzdem noch Jacken,
Schals und Hüte. Und ich frage nur: 'Was stimmt mit euch nicht? Ich
trage ein T-Shirt und Shorts und ich sterbe fast.‘"
Alexander Frank
"Actionreich, dramatisch und nie langweilig"
Gut, dass ich um den linearen Aufbau von Metro im Vorfeld
gewusst habe. Ich bin so tief in seine dichte Atmosphäre
eingetaucht, dass ich das postnukleare Moskau sonst für eine offene
Welt gehalten hätte. Ich bin mir sicher, hier erwartet uns ein
erzählerisches Genre-Highlight: Mal actionreich, mal ruhig, mal
dramatisch – aber nie langweilig.