Als Stanley Kubrick die Filmrechte
an der Novelle „Red Alert“ von Peter George erwarb, hatten er und
Produzent James B. Harris ursprünglich vor, einen ernsthaften
Thriller daraus zu machen. Da sich Harris aber, nachdem die
Produktion stand, aus dem Projekt zurückzog – um seine eigene
Karriere als Regisseur voranzutreiben – disponierte Kubrick um und
fasste den Entschluss, dass man eigentlich nur mit einer Komödie
dem Irrsinn eines nuklearen Konfliktes, einigermaßen gerecht werden
könnte. Er engagierte den Autor Terry Southern - der bekannt für
seine skurrilen Einfälle und gesegnet mit schrägem Humor war -
setzte sich mit ihm an einen Tisch und es entstand mit dem Drehbuch
zu „Dr. Strangelove“, die Grundlage für eine der besten Satiren
aller Zeiten. Auch bei der Besetzung machte Kubrick keinerlei
Kompromisse und reaktivierte beispielsweise, für die Rolle des
durchgeknallten Brigadegenerals Jack D. Ripper, Sterling Hayden aus
dem Ruhestand. Hayden bedankte sich mit einer der besten
Vorstellungen seiner Karriere. Er bestand ebenso auf George C.
Scott, obwohl diesem der Ruf, jähzornig und schwierig zu sein,
vorausging. Auch als er bei seinem absoluten Wunschkandidaten Peter
Sellers – mit dem er zuvor schon bei Lolita zusammenarbeitete –
nachfragte, ob er sich vorstellen könnte, in seinem nächsten
Projekt gleich mehrere Rollen zu übernehmen, sagte dieser sofort
zu. Allerdings konnte Kubrick sein Vorhaben, Peter Sellers – der
bereits drei Rollen übernommen hatte – auch als B 52 Bomber
Kommandanten Major T.J. „King“ Kong zu besetzen, nicht
verwirklichen, da dies Sellers verständlicher Weise zuviel wurde.
Schließlich übernahm Slim Pickens die Rolle, der mit seinem
texanischen Slang Kubrick’s Vorgaben entsprach. Wobei an dem in
sich stimmigen und sehr guten Cast, zwei Schauspieler herausragen.
Vor der großartigen Leistung George C. Scott’s und dem
einzigartigen Peter Sellers – besonders als Dr. Strangelove –
müsste man eigentlich knien. Die besondere Begabung der beiden
Stars manifestiert sich in der Darstellung ernsthafter Charaktere,
die beinahe grausam komisch wirken. Aber auch Kleinigkeiten, wie
etwa Plakate mit der Aufschrift „Peace is our Profession – Frieden
ist unser Beruf“, welches z.B. auch in Ripper’s Büro hängt, tragen
zum unvergleichlichen, schwarzen Humor dieses Streifens bei. Trotz
der Komik, die dieses Werk auszeichnet, steht praktisch in jeder
Einstellung, die bissige Kritik an der atomaren Hochrüstung, sowie
die unverantwortliche Haltung einiger Generale im Vordergrund. Buck
Turgidson sollte wohl an General Curtis LeMay erinnern, der
Präsident Kennedy während der Kubakrise, zu einem groß angelegten
Luftschlag gegen die Karibikinsel drängte. Auch die amerikanische
Vorgehensweise, nationalsozialistische Wissenschaftler ohne viel
Aufhebens einzubürgern, wird in der Figur von Dr. Strangelove,
kritisch beleuchtet. Selbstverständlich legte Kubrick, wie in jedem
seiner Werke, besonderen Wert auf die Kameraarbeit. So drehte er
die Erstürmung der Luftwaffenbasis, eigenhändig mit einer
Handkamera. Auch Großaufnahmen von Ripper wirken durch die
verwendeten Kamerawinkel, absolut bedrohlich. Eigentlich sollte Dr.
Seltsam mit einer großen Tortenschlacht im War Room enden. Als die
Aufnahmen im Kasten waren, sah Stanley Kubrick aber, dass dies
nicht funktionierte und die gesamte Produktion ruiniert hätte. Also
endet der Film mit der berühmten Szene, wo sich Dr. Seltsam aus
seinem Rollstuhl erhebt und ausruft: „Mein Führer, ich kann wieder
gehen!“. Damit wird in einer Geste, sowie mit einem Satz noch
einmal der groteske Wahnsinn von Weltherrschaftsträumen und totalem
Krieg offenbart.
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Bild
Das Bild liegt im Originalformat von 1.66:1 vor und verwendet den
AVC/MPEG4 Video-Codec. Es hinterlässt aber auch einen bleibenden
Eindruck. Leider aber im negativen Sinne, wobei die ersten ca. 15
Minuten grausam sind. Besonders Aufnahmen, wie z.B. der Innenraum
des B 52 Bombers, leiden unter heftigstem Graining. Das bessert
sich nach der angesprochenen Viertelstunde, tritt aber, in
abgemilderter Form, immer wieder auf, speziell in dunklen Passagen.
Der Schwarzwert schwankt zwischen mittelmäßig und gut. Der Kontrast
ist ein wenig zu gering, wodurch das Bild stellenweise etwas flau
wirkt. Die Bildschärfe geht in Ordnung und ist teilweise sogar auf
hohem Niveau. Fokus und Ausleuchtung passen bei Stanley Kubrick
sowieso. Digitale Artefakte, sowie Unschärfen in Teilen des Bildes,
sind nicht zu beobachten. Es gibt aber auch noch richtig gute
Nachrichten. Da der Film in Schwarz/Weiß gedreht wurde, ist die
Farbdarstellung ein vernachlässigbarer Faktor. Insgesamt wird nur
selten hohes Blu-Ray Niveau erreicht, was womöglich aber auch dem
Ausgangsmaterial geschuldet sein könnte. Eine Enttäuschung – in
Anbetracht des Alters dieses Filmes und abgesehen von den ersten 15
Minuten – ist das Bild aber nicht.
![attachment.php?attachmentid=17269&stc=1&d=1252252960](https://bluray-disc.de/forum/attachment.php?attachmentid=17269&stc=1&d=1252252960)
Ton
Der Ton – deutsch und englisch in 5.1 Dolby TrueHD – ist
selbstverständlich ein Upmix, der aber überraschend gut
funktioniert. Die Räumlichkeit beschränkt sich zwar weitgehend auf
die Düsenmotoren der B 52 Bomber, dafür gibt es aber an der Front –
Soundkulisse nichts auszusetzen. Neben dem Center werden auch die
vorderen Seiten – LS durchgehend angesteuert. Dadurch sind Stimmen
sehr gut zu orten und durch den lossless Sound auch klar in den
Höhen, sowie weitgehend rauschfrei. Der Hauptvorteil des
verlustfreien Klanges ist aber die Balance – Musik/Effekte/Sprache
– wobei die Sprachverständlichkeit auch bei Musik oder Effekten
erhalten bleibt und nicht, wie so oft, untergeht. Vergleicht man
die deutsche mit der englischen Tonspur, ist die Englische -
natürlich nur, wenn man der Sprache mächtig ist - vorzuziehen. Die
Stimmen wirken kräftiger und klarer, da diese in den Höhen besser
strukturiert sind. Man könnte auch sagen, der deutsche Ton klingt
ein wenig dumpfer.
Grundsätzlich ist die englische Tonspur erste Wahl, da man die
Genialität Peter Sellers’ nun einmal nur in der Originalsprache
wirklich erleben kann. Das ist keine Kritik an der
Originalsynchronisation – die durchaus gelungen ist – nur ist es
eben schlicht unmöglich, diesem grandiosen Schauspieler in all
seinen Facetten, mit einer Synchro, gerecht zu werden. Neben den
beiden beschriebenen, gibt es auch noch eine Tonspur in
italienischer Sprache – ebenfalls in Dolby TrueHD – und den
original Mono – Ton in Englisch. Zum Abschluss noch ein Tipp zum
Stromsparen. Da der LFE – Kanal, so gut wie gar nicht angesteuert
wird, lohnt es auch nicht den Subwoofer einzuschalten.
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Ausstattung
Das Menü der BD entspricht dem Klassenstandard. Es ist
übersichtlich und hübsch gestaltet, sowie einfach zu bedienen. Die
Extras hingegen, sind nicht nur quantitativ, sondern auch
qualitativ als überdurchschnittlich zu bewerten. Neben einem
„Making Of“, gibt es eine ganze Reihe informativer und
interessanter Themen. Man gewährt dem Zuseher einen Einblick in die
„Kunst des Stanley Kubrick“ - weiters gibt es ein Portrait von
Peter Sellers - eine Doku, die den Zusammenhang von Dr. Seltsam und
der nuklearen Bedrohung beleuchtet, wobei Leute wie beispielsweise
Bob Woodward oder Spike Lee zu Wort kommen – kurze Interviews mit
Peter Sellers und George C. Scott – selbstverständlich den Trailer
und ein fast halbstündiges Gespräch mit dem ehemaligen
Verteidigungsminister der USA, Robert McNamara, der sowohl über die
Kubakrise Auskunft gibt, wie auch allgemein über das Risiko einer
atomar bewaffneten Welt spricht. Anstatt des normalerweise üblichen
Audiokommentars, gibt es die Möglichkeit, Popup – Fenster
einzublenden, die die Strategie der Amerikaner und der Sowjets, im
Falle eines nuklearen Konfliktes, beschreiben. Insgesamt tolle
Extras, die man sich – wegen des besseren Filmverständnisses – auch
wirklich ansehen sollte.
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Fazit
Diese Produktion ist beispielhaft dafür, was geschieht, wenn
Genialität auf Kreativität, sowie Einzigartigkeit trifft und diese
eine Symbiose bilden. Es entsteht kein Spielfilm in herkömmlichem
Sinn, sondern ein Meisterwerk der Filmgeschichte, das auch
Jahrzehnte überdauert und dabei nichts von seiner Faszination
verloren hat. Dr. Seltsam war vor 45 Jahren richtig, und er ist es
heute, trauriger Weise, ebenso. Wenn man sich klar macht, wie viele
Nationen heutzutage im Besitz von Atomwaffen sind, und welche, zum
Teil geisteskranken, Regime danach streben, kann einem Angst und
Bange werden. Fest steht aber, dass jeder ernstzunehmende Cineast,
an diesem Juwel der Filmkunst, nicht vorbei kommt. Sollte jemand
also nicht im Besitz der DVD sein, ist für den Filmfreund ein Kauf
der BD, trotz der nicht restlos überzeugenden Bildqualität, ein
Gebot der Ernsthaftigkeit. Satiren, die - Intelligenz, grandiose
Komik, Oscar reife Darstellerleistungen, brillante Regie und leider
auch die Zeiten überdauernde Aktualität – in sich vereinigen, gibt
es schließlich nicht zuhauf.
Gesehen und gehört mit
Beamer: Sony VPL – HW10
BD – Player: Panasonic DMP - BD35
AV – Receiver: Pioneer VSX – LX60
Lautsprecher: Teufel System 6 THX
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