Objektive Reviews? Ich glaube, das geht nicht.
Rein theoretisch könnten wir in Görlitz oder wo auch immer zwar
einen kalibrierten Testraum (bitte dann aber mit schwarzen Wänden,
schwarzer Decke, schwarzem Boden und schwarzen Sitzen und
Testpersonen mit schwarzer Kleidung, 1 Meter doppelwandiger
akustischer Schalldämmung gegen Schallemissionen und -imissionen,
Raum in Raum Konstruktion mit nichtparallelen Wänden und einer
Anordnung, die genau einen einzigen idealen Hörplatz zuläßt)
einrichten und dann zum Test jeweils immer nach Görlitz
fahren.
Doch hätten wir dann objektivere Reviews?
Ein bißchen vielleicht. Und doch würden sich die Reviews auch in
der Punktwertung voneinander unterscheiden.
Warum? Weil wir eines nicht kalibrieren können. Nämlich unsere
eigene Wahrnehmung.
Der eine ist zum Beispiel empfindlich für den Regenbogeneffekt
eines Single Chip DLP Beamers, und fühlt sich massiv gestört. Der
andere sieht das selbe Bild und findet es makellos.
Der eine ist extrem empfindlich gegenüber chromatischer Aberration
und sieht das bei jedem betroffenen Beamer sofort raus und fühlt
sich gestört, der andere weiß gar nicht, wovon die Rede ist und
findet das Bild selbst dann noch gut, wenn es heftigste
chromatische Aberration aufweist.
Das waren jetzt zwei Fehler, die NICHT Bestandteil der BD sind,
aber sie sollen zeigen worauf ich hinaus will:
Der eine meint, das echte (nicht künstliche) Filmkorn sollte zur
sofortigen Abwertung um mindestens 30% der Bildwertung führen, der
andere sieht überhaupt keinen Sinn in einer Abwertung durch
Filmkorn.
Der erste, der meint, das Filmkorn sollte zur Abwertung führen,
wäre aber bereit Kompromisse einzugehen, wenn das Filmkorn einfach
zum Look dazu paßt (auch dann, wenn es künstlich ist, wie in
"300"). Der andere, den echtes Filmkorn eigentlich gar nicht stört,
sagt: unechtes Filmkorn hat im Bild nichts zu suchen.
Der eine benutzt einen Scaler, der auch hervorragend de-interlacen
kann und erlebt 1080i Dokus in sehr gut deinterlaceter Form, der
andere sieht das nackte, nicht de-interlacete Bild.
So ziemlich jeder Beamerbesitzer wird wahrscheinlich die extrem
stark verfälschende "dynamische Iris" benutzen, um mehr Kontrast
aus dem Bild herauszukitzeln. Satte Schwärzen, die auf der BD unter
Umständen gar nicht so satt sind, wie sie vom Beamer dargestellt
werden. Der andere hat auch die dynamische Iris ausgeschaltet und
sieht ein flaueres Bild, das aber u.U. dem näher kommt, was
tatsächlich auf der BD drauf ist.
Der eine hat einen extrem hohen Anspruch an Qualität und hört im
Ton selbst den Unterschied zwischen digitaler und analoger
Addition, der andere komprimiert seine Lieblings-CDs auf MP3 64
kbps und freut sich darüber, dass ihm aus dem Kopfhörer (nach
seinen Angaben) "fast-CD-Qualität" entgegentönt.
Wie objektiv kann die Punktwertung eines Reviews denn nun sein,
wenn das letzte Glied in der Kette (die menschliche Wahrnehmung)
nicht kalibrierbar ist?