Speak No Evil ist ein Film mit einer faszinierenden Grundidee, der
das Publikum immer wieder dazu bringt, sich zu fragen, wie man
selbst an Stelle des dänischen Paares gehandelt hätte. Auf zynische
Weise hält er der Gesellschaft einen Spiegel vor, indem er zeigt,
wie Menschen lieber Konflikte vermeiden, anstatt unangenehme
Wahrheiten auszusprechen oder einfach das Richtige zu tun. Die
unangenehme Stimmung, die den gesamten Film durchzieht, wird durch
die bedrückende Inszenierung und den eindringlichen Score noch
verstärkt. Schon früh baut sich dadurch ein konstantes Gefühl der
Beklemmung auf, dass schwer wieder loszulassen ist. Allerdings muss
man als Zuschauer einige Logiklücken hinnehmen, die an manchen
Stellen das Geschehen unglaubwürdig wirken lassen. Besonders in der
Mitte des Films gibt es eine Entscheidung von Bjørn, die so
konstruiert wirkt, dass sie lediglich die Handlung vorantreibt und
das empfand ich als äusserst frustrierend. Dieser Moment schwächt
die Wirkung erheblich, da man das Handeln der Figuren nicht mehr
ernst nehmen kann. Dennoch schafft es der Film, gegen Ende wieder
an Intensität zu gewinnen. Das Finale ist brutal, kompromisslos und
konsequent, etwas das man im Mainstreamkino nur selten zu sehen
bekommt. Besonders stark bleibt die Szene im Gedächtnis, in der
Bjørn Patrick fragt, warum er all das tue und die eiskalte Antwort
lautet: „Weil du mich lässt.“ Dieser Satz verdichtet die gesamte
Aussage des Films zu einem bitteren Kern. Speak No Evil ist damit
wie ein Schlag ins Gesicht, unbequem, verstörend und schwer zu
vergessen. Schade nur, dass die Logiklücken für mich zu zahlreich
waren und den Gesamteindruck spürbar getrübt haben.
7.5/10

LG, Raffi
Letterboxd: VincentVega84