Geschrieben: 12 Mai 2018 19:36

Steeljunkie
Blu-ray Freak
Aktivität:
Japan's Actionstar Tak Sakaguchi gab sein Debüt im Jahr 2000 mit
Ryuhei Kitamura\'s Kultfilm Versus, arbeitete dort auch erstmals
mit Fightchoreograph Yuji Shimomura zusammen, der mit Tak 5 Jahre
später Death Trance drehte und dort seine erste und bis Dato
einzige Regiearbeit ablieferte. Tak war im folgenden Jahrzehnt in
vielen Filmen zu sehen, bis er 2013 überraschend seinen Rücktritt
vom Filmbusiness bekannt gab. Die Reaktionen seiner Fans bewegten
ihn jedoch zu einem einmaligen Rücktritt vom Rücktritt und so gab
er 2015 bekannt, einen letzten Actionfilm für seine Fans zu machen,
um sich mit einem Knall zu verabschieden. Der Titel des Projektes
"Re:Born" könnte passender nicht sein. Niemand geringerer als sein
Freund und Partner der ersten Stunde, Yuji Shimomura war an Bord
des Projektes und führte Regie, wohlgemerkt seine zweite
Regiearbeit nach Death Trance.
Für die Kampfchoreographie ließ sich Tak etwas besonderes einfallen
und präsentiert eine im Genre neuartige Kampfkunst, die es in sich
hat. "Zero Range Combat" heißt der hier dargebotene Stil und wurde
vom Kampfkünstler / Sensei Yoshitaka Inagawa entwickelt und
gegründet. Die Kampfkunst ist sehr taktisch basiert und auf
militärischen Nahkampf ausgelegt. Den Gegner schnell, präzise und
möglichst lautlos ausschalten.
Es finden sich darin Einflüsse aus u.a. Aikido und Jiu Jitsu mit
waffenbasierten Elementen, ähnlich den Filipino Martial Arts und
auch Krav Maga. Wie es der Name sagt, ist der Kampfstil auf engste
Distanz ausgelegt. Es wird viel mit verschiedenen Messern gekämpft
und auch die Handhabung / Entwaffnung von Schusswaffen integriert
und zu einem schnellen, effektiven Stil vereint, der weniger Wert
auf Ästhetik sondern mehr auf Effektivität legt. Inagawa trainiert
u.a. auch militärische Einheiten. Abgesehen davon, dass er Tak
Sakaguchi lange in dem Stil trainiert hat, ist er auch als dessen
ehemaliger Partner und nun Antagonist "Abyss" in Re:Born zu sehen
und gibt damit sein Debüt.
Zu Beginn sehen wir eine militärische Einheit bei einer Übung im
Gebäude. Sie üben die Jagd nach einem gewissen "Ghost", der hier
von einem der ihren dargestellt wird, doch was die Soldaten nicht
ahnen, ist, dass ein wahrer Feind innerhalb des Gebäudes auf sie
lauert und folglich einen nach dem anderen ausschaltet. In dieser
Szene ist übrigens Masaya Kato in einem Miniauftritt als Kommandant
zu sehen.
Dann folgt die Überleitung zum heute in einem kleinen
Küstenstädtchen lebenden Toshiro Kuroda, der einen kleinen
Lebensmittelladen führt und sich um seine kleine Ziehtochter Sachi
( Yura Kondo ) kümmert. Schnell lernt man, dass es sich bei ihm um
den besagten Elitesoldaten / Auftragskiller "Ghost" handelt, der
dieses Leben und die blutige Vergangenheit eigentlich hinter sich
gelassen hat. An einer Stelle, als zwei Jugendliche seinen Laden
ausrauben und er ihnen freiwillig und ohne zu zögern das Geld aus
der Kasse aushändigt, um sich anschließend noch höflich zu
bedanken, wird dies besonders deutlich und da weiß man bereits um
seine Fähigkeiten.
Diese holt ihn jedoch bald ein, als seine alte Einheit unter der
Leitung seines damaligen Anführers "Phantom" ( Akio Otsuka ) ihn
ausfindig macht und töten will. Toshiro dreht den Spieß um und
macht die Jäger ihrerseits zu Gejagten.
Tak Sakaguchi ist auch in dieser Rolle des doch eher ruhigen und
nachdenklichen Toshiro sehr Charismatisch und erweist sich als
Idealbesetzung. Die Story hat Ähnlichkeit zum Mo-Brothers Werk
Headshot, jedoch entstanden die Filme ca. zur gleichen Zeit.
Toshiro hat das Töten zwar längst hinter sich gelassen, jedoch
verfolgt oder besser ausgedrückt "begleitet" ihn seine
Vergangenheit bis heute. Er hat stets Träume davon und denkt oft
über die Szenarien nach, lässt sich von einer Psychotherapeutin
behandeln und nimmt auch Medikamente. Die Taten selbst jedoch
machen ihm nichts aus, man merkt bald, dass er lediglich damit
abschließen will um seine Ruhe zu haben, doch der Killerinstinkt
ist ihm ins Mark übergegangen. Die kleine Sachi ist für ihn
allerdings auch ein guter Halt im Leben.
Das erste Drittel ist im Vergleich zum Rest relativ ruhig und
etabliert die Ausgangssituation für alles spätere, jedoch gibt es
bereits hier, abgesehen von der bereits erwähnten Szene mit der
Einheit die getötet wird, auch bereits mehrere klasse Actionszenen.
Die erste Szene, in der Toshiro seinen Killerinstinkt auspacken
muss, ist nur eine von vielen weiteren die einem im Gedächtnis
bleiben. Hier muss er auf einem Platz voller Menschen seine
Verfolger ausmachen, die hier den ersten Kontakt provozieren und
ihn umbringen wollen. Schon hier ist Tak die Coolness in Person und
die Szene hervorragend inszeniert. Von Tak\'s
Stift-verschwinden-lassen-Skil ls kann John Wick sich noch das ein
oder andere abgucken, sag ich dazu nur ;-). Von da an kommt alles
mehr und mehr ins Rollen. Mehrere Angreifer in einer kleinen Gasse
und anschließend in seinem Laden zu erledigen ist nur ein
Vorgeschmack. Ein tolles, wenn auch kurzes Highlight ist aber der
Kampf gegen die Killerin innerhalb einer Telefonzelle, wo die
Essenz des "Zero Range Combat" im wahrsten Sinne des Wortes zum
tragen kommt.
Hälfte Zwei bietet gefühlt Daueraction und eine einzige große
Sequenz, in der sich Tak und seine zwei Kameraden durch zahlreiche
Einheiten von Feinden kämpfen, im Falle von Tak hauptsächlich
schlitzen und schneiden.
Toshiro tötet seine Gegner nicht einfach nur, er vernichtet sie
fast schon. Jeder Treffer ist präzise und muss wirkungsvoll /
tödlich sein. Um das ganze so realistisch wie nur geht aussehen zu
lassen, müssen die Stuntleute hier verdammt ordentlich einstecken,
denn typisch Tak werden Treffer mehr durchgezogen als abgebremst
und genau davon profitiert man als Martial Arts Fan, denn es
verleiht der Action noch mal ordentlich Wucht.
Auch die zwei Kollegen von Toshiro agieren klasse als Zwei-Mann
Team, welches Tak unterstützt und ihm den Rücken freihält.
Besonders deren gemeinsame Kills und das Nachladen der Waffen etc.
sind eine wahre Augenweide für jeden Actionfan.
Der Bodycount ist extrem, die Härte enorm, es fließt eimerweise
Blut, was kein Wunder ist, denn die meiste Zeit kämpft Tak hier mit
diversen Messern, wie dem Karambit und ähnlichen Klingenwerkzeugen.
Der Speed, den er hier an den Tag legt, ist unglaublich.
Die Kamera ist nur stellenweise etwas schneller unterwegs aber nie
unübersichtlich sondern sehr dynamisch, in gutem Abstand zum
Geschehen und die Takes schön lang. Der Schnitt ist in 2-3 Szenen
auch mal etwas hektisch geraten, ansonsten aber sind die
Kameraarbeit und das Editing sehr gut. Die Filmmusik stammt
übrigens von niemand geringerem als Kenji Kawai, der hier für den
Film einen im Vergleich zu seinen sonst sehr opulenten Soundtracks,
eher ruhigen Score gefertigt hat aber dennoch erkennt man klar die
für ihn typischen Elemente.
Das Sounddesign ist insgesamt klasse. Nicht nur der Score ist schön
düster und passend minimalistisch, sondern vor allem die Sounds bei
den Fights, beim Impact, entfalten eine große Wucht und untermalen
die Kampfszenen perfekt. Auch was die Waffensounds angeht,
scheppert es verdammt ordentlich.
Denkt man nach der großen Waldsequenz, in der man sich übrigens
auch an Tak\'s Debüt in Versus erinnert fühlt, man könne nun
verschnaufen, schaltet er für das gut 15-Minütige Finale in der
Fabrikhalle noch mal mindestens 2 Gänge hoch.
Sehr geil ist es, wie er gemeinsam mit seinem alten Partner Abyss
zunächst zusammen arbeitet um letztlich, nachdem alle aus dem Weg
geräumt wurden, gegen ihn anzutreten. Dies bildet dann noch den
krönenden Abschluss mit einem schönen 1 on 1 Fight.
Zero Range Combat ist definitiv trotz des sehr eng geführten
Nahkampfprinzips eine schöne und filmtaugliche Kampfkunst. Tak als
Kampfkünstler hat sich den Stil angeeignet und bringt ihn hier so
gut rüber, als hätte er ihn selbst entwickelt. Hier und da wird er
quasi als Übermensch dargestellt und vereinzelt muss man auch mal
die Logik links liegen lassen. Seine Art den Kugeln auszuweichen
ist sicherlich ein Element, dass rein zu Unterhaltungszwecken hier
in den Film eingebracht wurde und zudem viel mehr Momente kreiert,
in denen er seine todbringenden Moves an den Mann bringen kann und
es passt wiederum hervorragend in den Kontext.
Man muss auch erwähnen dass die Ernsthaftigkeit in dem Film zu
keiner Sekunde leidet. Klar wird die Figur des Toshiro ein Stück
weit als unbesiegbare Kampfmaschine präsentiert aber die Atmosphäre
ist durchweg ernst und recht gritty gehalten. Die brachiale Action
und vor allem harten Kills sprechen für sich und unterstreichen
dies. Zudem ist durch Tak\'s Präsenz und erst recht durch die
brachiale Action, die er hier zelebriert, ein verdammt hoher
Coolnessfaktor gegeben und man hat als Fan einfach ein Dauergrinsen
im Gesicht.
Tak Sakaguchi hat sich hier wahrlich eindrucksvoll zurück gemeldet
und ich hoffe inständig, dass in Zukunft noch einiges von ihm und
auch Yuji Shimomura kommen wird.
Für den einen oder anderen Zuschauer könnte das Ganze ( Stichwort:
"Daueraction " ) im letzten Drittel evtl. ermüdend wirken.
Hardcore Martial Arts Fans, die ihre Freude an Kampfszenen haben
und harte Action lieben, werden mit Re:Born bestens versorgt
sein.
Klasse Martial Arts Actioner!
9 / 10