Nun auch gesehen.
Ich muss sagen, ich war positiv überrascht. Nach all der Kritik
hier im Thread hätte ich weitaus schlimmeres erwartet.
Diese Neuverfilmung hier liegt klar hinter der Original-Version von
1974 mit Albert Finney in der Hauptrolle. Dennoch konnte ich der
Neuverfilmung hier einiges abgewinnen. Ich empfand vor allem die
erfrischend andere Darstellung Poirots im Vergleich zum Original
als gelungen. Albert Finney machte seinen Job sehr gut, kommt aber
meiner Meinung nach nicht an Sir Peter Ustinovs Auslegung der Rolle
heran. Kenneth Brannagh liefert hier einen deutlich anderen Poirot.
Etwas persönlicher, weniger aufbrausend. Gefiel mir.
Auch der restliche Cast machte seine Sache gut und wurde fast
ausnahmslos klasse besetzt. Schade nur, dass einige Charaktere
trotzdem etwas blass blieben, weil ihnen schlichtweg die Screentime
fehlte. Ausstattung und Produktionsniveau des Films sind auf jeden
Fall sehr gut, und die Kamera hat einige wirklich sehr schöne
Szenen eingefangen.
Meine größten Kritikpunkte aber sind
SPOILER! Inhalt
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die Szene im offenen Gepäckwagen. Die wirkte
doch etwas arg konstruiert, nur um dem folgenden Schusswechsel und
Kampf Poirots mit dem Arzt mehr Dramatik zu verleihen. Warum sollte
man die Wagontüren auf beiden Seiten offen lassen, wenn der Zug auf
der Brücke steht und links und rechts nur der Abgrund wartet!? Das
gleiche hätte man viel cleverer erreichen können, indem man die
beiden bei der Rangelei einfach durch die hintere Wagontüre hätte
fallen lassen können.
Außerdem fand ich die eigentliche Auflösung des "Falls" als etwas
unspektakulär. Hier leistet das Original deutlich bessere Arbeit.
Die Erklärung Poirots und die Reaktion der Passagiere blieb hier
einfach zu blass.
Insgesamt ein gerade noch "gut". (7/10)
Für Genrefans auf jeden Fall empfehlenswert. Alle anderen dürfen
gerne auch mal einen Blick riskieren.