Geschrieben: 04 Sep 2015 09:32
Blu-ray Starter
Aktivität:
Until
Dawn
Ein paar Teenie-Freunde, eine gemütliche Hütte, und das inmitten
verschneiter Berge. Der perfekte Ort um ohne Eltern schön feiern zu
können und sich zu vergnügen – denkste.
Denn mehr braucht es nicht, um ideale Voraussetzungen für einen
Teenie-Horrorstreifen zu schaffen. In besagter Hütte haben einige
Jugendliche ihren Spaß und machen eben das, was Teens ohne Aufsicht
so machen: ihren Spaß haben … und zwar so lange, bis zwei
Geschwister in einem Schneesturm spurlos verschwinden.
Josh, dessen Eltern die Hütte gehört, schafft es trotz der Tragödie
alle Freunde im Jahr darauf zusammenzutrommeln, um den Vorfall
hinter sich zu lassen und für ein würdiges Andenken an die beiden
Verschwundenen zu sorgen. Unter den Charakteren befinden sich so
ziemlich alle Klischees die man aus diesem Genre kennt. Da hätten
wir den Mädchenschwarm, die Oberzicke, die Streberin, den nerdigen
Witzbold, … jede Figur passt sehr gut in ihre Rolle. Die Story
lässt sich genügend Zeit, um die einzelnen Charaktere einzuführen
und ihnen Raum zur Entwicklung zu geben. Nach kurzer Zeit fiebert
man deshalb sogar um das Leben der nervigsten Protagonisten.
Sehr viel mehr kann über die Geschichte nicht verraten werden ohne
zu spoilern, denn davon lebt dieses Spiel wie selten ein anderes.
Und genau darum lassen wir das an dieser Stelle auch. Man darf sich
jedenfalls auf ein paar schaurig-schöne Schreckmomente und
Wendungen freuen, mit denen man so bestimmt nicht gerechnet hätte.
Denn die Entwickler von Supermassive Games schaffen es
hervorragend, mit den Erwartungen der Zocker und
Teenie-Horror-Film-Kenner zu spielen.
Ganz „schön“ gruselig
Das hier eingesetzte Performance-Capturing macht sich besonders
positiv bemerkbar und transportiert jeden noch so feinen Ausdruck
der Schauspieler – die teilweise wirklich sehr gut getroffen sind –
perfekt ins Spielgeschehen. Jede Stimmung und jede Gefühlsregung
lässt sich perfekt von den Gesichtern ablesen, genauso wie die
Körpersprache, die für jeden Charakter individuell ist – ein wahrer
Augenschmaus. Einzig die Zähne wirken manchmal etwas seltsam, das
ist allerdings jammern auf hohem Niveau. Manchmal klingen die
deutschen Stimmen nicht ganz optimal, was auch von den
unterschiedlichen Umgebungen abhängig ist.
Die Unterhaltung in einer Berggondel klingt zum Beispiel etwas
blechern, jeder der bereits in einer solchen selbst gefahren ist
kennt das ja, es wurde also scheinbar als Stilmittel eingesetzt.
Nichts desto trotz kann man sich daran stören. Um dem etwas
entgegen zu wirken, kann aber jederzeit auf den englischen O-Ton
umgeschaltet werden (wahlweise lassen sich auch Untertitel
einblenden). Einzig das „um die wette kreischen“ mancher
Protagonistinnen lässt sich dadurch nicht groß ändern ;-)
Pack die Taschenlampe ein
Atmosphäre wird bei „Until Dawn“ generell ganz groß geschrieben.
Die Schauplätze sind alle sehr stimmungsvoll beleuchtet und schön
ausmodelliert und kommen mit den teilweise fixen
Kameraeinstellungen sehr gut zur Geltung. Wenn unsere Spielfigur
dann noch den Lichtkegel der Taschenlampe, des Feuerzeugs oder der
Fackel geschmeidig über die Kulissen schwenkt und das Spiel von
Licht und Schatten den Schauplatz noch bedrohlicher wirken lässt,
dann ist das ein wahres Fest – selten hat man sich so schön
gegruselt. Denn das komplette Spiel über sind wir nur Nachts
unterwegs.
Spiel oder interaktiver Film?
Das Spiel inszeniert sich wie eine Serie, inklusive einem „Was
bisher geschah…“ vor jeder einzelnen Episode. Je nach
Abschnitt lenkt man einen der acht Charaktere. Die Spielfigur wird
mit dem linken Stick gelenkt, wahlweise kann die Blickrichtung auch
mit dem Gyroskop im Gamepad gesteuert werden, was nach etwas
Eingewöhnung ganz gut funktioniert. Dreieck, Viereck!, Kreis!!,
ARGH!!! Die gelegentlich stattfindenden Reaktionstests, auch
„Quick-Time-Events“ genannt, sind relativ kurz gehalten und
beschränken sich auf Aktionen wie Klettern, ducken und
dergleichen.
Wer auf ein aktiongeladenes Gameplay hofft, wird jedoch enttäuscht.
Das Spiel orientiert sich klar an Spielen wie „Heavy Rain“ oder
„Beyond: Two Souls“ und legt, was das Spieltempo selbst angeht,
einen gemütlicheren Gang ein. Dafür kommt es in bestimmten
Situationen durch gut eingesetzte Kamerafahrten, den räumlich gut
abgemischten Soundeffekten und dem stimmungsvollen Score immer
wieder zu Gänsehaut-Momenten.
Wer die Wahl hat, hat die Qual
Kommen wir zum eigentlichen Herzstück von Until Dawn: Den vielen
Entscheidungen.
Oft hat man die Qual der Wahl. Sei es, ob man eine Abkürzung nutzen
möchte, oder doch lieber die sichere Variante bevorzugt – jede
Entscheidung zieht ihre Konsequenz nach sich und beeinflusst zu
großen Teilen den weiteren Spielverlauf durch den sogenannten
Schmetterlingseffekt. Dieser muss aber nicht unmittelbar eintreten,
sondern kann sich auch in einer späteren Episode
niederschlagen.
Laut dem Entwickler soll es so möglich sein, das Spiel auf hunderte
verschiedene Arten erleben zu können und zu beenden. Ständig könnte
eine der Figuren durch eine Entscheidung das zeitliche segnen oder
im weiteren Verlauf den Tod eines anderen vereiteln.
Alles eintüten
Sammelgegenstände wie etwa Briefe, Bilder oder sonstiges,
beinhalten interessante Informationen. Sobald wir in der Handlung
voranschreiten, aktualisieren sich die Beschreibungen einiger
Gegenstände automatisch und tragen so auch zur Geschichte bei.
Neben den normalen Gegenständen können auch Totems gefunden werden,
diese enthalten – mal mehr mal weniger – nützliche Informationen,
die uns bei einigen Entscheidungen unterstützen könnten.
Camera-Feature
Sofern man eine PlayStation Camera sein eigen nennt, lässt sich im
Menü eine Option aktivieren, mit der man die Reaktionen auf die
immer wieder eingestreuten „Jump-Scares“ automatisch aufzeichnen
kann. Besonders wenn einem jemand beim Zocken zusieht (aufgrund
des Seriencharakters kann das Geschehen auch von „Nichtzockern“
gespannt mitverfolgt werden), ist es herrlich zu sehen, wie
die Leute neben einem reagieren.
Fazit
Das exklusiv für Sonys PlayStation4 erschienene „Until Dawn“ wirkt
dank seinem gelungenen Spannungsbogen zu keinem Zeitpunkt künstlich
in die Länge gezogen. Je nach Spielstil beendet man das Spiel nach
etwa 9 bis 10 Stunden. Spätestens wenn der Abspann über den
Bildschirm flimmert, beginnt man sich zu allerdings zu fragen: „Was
wäre passiert wenn ich nicht die Abkürzung genommen hätte? ... was
wäre, wenn dieses eine Quick-Time-Event erfolgreich verlaufen wäre?
Hätte ich die Figur retten können wenn ich dieses oder jenes anders
entschieden hätte?“ Der dadurch resultierende Wiederspielwert ist
durchaus hoch. Unterstützt wird dies dadurch, dass nach dem
Durchspielen die einzelnen Episoden zum erneuten Spielen ausgewählt
werden können.
Wer mit Spielen, die sich mehr an einem interaktiven Film
orientieren, nichts anfangen kann, dem sei an dieser Stelle von
einem Kauf eher abgeraten.
Freunden von Horrorfilmen, die gerne selbst in das Verhalten der
Charaktere eingreifen möchten, kann dieses Spiel jedoch
uneingeschränkt empfohlen werden.
Pro:
+ Schmetterlingseffekt
+ glaubhaftes Mienenspiel
+ Schockmomente
+ Wiederspielwert
Contra:
- Schmetterlingseffekt manchmal nicht schlüssig
- Stimmen klingen nicht immer optimal
- Schockmomente sitzen nur beim ersten Mal
- Gameplayelemente beschränken sich aufs nötigste
Story 10/10
Grafik 9/10
Sound 8/10
Gameplay 7/10