Geschrieben: 07 Apr 2015 01:35
Herz aus Stahl (2014)
"Fury" (original title)
16 | 134 min | Action, Drama, War | 1 January 2015 (Germany)
Director: David Ayer
Writer: David Ayer
Stars: Brad Pitt, Shia LaBeouf, Logan Lerman. Michael Pena
Kritik
David Ayer öffnet die Luken seines Sherman Panzers und lässt den
ganzen Staub, Dreck und die Abgründigkeit des World War 2
ungefiltert und ohne Moral ins Wohnzimmer. Dabei wird wenig
reflektiert aber es wird getan was getan werden muss. Regisseur
Ayer legt in seinem Kriegsdrama viel Wert auf den technischen
Aspekt und die Mechanik. So wie die Tonnen schwere Panzerkette ins
Rädchen greifen muss, so müssen auch die Jungs im rollenden
Stahlsarg präzise abgestimmte Rädchen im Uhrwerk von Wardaddy (
Brad Pitt ) sein um dem Gegner in Nazideutschland
einzuheizen.
Perfektes Timing
Regisseur Ayer (Training Day, Sabotage) versucht erst gar nicht
sich mit falschen Federn zu schmücken um etwas zu sein zu was er
nicht ist. Fury ist genauso dreckig, staubig, roh, jenseits von
Moral und so weit davon entfernt zwei Seiten der Medaille zeigen zu
wollen wie Merkel davon frauliche Attribute zu besitzen. Und genau
das tut dem Heimkino gut. Ayer serviert einen dreckigen Bastard.
Weg vom Hochglanz Kriegsdrama, hin zum Ayer Style. Der Mittelfinger
an alle sauberen Uniformen-Filmchen und Wackelkamera Filmemacher.
Ayer bleibt seiner straighten Handschrift treu und platziert, wie
in den meisten seiner anderen Werke ein starkes Alphamännchen in
sein Gehege unmittelbar neben einen Grünschnabel, sowie ein
stimmiges Assemble an interessanten Charakteren im übrigen Team.
Wer an Training Day oder Sabotage denkt erkennt das Muster. Ayer
schafft es sogar Shia LaBeouf nicht sucken zu lassen. Die
Grünschnabel Etablierung neben der Big Balls Figur ist insofern für
den Zuschauer wichtig um in den Film zu finden. Der Grünschnabel
ist genau wie der Zuschauer vor allem erst mal eins, unwissend.
Eine Identifikationsfigur die stets anfänglich Moralisch handelt
aber durch den Mann mit den dicken Eiern, nach und nach in sein
Wertesystem geführt wird.
Im Grunde zeigt Fury auch keine besonders wichtige Schlacht im
zweiten Weltkrieg sondern einen Ausschnitt daraus. Irgendwo in Nazi
Deutschland. Irgendwann Ende 1945. Das Team um Wardaddy ( Brad Pitt
) Bible ( Shia LaBeouf ) Gordo ( Michael Pena ) Rattenarsch ( Jon
Bernthal ) und Maschine ( Logan Lerman ) kämpft mit, oder auch ohne
andere Panzerteams, meist im Inneren ihres rollenden Wittwenmachers
gegen Adolfs Jünger. Dabei wird schnell die Liebe zum Timing von
Ayer sichtbar. So ist die Vorrausetzung für einen erfolgreichen
Schuss in des Gegners Pelz immer das perfekte Timing der Männer im
Inneren. Präzise wie ein Uhrwerk indem ein Rädchen ins andere
greift, muss alles aufeinander abgestimmt sein. Ayer wird nicht
müde dies zu zelebrieren. Sieht gut aus, macht Laune beim Zusehen,
zeigt zerplatzende Köpfe und hält die Spannung hoch. Gerade beim
Mexican Standoff Duell mit dem deutlich besser gepanzerten Tiger
der Nazis wird das perfekte Timing welches unbedingt von Nöten ist,
grandios visualisiert.
Überhaupt ist Ayer bestrebt darin in allen Lagen auf das Timing
besonderen Wert zu legen. Ist in den meisten Fällen meisterhaft
umgesetzt, wirkt aber leider in manchen Szenen zu offensichtlich
und durchschaubar. So sterben in den vielen Fällen, Soldaten nur
dann, wenn es auch vom Timing her passt. Nicht im Kugelhagel
sondern, wenn noch genau die Worte gesagt wurden die gesagt werden
müssen um einen schönen Heldentod zu gewährleisten. Timing ist auch
hier Trumpf. Ihm sei es vergeben denn so stirbt sichs auch besser
und emotionaler. Wird den meisten Guckern eh egal sein und Ayer
auch. Dennoch bricht Ayer dieses Muster auch gekonnt auf und lässt
gekonnt in manchen Abschnitten das interessante unerwartet
geschehen.
Frisur und Medaillen
Witziger Weise kann man ohne den dafür nötigen Input, anhand des
Kinoplakates nicht erkennen in welchem Jahrzehnt der Film spielt.
Wird beim Sehen natürlich klar, aber worauf der Rezensent hinaus
will ist die Frisur des Pitt. Auf dem Kinoplakat ist, so wie im
fertigen Film es oft der Fall ist, nur Brad Pitt lümmelnt über dem
Panzerrohr, mit der Aufschrift Fury, gebeugt zu sehen mit einer
Frisur, die zwar vermutlich in die Zeit passt aber mittlerweile
schon die Zeit eingeholt hat. Der Undercut. Und den vermutlich
neunzig Prozent der männlichen Kinobesucher selbst auf dem Schädel
spazieren tragen. Somit klärt nun Ayer nicht nur darüber auf, dass
es keine neue coole Idee von irgendwelchen Hipstern oder Bushidos
war, sondern der Undercut ein alter Hut ist und lässt gleichzeitig
Pitt in deren Augen auch noch stylisch cool aussehen. Von Frisuren
der deutschen in dieser Zeit wäre hier indem Fall abzuraten.
Bei den vielen tollen tollen Momenten, die sich im Film verbergen
und entdeckt werden wollen, sowie den grandiosen Schlachten mit
umherfliegenden Geschossen oder den starken Bildern gibts leider
auch die Kehrseite der Medaille. Die Kehrseite der Medaille ist das
die Medaille keine hat. Ayer ist ganz nah an seinen Soldaten und
lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass Pflicht nichts mit Moral
zu hat. Friss oder stirb, töte oder werde getötet. Nach diesem
Prinzip handelt das Alphamännchen Wardaddy und das predigt er auch
vehement aus seiner Panzerkanzel heraus an seine Jünger. Punkt um.
Wer hier erwartet einen SS Offizier ins Bild huschen zu sehen, der
mehr als wortlose Graue Masse ist oder mehr als Gehirnbrei an der
Wand, sollte sich daran gewöhnen, dass es hier Ayer auch gar nicht
darum geht zwei Seiten darzustellen oder sich im Film darüber
Gedanken zu machen. Die Grundpfeiler von Fury sind Timing, Pflicht
und Mechanik. Mechanik nicht nur als besonderes Merkmal des Panzers
sondern auch im Handeln der Soldaten. Alles ist nur noch Mechanik
und man funktioniert irgendwann nur noch. Auf dem Pfad des Todes
balancierend rechts und links flankiert von Moral und
Überlebenstrieb. Als einzige Alternative bleibt der Tod und der ist
endgültig.
Ayers Malkasten
American Sniper von Altmeister Clint Eastwood trieft vor
Patriotismus und dem ekelhaften Fetisch, skrupellos amerikanische
Flaggen aus jedem erdenklichen Winkel und zu jeder möglichen und
unmöglichen Gelegenheit zu zeigen. Eastwoods Film stinkt gegen
Ayers Fury aber fürchterlich ab. Beide zeigen nur eine Seite der
Medaille, nur tut Ayer dies ohne zu langweilen. Zudem versucht Ayer
erst gar nicht eine Seite beleuchten zu wollen. Eastwood schon und
scheitert daran kläglich. Fury schwächelt nur gegen Ende ein wenig
als dann doch noch der stolze Amerikaner in Wardaddy durchkommt und
es etwas konfus wird. Dies wirkt sich dennoch nicht allzu negativ
auf dem Gesamteindruck aus, bekommt man doch einen echten Endkampf
zu sehen, der etwas an Leonidas erinnert.
Ayer hat einen Malkasten, beim Abspann ist Grau leer, rot, blau und
alle dunkeln Farben für den Dreck auch. Er benutzt eigentlich die
ganze Palette an Farben in seinem Film. Nur nicht für die Moral
oder der Sichtweise, die bleibt grau, streng aus der Sicht der
Amerikaner. Alle anderen Farben verbraucht er für seine wunderbaren
Bilder.