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Alejandro Jodorowsky Collection

Gestartet: 14 März 2014 08:55 - 0 Antworten

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Geschrieben: 14 März 2014 08:55

Kuro77

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Jodorowsky Collection Blu-ray Review


Alejandro Jodorowsky ist ein Name, mit dem der heutige Kinogänger und Filmfan womöglich eher weniger anfangen kann. Dafür sind seine Werke, zum Teil auch Dank der deutschen Zensurbehörden, zu lange in Vergessenheit geraten. Doch Ende der 1960er, Anfang der 70er Jahre mischte der in Chile aufgewachsene Sohn jüdischer Immigranten aus der Ukraine die Filmwelt gehörig auf und verursachte mit seinen Werken regelmäßig Skandale und Empörung unter seinem unvorbereiteten Publikum. Selbst heute, über 40 Jahre nach ihrer Premiere, sind Jodorowskys Filme noch genauso provokant, schockierend, aber auch zugleich faszinierend wie damals. Dank der nun vorliegenden Jodorowsky-Collection kann sich der wagemutige Cineast davon jetzt selbst überzeugen.


Story


Fando und Lis

Das junge Paar Fando und Lis begibt sich auf die Suche nach der paradiesischen Stadt Tar, um dort sein Glück zu finden. Auf dem Weg dorthin schiebt Fando seine gelähmte Freundin Lis mitsamt Grammofon und einer Trommel auf einem Karren durch eine namenlose Einöde. Dabei begegnen sie den seltsamsten Menschen und Begebenheiten. Doch auch untereinander beginnt es, im Verlauf ihrer Reise zu kriseln. Fando verhält sich gegenüber Lis immer brutaler und rücksichtsloser. Werden die beiden das Gelobte Land trotzdem erreichen?

El Topo

Der Revolverheld El Topo reitet ziellos durch die Weiten des Wilden Westens. Begleitet wird er dabei anfangs von seinem kleinen Sohn, den er nach dem ersten bestandenen Abenteuer allerdings in einer Mission zurück lässt. Auf seiner weiteren Reise stellt er sich vier Meistern, die er im Duell besiegen muss. Eine grundlegende Wendung nimmt sein Leben, als er von seinen Begleiterinnen niedergeschossen und von Ausgestoßenen in einer Höhle gesund gepflegt wird. Daraufhin verschreibt er sich der Befreiung seiner Retter.

Der heilige Berg

Ein Alchimist versammelt um sich neun einflussreiche Menschen aus Wirtschaft, Politik und Kultur, und verspricht ihnen die Unsterblichkeit. Dafür müssen diese allerdings alles Weltliche hinter sich lassen. Sie begeben sich auf die Reise zu einem sagenumwobenen heiligen Berg, auf dem sie von nun an für immer leben wollen. Der Weg dorthin ist jedoch von erheblichen Entbehrungen geprägt.

Um es gleich vorweg zu nehmen: 99 Prozent aller Besitzer eines Blu-ray Players werden mit den Filmen von Alejandro Jodorowsky nichts anfangen können. Was sich wie eine provokante These anhört, sollte als gut gemeinte Warnung verstanden werden, um etwaigen Enttäuschungen vorzubeugen, die unweigerlich eintreten werden, wenn man sich den in dieser Box enthaltenen Filmen unvorbereitet nähert. Der einfache Grund liegt auf der Hand: Jodorowsky produziert keine Filme, sondern Kunst. „Normale“ Regisseure, die ihre Filme noch dazu im Auftrag eines Filmstudios realisieren, folgen den Regeln der Filmindustrie. Man muss sich darüber im Klaren sein, dass Filmstudios ausschließlich daran interessiert sind, Geld zu verdienen. Dem muss sich jeder künstlerische Anspruch unterordnen. Besonders talentierten Regisseuren gelingt es unter diesen Bedingungen trotzdem, einigermaßen ansehnliche Werke abzuliefern, die den Intellekt des Zuschauers nicht vollends beleidigen. Doch hauptsächlich sollen Filme unterhalten und dabei so viele Menschen wie möglich ansprechen. Nur so stimmen am Ende auch die Bilanzen der Studios. Jodorowsky begreift das Medium Film jedoch als Möglichkeit, sich künstlerisch auszudrücken. Der Film ist für ihn das, was für einen Maler die Leinwand oder für einen Bildhauer Stein, Holz oder Ton ist: Eben lediglich ein Medium, eine Möglichkeit, Kunst in die Welt zu setzen. Wer diese Prämisse verinnerlicht, wird schnell verstehen, wie Jodorowsky an seine Filme herangeht. Kunst ist nicht dazu da, ein Publikum zu unterhalten, Kunst transferiert das Innenleben des Künstlers nach außen, macht es einer breiten Öffentlichkeit zugänglich.

Echte Kunst schert sich nicht um eine vorherrschende Meinung, sie ordnet sich auch nicht monetären Zwängen unter, sie existiert, um ihrer selbst willen. Kunst wohnt keine „Handlung“ inne, Kunst ist nicht dazu da, einen „Spannungsbogen“ aufzubauen oder eine stringente „Story“ zu erzählen. Das sind Kategorien, die der Kunst fremd sind. Der Künstler erschafft ein Werk, das vielleicht nicht einmal ihm selbst „gefällt“, aber trotzdem in genau diesem Moment seines Lebens in genau dieser Form entstehen musste. Die Gründe - warum gerade jetzt, warum gerade in dieser Gestalt – sind nicht von Belang. Daher ist es auch müßig, ein Kunstwerk interpretieren zu wollen, es in Kategorien oder Schubladen einzuordnen, oder mit einem Siegel „Gut“ oder „Schlecht“ zu versehen. Allgemeingültige Interpretationen sind von vorne herein zum Scheitern verurteilt. Gerade so abstrakte Kunst wie die Filme eines Alejandro Jodorowsky muss jeder für sich selbst entdecken. Fando und Lis ist kein verdrehter Roadmovie, obwohl man den Film durchaus als solchen bezeichnen könnte, El Topo ist kein Western, obwohl er sich dessen Motiven bedient. Am ehesten ist Der heilige Berg noch als eine Art Selbstfindungsdrama zu sehen, wobei gerade das Ende des Films jegliche Ambitionen in dieser Hinsicht ad absurdum führt. In allen Werken visualisiert Jodorowsky Schönheit, Hässlichkeit, Gewalt, Sex und das immer währende Streben des Menschen nach Glück und Erlösung. Wenn man einen gemeinsamen Nenner der drei Filme finden möchte, dann ist es vielleicht diese immerwährende Suche nach Glück und Frieden, die die „Helden“ antreibt und sie alle Heimtücken des Schicksals ertragen lässt. Vielleicht sehen Sie das aber auch völlig anders?


Bildqualität

Der im Jahr 1968 entstandene Beitrag Fando und Lis liegt lediglich auf DVD vor. Somit sind hier auf technischer Seite keine Wunder zu erwarten. Für einen weit über 40 Jahre alten Schwarz-Weiß-Film ist die Qualität aber annehmbar. Das Bildformat ist 1,66:1, wurde aber nicht anamorph transferiert. Dem TV-eigenen Zoom kann man nicht nutzen, da sonst die deutschen Untertitel nicht mehr vollständig sichtbar sind. Um ein verzerrungsfreies Bild zu erhalten, sollte man den Fernseher auf 4:3 einstellen. Dagegen ist die Bildqualität von El Topo und Der heilige Berg absolut herausragend! Beide Filme wurden extrem gut restauriert, negative Eigenschaften muss man mit der Lupe suchen. Das Bild verfügt über eine hohe Detailschärfe, ohne dass der filmische Look durch digitale Hilfsmittel beeinträchtigt wird. Die Kontraste sind ausgewogen und die Farben kräftig, ohne zu überstrahlen. Filmkorn bleibt zu jeder Zeit sichtbar. Der Schwarzwert wird nicht gefordert. Altersbedingte Verschmutzungen oder Beschädigungen sind nur selten auszumachen. Für das Alter nahezu perfekt!


Tonqualität

Auch beim Ton nimmt Fando und Lis eine Sonderstellung ein. Der Film liegt im spanischen Original mit zuschaltbaren deutschen Untertiteln vor. Wer es nicht gewohnt ist, einen Film mit Untertiteln zu schauen, kann an dieser Stelle beruhigt werden. Allzu viel wird nicht geredet, außerdem gewöhnt man sich an die Untertitel recht schnell. Insgesamt ist der Ton sicher der Schwachpunkt dieser Veröffentlichung, wenngleich die Tonspuren keine unangenehmen altersbedingten Schäden aufweisen. Ein akustisches Spektakel sollte man aber natürlich nicht erwarten. Fando und Lis liegt in Dolby Digital 2.0 vor, die beiden anderen Beiträge in LPCM 2.0 Mono. Die Dialoge sind immer verständlich, ansonsten greifen hier die Attribute „frontlastig“ und „zweckmäßig“. Einige wenige, vormals geschnittene Szenen, für die kein deutscher Ton mehr vorhanden ist, wurden untertitelt.


Ausstattung
  • Audiokommentare zu allen Filmen von Alejandro Jodorowski

  • Kurzfilm „Die Krawatte“ (auf „Fando und Lis“)

  • Dokumentation „Die Konstellation Jodorowsky“ (ca. 90 Min., auf „Fando und Lis“)

  • Soundtrack CDs zu „El Topo“ und „Der heilige Berg“

  • Booklet „El Topo“ (24 Seiten): sehr ausführliches Interview mit dem Regisseur aus dem Jahr 1970

  • Booklet „Der heilige Berg“ (12 Seiten): Abhandlung über die Filme von Filmhistoriker Claus Löser

Nahezu alles, was man über Jodorowsky und seine Filme wissen muss, findet sich in der einen oder anderen Form im Bonusmaterial dieser Box. Abgerundet wird das Ganze von den beiden Soundtrack CDs. Vorbildlich!


Fazit

Vor allem bildtechnisch können sich El Topo und Der heilige Berg sehen lassen. Hier wurde von den Restaurateuren ganze Arbeit geleistet. Da Fando und Lis lediglich auf DVD vorliegt, fällt die Qualität im Vergleich deutlich ab. Der Ton wurde bei allen Filmen ebenfalls sorgfältig bearbeitet, wird die heimische Surroundanalge allerdings vor keine unlösbaren Aufgaben stellen. Das Bonusmaterial der Box dürfte Interessierte voll und ganz zufrieden stellen.

Alejandro Jodorowskys Filme sind surreal, radikal, teilweise brutal und abstoßend und scheuen auch vor der Nacktheit des menschlichen Körpers aller Altersklassen nicht zurück. Teilweise wähnt sich der Zuschauer in einem wirren LSD-Trip gefangen, was mit der Entstehungszeit der Filme gut erklärbar ist. Grundsätzlich sollte man sich Jodorowskys Werk nur nähern, wenn man bereit ist, auf gängige Erzählstrukturen zu verzichten. Der Regisseur nutzt den Film als künstlerisches Medium und nicht dazu, die Erwartungen des Publikums zu erfüllen. Wer sich darauf einlässt, wird einige erstaunliche Stunden verbringen, soviel ist sicher.


Kurzbewertungen:

Story: 9/10
Bild: 7/10
Ton: 5/10
Extras: 9/10
Gesamt*: 7/10
* In der Gesamt-Bewertung wird die Story nicht berücksichtigt.


Kaufempfehlung: 8/10
Die Kaufempfehlung der Jodorowsky Collection Blu-ray wird anhand der technischen Bewertung und unter Berücksichtigung der Story berechnet.


Testgeräte:

TV: Panasonic TX-P55VT50E (55“) (kalibriert)
BDP: Panasonic DMR-BST735
Ton: Pioneer SC-LX56
Lautsprecher: B&W 803S (Main), Boston A26 (Front-Wide, Surround), Teufel M-500 (Back-Surround)


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