Sehe ich sehr ähnlich. Diese ständigen klar auf Mindfuck getrimmten Filme sind langsam wirklich zu viel, zumal kaum mal eines dieser Werke an die surrealen Welten und Intensität eines Kafka und Lynch rankommen. Und vom psychologischen und inhaltlichen Anspruch eines Bunuel braucht man gar nicht erst anfangen.

Ich fand Enemy letztlich dennoch sehenswert, weil Gyllenhaal einfach großartig ist, mir die Bildkomposition gefällt und tatsächlich mutet es auch kafkaesk an, leider natürlich niemals mit dem psychologischen Niveau eines Kafka und generell reißt Enemy im Grunde auch nur eines von vielen Themen an. Zudem ist Enemy auch teilweise viel zu gewollt, richtig gezwungen durch das vollkommen überflüssige Spinnensymbol, welches im Roman "Der Doppelgänger" nicht vorhanden ist. Immerhin bleibt der rhythmische Sinn der Handlung bestehen mit der Symbolik der Spinne.

Von mir wären es mit gutem Wohlwollen 7/10, aber Villeneuve kann man wohl langsam abschreiben, ich erwarte da nichts großartiges mehr. Polytechnique ist sehenswert, Incendies ein absolutes Meisterstück (jedoch war das Drehbuch so brillant, dass man regelrecht spürt, dass Villeneuve nicht sonderlich viel Arbeit dabei hatte), Prisoners auch sehenswert, aber letztlich ein viel zu gewöhnlicher Thriller mit zig Klischees. Naja, mal sehen ...

Die werde ich mir mal in Ruhe reinzeihen! Hab den Film grad durch und bin mir nicht mehr sicher, was ich richtig verstanden habe und was nicht. :p
Richtig guter Streifen. Review meinerseits wird noch folgen!

Ich fand den Streifen auch absolut TOP! Imgrunde ist es wie ne Art Fight Club nur ohne finale Auflösung. Eine exakte Erklärung für den Film hab ich selbst nach der 5.Sichtung noch nicht gefunden. Mir stellt sich vor allem immer wieder die Frage, welcher von beiden Gyllenhaals der reale ist oder ob beide nur imaginär sind, praktisch wie ne Art Engelchen und Teufelchen einer Realperson, die man nie zu Gesicht bekommt.

Ja der Film bietet eine Unmenge an Gedankenstoff. Werde mir den Film noch einige Male anschauen. :thumb:

Sorry, aber nein, auf keinen Fall hat Enemy auch nur ansatzweise mit Fight Club (Fincher) zu tun, keine Ahnung wo du das hernimmst.

"Enemy" ist ganz klar kafkaesk, gerade wegen der Angst vor Intimität und vor dem weiblichen Geschlecht, was auf den Punkt auf den großen Expressionisten Franz Kafka zutrifft. Und wie Enemy dann inszeniert ist, gleicht einem kafkaesken Algorithmus, sprich kafkaeske Wortbindungen = Enemys Inszenierung und Bildsprache.

Zudem ist das Motiv der Spinne eine Art Metamorphose mit Akzent auf META(-Ebene) wie in Kafkas "Die Verwandlung", wenn der Protagonist als Käfer erwacht und von seiner Umwelt zerstört wird. So zerstört sich der Protagonist in Enemy selbst durch seinen Charakter, weshalb das Symbol der Spinne allegorisch verwendet wird.

Naja das ist Deine Meinung. Nichts für ungut.
Der Film ist darauf bezogen wie jedes Studium in diese Richtung. Man kann diskutieren und seine Meinung als richtig vertreten oder sich einfach seinen Teil denken.

Das Review von Blu-ray Disc sieht die Spinne beipielsweise als ganz anderes Symbol.
Es macht absolut keinen Sinn über solche Filme zu philosophieren.

Villeneuve selbst zieht Referenzen zu Kafka und kontexbezogene Analysen ziehen da auch ihre Gemeinsamkeiten, aber darum ging es mir ja auch gar nicht, du hast meinen Beitrag missverstanden. Worauf ich nur hinauswollte war, dass es gar keine Parallelen gibt zu Fight Club und im Anschluss habe ich nur eigens definierte Stellung zum Film lediglich preisgegeben, hätte das vielleicht etwas differenzierter voneinander trennen müssen.

PS: Und wenn, dann möchte ich hier genau wissen, was an Enemy Erinnerungen an Fight Club hervorbringt? Weil das war mir zu lasch formuliert "Fight Club ohne finale Auflösung".

Woher ich das hernehme kann ich dir sagen. Wenn du dir Fight Club richtig ansiehst, geht es da genauso um eine multiple Persönlichkeit, wie bei Enemy. Nur weiß man bei Fight Club, dass nur die Persönlichkeit/Identität (Tyler Durden) die imaginäre ist. Bei Enemy ist das ähnlich, nur dass während des Films nie aufgelöst wird ob beide Jakes nur Identitäten einer Realperson sind oder einer von ihnen sozusagen der imaginäre Gegenpart des anderen ist.
Das ist für mich als Psychologe die wahrscheinlichste Theorie. Natürlich könnte man aber auch sowas interpretieren, wie du es getan hast.

Die Parallelen zu Fight Club sehe ich auch nicht.
Ich werde mich mit dem Film jedenfalls noch einige Zeit beschäftigen. :D
Was ist dezent lächerlich finde ist die Tatsache, dass er lediglich 1 mio. $ eingespielt hat. :eek: Aber der "Normalo" von heute kommt mit solchen Filmen einfach nicht klar....

Und da ist das Problem. Er hat gar keine multiple Störung. Das macht das Werk ja erst so surreal (neben der symbolischen Ader und der sepia Inszenierung), dass der Zuschauer im Glauben ist, er würde hier eine psychische Erkrankung des Protagonisten feststellen. Wer das Buch gelesen hat, der weis, dass dort noch deutlicher wird, dass in ihm (jetzt ganz weit hergeholt) charakteristische Züge eines Faust stecken. Er ist ob seines eigentlichen Lebens mit seiner Frau dennoch nicht glücklich (Faust --> Er hat alles studiert und dennoch weis er nichts (Bezug auf "natura naturans")) und wird konfrontiert mit seinen eigenen Sehnsüchten und sexuellen Abgründen [Faust's Drang nach sexueller Befriedigung --> Wallpurgisnacht] (Missbrauch, Betrug) und das Spinnensymbol kommt ja auch gar nicht vor in dem Buch. Das ist nur ein von Villeneuve genommenes Symbol, weil der Zuschauer sonst fast schon dazu gewungen wäre, zu denken, es würde hier eine Art Schizophrenie aufkommen.

Also selbstverständlich kannst du darauf beharren, aber meiner Ansicht nach macht das keinen Sinn auch nur im geringsten Fight Club ranzuziehen.