Film: 9/10
Bild: 5/10
Tonqualität: 8/10
Extras: 6/10
Als im Jahre 1999 der Film The Blair Witch Project in den Kinos
anlief, wusste noch niemand, was es mit dem Found-Footage-Film auf
sich hat. Der Streifen zeigte verstörende Bilder einer vermissten
Dokumentarfilmergruppe, die in den Wäldern von Burkitsville auf der
Spur einer Hexe waren. Im Internet, das damals tatsächlich noch für
viele Neuland war, wurden Gerüchte gestreut und Nachrichten
verbreitet, die das Filmmaterial als authentisch auswiesen und dem
Film ein Hype verpassten, der bis heute einzigartig in der
Geschichte des Kinos ist. Und auch wenn sich inzwischen fast jedes
Genre das Prinzip des Found-Footage bedient, ist es doch nicht von
der Hand zu weisen, dass mit der Hexe von Blair nicht nur alles
begann, sondern auch der einzige Film geschaffen wurde, bei dem das
Prinzip – vor allem weil es noch unbekannt war – vollends
aufging.
Nun präsentiert Studiokanal die Blu-Ray dieses Meilensteins der
Filmgeschichte, wobei es fraglich ist, in wie weit das stark
verwackelte und verrauschte Bildmaterial überhaupt in die blaue
Welt passt.
Film:
Drei Filmstudenten wollen in den Wäldern von Burkitsville eine
Dokumentation über die berüchtigte Hexe von Blair drehen. Schon
bald verlaufen die drei sich im Wald, während Angst und Misstrauen
um sich greift. Des Nachts hören sie merkwürdige Geräusche, doch
das ist erst der Anfang.
Der Film gilt als Mutter des Found-Footage-Films und präsentiert
alle Zutaten, die ein solcher Film braucht, um Angst und Schrecken
unter den Zuschauern zu verbreiten. Mysteriöse Geräusche,
verwackelte Bilder die nichts zeigen und drei absolut phantastische
Jungschauspieler, die mit so viel Eifer und Überzeugungskraft am
Werk sind, dass es schwer fällt, den Film tatsächlich als fiktives
Werk zu identifizieren. Unvergesslich ist die Szene, in der Heather
Donahue sich weinend und panisch an die Kamera wendet, und sich bei
den Eltern ihrer beiden Kollegen Joshua Leonard und Michael C.
Williams entschuldigt. Fast drängt sich der Verdacht auf, dass es
sich hier tatsächlich um authentisches Filmmaterial handelt. Und
selbst wenn gewisse Zweifel, oder zweifellose Gewissheit,
herrschen, so verfehlt der Film doch zu keinem Zeitpunkt seine
Wirkung. Denn eines ist absolut unumstößlich – die Hexe von Blair
verbreitet Angst und Schrecken ohne Ende.
Dabei verzichtet der Film völlig auf effekthaschende Szenen,
sondern lässt stattdessen die Paranoia der Protagonisten auf den
Zuschauer wirken. Dass für diesen Zweck völlig unbekannten
Schauspieler besetzt wurden, ist ein weiterer Geniestreich. Denn
seien wir doch mal ehrlich – wie real hätte der Film mit bekannten
Gesichtern gewirkt?
Um alles noch realer zu gestalten, setzten die beiden Regisseure
Daniel Myrick und Eduardo Sanchez ihre Darsteller erschwerten
Drehbedingungen aus und ließen sie, wenn auch in abgeschwächter
Form, die Dinge erleben, die auch den Figuren im Film zustoßen.
Hunger, Schlafmangel, Kälte – all das setzte den Darstellern ebenso
zu, und unterstreicht die authentische Wirkung des Films.
In Punkto Authentizität spielt auch das Stilmittel des
Found-Footage eine wichtige Rolle. Damals gab es noch keinerlei
Filme dieser Art, und so konnten die Macher dem Publikum
vorgaukeln, es handle sich tatsächlich um echtes Filmmaterial. Das
völlige Ausbleiben einer Erklärung sowie das Spielen mit den
Gedanken des Zuschauers – denn zu keiner Zeit wird irgendetwas
unnatürliches oder gar okkultistisches gezeigt – erledigt derweil
den Rest. Und so ist der Film ein gelungenes Schelmenstück – ein
Horrorfilm, der den Namen wirklich zu Recht trägt. Und das, obwohl
eigentlich nichts passiert – zumindest nicht sichtbar. Der gesamte
Horror spielt sich im Kopf des Zuschauers ab, ebenso wie sich auf
dem Bildschirm alles im Kopf der Protagonisten abspielt. Eine
Meisterleistung, fürwahr.
Bildqualität
Die Bildqualität hält sich – erwartungsgemäß – in Grenzen. Schärfe,
Detailgrad, Kontrast – hier stimmt fast überhaupt nichts. Aber das
ist im Prinzip überhaupt nicht schlimm, sondern unterstreicht sogar
noch die realistische Wirkung der gezeigten Bilder. Ein
glattpoliertes Bild wäre hier nicht nur fehl am Platze, sondern
einfach – auf Grund des Ausgangsmaterials – überhaupt nicht
machbar. Stattdessen wurde das Bild sauber bereinigt und sieht
dennoch dreckig aus – ein echtes Kunststück. Die Kernfrage, ob das
Bild soweit aufpoliert wurde, dass ein Upgrade von der DVD auf
Blu-Ray lohnenswert wäre, kann daher nur bedingt mit einem „Ja“
beantwortet werden. Zwar sieht das Bild besser aus als bisher,
präsentiert sich geringfügig schärfer, aber HD-Feeling möchte hier
nie so richtig aufkommen.
Tonqualität:
Der deutsche Ton fährt einiges an Effekten auf. Gerade die
mysteriösen Hintergrundgeräusche im Wald, das Weinen der Kinder und
die restlichen Gruseleffekte wurden für die deutsche
Surroundtonspur perfekt abgemischt und ziehen den Zuschauer mitten
ins Geschehen. Die Dialoge bleiben dabei stets klar verständlich,
zumindest im Rahmen eines Found-Footage-Films.
Authentischer ist dagegen die englische Tonspur, die zwar
ausschließlich die Frontlautsprecher ansteuert, aber einen
realistischeren Effekt damit erzielt. Immerhin soll ja vermittelt
werden, es handle sich bei dem Filmmaterial um gefundene,
unbearbeitete Amateuraufnahmen – und da wäre eine Surroundtonspur
nur schwerlich zu erreichen.
Der Zuschauer hat also die Wahl, oder die authentische Originalspur
in Stereo, oder die atmosphärische deutsche Synchronfassung
bevorzugt. Beide sind ganz ausgezeichnet und unterstreichen den
Charakter des Streifens auf ihre ganz eigene, unterschiedliche Art
und Weise.
Bonus:
Im Bonusbereich finden sich all die Boni, die auch schon auf der
DVD enthalten waren – aber leider ausschließlich die. Allerdings
waren diese nicht nur sehenswert, sondern vor allem auch sehr
informativ. Insbesondere die Dokumentation über den Kult der Hexe
erlaubt einen tiefen Einblick hinter das Mysterium der Blair-Hexe,
und macht, wenn man sie vor dem Film ansieht, diesen zu einem noch
intensiveren Erlebnis.
Der Audiokommentar hingegen muss noch immer ohne deutsche
Untertitel auskommen, was sehr schade ist.
Fazit:
Die Mutter des Found-Footage-Films ist im blauen Zeitalter
angekommen. Zwar ist die Bildqualität nicht wesentlich besser als
bei der DVD, aber das war aufgrund des Ausgangsmaterials auch nicht
wirklich zu erwarten. Zwar passen sämtliche Fehler und Störungen
perfekt zum Film, allerdings kann man das Endergebnis nicht ruhigen
Gewissens als „Gut“ bezeichnen. Der Ton hingegen ist ganz
ausgezeichnet und zieht einen mitten ins Geschehen hinein. Auch das
Bonusmaterial wurde 1:1 von der DVD übernommen und unterstreicht
die Wirkung des Films.
Der Film selbst ist ein Meisterwerk – ohne Wenn und Aber.
Atmosphärisch, gruselig, einmalig – da kann keine spätere
Produktion auch nur annähernd mithalten. Völlig ohne Effekte spielt
sich alles im Kopf des Zuschauers ab – und nirgends sonst könnte
der Schrecken furchtbarer sein. Wer die DVD noch nicht besitzt,
oder damit leben kann, dass die Blu-Ray nur geringfügig besser ist,
der kann ruhigen Gewissens zugreifen und wird nicht enttäuscht.
Aber ein „Blaues Wunder“ erlebt man mit dieser Scheibe leider auch
nicht. (ms)