Die letzten Glühwürmchen (Studio Ghibli
Collection) Blu-ray ReviewEs ist wohl nicht übertrieben zu behaupten, dass das japanische
Studio Ghibli mit Meisterwerken am Fließband den Animationsfilm auf
eine völlig neue Stufe gestellt hat.
Prinzessin
Mononoke (1997) und
Chihiros Reise ins
Zauberland (2001) dürften hierzulande die bekanntesten
Sprösslinge des Studios sein. Doch das ist nur die Spitze des
Eisbergs. Darüber hinaus gibt es noch zahlreiche andere Vertreter,
die den Vermerk „Meisterwerk“ uneingeschränkt verdienen. Dabei
bedient fast jeder Film ein anderes Genre. Nahezu alle Werke der
beiden Ghibli-Leiter Hayao Miyazaki und Isao Takahata vermitteln
eine zutiefst humanistische Botschaft. Der Erhalt der Natur und
eine kompromisslos pazifistische Einstellung treten dabei immer
wieder besonders in den Vordergrund. Als Grundlage dienen dabei des
Öfteren literarische Vorlagen. So auch bei dem im Jahr 1988
entstandenen Film
Die letzten Glühwürmchen, bei
dem Takahata selbst die Regie übernahm. Das erschütternde
Weltkriegsdrama basiert auf dem teilweise autobiografischen Roman
Das Grab der Glühwürmchen von Akiyuki
Nosaka.
Story:
Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs steht Japan kurz vor dem
endgültigen Zusammenbruch. Längst fliegen amerikanische Bomber
nahezu ungehindert Angriffe gegen das japanische Festland. So wird
auch die Heimatstadt des 14jährigen Seita und seiner 4jährigen
Schwester Setsuko von Brandbomben zerstört. Ihr Vater wird im Krieg
vermisst und die Mutter stirbt nach einem der verheerenden
Angriffe. Seitdem sind die beiden Kinder auf sich allein gestellt.
Ein Dach über dem Kopf finden sie für einige Zeit bei ihrer Tante,
die die beiden jedoch als nutzlose Anhängsel betrachtet, da sie
nichts Produktives für ihr Vaterland leisten. Die immer
drastischeren Demütigungen will Seita nicht länger auf sich sitzen
lassen. Zusammen mit seiner Schwester verlässt er die Tante. Die
beiden finden in der Nähe eines Teichs einen kärglichen
Unterschlupf. Mit dem Geld ihrer Mutter und Diebstählen versucht
Seita sich und seine Schwester über Wasser zu halten. Doch die Lage
wird immer verzweifelter.
Wer animierte Filme grundsätzlich als „Kinderkram“ abtut, muss
spätestens mit
Die letzten Glühwürmchen umdenken.
Von der irreführenden Freigabe „ab 6 Jahren“ sollte man sich
ebenfalls nicht täuschen lassen. Dieser Film ist definitiv nichts
für kleine Kinder! Selbst Erwachsene, die sich von zutiefst
traurigen und emotional aufwühlenden Geschichten übermäßig anrühren
lassen, seien gewarnt. Ohne eine Familienpackung Taschentücher
werden sie den Film nicht bis zum Ende durchhalten. Darüber sollte
man sich im Klaren sein, bevor man vielleicht aus einer
irregeleiteten Erwartungshaltung heraus den Player startet. Doch
auch alle anderen werden keinen unbeschwerten Filmabend erleben.
Die letzten Glühwürmchen ist in jeder Hinsicht
kompromisslos. Nicht etwa, dass hier die Schrecken des Krieges in
plakativer Gewalt ausgewalzt würden. Ganz im Gegenteil. Es sind
eher die Folgen des Krieges für die Zivilbevölkerung, die hier an
Hand der Geschwister Seita und Setsuko schonungslos offen gelegt
werden. Was passiert mit heimatlosen Kindern, die ohne nennenswerte
Hilfe von außen sich selbst überlassen werden? Auf die Hilfe ihrer
Mitmenschen können sie dabei jedenfalls nicht zählen.
Die Kaltherzigkeit und Teilnahmslosigkeit, die ihnen selbst von der
eigenen Verwandtschaft entgegenschlägt ist mit das erschütterndste
am ganzen Film. Natürlich muss man dabei auch die speziellen
Verhältnisse innerhalb der japanischen Gesellschaft
berücksichtigen. Diese verstärkten sich natürlich noch in Zeiten
der allgemeinen Not. Wer keinen Dienst für Kaiser und Vaterland
leisten konnte, galt im Grunde als nutzloser Ballast. Teilweise
reicht diese Sichtweise bis in unsere heutige Zeit. Regisseur
Takahata war nach eigener Aussage durchaus überrascht darüber, dass
Seita vom japanischen Publikum dermaßen viel Sympathie entgegen
gebracht wurde. Eigentlich hätte er erwartet, dass man Seita eher
Verantwortungslosigkeit gegenüber seiner Schwester vorwerfen würde.
Aus konservativer, japanischer Sicht hätte er nämlich die
Demütigungen seiner Tante ertragen müssen, um zu überleben. Und
tatsächlich kann man ohne weiteres den Standpunkt vertreten, dass
es den Geschwistern auf diese Art letztlich besser ergangen wäre.
Aller Tragik zum Trotz muss man Seitas Handlungen tatsächlich
kritisch hinterfragen. Letztlich bleibt nämlich die diffuse
Vermutung bestehen, dass er vielleicht nicht alles versucht hat,
was möglich gewesen wäre. Technisch bekommt man einmal mehr einen
typischen Ghibli-Film auf höchstem Niveau geboten. Die Zeichnungen
sind detailliert und atmosphärisch dicht gestaltet. Ab einem
gewissen Punkt vergisst man als Zuschauer sogar, dass man hier
„nur“ einem Zeichentrickfilm folgt.
Bildqualität:
-
gedeckte, teilweise entsättigte Farben, was als Stilmittel zu
werten ist
-
klar differenzierte Farbverläufe
-
ausgezeichnete Kontrastwerte
-
Schwarzwert jederzeit stabil und verschluckt keine
Details
-
allgemeine Schärfe könnte kaum besser sein
-
keine altersbedingten Schäden feststellbar
-
keine offensichtlichen Transferfehler
Seine 25 Jahre sieht man dem Film in keiner Weise an. Der Transfer
ist in jeder Hinsicht gelungen. Auf Grund der gedeckten Farbgebung
geht lediglich die Plastizität ein wenig verloren.
Tonqualität:
-
insgesamt fronstlastige Abmischung
-
obwohl in 2.0 Surround codiert, bekommen die Satelliten keine
nennenswerten Signale zugespielt
-
Dialoge sehr laut und präsent, fast schon zu dominant, was
leicht unnatürlich klingt
-
Umgebungsgeräusche und Musik werden sauber
transportiert
-
Subwoofer bleibt über die gesamte Laufzeit ohne
Beschäftigung
Der deutsche Ton liefert trotz entsprechender Codierung weder ein
rudimentäres Stereopanorama, noch bezieht er die
Surroundlautsprecher mit ein. So bekommt man effektiv lediglich
eine Monospur geboten, die zwar recht laut abgemischt wurde,
dadurch aber auch teilweise unnatürlich klingt.
Ausstattung:
Das Bonusmaterial ist zwar nicht übermäßig üppig ausgefallen, dafür
aber inhaltlich durchaus gehaltvoll. Vor allem das Interview mit
dem Regisseur gibt einige Einblicke in die Motivationen hinter der
Produktion. Die Extras liegen teilweise in HD vor.
Fazit:
Für einen 25 Jahre alten Animationsfilm zeigt sich das Bild in
erstaunlich guter Verfassung. Hier gibt es kaum etwas zu bemängeln.
Der Ton fällt dem gegenüber etwas ab. Die deutsche Synchronisation
drängt sich zu sehr in den Vordergrund. Die Extras liefern
inhaltlich einige interessante Zusatzinformationen.
Nein,
Die letzten Glühwürmchen ist wahrlich kein
Feel-Good-Movie. Für einen unbeschwerten Filmabend eignet sich das
Werk eher weniger. Das Schicksal der beiden Geschwister wird
schonungslos und ohne falsche Sentimentalität dargestellt.
Lediglich gegen Ende wird etwas zu dick aufgetragen. Für übermäßig
sensible Gemüter dürften die knapp 90 Minuten eine emotionale
Herausforderung darstellen. Das ändert natürlich nichts an der
Tatsache, dass hier ein weiteres Meisterwerk der Ghibli-Studios
vorliegt, das man gesehen haben sollte. Wer bis jetzt noch
Vorbehalte gegenüber dem cineastischen Wert von Zeichentrickfilmen
hegt, wird hier endgültig eines besseren belehrt werden.
Kurzbewertungen:
Story: 9/10
Bild: 9/10
Ton: 6/10
Extras: 5/10
Gesamt*: 7/10
* In der Gesamt-Bewertung wird die
Story nicht berücksichtigt.Kaufempfehlung: 8/10
Die Kaufempfehlung der Die letzten
Glühwürmchen Blu-ray wird anhand der technischen Bewertung und
unter Berücksichtigung der Story berechnet.Testgeräte:
TV: Panasonic TX-P55VT50E (55“) (kalibriert)
BDP: Panasonic DMR-BST720
Ton: Pioneer SC-LX56, 2x Trigon Dwarf II
Lautsprecher: B&W 803S (Main), Boston A26 (Front-Wide,
Surround), Teufel M-500 (Back-Surround)