Film: 9/10
Bild: 7/10
Tonqualität: 8/10
Extras: 2/10
Der niederländische Regisseur Paul Verhoeven ist alles andere als
ein Durchschnittsfilmemacher. Seine Filme polarisieren, sind
einfallsreich und ausgefallen – dabei macht er vor keinem Genre
halt. Seien es futuristische Actionkracher wie RoboCop oder
Starship Troopers, oder prickelnd erotische Ausflüge in die
menschlichen Abgründe wie Basic Instinct oder Showgirls.
Nun präsentiert der Niederländer eine völlig neuartige
Filmerfahrung. Ein Film, dessen Drehbuch auf den Wünschen und
Beteiligungen mehrerer Hundert Usern in sozialen Netzwerken beruht.
Auch der Soundtrack wurde auf diese Art ausgewählt, und so könnte
man sagen, der Film ist das Wunschprojekt von hunderten
filmbegeisterten Menschen.
Schon alleine deswegen verdient dieses besondere Projekt, genauer
betrachtet zu werden.
Film:
Remko (P. Block) ist ein erfolgreicher Geschäftsmann mit einer
glücklichen Familie. Zumindest scheint es so. Doch bei einer Party
anlässlich seines 50. Geburtstags taucht plötzlich seine
Ex-Geliebte auf – und sie ist schwanger. Doch das ist erst der
Anfang einer Geschichte voller Intrigen, Wendungen, Sex und
Betrügereien. Und am Ende wird nichts und niemand mehr so sein, wie
zu Beginn.
Der Film besticht durch eine anfangs sehr simpel gestrickte Story,
die im Verlauf der kurzen Laufzeit immer verstrickter und
merkwürdiger, dabei allerdings zu keinem Zeitpunkt unglaubwürdig
oder gar fantastisch wird. Im Gegensteil. Genau so, wie es hier
passiert, könnte es tatsächlich passieren. Immer und überall!
Die Tatsache, dass der Film für nahezu jeden potentiellen Zuschauer
eine Bezugsperson präsentiert, ist eine der größten Stärken. Hat
man sein Pendant gefunden, fiebert man mit, will wissen, wie es
weitergeht, was noch alles passiert, und welche Schicksalsschläge
oder Glücksmomente die einzelnen Personen noch erleben müssen oder
dürfen. Dabei ist die Story derart packend erzählt und brillant
inszeniert, dass es eine wahre Freude ist.
Der Film profitiert vor allem durch die talentierten und natürlich
wirkenden Darsteller. Jeder einzelne spielt überzeugend und
natürlich, dass es nicht ganz fair ist, einen der Darsteller dabei
besonders hervorzuheben. Dennoch soll an dieser Stelle die Leistung
von Gaite Jansen, welche die verführerische Merel darstellt,
hervorgehoben werden, denn sie spielt so natürlich und überzeugend,
dass es eine Schande wäre, sie nicht in größeren Produktionen
einzusetzen. Dabei handelt es sich bei ihr, wie bei allen anderen
Darstellern auch, keineswegs um Newcomer oder gar Laien, sondern
lediglich um „Stars“, die außerhalb der Niederlande keinen
sonderlichen Bekanntheitsgrad genießen. Ganz im Gegensatz zu
Regisseur Paul Verhoeven, war es doch schließlich seine Idee, das
Drehbuch von Internet-Nutzern verfassen zu lassen. Eine
einzigartige Idee.
Nun ist es ja so, dass viele Köche den Brei verderben. Zumindest
sagt man das. In diesem Fall jedoch nicht. Im Gegenteil. Der enorme
Einfallsreichtum von zahlreichen kreativen Köpfen beschert dem
kurzen Film derart viele interessante Wendungen, dass man nach der
knappen Stunde ein wenig enttäuscht ist, dass das schon alles war.
Die Tatsache, dass es in dem Streifen haufenweise nackte Haut zu
sehen gibt, war bei einer solchen Produktion natürlich nicht anders
zu erwarten.
Grundsätzlich kann man den Film, schon alleine von seiner Machart
her, mit nichts anderem vergleichen, was bisher dagewesen ist. Ein
Experiment eben, und zwar eines, dass durchaus als gelungen
betrachtet werden kann.
Bildqualität
- Bildformat: 1,78:1 (16:9 Vollbild) in 1920x1080p Auflösung
Bewertet wird hier das Hauptfeature.
Das Bild gibt sich in starken, kräftig-warmen Farben, die leider
einen leichten Hang zum Orange-Rötlichen haben, wodurch ein leicht
unnatürlicher Eindruck entsteht. Schärfe und Detailgrad bewegen
sich, gerade in den Nahaufnahmen, in einem sehr guten Bereich,
driften aber in den Halbtotalen zu sehr ins Mittelmäßige ab.
Panorama-Aufnahmen gibt es so gut wie keine, die wenigen fallen
allerdings nicht sonderlich detailreich aus.
Tonqualität:
- Deutsch DTS HD Master Audio 5.1
- Niederländisch DTS 5.1
Der Ton liefert gerade in den Anfangsszenen während der Party einen
tollen Raumklang mit haufenweisen Nebengeräuschen, die problemlos
zu orten sind. Auch anschließend gibt es einige Highlights,
allerdings bleibt das Drama überwiegend frontlastig – was bei der
Masse der Dialoge und dem Mangel, vielmehr dem Nichtvorhandensein
von Actionsequenzen, geschuldet ist und kein großes Manko
darstellt.
Dialoge bleiben stets klar verständlich und klingen sehr
natürlich.
Bonus:
- Premiere in Rom (1:19 Minuten)
- Hinter den Kulissen (12:10 Minuten)
- Kinotrailer
- Filmtipps
Der Bonussektor glänzt nicht gerade durch eine Flut an
Informationen und Sehenswürdigkeiten. Da der Film allerdings selbst
in zwei Bereiche aufgeteilt ist, und der erste Teil alles an
Hintergrundwissen dieses außerordentlichen Projekts vermittelt,
fällt dies nicht weiter ins Gewicht.
Dennoch wären weitere Extras, wie etwa ein Audiokommentar,
wünschenswert gewesen. Und da die 34 Minütige Dokumentation „Pauls
Experience“ mehr oder weniger zum Haupttitel dazugehört (und in die
Laufzeit mit eingerechnet wurde), fließt diese auch nicht mit in
die Bonus-Bewertung ein.
Fazit:
Das Bild hinterlässt, trotz einigen wirklich scharfen Nahaufnahmen,
einen eher mittelmäßigen Eindruck. Die Farben sind dabei, je nach
Szene, teils zu farbintensiv, teils zu blass. Letztendlich bleibt,
Stilmittel hin oder her, ein etwas unschöner Eindruck zurück. Der
Ton der Scheibe bleibt ebenfalls unspektakulär, was allerdings eher
am Genre liegt, da der Film kaum Spielraum für tonale Highlights
bietet.
Der Bonus-Sektor, und hiermit ist ausdrücklich nur dieser gemeint,
und nicht die zum Film gehörende Dokumentation, ist ebenfalls
relativ mager und bietet kaum sehenswertes oder informatives
Material.
Der eigentliche Film setzt sich aus einer Dokumentation über die
außergewöhnliche Entstehung des Streifens, und dem Hauptfeature
selbst zusammen. Dabei wird in dem eigentlichen Film eine kleine,
facettenreiche Familiengeschichte erzählt, die trotz der spannenden
Entwicklungsgeschichte relativ unspektakulär bleibt. Dennoch ist
das Gesamtwerk, schon ob der Hintergründe, ausgesprochen sehenswert
und cineastisch einzigartig.