"Schneewittchen", 2025 05/10
Mit Spannung habe ich die Realverfilmung zum ersten abendfüllenden
Disney - Zeichentrickfilm erwartet. Leider kam es hier im Vorfeld
ähnlich wie bei "Arielle" (2021) zu rassistischen Diskussionen,
auch wurde der Veröffentlichung die im rechtspopulistischen Bereich
gern verwendete "Wokeness" unterstellt... Da ich ihn nicht im Kino
schauen konnte, sah ich ihn mir jetzt auf Disney+ an. Die
Aufmachung wirkte von Anfang an eher günstig, was die begrenzten
Sets, die eingefügten CGI - Hintergründe und Tiere betraf.
Vielleicht lag das an dem vor Drehbeginn entstandenen Brand, der
seltsamerweise genau einen Tag nach Veröffentlichung der ersten
Setfotos ausbrach, weswegen dem Team wohl nicht mehr viel Zeit und
Geld geblieben war, um bessere Kulissen zu schaffen. Gelegentlich
gab es Mängel bei der Ausstattung, so sahen die "Diamanten" wie das
aus, was sie waren: bunt gefärbte Plastikstücke. Die Handlung
selbst war bekannt, wies aber einige Unterschiede auf. Die meisten
Änderungen fand ich gut, den modernen Witz, der nicht zünden
wollte, jedoch weniger. Die sieben Kriminellen als Ausgleich zu den
magischen Wesen hätte es jedoch nicht gebraucht, da sie wie ein
Fremdkörper wirkten und für die Handlung unnötig waren. Ebenso war
ihre Vorstellung nicht gelungen, ich bekam lediglich zwei Namen
mit. Die Halskette des Nicht - Prinzen war ähnlich fehl am Platz
und ließ ihn beinahe wie einen Sugar Daddy wirken. Glücklicherweise
sahen die Kostüme der Hauptfiguren im fertigen Film aber nicht so
billig wie auf den Setfotos aus. Die zweite Änderung, die mich
neben den Kriminellen störte, war das im Vergleich zum
Zeichentrickfilm völlig abgewandelte Ende. Dieses stellte
eigentlich den Höhepunkt der Geschichte dar, der in der Realversion
gänzlich verpuffte und die Produktion noch billiger wirken ließ,
als sie eigentlich war. Das war kein Kinofinale, sondern ein
schlechtes Skript einer 1990er - Fernsehproduktion. Die
schauspielerischen Leistungen waren durchschnittlich, am besten
gefiel mir die für ihre Herkunft vielgescholtene Rachel Zegler. Gal
Gadot nahm ich die Böse nie ab. Deren Rolle war einfach kaputt
geschrieben. Wo die Zeichentrickfigur Angst und Schrecken
verbreitete, agierte sie in Menschenform sehr zahnlos, inklusive
eines übertrieben performten eigenen Songs. Noch dazu sahen ihre
langen Fingernägel extrem künstlich aus und ihr Make Up war in den
meisten Szenen zu dunkel und gelbstichtig geraten. Gelungen war nur
die Maske ihrer späteren Verwandlung.
Die Bildqualität war perfekt. Bei nicht bis kaum sichtbarem
Filmkorn gab es eine hohe Schärfe. Die Farben sahen dank einer zu
starken Nachbearbeitung selten natürlich aus, der hohe Kontrast war
gut eingestellt. Die Digitaleffekte sahen oft leider wie solche
aus. Es gab zu viele künstliche Tiere, statt den Fokus auf eine
Handvoll weniger zu legen. Das Reh hatte deutlich zu große Augen,
das Eichhörnchen erinnerte mich an Scratch aus "Ige Age". Keines
sah wirklich echt aus, hier stößt die Technik eben an ihre Grenzen.
Die andauernd aufgetauchten digitalen Wolken um die
Spiegelliebhaberin herum waren absolut sinnlos und einfach zu viel.
Die deutsche Synchronisation war in Ordnung, in der Einleitung
störte mich allerdings das ständige "Könich" statt sauber
ausgesprochene "König". Für die Titelrolle habe ich mir eine
weichere Stimme vorgestellt. Da ich das Hörspiel mit den 1994er -
Stimmen der Neusynchronisation dutzende Male gehört habe,
orientierte ich mich für die perfekten Stimmen daran und hätte mir
zumindest im Deutschen mehr Ähnlichkeit dazu gewünscht. Dass die
abwertende Bezeichnung der sieben magischen Wesen nicht weiter
genutzt wurde, fand ich wunderbar fortschrittlich. Die Musik war
leider nicht mein Fall. In ruhigen Momenten war sie kaum
wahrnehmbar, in den restlichen Szenen hörte sie sich nach
Standardware an. Die Lieder gefielen mir nicht, hier hätten
eingängige Texte gutgetan. Dass diese nicht lippensynchron waren,
ist bei Live Action - Remakes nunmal üblich.
"Schneewittchen" war bei weitem nicht so schlecht, wie ihn der in
die gesellschaftliche Mitte vordringende braune Rand darstellt. Wie
bei "Arielle" wurden im Vorfeld Meinungen abgegeben, ohne dass die
Produktion überhaupt fertiggestellt war. Rachel Zegler fand ich gut
besetzt, Schwächen ergaben sich allerdings aus dem dürftigen
Drehbuch. Wegen der wirklich kritikwürdigen Darbietung der
Antagonistin, der unmelodischen Lieder, deutlich künstlich
aussehender Computereffekte, erzählerischer Defizite und einem
verpufften Finale gebe ich nur eine einmalige Streamingempfehlung
ab.
Abschließend möchte ich noch einen kleinen versöhnlichen Denkanstoß
vor dem nächsten "WOKE!" - Schrei geben: lasst uns doch einfach die
Filme schauen, die wir mögen. Wenn uns die Neuverfilmungen nicht
gefallen, bleiben uns die Klassiker. Die Remakes stehen nicht in
Konkurrenz dazu, sondern wenden sich an ein anderes Publikum. Auch
das hat das Recht, Produktionen sehen zu dürfen, die sich bei
diesem zu Lieblingsfilmen entwickeln können.