Geschrieben: 17 Juni 2013 08:49
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Michael Speier youtube.com/MichaelSpeier
Story: 9/10
Bildqualität: 4/10
Tonqualität: 6/10
Ausstattung: 4/10
Die Rockoper von Musical-Legende Andrew Lloyd Webber (Cats, Phantom
der Oper) und Disney-Texter Tim Rice (Evita, Aladdin) wurde seit
ihrer Uraufführung im Jahre 1971 unzählige Male aufgeführt, sowohl
im englischsprachigen, als auch im deutschen Raum.
1973 adaptierte Regisseur Norman Jewison das Stück fürs Kino, wobei
er sich Ted Neeley und Carl Anderson für die Hauptrollen des Jesus
und Judas an Bord holte.
Im Jahr 2000 wurde die damalige Bühnenversion mit Glenn Carter als
Jesus und Jerome Pradon als Judas unter der Regie von Nick Morris
und Gale Edwards eigens für eine Filmversion aufgeführt. Und nun,
mit einiger Verspätung, bringt Universal diese kultige Rock-Oper
auch auf Blu-Ray auf den Markt.
Story:
Jesus von Nazaret wird vom Volk verehrt und als Superstar gefeiert.
Lediglich seinem Jünger Judas missfällt diese Verehrung, glaubt er
doch, Jesus hätte die Kontrolle über sich und seinen Ruhm verloren.
Ferner ist ihm die Beziehung zwischen seinem geliebter Anführer und
der Prostituierten Maria Magdalena ein Dorn im Auge.
Und auch der Rat der Hohepriester sieht in dem jungen Mann eine
Gefahr. Der beginnende Auffuhr der Volksmassen stellt eine ernste
Gefahr für ihre Macht dar, und so wird der folgenschwere Entschluss
gefasst: Jesus muss sterben!
Das Musical beschreibt die letzten Tage im Leben Jesu, von dem
Verrat durch Judas über die Verhaftung über die Auspeitschung durch
Pontius Pilatus bis hin zum Tod am Kreuz.
Dabei wird die ganze Geschichte in rockig-poppigen Songs erzählt
und verzichtet völlig auf gesprochene Dialoge.
Auf Andrew Lloyd Webbers eigenen Wunsch wurde um die
Jahrtausendwende die „größte Geschichte aller Zeiten“ erneut auf
Film aufgezeichnet, um sie einem breiten Publikum präsentieren zu
können. Dabei wurde kein traditioneller Film gedreht, wie knappe 30
Jahre zuvor, sondern das Musical wurde als inszeniertes Bühnenstück
aufgezeichnet.
Dazu wurden die Musical-Kulissen in den berühmten Pinewood Studios
aufgebaut und das Stück wurde ohne Publikum eigens für die
Filmkameras aufgeführt. Dadurch bekommt der Zuschauer zahlreiche
Nahaufnahmen und Details geboten, die ihm während einer regulären
Vorstellung versagt bleiben. Die Steadycam bringt ihn direkt in das
Geschehen, als wäre er selbst Teil des Ensembles.
Da das gesamte Stück ausschließlich aus Musicaleinlagen besteht,
wurde – wie schon bei Jewisons Film – konsequenterweise auf eine
deutsche Synchronisation verzichtet, obwohl es für sämtliche Songs
ein deutschsprachiges Äquivalent gibt. Da eine Synchronisation bei
einer solchen Inszenierung letztendlich zu asynchronen
Lippenbewegungen geführt hätte, wie 2004 bei Das Phantom der Oper
von Joel Schumacher mit Gerard Butler in der Titelrolle, ist diese
Entscheidung durchaus zu begrüßen, zumal Kultfilme wie Die
Rocky-Horror-Picture-Show bewiesen haben, dass das Publikum solche
Entscheidungen im Ausnahmefall akzeptiert.
Natürlich gibt es für deutschsprachige Musicalfreunde deutsche
Untertitel.
Der Broadwayerprobte Glenn Carter spielt die Titelrolle sehr
überzeugend und kommt mit seinen blauen Augen unheimlich
sympathisch über den Schirm, wird aber von weitaus
stimmgewaltigeren Darstellern wie Fred Johanson als Pontius Pilatus
und Frederick B. Owens als Caiaphas locker an die Wand
gesungen.
Der Britische Komiker Rik Mayall (Blackadder, Mein böser Freund
Fred), der eigentlich keine weitergehenden Musicalerfahrungen
mitbringt, interpretiert seinen Song Try It And See als 1920er
Jazzrevue, wodurch das bekannte Stück eine ganz neue Note
bekommt.
Auch die Entscheidung, die Kostüme der modernen Zeit anzupassen
passt da gut ins Bild. Darth Vader ähnliche Soldaten, Pontius
Pilatus in einem langen Lederoffiziersmantel - das muss man einfach
selbst gesehen haben.
Bild:
- Bildformat: 1.85:1 (16:9 Vollbild) in 1920x1080p/24
Auflösung
- Video-Codec: MPEG-4/AVC
- Starkes Filmkorn
- Produktionsbedingt stark befremdliche Farbgebung
- Bild überwiegend unscharf, Farben bluten aus, Konturen ziehen
nach
Gleich zu Anfang fällt das eingesetzte Filmkorn auf, das in manchen
Szenen äußerst störend ins Auge sticht.
Die Farben sind satt und kräftig, wirken aber durch die
Theaterbeleuchtung und das ausgeprägte Farbenspiel stark
befremdlich.
Während This Jesus Must Die noch düster und bedrohlich in kalten
Blautönen in Szene gesetzt wird, ist gleich der nächste Song
Hosanna stark überbelichtet und lässt die Farben viel zu grell
erscheinen. Hier macht sich auch das Filmkorn besonders stark
bemerkbar.
Leider ziehen bei sämtlichen Bewegungen die Konturen und Farben
nach und hinterlassen einen schmierigen Eindruck.
Überhaupt ist das Bild allgemein unscharf, gibt selbst bei
Nahaufnahmen keinerlei Details preis und ist unterm Strich einfach
dem Medium unwürdig.
Ton:
- Englisch DTS-HDM 5.1
- Englisch DD 2.0
- Ton liegt hinter den Erwartungen
Unglücklicherweise liegt der Ton der Scheibe ebenfalls weit hinter
den Erwartungen zurück, die an eine solche Produktion gestellt
werden.
Die Texte sind zwar gut verständlich, und auch die Musik kommt
schön und klar aus sämtlichen Boxen, aber leider fehlen audiostarke
Highlights. Das ist besonders schade, da der grandiose, orchestrale
Sound, der extra der neuen, flotteren Inszenierung angepasst wurde,
über mannigfaltige Highlights verfügte, die man schön hätte
herausarbeiten können. Da wäre weitaus mehr machbar gewesen.
Extras:
- Making-Of (36:02 Minuten)
- Originaltrailer
Neben dem Trailer gibt es ein interessantes 36minütiges Making-Of
in voller High-Definition-Auflösung. Hier werden die Hintergründe
der Produktion beleuchtet und alle an der Produktion Beteiligten
kommen zu Wort.
Fazit:
Technisch bewegt sich die kultige Rock-Oper von Musical Legende
Andrew Lloyd Webber bestenfalls im mittleren Bereich. HD-Feeling
kommt in dieser Produktion fast nie auf.
Auch der Ton bleibt weit hinter den Erwartungen zurück, die eine
Produktion wie diese weckt. Zwar kommen die Songs klar verständlich
und gut abgemischt aus sämtlichen Boxen, lassen allerdings
Highlights vermissen, über die das Musical zu Genüge verfügt hätte.
Etwas mehr Dynamik hätte einem Titel wie diesem durchaus gut
getan.
Das Stück selbst braucht natürlich nicht groß beschrieben zu
werden. Etwas außergewöhnlich mag vielleicht die Entscheidung sein,
die Kostüme der heutigen Zeit anzupassen, aber da der Großmeister
Andrew Lloyd Webber selbst die Idee dazu hatte, und Schlaghosen –
wie im Originalfilm von 1973 – wohl heutzutage auch nicht viel
besser gewesen wären, sollte man dies künstlerische Entscheidung
akzeptieren. An der grandiosen Geschichte und den Ohrwurm-Songs
ändert das ohnehin nichts.
Ein zeitloser Klassiker in einer speziell produzierten
Bühnenversion, der Musicalfans im Allgemeinen und Fans des Stücks
im Besonderen einfach begeistern und mitreißen muss!