Blog von Cineast aka Filmnerd

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Tja – „Ist about Time!“, wie Apoptygma Berzerk so schön intoniert :-) – Es ist an der Zeit endlich einmal wieder einen Blog zu schreiben – und einen, der so gar nichts mit dem von mir heiß geliebten Medium Film zu tun hat.
 
Nein, hier geht es einmal um meine andere große Liebe (wobei meine „größte Liebe“ natürlich selbstredend meine Frau und mein Sohn sind – nur falls diese die vorliegenden Zeilen einmal lesen sollten :-)) – es geht um elektronische Musik – und hier konkret um einen stattgehabten Konzertbesuch, von welchem ich hier berichten will.
 
Dazu gilt es jedoch, sich erst einmal ein Bild von demjenigen zu machen, der diesen Blog verfasst – Ergo:
 
1. Zur musikalischen Sozialisierung des Blog-Autors:
 
„I have a confession to make – deep in my heart I´m a raver!“ – der geneigte Besucher vergangener Konzerte des von mir ebenfalls glühend verehrten MOBY wird demselben dieses Zitat zuordnen können – und es trifft die Wurzel meiner musikalischen Sozialisierung.
 
Als „Kind des Ostens“ in den „Bezugsmöglichkeiten“ von Musikquellen – insbesondere westlicher :-) – ein wenig eingeschränkt, brachte die Wende für mich ein Initialzändung.
 
Hier traf es sich, dass die Acid-House-Bewegung zur Wendezeit ihre Hochzeit erreicht hatte – ich war gefangen :-).
 
Einmal mit dem „Virus“ elektronischer Sounds infiziert – fand ich mich seinerzeit kurzerhand in Berlin wieder – war auf illegalen Rave-Parties, bei welchen die Besucheranzahl überschaubar war, bei welchen wir mitunter nur ein Strobo und eine Anlage zur Verfügung hatten.
 
Ich war seinerzeit im Tresor und im Bunker durchaus häufig Gast – und am Gymnasium schon von Beginn der Bewegung des „Techno“, zunächst bekanntlich noch „Tekkno“ geschrieben :-), als „Techno-Bekloppter“ verschrien – was mich selbstredend überhaupt nicht gestört hat.
 
Dabei war meine Liebe zur elektronischen Musik mitnichten auf den Bereich von Techno beschränkt – vielmehr liebte und liebe ich elektronische Musik in jedweder Form, sei es Krautrock von Tangerine Dream und die „Übervätern der elektronischen Musik“ Kraftwerk, sei es EBM, Industrial, Electro, Noise, Ambient, Gabba, Elektro oder Future-Pop – ich hörte und höre alles – vorausgesetzt es ist gut :-) und eben elektronisch.
 
Seinerzeit (ich bin jetzt wieder Anfang der 90er :-) – nur, um den Gedankensprung, für Dich, Lieber Leser, nachvollziehbar zu machen) war dies jedoch noch weit davon entfernt, ein Massenphänomen zu werden – wie gesagt, ich galt es bekloppt :-). Besonders bezeichnend war hier, als ich dereinst im Musikunterricht ein Referat über Kraftwerk deren Musik und deren Bedeutung hielt – der Blick und die Benotung meiner Lehrerin sagten überdeutlich, dass dies vielerorts schlichtweg damals mitnichten als Musik akzeptiert wurde :-).
 
Egal – denn dies änderte sich bekanntlich recht schnell.
In den Folgejahren wurde elektronische Musik als massenkompatibel entdeckt – wuchsen Mayday und Loveparade (übrigens auch Veranstaltungen, bei denen ich von Beginn derselben an zu finden war :-)) zu riesigen Massenphänomen.
 
Propagandierten WestBam und Low Spirit die „Raving Society“ – eine „musikalische Konterrevolution“, mit durchaus lobenswerten Idealen, wie ich fand – wenngleich diese Ideale immer mehr in den Hintergrund traten und der Ausverkauf allerorten spürbar wurde.
 
Irgendwann kam der Punkt, an welchem der Techno-/Rave-Bereich sich nicht mehr als mein „1. Zuhause“ anfühlte – die Partykultur hatte sich verändert – mit den Massen kamen die Bekloppten und ging v.a. der „Spirit“ der Anfangszeit verlohren – mehr und mehr stand die Inszenierung des Eigen ich im Vordergrund – und nicht mehr, wie ursprünglich, schlichtweg das „Aufgehen in der tanzenden Masse“.
 
Kurz: Gegen Ende der 90er wandte ich mich mehr und mehr von dem vorbehandelten Bereich ab, obgleich ich nach wie vor hier CD-Käufe tätige und auch insoweit musikalisch ausgerichtet bin – aber eben nicht mehr vordinglich.
 
Ab dieser Zeit wandte ich mich, wie im Übrigen viele „einstige Wegbegleiter“ und v.a. auch viele Musiker, wie beispielsweise The Jeyenne der als eines der Aushängeschilder des Techno (sein Hit „Das Nippel“ dürfte Einigen bekannt sein) sich der „schwarzen Szene“ zuwandte und dort als XPQ-21 fortan Dark-Electro produzierte, zusehens der besagten „schwarzen Szene“ in Form von Industrial, Dark-Electro und EBM zu – womit ich allerdings schon zuvor eng verbunden war.
 
Hier fand man den „Vibe“ der frühen 90er – eine „Nische“, ein kleiner elitärer Kreis, fernab jeweden Überlaufens – hier fühlte man sich wieder wohl – und konnte, was mir ebenfalls sehr entgegen kam, vollkommen schwarz kleiden :-).
 
Es ist schon bemerkenswert, dass die Electro-Szene der „schwarzen Szene“ mich vielfach an die Szene zur Zeit des beginnenden Techno-Zeitalters erinnert – hier bin ich gern :-).
 
So bin ich denn auch schon seit dem nunmehr im nächsten Jahr bevorstehenden 20jährigen Jubiläum der Band Welle:Erdball-Fan derselben. Gleiches gilt für And One, die im nächsten Jahr 25jähriges Bestehen feiern – und sich auflösen wollen – zu beiden Bands nachfolgend mehr :-).
 
Und aus diesen Gründen war es sonnenklar, dass ich am 23.11.2012 in der Großen Freiheit 23 in HH weilen musste, denn dort spielten beide Bands – wobei dann auch noch !Distain und Melotron hinzukamen.
 
2. Konzertbericht:
 
Dies in der für mich üblichen „Kürze“ :-) vorweggeschickt, nun also zum eigentlichen Konzerterleben:
 
Es galt sich am 23.11. bereits um 16:30 zum Einlass zu begeben – eine selbstredend ungewöhnliche Zeit – aber notwenig, um 4 Bands bis 23 Uhr erleben zu können, denn ab 23 Uhr war die Große Freiheit 23 schon für ein Rock-Event (dem geneigten EBMer bekanntlich eher fern :-)) gebucht.
 
Meine Frau und ich waren als erklärte Fans der besten Band der Welt Welle:Erdball selbstredend in jeweils ein Band-Shirt gewandet (wobei in meinem Fall ein horrende Auswahl vorhanden ist :-)).
 
Der erste Weg nach dem Einlass führte denn auch selbstredend zum Merchandise-Stand, wobei der von And One mir weniger zusagten – aber die exklusiv nur auf der Tour erhältliche „Chice Guy E.P.“ :-) natürlich mitgenommen werden musste.
 
Am Stand von Welle wurde natürlich mehr gekauft :-) – es kamen eine weitere Jacke, ein weiteres Shirt zur Sammlung – außerdem die Picture-LP des vor 15 Jahren erstreleasten wunderbaren „Tanzpalast 2000“, welchem die aktuelle Mini-CD-Single „Computerklang“ beilag.
 
Diese Merchandise-Produkte wurden dann am Stand „zwischengelagert“, da ja beim Konzert hinderlich :-).
 
Am Stand weilte ALF – seines Zeichens einer der beiden Kopfe der Band und für programming verantwortlich. Mit selbigem wurde dann natürlich ein wenig rumgescherzt – und nach dem Stand des seit Jahren angekündigten neuen Albums „Tanzmusik für Roboter“ gefragt, woraufhin ALF lakonisch mitteilte, dass dieses nun nächstes Jahr definitiv kommen soll.
 
Zudem bot sich ALF an, dafür zu sorgen, dass alle Bandmitglieder auf der Platte unterschreiben – noch echter Dienst am Kunden :-) – und obgleich ich mit Blick auf meine musikalische Sozialisation eigentlich weniger am Konzept der Huldigung des Musikproduzenten hänge, vermochte ich nicht nein zu sagen und lies mich auf das Angebot ein :-).
 
Jetzt gings aber erst einmal in die „Massen“, die sich indes noch in Grenzen hielten, denn es spielte zunächst !Distain.
 
Obgleich die Band bereits seit 20 Jahren besteht, vermochte diese sich jedoch nicht breitenwirksam durchzusetzen.
 
Gleichwohl bekommt man hier durchaus eingängigen Synth-Pop geboten – klanglich wirklich gut, zumal !Distain, die hier als quasi Vorband fungierten, etwa eine halbe Stunde spielten und hier ihre für Kenner „bekanntesten Hits“ darboten.
 
Allein die Qualität des Entertainment, was bei einem Konzert ja durchaus relevant ist, hielt sich hier in Grenzen.
 
Schließlich hatten wir bei dem Frontmann Alexander Braun immer der Optik wegen die Assoziation „Marcus Lanz“ im Kopf – wenngleich hier mit keinem Bierkasten auf dem Rücken Liegestütz vollführt wurden :-).
 
Aber die Performance von Alex lies für unseren Geschmack ein wenig zu wünschen übrig – es gelang ihm nicht, das Publikum mitzureißen – und das, obgleich Sound und gEsang wirklich gut waren.
 
So fungierten !Distain hier wirklich (leider) nur als „Durchlauferhitzer“, denn musikalisch sind diese wirklich hörenswert.
Hiernach kam dann Melotron – die doch einigen durch ihren Auftritt für M-V bei einem der vergangenen „Bundesvision Song Contest“e bekannt sein dürften.
 
Lässt man deren (eher missglücktes) Mitwirken bei dieser Veranstaltung mal außer Betracht, sind Melotron per se eine wirklich gute Synth-Pop-Band mit starkem charismatischem Sänger (Andy Krüger), der indes sowohl vom Tanzstil als auch von Gestus und Look ein wenig an Dave Gahan orientiert wirkt – aber das ist ja keineswegs schlecht :-).
 
Die 3 Herren aus Neubrandenburg verstanden es denn auch, das Puplikum mitzunehmen, wobei Andy treffend feststellte, dass es immer 2 Songs braucht, eher die Menge mitgeht – so auch hier :-).
 
Andy entschuldigte sich dann auch dafür, dass 5 Jahre Stille herrschte bei Melotron, wobei er selbst nach Gründen suchte, diese jedoch nicht fand.
 
Melotron spielten ebenfalls nur etwa 30 Min – allerdings waren hier Klassiker wie „Menschenfresser“ Teil des Sets und echte Highlights – Melotron schafften es in der Kürze der Zeit, die Stimmung wirklich anzukurbeln – was überdeutlich macht, dass ein Besuch eines Melotron-Einzelkonzerts zweifellos lohnt.
 
Dann kam „W:E“ !!!!
 
Zur Erklärung sei vielleicht erst einmal angemerkt, das W:E ein Band aus 5 Mitgliedern ist, nämlich Honey, ALF, Fräulein Venus, Plastique sowie den Commodore C64, denn letzterer ist vollwertiges Band-Mitglied.
 
W:E macht Songs, die teilweise an einem einzigen C-64 programmiert werden, die Bandmitglieder agieren im Look der 50er und die Band versteht sich als Radiosender, der statt Alben eben Sendungen abliefert. So finden sich denn auf W:E-Alben zwischen den Songs auch Verkehrsmeldung, Wetter etc. – W:E sind etwas wahrlich Besonderes – vielleicht der Grund weshalb ich die Band so sehr schätze.
 
Honey (der Sänger) begrüßte nun wie üblich bei einem W:E-Konzert mit „Meine Damen und Herren, sie hören WELLE:ERDBALL!!“ – und dann gings los mit einem Cover von Kraftwerks „Die Roboter“ – eigentlich Blasphemie – aber wenn einer Kraftwerk covern kann, dann W:E !!
 
Ganz nebenbei bestätigte dieser Opener, dass es wirklich kommt, das Phantom-Album „Tanzmusik für Roboter“ :-).
 
Welle spielte in der Folge etwa 1,5 Stunden – für ein reines W:E-Konzert ein Witz, denn gemeinhin spielt man hier dann eher 2,5 Stunden und mehr – aber angesichts des Rahmen doch Gott sei Dank recht lang :-).
 
Gespielt wurden auch „die üblichen Klassiker“ wie Starfighter, wozu auch wie üblich Papierflieger ins Publikum geworfen wurden.
 
Honey ist überdies einfach ein begnadeter Frontmann und Fräulein Venus und Plastique, die für die „Weiblichkeit“ sorgen, mussten derart häufig die Klamotten wechseln, dass es eine Freude war. Hinzukommt, dass Plastique wirklich eine tolle Stimme hat.
 
Insgesamt ein ganz starkes W:E-Konzert – wie immer – und am Schluss erwähnte Honey dann mal ganz nebenbei, dass Fräulein Venus nunmehr Frau Dr., nämlich der Biologie sei – selbstredend ein Grund später mit ihr anzustossen :-).
 
Und dann kam AND ONE – wobei man vielleicht vorwegschicken sollte, dass Steve Naghavi, seines Zeichens Frontmann und Mastermind der Band, schlichtweg eine unglaubliche Rampensau ist und es wie kaum ein anderer versteht, dass Publikum in seinen Bann zu ziehen.
 
So auch hier! Naghavi gibt auf der Bühne alles – und das Publikum, vornehmlich wegen And One erschienen, tut es ihm gleich!
 
Die Band spielt gute 2 Stunden – es werden wie üblich, eine Depeche Mode-Cover gespielt – schließlich ist Naghavi – wie auch die meisten And One-Fans, mich eingeschlossen :-) - glühender Mode-Fan und so hört man ihn auch sagen – „Der Song ist von den drei Engländern, die, die die Musik erfunden haben“.
 
Hierneben covern And One noch The Cures The Walk sowie A-has „The Sun always shines on TV“.
 
Abgesehen hiervon gibts hier v.a. alte And One-Songs – was teilweise lupenreine EBM-Eindrücke vermittelt – gefolgt von ruhigen Mode-inspirierten Songs wie „Mirror in your Heart“ – Kurz: Ein Feuerwerk!
 
Zur Zugabe erscheint die gesamte Band in Wachmann-Uniform – in gewisser Weise eine Referenz an Front 242 – toll!
 
Ein kleiner Seitenhieb natürlich noch auf den „Szeneverräter“ Unheilig – indem Steve mit sonorer Grafen-Stimme redet, daraufhin sich selbst fragt: „Wer ist da?“ – „RTL2“ :-).
 
Insgesamt einfach ein tolles Konzert – wie der ganze Abend, der dann wirklich gegen 23 Uhr endete, woraufhin dann das Publikum – zumeist jenseits der 30, in diversen Band T-Shirt von Apoptygma Berzerk bis Zeromancer, teilweise gar wirklich in Front 242-Uniformen :-), den Weg nach Hause antrat.
 
Insgesamt ein tolles Erlebnis – und wer nur ein wenig für elektronische Musik übrig hat, dem sei ein Besuch eines Konzertes der hier behandelten Bands dringend angeraten – es lohnt sich!
 
Im Fall von And One ist dabei Eile geboten, denn die Band will sich nächstes Jahr nach 25 Jahren auflösen, weshalb hier nächstes Jahr noch eine Abschiedskonzerttournee stattfindet – ich hoffe, dass Steve dies noch mal überdenkt – falls nicht, ein Grund mehr, im nächsten Jahr dabei zu sein.
 
Und was W:E angeht, fand ich doch zuhause in der erworbenen Platte Werbung für die nächstjährige Tour zum „Tanzmusik für Roboter“-Release :-) – nachträglich glücklich gemacht – und Konzertbesuch fest eingeplant – vielleicht kommt ja nun auch einer der geneigten Leser dieses Blogs.
 
Zum Schluss natürlich noch ein Kraftwerk-Zitat:
 
„Es wird immer weiter gehen, Musik als Träger von Ideen“!

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