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Heute möchte ich mit der Tradition brechen, die ich in meinen bisherigen Blogs angestrebt habe: Etwas über das Leben abseits von Filmen und Alltag zu berichten.
Aber gestern habe ich es endlich geschafft, Sucker Punch zu Ende zu schauen. Es hat mich 4 Anläufe gekostet und jedes Mal bin ich eingeschlafen, doch heute Nacht um 3:48 war es soweit. Und ich muss dazu meine Gedanken sortieren.
Ich habe viel über den Film gelesen. Er spaltet die Zuschauer in 2 Lager: Ich nenne Sie mal Genie und Wahnsinn.
Im Bereich Wahnsinn befinden sich die Zuschauer, die dem Film folgende Kritik zur Last legen:
-Schlechte Story, übertriebene Special Effects, Schauspieler nicht wirklich tauglich, was soll ich damit nun anfangen.
All diesen Menschen möchte ich nun mitteilen, dass ich Ihre Ansicht nicht teilen kann. Sucker Punch ist ein aussergewöhnlicher Film, der mehr möchte, als nur angeschaut zu werden. Sucker Punch muss verstanden werden.

Sucker Punch würde ich am ehesten mit der Gruppe Rammstein vergleichen.
Auch Rammstein versteht es, seine Musik für viele unverständlich zusammenzutexten und mit übertrieben aggressiven Mitteln zu unterstreichen.
Auch bei Sucker Punch bleibt dieses Gefühl hängen.
Ich hab noch nie soviel denken müssen bei einem Film. Jede Szene lässt Freiraum für Interpretation. Man muss sich in den Charakter, um den es geht, hineinversetzen. Das alles ist ein riesen Katz- und Mausspiel. Zuerst einmal muss man wissen, was es mit einer Lobotomie auf sich hat:
"Lobotomie ist eine Operation, bei der Nervenbahnen sowie Teile der grauen Substanz durchtrennt werden (Denervierung). Sie wurde ursprünglich zur Schmerzausschaltung in extrem schweren Fällen angewendet, dann bei agitierten psychischen Erkrankungen wie Psychosen und Depressionen. Als Folge der Lobotomie tritt eine Persönlichkeitsänderung mit Störung des Antriebs und der Emotionalität auf." (Quelle: Wikipedia)

Was fangen wir mit dieser Information an? Springen wir an den Anfang der Geschichte.
Babydolls Mutter ist gestorben. Ihr grausamer Stiefvater tötet Baby Dolls Schwester und sorgt dafür, dass die einzige Zeugin, nämlich Baby Doll, in einer psychiatrischen Klinik landet. Dort gefangen wird Sie für eine Lobotomie vorbereitet, und damit beginnt das Märtyrium. Wir finden uns in der letzten Sekunde vor dem Eingriff in ihr Hirn plötzlich auf einer Bühne wieder. Sie wird als Neuling vorgestellt.

Ab hier beginnt die fantasiegeladene Reise durch das Leben der Babydoll, deren Name auch nur ein Synonym für etwas ist, woran sich weibl. Kinder gerne klammern: Eine Kinderpuppe. Wie wir wissen, ist Sie früh eingesperrt worden. Den Namen erhält Sie im Traum - das erste Indiz, dass wir uns in Ihrem Kopf befinden. Wir haben einen Namen, der einen Wunsch ausdrückt.
Der ganze Film ist eine psychologische Irr-Achterbahnfahrt. Nehmen wir den Chef: In einer psychiatrischen Anstalt, in der fast nur Männer arbeiten, ist ein Begehren für Frauen nicht unbegründet. Und der Gedanke, dass wirre Frauen "eh nur wirres Zeug" von sich geben, setzt die Hemmschwelle sehr schnell nach unten. Babydoll versucht in dieser Welt zu überleben, in dem Sie sich in eine andere Welt flüchtet, in der es sich besser schönreden lässt. Auf der Bühne des Lebens tanzt Sie ihren persönlichen Überlebenstanz. Dabei ist der Tanz immer nur als Brücke zu einer Aktion zu sehen, die in vielen Special Effects Bildern (deshalb die Übertreibung) umschrieben wird. (Operation Küchenmesser, der Tanz bedeutet nichts Anderes als der Beginn dieser Aktion, die Bilder drücken Ihr Empfinden gegenüber der Schwierigkeit des Unterfangens und Ihre abstrakte Sicht darauf aus.)

Und genau das ist es, was wir in Sucker Punch erleben. Eine junge Frau, die genug einstecken musste, landet in einem von Männern beherrschtes Irrenhaus voller Frauen. Spätestens jetzt ist klar, worauf der Film abzielt.
Die Schwierigkeit besteht darin, das gefilmte Gedankenszenario auf die Realität zurückzumünzen.
Der Highroler (engl. für große Rolle, Höhepunkt) ist nichts anderes als der finale Eingriff und Abschluss der Lobotomie. Bis dahin erlebt nicht nur Sie, sondern auch ihre Freundinnen mit ihr ein grausames und von Peinigung und Demütigung erfülltes Leben. Daraus resultiert dann auch der Wunsch am Ende, einfach loszulassen. Babydoll lässt sich auf den Highroler zum Schluss ein, Sie möchte sogar, dass das vorbei ist. Und mit diesem Eingriff endet dann auch Ihre Möglichkeit, in die Fantasie zu flüchten - wir werden aus Ihrem Kopf zurück in die Realität katapultiert.
Und hier erleben wir das, was vorher vermutet und jetzt bestätigt wird. Aber dazu möchte ich nicht mehr erzählen.
Der Film selbst ist für jeden anderst interpretierbar. Und das finde ich so schön. Er ist so abgedreht und dabei so tiefgründig. Mir hat er sehr gut gefallen.

Ich konnte über die übertriebenen Bilder hinwegsehen, weil ich nie auf das geachtet habe, was mir visuell geboten wurde. Das funktioniert bei diesem Film nicht. Man muss darauf achten, was einem zwischen den Bildern geboten wird. Auch die Hauptdarstellerin, die nur ein Gesicht machen konnte: Egal ob Sie weint, oder schlecht gelaunt ist, oder ängstlich - es gab nur dieses eine Gesicht. Und weiter oben haben wir gelernt, dass im Zuge der Lobotomie ein Emotionsverlust stattfinden kann, und schon sind wir wieder bei einem greifenden Punkt angekommen.

Im Laufe des Films und mit genügend Vorstellungskraft ist es dir möglich, dich soweit hineinzuversetzen, dass vor lauter Bilder und Gedankenflut ein rauchender Kopf nicht fernbleibt und auch stellt sich das Gefühl ein, dass du es bist, der das denkt. Das ist ein wichtiger Prozess. Wer hat schon vorher sonst durchschaut, was die 5. Essenz ist. Ist man sehr sehr fit im Kopf, leitet sich das schnell ab.
Mich würde ernsthaft interessieren, was Psychologen zu diesem Film sagen. 

Alles in Allem empfehle ich diesen Film an Menschen, die Unterhaltung suchen, die man sich erarbeiten muss. Je mehr man sich auf den Film einlässt, desto mehr erhält man aus dem Film.
Interessant. Das ist wohl das Adjektiv dazu.

(Das oben genannte spiegelt meine Meinung wieder und muss nicht zwingend der Meinung anderer entsprechen. Für Diskussionen bin ich offen. Und achja: Es ist die Kurzform. Ich könnte noch mehr auf einzelne Szenen eingehen aber ich wollte jemand, der den Film ncoh nicht gesehen hat, nicht vor den Kopf stoßen.)
Matthias.

PS: Neujahr war ja im Lande. Viele Grüße und alles Gute dafür.



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