Es muss nicht immer großes Hollywoodkino sein, um die Massen zu mobilisieren. Die Filmgeschichte ist voll von Beispielen, wie man auch mit „kleinen“ Filmen vergnügliche Stunden verbringen kann. Sei es der Überraschungshit eines Independent-Studios oder gar eine gelungene Fernsehproduktion. Qualität und Anspruch müssen nicht unbedingt ein großes Budget zur Bedingung haben. Hierzulande steht der Filmfan einheimischen TV-Erzeugnissen meist skeptisch gegenüber. Manchmal aus gutem Grund, erodierte die Qualität einheimischer Produktionen unter dem Druck ein möglichst breites Publikum ansprechen zu müssen doch zusehends. Natürlich ist auch in Übersee nicht alles Gold was glänzt. In welche Kategorie sich die kanadische Independent-Produktion Cold Blooded einordnet, wird dieses Review zeigen.
Story
Bei seinem letzten Coup hatte der professionelle Dieb Eddie Cordero (R. Robbins) kein Glück. Der Überfall auf ein Juweliergeschäft im kanadischen Toronto ging gründlich in die Hose. Für Eddie endete das Abenteuer in der Isolierstation eines örtlichen Krankenhauses. Seine einzige Gesellschaft ist die junge Polizistin Frances Jane (Z. Palmer), die den ans Bett geketteten Kriminellen die Nacht über bewachen soll. Doch der gerissene Halunke ist nicht auf den Mund gefallen. So versucht er, die selbstbewusste Frau mit Smalltalk einzulullen, während er an einem Fluchtplan arbeitet. Doch Frances entpuppt sich als harte Nuss, die nicht weniger auf dem Kasten hat, wie er selbst. Erschwerend für Eddie kommt hinzu, dass sein Auftraggeber gerne wüsste, warum zum einen sein Partner bei dem Überfall erschossen wurde und, die weitaus wichtigere Information, wo die Beute abgeblieben ist. So schmuggelt sich der eiskalte Louis Holland (W. MacDonald) mit seinen Männern in den verlassenen Krankenhausflügel, um Eddie auf den Zahn zu fühlen. Schnell finden sich der Dieb und die Polizistin in einem verzweifelten Kampf ums Überleben wider.
In der Fernsehbranche redet man gerne von einer so genannten „Bottle Show“ wenn sich die Handlung einer Serie oder eines Films zum allergrößten Teil in einem eng begrenzten Raum abspielt. Das birgt natürlich vor allem finanzielle Vorteile. So spart man sich die teuren Drehtage unter freiem Himmel. Dagegen ist auch nichts einzuwenden. Man denke zum Beispiel an die teils überragenden Episoden aus „Star Trek – The Next Generation“, die meist aus purer finanzieller Verzweiflung ausschließlich an Bord der Enterprise spielten, dafür aber mit einem hervorragenden Drehbuch glänzten. Ein beschränktes Budget muss also nicht zwangsläufig der Qualität der Geschichte schaden. Ähnlich verhält es sich auch bei dem Thriller Cold Blooded, der unabhängig vom Studiosystem produziert wurde und in seiner allgemeinen Erscheinung wie ein TV-Film anmutet. Ort der Handlung ist ein stillgelegtes Krankenhaus, in dem der Streifen nahezu ausschließlich spielt. Die engen Korridore und menschenleeren Zimmer vermitteln von Beginn an ein klaustrophobisches Gefühl der Isolation. Die beiden Protagonisten scheinen in einer sterilen Parallelwelt zu existieren, in der sie sich bald einer tödlichen Bedrohung in Form von Eddies Auftraggeber und seinen Komplizen gegenüber sehen. Der brutale Holland schreckt vor keiner Bluttat zurück, um sein Ziel zu erreichen, was auch die bedauernswerte Frances am eigenen Leib erfahren muss.
In diesem Zusammenhang heißt es für empfindliche Gemüter tatsächlich einmal kurz Luft anhalten, darüber hinaus hält sich der Film allerdings mit Gewaltszenen zurück. Den Großteil seiner Spannung entsteht aus dem kammerspielartigen Setting und der Frage, hinter welcher Ecke nun die Gefahr für unsere Heldin, bzw. den Anti-Helden lauert. Regisseur Jason Lapeyre setzt dabei auf erfahrene Fernsehschauspieler, die in unseren Breiten allerdings kaum bekannt sein dürften. Trotzdem erledigen sie ihre Arbeit solide. Einige Schwächen zeigt Cold Blooded allerdings in der Inszenierung, die etwas zu behäbig und wenig dynamisch arrangiert wurde. Die Chemie zwischen Palmer und Robbins lässt ebenfalls zu wünschen übrig. Der Funke zwischen beiden springt zu keiner Zeit wirklich über. Hier wäre deutlich mehr drin gewesen. Vor allem Ryan Robbins vermag es nicht, die Herzen der Zuschauer zu erobern. Dafür bleibt sein Charakter zu diffus und wenig ausgearbeitet. Ein Manko, welches auch den Bösewicht auszeichnet, der seinem Job allzu leidenschaftslos nachgeht. Diverse, nicht unbedingt nachvollziehbare Handlungsweisen der Protagonisten runden die negative Seite dieses Thrillers ab. Dennoch kann man sich auf 90 Minuten solide Spannung einstellen, vor allem, weil einem die leidgeprüfte Polizistin doch zunehmend ans Herz wächst.
Bildqualität
- typisches, leicht milchiges „TV-Bild“
- lediglich mittelmäßige Schärfe und Detailzeichnung
- erhöhte Kontrastwerte sorgen für einen zu tiefen Schwarzwert, der Inhalte verschluckt
- keine Plastizität
- kühle, entsättigte Farbgebung
- kein Filmkorn erkennbar
- keine auffälligen oder gar störenden Transferfehler sichtbar
Tonqualität
- Deutsch DTS-HD Master Audio 5.1
- sehr frontlastige Abmischung
- Dialoge immer klar verständlich
- sehr seltene Surroundeffekte
- nennenswerter Tiefbass nur kurz zu Beginn
- kaum Dynamik
Ausstattung
- Audiokommentar mit Jason Lapeyre und Zoie Palmer (engl.)
- Entfallene Szenen (ca. 8 Min.)
- Special-Effects Test (ca. 19 Sekunden!)
- Fotogalerie
- Fan Art Galerie
- Deutscher und Englischer Trailer
Fazit
Technisch präsentiert sich Cold Blooded solide, aber auch nicht mehr. Vor allem beim Ton schlägt das geringe Budget voll ins Kontor. Der Bildtransfer zeigt sich stilistisch verfremdet, was der Atmosphäre aber zugute kommt. Das Bonusmaterial ist kaum der Rede wert. Cold Blooded ist ein relativ konventioneller Thriller, der hauptsächlich von einem einzigen Schockmoment lebt, der es immerhin vermag, Heldin und Zuschauer für knapp 90 Minuten zu einer Schicksalsgemeinschaft zu verbinden. Man möchte dann schon wissen, wie die Geschichte ausgeht. Ein besserer Regisseur hätte aus den gegebenen Mitteln aber noch deutlich mehr herausgeholt. (ml)
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Kaufempfehlung
Testgeräte
TV: Panasonic TX-P55VT50E (55“) (kalibriert)
BDP: Panasonic DMR-BST720
Ton: Pioneer SC-LX56
Lautsprecher: B&W 803S (Main), Boston A26 (Front-Wide, Surround), Teufel M-500 (Back-Surround)