Dem deutschen Film haftet allzu oft das Etikett von Mittelmäßigkeit an. Und fairerweise muss konstatiert werden, dass es einheimischen Produktionen häufig nicht nur am Budget fehlt, um in der Liga großer Kinoproduktionen mit zu spielen. Die Vermessung der Welt macht inhaltlich nicht nur mit zwei Geistesgrößen, sondern auch mit einer vergleichsweise opulenten Ausstattung auf sich aufmerksam. Als wäre das nicht unbescheiden genug, hat man den gleichnamigen Bestseller-Roman auch noch in zeitgemäßem Real-3D verfilmt.
Story
Carl Friedrich Gauß (L. Hänsel/F.D.Fitz) wächst in bescheidenen Verhältnissen auf. Doch der gestrenge Mathematik-Lehrer Büttner (K. Markovics) entdeckt in dem introvertierten Jungen ein schier unglaubliches Talent. Dank seinem Fürsprecher erhält der Junge die Möglichkeit, beim Herzog von Braunschweig (M. Maertens) um ein Stipendium zu bitten. So stehen Gauß die Türen zur Wissenschaft aufgrund finanzieller Rahmenbedingungen unerwartet ebenso weit offen, wie dem jungen Alexander von Humboldt (A.Denkel/A.Schuch). Dieser wiederum entstammt einer wohlhabenden Familie und kann nach dem Tod der Mutter nach Gutdünken durch die Weltgeschichte reisen und sein Leben der unerforschten Biologie widmen.
Auch wenn Die Vermessung der Welt einige Fakten aus dem Leben und Wirken der beiden Koryphäen zitiert, so bleibt sie doch eine zum Großteil fiktive Erzählung. Dies hat der Film von Detlev Buck mit der überaus erfolgreichen Buchvorlage aus der Feder Daniel Kehlmanns gemein. Zwar streift Bucks bildgewaltige Interpretation des Stoffes auch problematische Themen wie den Sklavenhandel, doch im Großen und Ganzen trägt das zweistündige Werk deutliche komödiantische Züge. Positiv ist, dass die unkomplizierte Erzählweise erstaunlich viel Vergnügen bereitet. Dies liegt nicht nur an den gut geschriebenen Dialogen, sondern personifiziert sich auch explizit in manch großartig besetzter Nebenrolle. Da wäre etwa der tölpelhafte Baron von Braunschweig, dessen hanebüchene Mimik alleine schon einem guten Witz gleich kommt. Ihm zur Seite ein namenloser, aber völlig übertrieben militante Hauptmann (M. Giermann), der auf Gauß stets ein argwöhnisches Auge wirft und in dessen geistiger Arbeit überhaupt keinen Nutzen für das Vaterland erkennt. Diverse breit in Szene gesetzte Liebeleien gewährleisten jedoch auch einen für das deutsche Kino fast schon bezeichnenden Kitschfaktor und treten einer tiefgründigen Auseinandersetzung mit den tatsächlich enormen Leistungen der Denker und Forscher entgegen. Denn Die Vermessung der Welt bedient sich zumeist nur der bedeutenden Köpfe. Als seriöser Tribut an die wissenschaftlichen Persönlichkeiten Humboldt und Gauß taugt der Film nur sehr bedingt.
Humboldt kämpft sich wacker durch den Dschungel Südamerikas, stets auf der Suche nach Erkenntnis. Doch im Gedächtnis des Zuschauers wird wohl eher der permanente „Zickenkrieg“ zwischen dem Gelehrten und seinem französischen Assistenten Bonpland (J. Kapone) verbleiben. Ähnlich verhält es sich mit dem Gauß-Plot. Auch dessen, gerade für die Mathematik, ungemein bedeutende Geniestreiche erscheinen fast ausnahmslos wie Beiwerk. Dennoch liefert insbesondere Florian David Fitz in der Rolle des erwachsenen Gauß eine schauspielerisch eindrucksvolle Leistung ab. Nicht weniger beeindruckend, dafür in der Spielzeit deutlich geringer angelegt, ist sein kindliches Alter Ego. Speziell die Eröffnungsszene(n) mit Jungdarsteller Lennart Hänsel und dem routinierten Österreicher Karl Markovics legen die Messlatte so hoch, dass sich die in den ersten 15 Minuten aufbauende Erwartungshaltung des Zuschauers im Folgenden nicht erfüllt. Ab einem gewissen Moment verliert sich das groß angelegte Projekt in seinen beeindruckenden Bilderfluten. Dabei bleibt ein inhaltlicher Spannungsbogen auf der Strecke. Zu oft plätschert der Film trotz vieler guter Szenen vor sich hin. Dennoch ist Die Vermessung der Welt kein schlechter Film. Er ist humorvoll und bietet viele gute schauspielerische Leistungen. Die elegante Ausstattung, sowie die teils exotischen Drehorte sorgen für ein Kinoerlebnis „Made in Germany/Austria“, das lediglich an seinen erzählerischen Defiziten zu knabbern hat.
Bildqualität
- Full HD im Format 1.85:1
- gute Bildschärfe
- sauberer Transfer, frei von Bildfehlern und Schmutz
Bild 3D
- sehr gute Tiefenstaffelung, viele hervorragend konzeptionierte 3D-Bilder
- leider ist das Bild selbst für einen 3D-Titel recht dunkel und verschluckt diverse Details
- im Test kam es zu dezentem Ghosting
Tonqualität
- Deutsch und Englisch DTS-HD MA 5.1
- sehr gute Dynamik, glasklarer Klang von Stimmen, Musik und Effektsounds
- absolut räumliches Klangbild samt gelungenem Subwoofer-Einsatz
Ausstattung
- Audiokommentar von Detlef Buck
- 2D-Blu-ray
- Making-Of (auch in Real 3D abspielbar)
Fazit
Die 3D-Fassung hat leider mit einem nicht ganz optimalen Schwarzwert zu kämpfen, dunkle Bildbereiche lassen zu wenige Details erkennen. Dafür entschädigt die tolle Tiefenwirkung. Hier hat man sich seitens der Produzenten wirklich Gedanken um einen möglichst effektiven Einsatz der 3D-Technik gemacht. Der deutsche HD-Audiomix ist ebenso stark und klingt unheimlich homogen und differenziert. Wenn C.F. Gauß und A. von Humboldt, nicht weniger als zwei der renommiertesten Geistesgrößen überhaupt, für einen fiktionalen Film herhalten müssen ist Vorsicht geboten. Denn wer daraufhin eine tiefsinnige Abhandlung über das faszinierende Mysterium der Naturwissenschaften erwartet, wird Die Vermessung der Welt als unzureichend empfinden. Über einige populärwissenschaftliche Ausschmückungen reicht die Literatur-Verfilmung nicht hinaus. Dafür erwartet den Zuschauer eine herzhafte Komödie, umrahmt von (gerade für das hiesige Kino) unerwartet schönen Bildern. (dkr)
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Kaufempfehlung
Testgeräte
TV: PANASONIC TX-P50VT20EA
PLAYER: PANASONIC DMP-BDT 310
AV-RECEIVER: YAMAHA RX-V565
BOXEN: TEUFEL HYBRID / TEUFEL CONCEPT