Ich hole diesen alten Thread mal aus der Versenkung. Zum einen um
auf eine sehr bedenklich Entwicklung hinzuweisen, zum anderen um
vielleicht eine andere Perspektive oder eine Bestätigung von Euch
zu bekommen. Worum gehts?
Ich bin Kinogänger seit 1989. Okay da war ich 7 Jahre alt und
In einem Land von unserer Zeit war mein erster
Kinofilm. Seit 1993 (also mit 11 Jahren) gehe ich kontinuierlich
ins Kino. Hier meine Auswertung:
Pro Jahr lasse ich mir den Spaß zwischen 200 € und 300 € an
Eintrittsgeldern kosten. Dazu kommt dann meistens noch ein Getränk,
ab und zu auch mal ne Popcorn oder Nachos und natürlich der Aufwand
bzgl. Anfahrt und Parken. Meist gehe ich ins nächstgelegene
CinemaxX oder in ein privates "Dorfkino" aber es kommt auch vor das
ich mal bis nach Düsseldorf, Köln oder Essen für einen Film fahre.
Das Cinedom Köln ist nach wie vor eins der besten Kinos was ich
kenne und für den kommenden
Oppenheimer möchte ich
zum zweiten Mal im Leben den IMAX Saal in der Lichtburg Essen
erleben. Ich bin von daher sicherlich über dem Durchschnitt als
Kinogänger anzusehen.
Bis ca. 2014/2015 habe ich immer versucht direkt am Starttag -
gerne auch nen Tag vorher in die Previews - neue Filme zu schauen.
Meist aus der letzten Reihe und mittig. Also "mitten im Publikum".
Irgendwann wurde es mir um den Dreh mit nervigen Kinogängern zu
bunt da so ab dem Zeitpunkt sich ein Wandel in der Zuschauerschaft
breit machte. Stören durch Smartphones, Gespräche und übermäßig
lautem essen wurden immer mehr. Seitdem meide ich von großen Filmen
die Starttage oder sogar Startwoche was an sich sehr schade ist da
man immer etwas hinterher hängt. Kam ich aber in den letzten Jahren
mit zurecht. Nach den Coronaöffnungen habe ich aber das Gefühl das
sich das Benehmen vieler Zuschauer nochmals drastisch zum
schlechteren verändert hat. Waren es früher immer einzelne
Störenfriede gab so ist es mittlerweile an sich in fast jeder
Vorstellung an der Tagesordnung das sich nicht benommen wird. Ich
bin mittlerweile rigoros und mache Ansagen. Früher war dann immer
Ruhe. Mittlerweile gibts richtig Paroli weil viele Menschen denken
sie wären im Recht was dann dazu führt das ich öfters schon
Servicekräfte oder die Theaterleitung mitten in der Vorstellung
holen musste und es sogar Platzverweise gab. Letzteres ist noch die
Ausnahme da meist nach einer "offiziellen" Ansage dann wirklich
Ruhe ist, aber grundsätzlich kann das ja nicht sein. Und dann bin
ich gestern auf dieses Video gestoßen was genau diese Problematiken
beleuchtet:
Und das von jemanden der das Privileg genießt die meisten Filme mit
ausgewähltem Publikum schauen zu können wo es solche Problem ja
nicht gibt. Dazu kommt dann der neuste Trend das sowohl in
Smile als auch in
Creed III offen
zum asozialen benehmen in Social Media aufgerufen wurde. Für mich
werden hier Grenzen weit überschritten. Zwei Beispiele:
In Krefeld ist das Problem des CinemaxX das eine wiederkehrende
Gruppe von Zigeunern (Vater, Mutter, zwei Kinder) sich vollkommen
daneben benimmt. Ich habe Kontakte zum Service und der
Theaterleitung und unterhalte mich öfters mit denen und habe es
erst nur am Rande mitbekommen, da ich nie das vergnügen hatte mit
dieser "Familie" in einem Saal zu sitzen. Bei
I Wanna Dance
With Somebody Anfang des Jahres war es dann soweit und ich
hatte die sogar neben mir. Natürlich gabs das "Smartphone-Thema"
und als ich die Tochter drauf hinwies meinte der Vater sich
einmischen zu müssen. Also nicht in der Art der er eine Ansage an
seine Tochter macht. Nein es kam nur sehr unflätig etwas in meine
Richtung. Da ich mit solchem Pack gar nicht erst diskutiere ging's
also wieder aus dem Saal um Personal zu holen. Es gab in dem Fall
ein deutliche Ansage und einer aus dem Kino blieb dann auch im Saal
um die Personen zu überwachen. Interessant dabei ist das sich zwar
etliche Leute von denen gestört fühlten aber niemand sonst die
Courage hatte was zu machen. Es haben sich dann nach dem Film
einige bedankt. Nach der Vorstellung hab ich mich länger
unterhalten und war schockiert das die insgesamt im Kino zwar auf
einer roten Liste stehen aber wegen ihrer Herkunft man nichts
machen könnte (Stichwort Rechtsradikal). Ich bin aus allen Wolken
gefallen als ich das hörte das sich jemand hinter seinem
Migrationshintergrund verstecken kann um kein Hausverbot zu
bekommen. So weit ist es nun schon.
Zweites Beispiel vor wenigen Wochen in
Fast X im
Cinestar Oberhausen. Recht leerer Saal und kurz vor
Vorstellungsbeginn kam noch eine Gruppe rein. Die Gruppe bediente
leider auch das komplette Klischee. Zwei Typen mit offensitlichem
Migrationshintergrund, Bärte und Fitnessstudio aufgepumpt. Als
Begleitung zwei Uschis vom feinsten. Eine davon offensichtlich
aufgespritzt was anscheinend jetzt nicht nur Promis machen sondern
auch "Otto Normal". Ich wusste sofort das es mit denen Palaver
geben würde. Auch in Hinblick auf die Art des Films. Die hatten
ihre Karten lange vorher reserviert für Mitte / Mitte. Es ging
schon los das sie sahen das es recht leer ist und setzen sich mit
Sack und Pack in die letzte Reihe. Hab ich mir nur gedacht: wenn
das jetzt das schlimmste ist bin ich froh. Natürlich kam es
schlimmer. Alleine was die an Fressalien mitgebracht haben.
Unglaublich. Und nach kurzer Zeit nach Vorstellungsbeginn wurde
sogar nochmal Nachschlag geholt. Ist natürlich alles legitim aber
stört trotzdem wenn erst mal schön rumgefragt wird wer noch was
haben will und sich dann aus der Reihe gequetscht wird um dann
wieder mit neuem Stuff reinzukommen. Irgendwann ging's dann auch
mit den Smartphones los (alle 4 !!!) und es wurde natürlich
kommentiert und gequatscht. Hab dann ne Ansage gemacht wodrauf
sofort dicke Beleidiungen zurück kamen und ich sofort aufgesprungen
bin und den Service geholt habe. Mir wurde noch was von "Pussy
gehste jetzt petzen" hinterher geworden. Die vier haben dann eine
längere (wohl sehr deutliche) Ansage bekommen und dann war bei den
"kleine Pimmel, dicke Arme-Typen" ruhe. Ein Freidrich Merz würde
jetzt den "Pascha-Spruch" rausholen der aber auch einfach stimmt.
Was mich ärgerte das ich nicht viel früher eingeschritten bin da
klar war das sobald man eine Sache durchlässt es immer weiter geht.
Vom "fast zu spät kommen" gehts übers "extra andere Plätze nehmen"
zum "Fressen", dann zum "Smartphone" und zuletzt halt zum
"störenden Kommentieren".
Was sind meine Reaktionen darauf? In diesem Jahr habe ich noch das
Glück eher in Randvorstellungen gehen zu können.
No Hard
Feelings wird zum Beispiel erst am kommenden Montag um 15
Uhr geschaut. Meist eine Zeit wo der Saal leer ist. Jetzt haben wir
Ferien und ich hoffe das ändert sich nicht grundlegend. Auch
versuche ich stark in die Spätvorstellung zu gehen die
normalerweise auch leerer ist als die normale nachmittags und
Abendvorstellung. Indiana Jones werde ich allerdings direkt
nächsten Donnerstag zur Prime Time schauen und mir graut es jetzt
schon davor. Klar zum einen wegen dem Film selber (anderes Thema)
aber auch wegen dem Publikum. Dazu kommt das mein Sabbatical im
Herbst endet und ich die Mittagsvorstellungen vergessen kann. Und
so oft kommt es dann auch nicht vor das ich in der Woche nachts
(also 23 Uhr) ins Kino gehe wenn ich morgens um ca. 6 Uhr wieder
raus muss. Heißt meine persönliche Situation wird sich wieder
verschärfen.
Ich kriege aus etlichen Kommentaren mit das es auch hier bereits
viele gibt die nicht mehr ins Kino gehen. Was sagen denn die
Kinogänger zu der Thematik? Ich selber bin ein großer Verfechter
der Zero Tolerance was bedeutet das jeder am Eingang sein Handy
abgeben muss und gescannt wird. Das ist natürlich wieder immenser
Mehraufwand der bezahlt werden muss. Und dann ist die Frage ob
durch diese Maßnahme wieder mehr Leute ins Kino gehen oder eher
weniger. Teilweise wird bei uns auch versucht Personal zumindest
zeitweise im Saal zu lassen. Aber auch das ist nicht in allen
Vorstellungen und zur gesamten Laufzeit möglich. Daher finde ich
die Idee der Infrarotvideoüberwachung gut. Und zuletzt müssten viel
öfters sofortige Hausverbote ausgesprochen werden. Und ja auch
Ticketpreise jenseits der 20 € würden vielleicht helfen und auch
ich wäre bereit mehr zu zahlen wenn es dafür keine Störungen mehr
geben würde. Allerdings bin ich auch kein Benchmark in Bezug auf
Familienstand und Einkommen und habe die Mittel etwas mehr zahlen
zu können. Trotz das ich penibel auf Eintrittspreise achte. Da
kommt mein Beruf hervor (bin Einkaufsteamleiter). Wenn ich
dann sehe das Leute sich für 30 € oder mehr Fressalien kaufen wovon
die Hälfte verschüttet oder stehen gelassen wird, dann bin ich mir
nicht sicher ob alleine ein höherer Preis asoziales Pack abhalten
würde. Mit dem Effekt das vernünftiges Publikum für das jetzt schon
Kino teuer ist möglicherweise gar nicht mehr ins Kino kann. Nehmen
wir eine normale vierköpfige Familie die entsprechend dem deutschen
Medianeinkommen verdient. Das sind aktuell um die 40.000 €
brutto. Bei zwei Vollzeitverdienern als um die 80.000 € / Jahr. Die
leben also von ca. 3.500 € netto im Monat mit 4 Köpfen. Meinetwegen
auch 4.000 €. Die Größenordnung ist es auf jeden Fall. Und das
Medianeinkommen beschreibt ja nur den Mittelwert aus allen
Einkommen. Viele Deutsche haben viel weniger im Monat zur
Verfügung.
Ein Kinobesuch der 4x 12 € (48 €) plus 4x 5 € (20 €) für nen
kleines Getränk + 2x 7 € (14 €) für ne Popcorn (plus mögliche
Parkgebühren) also rund 85 € kostet und man dafür
90-120 Minuten Unterhaltung hat ist das schon teuer. Und da
ist jetzt kein 3D- oder Überlängenzuschlag oder Jumbo-Packungen
beim essen reinkalkuliert, sonst ist man schnell bei 100 €
oder sogar mehr. Natürlich gibts vergünstigte Familientickets
sonntags vormittags. Aber ich habe jetzt einfach mal nen normalen
Samstag Nachmittag / Abend Preis genommen. Wenn du da mit reinen
Ticketpreise von 20 € oder 25 € pro Person kommst ist das Thema
Kino für so eine Otto Normal-Familie gegessen.
Also wie sehr ihr am Ende die Problematik? Gibt es für Euch gar
kein Problem in Hinblick auf Störungen im Kino oder ist es Euch
egal? Gehört ihr möglicherweise zu diese Gruppe die angeprangert
wird oder seht ihr das genauso skeptisch wie ich und wohl auch
mittlerweile Kino-YouTuber mit entsprechender Reichweite?
Stefan Raab ist der Stinkefinger des aktuellen
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