Das geheime Leben des Ian Fleming
Der Erfinder von "007" war selbst SpionDer Vater von James Bond, Ian Fleming, wird 100 und noch immer ist
sein Leben umgeben von Geheimnissen und falschen Fährten. Schrieb
er sich mit seinem Doppelnull-Agenten den Spion zusammen, der er
selbst gerne gewesen wäre? Gerade eröffnete in Londons Imperial War
Museum eine Sonderschau: "For Your Eyes Only - Ian Fleming and
James Bond".
Das Londoner Museum feiert James Bond - doch Ian Flemings eigene
Rolle im Zweiten Weltkrieg wird dabei verharmlost. Dabei übte sich
auch der Erfinder des Top-Geheimagenten zeitlebens im
Versteckspiel. Ian Fleming selbst sagte im Jahr 1964: "90 Prozent
meiner Geschichten beruhen auf eigenen Erfahrungen. Nur nicht die
Spionage-Details, obwohl ich im Krieg im Marinegeheimdienst in
viele Schwindeleien verwickelt war."

Imperial War Museum
Ian Fleming in Raum 39
Kein Schreibtischtäter
Das war wohl grob geschwindelt. Schon ein Telefonregister von
damals beweist: Fleming war mehr als nur ein Assistent. Er war
zugleich Leiter der Sektion 17, zuständig für Geheimoperationen.
Rückblende: Damals, im Zweiten Weltkrieg, im Geheimdienst der
Admiralität, Raum 39, erhält Fleming Zugang zur allerhöchsten
Geheimhaltungsstufe "Bigot". Regelmäßig besucht er Bletchley-Park,
wo der deutsche Funkverkehr abgehört und der legendäre Enigma-Code
geknackt wird - seine Inspiration für "Liebesgrüße aus Moskau" und
die russische Chiffriermaschine Lektra.
MEDIATHEK
Aber Fleming ist kein Schreibtischtäter. 1941 geht er mit
Diplomatenpass nach Gibraltar. Name der Operation "Goldeneye", sein
Auftrag: den britischen Stützpunkt gegen Spione und Kampfschwimmer
abzusichern. Diese nutzen ein Schiffswrack als Basis - wie später
im Bond-Abenteuer "Feuerball". Im Casino von Estoril trifft Fleming
damals auf deutsche Agenten und versucht, sie beim Kartenspiel zu
ruinieren. Er scheitert, korrigiert das Ergebnis aber später in
seinem ersten Bond-Roman "Casino Royale".
Idee für ein Spezialkommando
In Camp X in Kanada macht Fleming später das Agententraining,
gemeinsam mit US-Offizieren. Er berät sie beim Aufbau des
Geheimdienstes OSS, der späteren CIA. In der Nähe ist eine Kapelle,
die "Saint James Bond United Church". Diesen Namen merkt er sich
... Ab 1942 entreißt Fleming den Deutschen militärische Geheimnisse
mit Gewalt. Im August ist er bei der Landung in Dieppe als
Beobachter dabei. Im Londoner Museum ist die Jacke ausgestellt, die
er dort trug.

Reg Rush Archiv
Flemings "Indianer" aus dem "30 Assault Unit"
Warum ein so hoher Geheimnisträger sich dieser Gefahr aussetzte,
wird nicht erklärt. Ein Kommandotrupp soll bei dieser Operation
Geheimunterlagen stehlen, scheitert aber im Abwehrfeuer. Die
Vermutung liegt nahe: Dieser Angriff galt eigentlich einer
benachbarten Radaranlage. Wenig später wird Flemings Idee für ein
Spezialkommando genehmigt. Die "30 Assault Unit" soll hinter den
feindlichen Linien Unterlagen und Geheimwaffen erbeuten. Ihr erster
erfolgreicher Einsatz gelang beim Vormarsch in Afrika und Italien
1943.
Lizenz zum Töten
Gerard Hubert-Smith hat über die "30AU" ein Buch geschrieben. Er
einnert sich: "Es gab alle möglichen Einheiten mit ähnlichem
Auftrag. Aber 30AU war die einzige Truppe, die sich den Weg zu
ihren Zielobjekten freikämpfen konnte. Sie konnten vor den
Frontlinien operieren. Die anderen rückten immer erst nach." Ihre
Sternstunde erlebt 30AU nach der Landung in der Normandie. Ihr
Motto: "Attain by Surprise" - "Durch Überraschung gewinnen". In
kurzer Zeit werden V-1 Abschussrampen und feindliche
Radarstellungen ausgehoben. Flemings Geheimtruppe ist auf 400
Soldaten und technische Spezialisten angewachsen. Sie haben die
Lizenz zum Töten von Zeugen und Mitwissern, niemand darf sie
stoppen. Daran erinnert sich Reg Rush, ein Veteran aus dem "30
Assault Unit": "Sehr oft waren wir im Niemandsland, wir stießen
durch die Front einfach hindurch. Niemand konnte uns aufhalten. Die
Amerikaner waren sehr oft hinter uns."

Reg Rush Archiv
Einer aus dem "30 Assault Unit": Reg Rush, 1944
Ian Fleming ist während dieser Operationen stets auf dem Laufenden
und mehrfach bei seinen "Indianern", wie er sie nennt. In den
letzten Kriegswochen schwärmen die 30AU-Trupps über ganz
Deutschland aus, auf der Jagd nach Hitlers Wissenschaftlern,
Wunderwaffen und Geheiminformationen. Sie nehmen die Regierung
Dönitz an ihrem letzten Sitz in Flensburg gefangen.
"Schreiben Sie doch mal ein Buch!"
In Bremerhaven erbeuten sie Mini-U-Boote, im Schwarzwald
Raketenmotoren, in Franken das versteckte Marine-Archiv. Sie
gelangen auch mit als Erste in die geheime V-2 Fabrik Dora. Fotos
von damals wirken wie Vorlagen für Flemings Phantasien. 100 Jahre
Ian Fleming und eine Ausstellung in London: Mit einem Mal liest
sich James Bond wie ein kaum verschlüsselter Streifzug durch
Flemings Leben im Angesicht des Todes.

actionpress
Sean Connery, der Legendärste der Leinwand-007-Agenten, und Ian
Fleming
Sein Arzt hatte dem Kettenraucher und Martini-Freund nach dem Krieg
übrigens geraten, etwas gegen den Stress zu tun. Sein Vorschlag:
"Schreiben Sie doch mal ein Buch!"
von Achim Zeilmann
Mit freundlichen Grüßen
Tobi
Redlounge
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