Hypocrisy: Hell over Sofia - 20 Years of Chaos
Blu-ray ReviewEnde der Achtziger, Anfang der Neunziger Jahre, kristallisierte
sich im Heavy Metal eine neue Spielart heraus, welche die sowieso
schon beispiellose musikalische Härte nochmals auf ein bisher nicht
gekanntes Niveau hob: der Death Metal. Pionierarbeit leisteten
dabei insbesondere Bands aus Florida. Morbid Angel, Obituary, oder
die Urväter Death sind jedem Fan ein Begriff. Nur kurze Zeit später
bildete sich in Skandinavien ein weiteres Zentrum des Death Metal
heraus. Hauptsächlich aus Schweden eroberten Bands wie Entombed,
Unleashed oder Tiamat die Herzen der Fans extremer Musik. Eine
schwedische Band, die bis heute auf eine treue FanBasis bauen kann
ist Hypocrisy, die seit 1991 aktiv sind. Da ein 20jähriges
Jubiläum immer ein guter Zeitpunkt zum Feiern ist, nimmt die Band
dieses Ereignis zum Anlass, eine Live Bluray zu
veröffentlichen.
Story:
Es liegt in der Natur der Sache, dass man mit einer extremen
Musikrichtung wie dem Death Metal keine riesigen Hallen füllt.
Schauplatz des Konzerts ist die Blue Box in Sofia, die mit ca.
1.500 Fans bestens gefüllt ist. So entfaltet sich auch eher eine
intime Clubatmosphäre, die eine ganz eigene Intensität erzeugt, als
es in großen Mehrzweckhallen oder Stadien der Fall ist. Die Bühne
ist ebenfalls nicht besonders groß, so dass auch nicht viel Platz
für aufwändige Aufbauten bleibt. Bis auf einige obligatorische
Marshall Verstärker, einem Podest für das Schlagzeug und zwei
mannshohen Aufstellern des Bandlogos, ist die Bühne mit den
Musikern bereits restlos ausgefüllt.
Die Lichtshow beschränkt sich ebenfalls auf das Wesentliche. Auch
hier kein Vergleich zu dem Bombast einer Metallica Show
beispielsweise. Dies ist weder möglich, noch gewollt. Denn es geht
einzig und allein um die Band und ihre Musik. Das sehen die
bulgarischen Fans ähnlich, denn die vier Skandinavier werden von
der ersten bis zur letzten Minute frenetisch gefeiert, was sich
sichtlich auf die Spielfreude der Musiker überträgt. Für
denjenigen, der bisher noch nicht mit Death Metal in Berührung
gekommen ist, öffnet sich hier freilich ein eigenartiges
musikalisches Paralleluniversum. Warum der Death Metal als eine der
extremsten Musikrichtungen gilt, wird hier mehr als deutlich. Die
Musik ist schnell, laut und brutal. Der „Gesang“ besteht aus einer
Mischung aus Kreischen und Grunzen, der in erster Linie als
weiteres „Instrument“ zu verstehen ist und nur bedingt Inhalte
übermitteln möchte. Dass es in den Texten, passend zur brutalen
Musik, nicht ums Blümchenpflücken geht, dürfte sich von selbst
verstehen.
Doch gerade Hypocrisy beschränkt sich nicht nur auf die
handelsübliche Tod-und-Teufel Thematik. Bandleader, Gitarrist und
Sänger Peter Tägtgren lässt ebenfalls seiner Vorliebe für Science
Fiction im Allgemeinen und Aliens im Besonderen freien Lauf. So
freuen sich Fans natürlich sehr über die Bandklassiker „Roswell
47“, „The Final Chapter“ oder „Fractured Millennium“. Auch
musikalisch entfernte sich die Band bereits recht früh von einigen
Death Metal Dogmen und ließ beispielsweise atmosphärische
Keyboardelemente in die Songs einfließen, wodurch das Repertoire
von
Hypocrisy um eine gewisse melodiöse Note
erweitert wird. Stumpfes Geknüppel ist hier also nur in einzelnen
Sequenzen angesagt. Darüber hinaus entfalten sich durchaus
anspruchsvolle Songstrukturen, die die erstklassigen technischen
Fähigkeiten der Musiker über die volle Spielzeit von knapp 90
Minuten offenbaren. Ungeübte Ohren werden diesen progressiven
Ansatz jedoch kaum zu würdigen wissen, denn letztlich bleibt es
extreme Musik, die sich niemals einer breiten Masse erschließen
wird. Fans kommen hier jedoch voll auf ihre Kosten, was sich mehr
als deutlich in den enthusiastischen Reaktionen des Publikums
widerspiegelt.
Bildqualität:
-
Videocodec MPEG4 AVC, Ansichtsverhältnis 1,85:1, Auflösung
1080p
-
gute Schärfe und Detailzeichnung
-
Details bleiben bis in den Bildhintergrund erkennbar
-
sehr guter Schwarzwert, der zu keiner Zeit in dunkles Grau
abdriftet
-
kein Banding oder Rauschen bei schwierigen
Lichtverhältnissen
-
natürliche Farben
-
ausgewogene Kontraste
-
keine Bewegungsunschärfen
Die Bildqualität ist durchgängig hervorragend. Besonders der solide
Schwarzwert überrascht, der bei vielen Musik Blu-rays nicht immer
überzeugt. Referenzwerte werden jedoch zu keiner Zeit
erreicht.
Tonqualität:
-
Linear PCM 2.0 Stereo
-
relativ leise Abmischung
-
unterdurchschnittliche Tiefbasswiedergabe
-
Sound bleibt durchgängig ohne Druck und Wucht
-
Subwoofer ohne Beschäftigung
-
Bassdrums des Schlagzeugs erzeugen keinen Druck
-
Instrumente mäßig differenziert
-
Bassgitarre nur diffus wahrnehmbar
In der wichtigsten Disziplin enttäuscht die vorliegende Musik
Blu-ray. Die Tonspur ist einfach zu „dünn“. Der schlichte
Stereoton entfaltet zu keiner Zeit auch nur die geringste
Durchschlagskraft. Es scheint fast so, als wurde der Tiefbass bei
der Abmischung vergessen. Im Vergleich zu ähnlichen
Veröffentlichungen von Metallica, Iron Maiden oder Rush ist die
hier vorliegende Tonspur absolut enttäuschend und einer Metal Band
schlicht unwürdig.
Ausstattung:
-
20 Years of Chaos and Confusion – Dokumentation (ca. 93 Minuten,
HD)
-
Weed out the Weak – Video Clip (HD)
Für Fans ist die vollwertige Dokumentation hochinteressant. In gut
anderthalb Stunden wird hier die gesamte Bandgeschichte beleuchtet.
Es kommen sowohl aktuelle als auch ehemalige Mitglieder von
Hypocrisy zu Wort. An amüsanten Anekdoten mangelt es dabei nicht,
was den Titel der Doku mehr als rechtfertigt. Neben allen bisher
veröffentlichten Alben wird auch das Leben auf Tour thematisiert.
Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Tournee durch Südamerika im
Jahr 2010.
Fazit:
Ausgerechnet in der essentiellen Disziplin versagt die vorliegende
Musik Blu-ray. Bei der Tonspur fallen besonders gravierend der zu
leise Pegel und der fehlende Druck in den unteren Frequenzen ins
Gewicht. Das Bild erfüllt aktuelle Standards. Die Dokumentation
liefert einen interessanten und umfassenden Blick in die
Vergangenheit der Band.
Hell over Sofia liefert Fans extremer Musik die
uneingeschränkte Vollbedienung. Mit Hypocrisy zeigt sich hier eine
der führenden und dienstältesten schwedischen Death Metal Bands in
Hochform. Das Konzert bildet die abwechslungsreiche Bandgeschichte
umfassend ab. Neben schnellen und kompromisslosen Songs kommen auch
die eingängigeren und atmosphärischen Kompositionen nicht zu kurz.
Die mittlerweile jahrzehntelange Bühnenerfahrung zeigt sich im
routinierten und anspruchsvollen Zusammenspiel der vier Musiker.
Für ungeübte Ohren wird das alles trotzdem eher nach Chaos und
Konfusion klingen, denn von radiotauglichem Mainstream sind die
vier Todesmetaller aus Schweden Lichtjahre entfernt.
Kurzbewertungen:
Story: 9/10
Bild: 8/10
Ton: 5/10
Extras: 7/10
Gesamt*: 7/10
* In der Gesamt-Bewertung wird die
Story nicht berücksichtigt.Kaufempfehlung: 8/10
Die Kaufempfehlung der Hypocrisy:
Hell over Sofia - 20 Years of Chaos Blu-ray wird anhand der
technischen Bewertung und unter Berücksichtigung der Story
berechnet.Testgeräte:
TV: Pioneer PDPLX5090 (50“) (kal.)
BDP: Pioneer BDPLX71
AVR: Pioneer SCLX81
Lautsprecher: B&W 803S (Main), Teufel M500 (Surround)