Reality XL Blu-ray Review
Deutschen Produktionen wird gerne - aber jedoch unbegründet -
Zweifel ob seiner Qualität entgegengestellt. Das begründet sich vor
allem darin, dass den heimischen Filmen für die Dreharbeiten das
große Budget ihrer Pendants aus Übersee fehlt, um vor allem
spektakuläre Bilder verspricht. Dafür verzichten viele deutsche
Filmemacher auf den großen Tamtam und reduzieren sich oft auf das
Wesentliche: Das Schauspiel an sich. Regisseur, Drehbuchautor und
Produzent in Personalunion Thomas Bohn begnügt sich in seinem
neusten Werk
Reality XL mit lediglich vier
Schauspielern und greift dabei zudem ein hochkomplexes, doch dessen
ungeachtet äußerst interessantes Thema auf.
Story
Grossansicht
Bei den Arbeiten im Kontrollraum des Teilchenbeschleunigers des
Cern verschwinden plötzlich auf unerklärliche Weise 23 Mitarbeiter
der Nachtschicht. Lediglich der etwas verschrobene Professor
Konstantin Carus verlässt den Raum, als wenn nicht geschehen wäre.
Grund genug für Staatsanwalt Robin Spector zusammen mit der
Kriminalbeamtin Sophia Dekkers der Sache etwas näher auf den Grund
zu gehen und den verbliebenen Wissenschaftler zu verhören. Bei der
Suche nach Antworten ist indes bald unklar, wer in Wirklichkeit die
Fäden in den Händen hält und ob überhaupt alles tatsächlich so ist,
wie es scheint.
Thomas Bohn ist mit dem Independent Film
Reality
XL ein großes Risiko eingegangen, da er zur Finanzierung
seine beiden Lebensversicherungen kündigte und Crew und Darsteller
mit Erfolgsbeteiligung entlohnte. So kam die Dreharbeiten mit
gerade mal 90.000 Euro Budget aus, was man dem Film keineswegs
ansieht, sprich: das Qualitätslevel liegt hoch. Dabei wird dem
Zuschauer kein großes Effektspektakel geboten, sondern vielmehr
ganz spartanisch bloße Schauspielkunst, die sich die vier
Hauptdarsteller Heiner Lauterbach (
Das Experiment,
Männer), Annika Blendl (
Tatort,
Zweiohrküken), Max Tidof
(
Comedian Harmonists) und Godehard Giese
(
Die Akte Golgatha,
Lila Lila) untereinander aufteilen und
dazu ihr ganzes Können zeigen.
Grossansicht
Es mag vielleicht hier und da ein wenig überzogen oder gar
unrealistisch wirken, aber letztendlich stellt sich im Finale der
Grund dafür heraus, so dass alles wieder einen Sinn ergibt. Denn so
verwirrend die Geschichte stellenweise sein mag, so logisch ist die
Auflösung zum Schluss. Doch keine Angst, denn die abwegigste Idee,
dass die Wissenschaftler von einem plötzlich entstandenen schwarzen
Loch verschlungen wurden, wird umgehend ausgeschlossen. Dafür wird
dem Publikum eine mannigfaltige Interpretationsmöglichkeit geboten,
die zahlreiche, überraschende Wendungen verspricht. Der Physiker
Brian Greene lässt mit seinem Buch The Hidden Reality basierend auf
der Stringtheorie grüßen und auch religiöse Ansichten werden nicht
ausgeschlossen. Die tatsächliche Ursache offenbart sich erst am
Ende. Oder etwa doch nicht?
Es gelingt nicht vielen mit wenig Mitteln einen derart
ambitionierten und qualitativ überdurchschnittlichen Film
abzudrehen. Thomas Bohn ist dies jedoch gelungen, wobei
selbstverständlich auch eine gehörige Portion Idealismus aller
Beteiligten mit dazu gehört.
Reality XL überzeugt
nicht restlos; so kann keineswegs geleugnet werden, dass die
Geschichte halbherzig oder unausgegoren ist. Wem Der Totmacher (mit
Götz George) oder Der Gott des Gemetzels mit Christoph Waltz und
Kate Winslet) gefallen hat, kann sich in ungefähr vorstellen, auf
was er sich bei diesem Film einlässt und darf bedenkenlos
zugreifen.
Bildqualität
Grossansicht
Codec: MPEG-4/AVC, Auflösung 1920x1080p, Ansichtsverhältnis 2,35:1
Auf den ersten Blick scheint das Bild herausragend zu sein. Der
Grund hierfür: Herausragende Schärfe auf Referenzniveau, die jedes
feinste Detail kristallklar darstellt. Doch bei näherer Betrachtung
fallen doch einige unschöne Aspekte auf, die den positiven
Ersteindruck erheblich schmälern. Dabei ist das größte Problem ist
ein unangenehmes Banding, dass sich - dadurch bedingt, dass zu 90%
der Film in ein und derselben Location spielt - durchweg bemerkbar
macht. Ein schwaches Clouding bei den Maschinenbeleuchtungen kommt
ergänzend hinzu. Immerhin sind die Farben ganz in Ordnung, wenn
auch generell das Bild etwas dunkel dargestellt wird, was aber wohl
mit dem Drehort zusammen hängen dürfte, da dort ein schummeriges
Licht sich vorfindet. Der Schwarzwert ist wiederum ausgezeichnet,
lediglich die Durchzeichnung lässt etwas zu wünschen übrig.
Tonqualität
Deutsch Dolby Digital 5.1, Deutsch Dolby Digital 2.0 Der Ton ist
lediglich in deutscher Sprache vorhanden, dazu leider nur
komprimiert in Dolby Digital 5.1 und Dolby Digital 2.0. Aber auch
wenn die Abmischung verlustbehaftet ist, klingt sie sehr natürlich
und dynamisch. Da kann sich manch eine HD-Spur eine Scheibe von
abschneiden. Trotz der Tatsache, dass in diesem Film ausschließlich
die (stets sehr gut verständlichen) Dialoge im Vordergrund stehen,
wurden sämtliche Lautsprecher mit eingebunden. So tönen häufig
Score-Einspielungen, Klangeffekte oder auch einzelne
Hintergrundgeräusche (Maschinengebrummel, leises Pochen, etc.) aus
den hinteren Kanälen, was eine ausgezeichnete Atmosphäre erzeugt.
Lediglich der Subwoofer könnte noch ein wenig mehr Druck erzeugen,
jedoch abgesehen davon geht der vorliegende Ton vollkommen in
Ordnung.
Ausstattung
Auf der Blu-ray befindet sich das Mindestmaß an Extras wieder. Der
Audiokommentar mit Regisseur, Drehbuchautor und Produzent Thomas
Bohn sowie Schauspieler Heiner Lauterbach ist ganz interessant und
liefert einige informative Details zu den Dreharbeiten, bei denen
auch die eine oder andere Anekdote nicht fehlt. Das Making of liegt
lediglich im SD Format vor, erlaubt aber gute Einblicke zu
Hintergründen bei der Entstehung des Films und auch zu den
Dreharbeiten selbst. Dadurch wird vor allem noch mal der enorme
Idealismus verdeutlicht. Das Feature "Sprung ins Wasser" (in HD)
zeigt eine Wetteinlösung von Thomas Bohn, der dafür um den
Gefrierpunkt in einen See springen muss. Der Trailer zum Film (in
HD) rundet das Gesamtangebot ab. Die Blu-ray befindet sich in einen
schicken Pappschuber. Ein Wendecover ist ebenfalls vorhanden.
Fazit
Grossansicht
In technischer Hinsicht wird enttäuschender Weise keine Qualität
nach aktuellem Standard geboten. Zwar besitzt das Bild eine
erstaunlich herausragende Schärfe, doch zahlreiches Banding trübt
diesen Eindruck erheblich. Der Ton liegt unerfreulicherweise nur
komprimiert in Dolby Digital vor, erweist sich aber dennoch als
äußerst dynamisch und authentisch mit guten Surroundeinsätzen. Beim
Bonusmaterial findet sich der normale Standard wieder, der einige
interessante Informationen zum Film bietet. Respekt an Regisseur
und Drehbuchautor Thomas Bohn, der dieses riskante Projekt heran
getraut und umgesetzt hat.
Reality XL verspricht
dabei nicht nur spannende und kurzweilige Unterhaltung, sondern
herausragende Schauspielkunst. Fans von gewaltigem Action- und
Effektspektakel sollten allerdings von einem Kauf absehen, denn das
ist in diesem Film nicht vorhanden. (sah)
Story: 7/10
Bildqualität: 6/10
Tonqualität: 8/10
Ausstattung: 5/10
Gesamt: 6/10
Kaufempfehlung: 7/10
Testgeräte
TV: Toshiba 47Z3030D
Player: Sony BDP-S490
AV-Receiver: Denon
AVR-1312
Lautsprecher: Magnat