Miss Daisy und ihr Chauffeur (Classic Selection)
Blu-ray ReviewWoher nahmen eigentlich Filmemacher ihre Ideen, bevor es allgemein
üblich wurde, Comics oder Computerspiele auf die Kinoleinwand zu
bringen? Diese leicht provokante Frage lässt sich natürlich relativ
schnell beantworten. Neben Büchern dienten tatsächlich auch
Theaterstücke als Inspirationsquelle, wenn es darum ging, ein
Drehbuch zu schreiben. Neben grandiosen Adaptionen wie
Wer
hat Angst vor Virginia Woolfe? mit Elizabeth Taylor und
Richard Burton in den Hauptrollen, gab es natürlich auch Flops wie
Sylvester Stallones Komödienversuch
Oscar – Vom Regen in
die Traufe. Zur ersten Kategorie gehört sicherlich
Miss Daisy und ihr Chauffeur aus dem Jahr 1989.
Das äußerst erfolgreiche Off-Broadway Theaterstück von Alfred Uhry
erlebte bereits zwei Jahre nach seiner Uraufführung sein
Kinodebüt.
Story:
Die reiche jüdische Witwe Daisy Werthan (J. Tandy) lebt Ende der
1940er Jahre ein beschauliches Leben im amerikanischen Süden. Die
Textilfabrik ihres Mannes leitet ihr Sohn Boolie (D. Aykroyd), der
ein wachsames Auge auf seine Mutter hat. Eines Tages verursacht
Miss Daisy einen peinlichen Unfall mit ihrem Wagen, was Boolie dazu
veranlasst, ihr einen Chauffeur zu engagieren. Davon ist seine
eigensinnige Mutter freilich überhaupt nicht angetan. Sie straft
den ebenfalls schon älteren Hoke (M. Freeman) mit Missachtung. Für
die selbständige ältere Lady ist die Vorstellung, sich von anderen
chauffieren zu lassen, ein Graus. Es bedarf Hokes ganzer
Überredungskunst Miss Daisy doch davon zu überzeugen, zu ihm ins
Auto zu steigen. Dies ist der Beginn einer ganz besonderen
Beziehung, die über 25 Jahre Bestand haben soll.
Heute ist es kaum zu glauben, dass die Produzenten des Films
Schwierigkeiten hatten, überhaupt das Budget für ihr Projekt
zusammen zu bekommen. Erst als sie auf die Hälfte der ursprünglich
geplanten Kosten verzichteten, fand sich mit 20th Century Fox ein
Geldgeber. Schon damals galt die Adaption eines Theaterstücks, das
lediglich zwei ältere Menschen als „Attraktionen“ zu bieten hat,
als riskantes Unterfangen. Die Sorgen entpuppten sich jedoch sehr
schnell als unbegründet, denn „Driving Miss Daisy“ wurde nicht nur
zu einem überragenden Zuschauererfolg. Bei Produktionskosten von
ca. 7,5 Millionen Dollar spielte die Adaption des Pulitzer Preis
gekrönten Stücks weltweit über 145 Millionen Dollar ein. Ebenso
räumte der Film bei der Oscar Verleihung im Jahr 1990 kräftig ab.
Neben der Auszeichnung als bester Film, ging die Trophäe ebenfalls
an Jessica Tandy als beste weibliche Hauptdarstellerin. Zwei
weitere Oscars erhielten Alfred Uhry, der gleich sein eigenes
Theaterstück adaptierte, und an das Make-Up Department, welches den
Alterungsprozess der Darsteller glaubwürdig in Szene setzte. Aus
der Not des geringen Budgets machte das Filmteam eine Tugend, indem
es den kompletten Film „on location“ drehte, also keine teuren
Studiozeiten in Anspruch nahmen. Dadurch bezieht der Film einen
Großteil seiner Authentizität.
Die Atmosphäre und das Flair der Südstaaten werden hier absolut
überzeugend eingefangen. Warme Farben und die ruhige Inszenierung
unterstreichen auch den warmherzigen Grundton des Films. Die beiden
auf den ersten Blick so unterschiedlichen Protagonisten entwickeln
im Laufe der Jahre und Jahrzehnte eine innige Freundschaft. Trotz
des sozialen Unterschieds zwischen der aristokratischen weißen Lady
und ihrem schwarzen Fahrer offenbaren sich auch einige
Gemeinsamkeiten. So trifft sie als Jüdin der Rassismus des Südens
letztlich ebenso hart wie die schwarze Bevölkerung. Obwohl diese
Thematik angeschnitten wird, ist
Miss Daisy und ihr
Chauffeur kein Sozialdrama. Es ist vielmehr die leise
Chronik einer Freundschaft, die in erster Linie vom grandiosen
Zusammenspiel ihrer Hauptdarsteller lebt. Aktuelle Sehgewohnheiten
bedient der Film mit seiner ruhigen Dramaturgie nur bedingt.
Schnelle Schnitte und Effekthascherei wird man hier nicht finden.
Dafür aber eine heitere, manchmal auch sentimentale Komödie, die
aber nie in Kitsch oder allzu tiefe Melancholie abdriftet.
Bildqualität:
-
Videocodec MPEG-4 AVC, Ansichtsverhältnis 1,85:1, Auflösung
1080p
-
überwiegend gute Schärfe und Detailzeichnung
-
teilweise aber auch unscharfe Einstellungen in
Nahaufnahmen
-
dauerhaft präsentes Filmkorn
-
schwache Kontrastwerte
-
durchschnittlicher Schwarzwert, der allerdings kaum gefordert
wird
-
warme Farbpallette
-
sauberer Transfer ohne sichtbare Beschädigungen oder
Verschmutzungen des Bildmasters
Insgesamt zeigt sich der Transfer durchwachsen. Das Filmkorn bewegt
sich nah am Rauschen und die schwachen Kontraste verhindern mit der
nicht immer konstanten Bildschärfe einen plastischen Eindruck.
Trotzdem korrespondiert der Look ausgezeichnet mit der
Grundstimmung des Films.
Tonqualität:
-
Deutsch DTS-HD Master Audio 5.1
-
frontlastig
-
gutes Stereopanorama
-
jederzeit klar verständliche Dialoge
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die gute Dynamik zeigt sich bei einsetzender Filmmusik
-
keine altersbedingten Störgeräusche
-
nur vereinzelte, diffuse Surroundeffekte
-
Subwoofer wird nicht gefordert
Der deutsche Ton wurde sauber aufbereitet. Es versteht sich jedoch
von selbst, dass hier eher die leisen Töne dominieren. Es wurde
(zum Glück) darauf verzichtet, die Tonspur künstlich
aufzublasen.
Ausstattung:
-
Featurette: Miss Daisys Reise von der Bühne zum Film (SD, ca. 19
Min.)
-
Featurette: Jessica Tandy – Theaterlegende und Filmstar (SD, ca.
7 Min.)
-
Making-Of (SD, ca. 6 Min.)
-
Deutscher Trailer (SD)
-
US Trailer (SD)
Die erste Featurette ist als eigentliches Making-Of zu werten. Hier
erfährt man in knapp 20 Minuten einiges über die Besetzung, die
Dreharbeiten oder die Filmmusik des Films. Das kurze Feature über
Jessica Tandy beleuchtet kurz den Werdegang der angesehenen
Theater- und Filmschauspielerin.
Fazit:
Bild und Ton überzeugen zwar nicht restlos, liefern aber ein rundum
stimmiges Gesamtpaket, das dem Film gerecht wird. Mit aktuellen
Kinoproduktionen ist die Technik natürlich nicht zu vergleichen.
Das Zusatzmaterial liefert einen kurzen aber dennoch informativen
Einblick in die Entstehungsphase des Films.
Miss Daisy und ihr Chauffeur erzählt die
Geschichte einer auf den ersten Blick ungleichen Freundschaft, die
sich über Jahrzehnte entwickelt. Trotz der offensichtlichen
Unterschiede zwischen der aristokratisch angehauchten Miss Daisy
und ihrem Fahrer zeigen sich im Verlauf auch einige
Gemeinsamkeiten. Ebenso wird die Absurdität der
Zweiklassengesellschaft offengelegt. Trotz dieses ernsten
Hintergrunds überwiegen die heiteren Momente zwischen den zwei
kauzigen Protagonisten. Auch Dank der erstklassigen Schauspieler
bleibt der Film frei von Kitsch oder übermäßiger Schwermut.
„Driving Miss Daisy“ ist ein leiser, aber gerade deshalb
sehenswerter Film, der völlig ohne Effekthascherei eine anrührende
Geschichte erzählt.
Kurzbewertungen:
Story: 9/10
Bild: 7/10
Ton: 6/10
Extras: 5/10
Gesamt*: 6/10
* In der Gesamt-Bewertung wird die
Story nicht berücksichtigt.Kaufempfehlung: 8/10
Die Kaufempfehlung der Miss Daisy und
ihr Chauffeur Blu-ray wird anhand der technischen Bewertung und
unter Berücksichtigung der Story berechnet.Testgeräte:
TV: Pioneer PDP-LX5090 (50“) (kalibriert)
BDP: Pioneer BDP-LX71
AVR: Pioneer SC-LX81
Lautsprecher: B&W 803S (Main), Teufel M-500 (Surround)