Tropa de Elite Blu-ray ReviewBrasilianische Filme besitzen in unseren Breiten nach wie vor einen
gewissen Exotenstatus. Daran ändern auch die sprichwörtlichen
Ausnahmen von der Regel nichts. So erregte zum Beispiel Fernando
Meirelles Favela-Drama
City of God sowohl beim
Publikum, als auch in Kritikerkreisen einige Aufmerksamkeit. Ein
weiterer Film, der in den letzten Jahren seit seiner
Veröffentlichung 2007 auch im brasilianischen Ausland mit Preisen
überhäuft wurde, ist
Tropa de Elite von Regisseur
José Padilha. Er beschreibt den täglichen Kampf der militärischen
Spezialeinheit BOPE gegen schwer bewaffnete Drogengangs in den
Armenvierteln von Rio de Janeiro.
Story:
Mit knapp 12 Millionen Einwohnern ist Rio de Janeiro nicht nur die
zweitgrößte Stadt Brasiliens, sondern auch ein Zentrum der
organisierten Kriminalität. Auf das Stadtgebiet verteilen sich über
700 Favelas, die zumeist von bis an die Zähne bewaffneten
Drogenkartellen regiert werden. Die reguläre Polizei hat hier schon
lange nichts mehr zu melden. Sie ist schlecht ausgebildet, schlecht
ausgerüstet und noch schlechter bezahlt. Da die Drogengangs
ungestört ihren Geschäften nachgehen,und die Polizisten nicht
unnötig ihr Leben aufs Spiel setzen möchten, einigt man sich auf
einen Waffenstillstand, bei dem beide Seiten finanziell
profitieren. Nahezu der komplette Polizeiapparat ist daher bis ins
Mark korrupt. Wenn die Situation trotzdem einmal eskaliert und
aussichtslos scheint, tritt die BOPE (Batalhão de Operações
Policiais Especiais) auf den Plan.
Offiziell ist die BOPE eine Eliteeinheit der brasilianischen
Militärpolizei. Unbestechlich und gnadenlos geht Capitão Nascimento
(W. Moura) und sein Team sowohl gegen Verbrecher, als auch gegen
korrupte Polizisten vor. Für ihn sind beide Seiten nichts als
Abschaum. Zehn Jahre im täglichen Krieg gegen Verbrecher haben bei
Nascimento Spuren hinterlassen. Panikattacken und die Sorge um
seine Familie machen ihm zu schaffen. Doch bevor er seinen Dienst
quittiert, möchte er einen würdigen Nachfolger für seinen Posten
finden. In die engere Auswahl kommen die beiden jungen Polizisten
Neto und Matias, die ihre Tauglichkeit aber erst noch unter Beweis
stellen müssen.
Tropa de Elite entwickelte sich schnell zu einem
nationalen Phänomen. Selten wurden die Themen Kriminalität und
Polizeigewalt in der brasilianischen Öffentlichkeit derart
kontrovers diskutiert, wie nach der Veröffentlichung des Films. Ein
Grund dafür ist die Tatsache, dass die Handlung zum größten Teil
auf wahren Begebenheiten beruht. Der Film basiert auf dem Buch
„Elite da Tropa“, an dem auch zwei ehemalige Mitglieder der BOPE
mitgewirkt haben. Einer von ihnen, Rodrigo Pimentel, ließ sein
Insiderwissen auch ins Drehbuch einfließen. Eigentlich
beabsichtigte Regisseur Padilha einen Dokumentarfilm über die BOPE
zu drehen, doch wurde schnell deutlich, dass sich dieses Vorhaben
nicht verwirklichen ließ. Zum einen wäre eine Begleitung im Einsatz
viel zu gefährlich, zum anderen lässt sich die Spezialeinheit auch
nicht gerne in die Karten schauen. So entschied sich der Regisseur
letztlich für eine Pseudo-Dokumentation, die an
Originalschauplätzen spielt und mit professionellen Schauspielern
besetzt ist.
Gerade der Dreh in den Favelas war eine heikle Angelegenheit, da
hier auch für das Filmteam nichts ohne die Erlaubnis der
herrschenden Drogenbosse ging. So wurden die Dreharbeiten von
bewaffneten Gangstern argwöhnisch beobachtet. Doch die
Anstrengungen haben sich mehr als gelohnt. Gerade durch seinen
dokumentarischen Stil bezieht der Film seine unglaubliche
Intensität. Die Einsätze von Nascimentos Truppe werden mit
wackelnder Handkamera immer hart am Mann begleitet. Schnell wird
deutlich, dass die Arbeit der BOPE nicht zu Unrecht kritisiert
wird. Jedem Verfechter von unveräußerlichen Menschenrechten stehen
bei der Vorgehensweise dieses Rollkommandos die Haare zu Berge. Ihr
Motto ist einfach: erst schießen, dann fragen. Um an Informationen
zu gelangen, ist auch Folter ein probates Mittel. Doch der Film
bleibt zu jeder Zeit neutral und enthält sich einer Wertung. Neben
der Polizeigewalt zeigt er ebenfalls die Ursachen für den blühenden
Drogenhandel. So sind es hauptsächlich die jugendlichen Konsumenten
aus der wohlhabenden Mittel- und Oberschicht, die den fatalen
Kreislauf mit ihrem Geld am Laufen halten.
Diese Tatsache macht der Film ebenso beeindruckend deutlich, wie
die faschistoiden Tendenzen innerhalb der Eliteeinheit. Der Drill
der Neulinge erinnert eher an eine Gehirnwäsche, als an eine
Ausbildung. Nur die zähesten Kandidaten haben hier eine Chance. So
liegt die Quote derer, die die Ausbildung erfolgreich abschließen,
bei höchstens fünf Prozent. Kein Wunder, dass sich in einer
derartigen Elite sektenartige Strukturen herausbilden. Trotz allem
genießt Capitão Nascimento in Brasilien mittlerweile Kultstatus.
Das liegt nicht zuletzt an Wagner Moura, der den innerlich
zerrissenen, im Dienst aber extrem kaltblütigen Soldaten
erstklassig darstellt. Auch die Nebenrollen überzeugen durchweg.
Tropa de Elite ist wie die BOPE selbst:
kompromisslos und schonungslos brutal.
Bildqualität:
-
Videocodec MPEG-4 AVC, Ansichtsverhältnis 1,78:1, Auflösung
1080p
-
harte Kontraste
-
grobkörnig
-
kräftige Farben
-
mittelmäßige Detailschärfe
-
Schwarzwert verschluckt Details
-
keine räumliche Wirkung des Bildes
Was sich auf den ersten Blick wie ein lediglich mittelmäßiger
Transfer liest, entspricht in jeder Hinsicht dem gewollten
Dokumentarstil des Films. Ein makelloser HD-Transfer wäre hier
absolut fehl am Platz. Obwohl der Film auf 35mm gedreht wurde,
entspricht die Optik eher einer 16mm Handkamera.
Tonqualität:
-
Deutsch/Portugiesisch DTS-HD Master Audio 5.1
-
sehr laute Abmischung
-
dabei immer dynamisch
-
satter und trockener Tiefbass
-
eher diffuse Räumlichkeit, als präzise Direktionalität
-
Dialoge immer gut verständlich (wenn man portugiesisch kann)
Worüber man sich im Klaren sein muss, ist die Tatsache, dass
lediglich Nasciamentos Off-Kommentar synchronisiert wurde. Die
Dialoge im Film sind portugiesisch mit deutschen Untertiteln. Daran
muss man sich in den ersten Minuten zwar gewöhnen, gleichzeitig
wird dadurch der Dokumentarstil noch einmal zusätzlich betont.
Darüber hinaus ist die Tonspur erstklassig. Lediglich die
Surroundeffekte könnten differenzierter sein.
Ausstattung:
-
Beitrag zum Film aus der Sendung „ttt – titel thesen
temperamente“ (SD, ca. 5 Min.)
-
Interview mit Regisseur José Padilha (SD, ca. 30 Min.)
-
Trailer (SD)
Die Sonderausstattung gestaltet sich leider sehr übersichtlich.
Dafür ist das Interview mit Regisseur Padilha sehr informativ. Man
erfährt einige Hintergründe sowohl über den Produktionsprozess, als
auch über die kontroverse Rezeption des Films in Brasilien. Die
Extras sind identisch mit denen der DVD.
Fazit:
Der Bildtransfer korrespondiert vorzüglich mit dem dokumentarischen
Charakter des Films. Ein Hochglanztransfer wäre hier mehr als
unpassend. Der Ton entspricht aktuellen Maßstäben. Mit den
deutschen Untertiteln arrangiert man sich nach einigen Minuten. Die
Extras fallen leider zu spärlich aus.
Wer Rio de Janeiro lediglich mit den Augen eines Touristen
betrachtet, wird mit
Tropa de Elite schnell eines
Besseren belehrt. Zwischen Zuckerhut und Copacabana tobt ein
unerbittlicher Krieg zwischen Drogengangs und der Polizei. Der Film
verdeutlicht mit seinem eindringlichen pseudo-dokumentarischen Stil
den fatalen Kreislauf aus Gewalt und Gegengewalt. Trotz der
extremen Brutalität, die die BOPE an den Tag legt, wird deutlich,
dass dieser Konflikt nicht mit Härte zu lösen ist. Dank einer
straffen Inszenierung und exzellenten Darstellern wird der
Zuschauer hier nicht nur unmittelbar in die Kriegszone
teleportiert. Darüber hinaus werden auch die Hintergründe des
blühenden Drogenhandels beleuchtet. Neben City of God ist
Tropa de Elite ohne Zweifel einer der besten
brasilianischen Filme der letzten Jahre.
Kurzbewertungen:
Story: 9/10
Bild: 7/10
Ton: 8/10
Extras: 4/10
Gesamt*: 6/10
* In der Gesamt-Bewertung wird die
Story nicht berücksichtigt.Kaufempfehlung: 8/10
Die Kaufempfehlung der Tropa de Elite
Blu-ray wird anhand der technischen Bewertung und unter
Berücksichtigung der Story berechnet.Testgeräte:
TV: Pioneer PDP-LX5090 (50“) (kalibriert)
BDP: Pioneer BDP-LX71
AVR: Pioneer SC-LX81
Lautsprecher: B&W 803S (Main), Teufel M-500 (Surround)