Im Jahr 2007 hat Regisseur José Padilha zum ersten Mal Wagner Moura
in der Rolle des Capitao Nascimento in den Kampf geschickt. In
„Tropa de Elite“ (Elite Squad) hat die brasilianische
Militärpolizei BOPE im Vorfeld des Papstbesuches 1997 in den
Favelas von Rio des Janeiro aufgeräumt und dabei nur ihre eigenen
Gesetze befolgt.
Obwohl der Regisseur wegen der Gewaltdarstellung einige Kritik hat
einstecken müssen (man war besorgt über das Image des Landes),
erwies sich der Film sowohl national als auch international als
höchst erfolgreich.
Drei Jahre später ist es daher zu einer Fortsetzung gekommen, die
diesmal jedoch kein konkretes Ereignis thematisiert und daher als
fiktional bezeichnet wird.
Doch von Anfang an.
Inhalt:
Rio de Janeiro ist durch die herrschenden Gangs in drei Reviere
aufgeteilt worden. Dadurch ist ein fragiler Frieden gewährleistet.
Die gleiche Aufteilung findet sich im Gefängnis Bangu 1 – jeder
Gang ist hier ein eigener Flügel zugewiesen. Doch durch einen
bestechlichen Vollzugsbeamten gelingt es einer Bande, den ihr
zugewiesenen Teil des Gefängnisses zu verlassen und in den anderen
Teilen ein Blutbad anzurichten. Die BOPE ist schnell vor Ort, sie
sind aber nicht die einzigen: Der liberale Menschenrechtler Fraga
bietet sich an, zwischen Polizei und Gefangenen zu vermitteln.
Tatsächlich scheint sich die Situation zu entspannen, da nutzt
Captain Matias, ein alter Freund Nascimentos, die Gelegenheit, den
Anführer der Aufrührer zu erschießen.
Durch Fraga wird die Sache zu einem Politikum und Köpfe müssen
rollen. Da jedoch die Bevölkerung das entschlossene Vorgehen der
BOPE befürwortet, wird der Einsatzleiter Nascimento zum Helden
hochgejubelt und befördert, während Matias aus der BOPE entlassen
und in den einfachen Polizeidienst aufgenommen wird.
Als Sicherheitsoffizier verfolgt Nascimento in den folgenden vier
Jahren den Plan, durch verstärkten Einsatz der BOPE die
Straßengangs handlungsunfähig zu machen und damit der
Polizeikorruption den Nährboden zu entziehen. Was er aber nicht
erwartet hat: Die Polizei stellt sich auf die neue Situation ein
und übernimmt ihrerseits die kriminiellen Aktivitäten in den von
der BOPE gesäuberten Viertel. Die derart organisierte Kriminalität
bleibt nicht nur auf die unteren Ebenen beschränkt, und so sieht
sich Nascimento schließlich von Feinden in den eigenen Reihen
umgeben.
Nascimento sieht sich hier gleich zwei Feinden ausgesetzt, die er
sich zumindest teilweise selbst geschaffen hat: Auf der einen Seite
ist dort Fraga, mit dem Nascimento ein persönliches Problem hat.
Denn durch seine Handlungen in der Vergangenheit hat sich seine
Familie von ihm abgewandt, seine Frau und sein Sohn leben nun mit
Fraga zusammen.
Viel gefährlicher ist aber der zweite Feind, Politiker und
Militärpolizei, die Hand in Hand die Gewalt in den Straßen der
Favelas an sich reißen und davon profitieren. So bleibt Nascimento
nichts anderes übrig, als mit Fraga zusammenzuarbeiten, denn auch
wenn er ihn nicht mag, so ist er sich doch zumindest sicher, dass
er ihm vertrauen kann und dass Fraga für seine Überzeugungen
kämpft.
In Struktur und Ausführung ist „The Enemy Within“ ein sehr viel
erwachsenerer, professionellerer Film als sein Vorgänger. Dabei
wird die Handlung nicht komplett linear erzählt, sondern nach der
Eröffnungsszene eine Rückblende beginnt, die sich fast über den
gesamten Film hinzieht und klärt, wie es zu den aktuellen
Ereignissen kommen konnte.
Dadurch, dass die Handlung auf diese Weise von Nascimento bzw.
Wagner Moura erzählt und kommentiert wird, ist der Film
überraschend dialoglastig. Gleichzeitig wird aber auch ständig was
für's Auge geboten, immerzu passiert etwas, was beim Zuschauer, der
zusätzlich die Untertitel lesen muss, höchste Aufmerksamkeit
erfordert.
Auf wenn der Film, wie in der Einleitung bereits erwähnt, als
fiktional bezeichnet wird, so weist er doch einen hohen Grad an
Realismus auf. Korruption und Gewalt sind keine Erfindung der
Drehbuchautoren, sondern vom wahren Leben abgeschaut. Dem Zuschauer
wird das nochmal verdeutlicht, wenn er im Anschluss an den Film das
Making of sieht.
Hinweis: Tropa de Elite 2 ist der bisher erfolgreichste
brasilianische Film aller Zeiten und hat in seinem Heimatland sogar
Avatar hinter sich gelassen.
Bild:
Das Bild unterscheidet sich deutlich vom ersten Teil. War dieser
noch äußerst grobkörnig, ist hier nun das Bild die allermeiste Zeit
klar, sauber und feinkörnig. Ebenfalls zurückgefahren wurde der
extreme Einsatz von Farbfiltern. Das heißt aber nicht, dass darauf
verzichtet wurde, denn gerade bei den Außenaufnahmen fällt eine
Verschiebung ins Orange-Gelbe auf. Eine leichte Kontrastanhebung
sorgt für einen knackige Bildeindruck. Obwohl mit Handkameras
gefilmt, ist die Schärfe auf einem sehr hohen Niveau, auf
Kornfilterung oder Nachschärfung wurde offenbar verzichtet.
Analoge Defekte wie Kratzer oder Verschmutzungen sind nicht
auszumachen.
Ganz tadellos ist der Transfer aber leider nicht, denn in zwei,
drei Szenen mit größeren dunklen Bildbereichen weisen diese einen
Stich ins Bläuliche auf. In diesen Flächen sind leichte Artefakte
wahrzunehmen, die dort nicht hingehören.
Abgesehen davon jedoch ein hervorragener Transfer.
Ton:
Der Herausgeber Revolver Entertainment hat der Blu-ray den
Originalton in zwei Varianten spendiert: Als Stereoton in PCM (2304
kbps) sowie 5.1-Kanal DTS-HD Master Audio-Ton (24 Bit, 48
kHz).
Wie bereits erwähnt, wird in diesem Film viel geredet: Mal sind es
die Erzähl-Monologe Mouras, mal normal vorgetragene Dialoge und
nicht selten auch hitzige Dispute zwischen den Charakteren.
Wäre man des Portugiesischen mächtig, so wäre die
Dialogverständlichkeit gut.
Die ebenfalls zahlreichen Actionszenen nutzen alle Lautsprecher gut
aus, auch der Subwoofer hat gut was zu tun. Direktionale Effekte
sind passend und sauber eingesetzt, Umgebungsgeräusche ordentlich
platziert.
Extras:
Neben drei Trailern (wovon zwei beim Start der Disk laufen) hat es
ein fast einstündiges Making Of in HD-Qualität auf die blaue
Scheibe geschafft. Hierin wird über die Transition vom ersten zum
zweiten Film berichtet, es werden Szenen vom Dreh gezeigt und
kommentiert und vor allem wird die Verbindung zwischen Film und
Realität hergestellt.
Fazit:
Es spielt eigentlich keine Rolle, ob man den Vorgänger „Elite
Squad“ gesehen hat oder nicht (auch wenn man das dann nachholen
sollte, weil es ein toller Film ist) - „Elite Squad 2: The Enemy
Within“ funktioniert genauso gut als eigenständiges Werk.
Zwar tauchen etliche Charaktere hier erneut auf, für das
Verständnis ist die Kenntnis des ersten Teils aber nicht
erforderlich.
Kritisch aber auch schonungslos betrachtet Regisseur Padilha ein
Thema, das vielleicht in seiner Ausprägung, aber gewiss nicht vom
Prinzip her ein rein brasilianisches Problem ist.
Anders als beim Vorgänger dürfte das Bild hier nur wenig Raum für
Kritik bieten, der Ton überzeugt sowieso. Sehr
empfehlenswert!
Film: 8/10
Bild: 8/10
Ton: 9/10
Extras: 4/10
Coming up: "Melancholia" (UK)
"Die schärfsten Kritiker der Elche waren
früher selber welche."
(F. W. Bernstein)