Im Jahre 2007 starteten die Entwickler aus dem sonnigen Kalifornien
mit einer Videospielserie, die auf der PlayStation 3 für mächtigen
Wirbel sorgen sollte. Mit
Uncharted: Drake’s Schicksal
bekam die neue Generation endlich ihr Maskottchen. Wie damals zu
Zeiten der ersten PlayStation zeichnen sich die Entwickler von
Naughty Dog dafür verantwortlich. Damals war es der
orange-gefärbte
Crash Bandicoot, heute ist es Nathan
Drake, Schatzsucher, Abenteurer und direkter Nachfahre von Sir
Francis Drake. Mit
Uncharted 2: Among Thieves gelingt dann
der endgültige Durchbruch. Eine noch bessere Inszenierung, mehr
Abwechslung im Gameplay und eine noch bessere Grafikperformance
verhelfen dem zweiten Teil der Abenteuerserie ganze 100 Mal zur
beliebten Game of the Year – Auszeichnung im Jahre 2009. Zudem wird
es der am schnellsten verkaufte 'First-Party-Titel' der PlayStation
3.
Und wieder zwei Jahre später flattert ein weiterer Titel von
Naughty Dog in unseren Briefkasten,
Uncharted 3:
Drake’s Deception. Wir haben das dritte Abenteuer um Nathan
Drake für euch getestet und sind mit ihm in die schier unendlichen
Weiten der Rub al-Khali Wüste gereist.
STORY
‚All men dream, but not equally…‘ mit diesen Worten von T. E.
Lawrence, besser bekannt als Lawrence von Arabien, beginnt das
dritte Abenteuer von
Nathan Drake. Er findet heraus, dass
der berühmte britische Entdecker, Sir Francis Drake, wohl auf der
Suche nach der verschwundenen Stadt
Iram gewesen sein
muss. Seine Fahrt nach Indien soll Aufzeichnungen zufolge mehr als
sechs Monate in Anspruch genommen haben. Für
Nate stinkt
das Ganze jedoch bis zum Himmel und er vermutet, dass sich sein
Vorfahre stattdessen auf die Fährte des ‚Artlantis des Sandes‘
gemacht hat. Kurzer Hand beschließen er und sein treuer Freund
Victor Sullivan (Sully) dieser Fährte zu folgen um den
vielleicht größten Schatz der Geschichte zu finden. Ihre
gefährliche Reise beginnt in London wo eine alte Bekannte namens
Katherine Marlowe ihre Pläne zu durchqueren droht. Wenig
später stellt sich heraus, dass die Engländerin die Anführerin
eines okkulten Geheimordens zu sein scheint und natürlich will sie
zuerst an den Schatz der Wüste gelangen.
Neben
Sully tauchen auch aus den Vorgängern bereits
bekannte Gesichter wieder auf. So leistet euch die Schatzsucherin
Chloe Frazer gleich zu Beginn Gesellschaft und auch
Elena Fisher, die Journalistin, taucht wieder auf. Das
riskante Abenteuer zieht sich durch mehrere bekannte Orte, darunter
Frankreich, Syrien und natürlich die unendliche Weite der Rub
al-Khali Wüste.
Mehr solltet ihr vorerst nicht über die Story von
Uncharted 3:
Drake’s Deception wissen. Im dritten Abenteuer werdet ihr
nämlich mit einigen Twists und völlig neuen Wendungen konfrontiert,
die es so bisher noch nicht gab in der
Uncharted-Serie.
Von der Serie gewohnt ist allerdings die gleich zu Beginn
einsetzende Spannung, die euch bis zum Ende der Geschichte nicht
mehr loslässt. Ihr folgt Hinweis für Hinweis und wollt unbedingt
wissen wie es weiter geht und was tatsächlich hinter all den Mythen
steckt. Das Drehbuch ist hierbei noch ein wenig knackiger und
schneller als in den beiden Vorgängern. Besonders
Drakes
Charakter gewinnt einiges an Tiefe im neuesten Abenteuer und die
neuen Erkenntnisse über seine Vergangenheit könnten die gesamte
Serie in eine andere Richtung laufen lassen, so brisant sind
sie.
Auch die Dialoge, die das Drehbuch dieses Mal hergibt, sind
herrlich charmant, witzig und spannend. Zudem wird
Drake
mit einer ganz neuen Verantwortung konfrontiert und am Ende
versickern tatsächlich einige Fragen ungeklärt in den ewigen Weiten
der Wüste. Wir gehen davon aus, dass
Naughty Dog mit
Absicht diese kleinen Details unbeantwortet lässt. Vielleicht soll
ein vierter Teil noch direkter an seinen Vorgänger anknüpfen. Das
erfahren wir allerdings frühestens in zwei Jahren. Insgesamt
schwebt ein sehr viel tieferer und manchmal auch düsterer Nebel
über der ganzen Story. Das macht die gesamte Geschichte auch ein
wenig erwachsener und somit auch spannender. Man sucht nicht mehr
einfach nach neuen Orten des Geschehens um das Gameplay und die
Grafik entsprechend zu inszenieren, sondern schafft ein großes,
mystisches Ganzes um die Protagonisten. Bleibt nur zu hoffen, dass
die Entwickler es schaffen diese Fäden perfekt ineinander zu
spinnen mit den folgenden Abenteuern rund um
Nathan
Drake.
GAMEPLAY
Gleich zu Beginn durchlebt ihr ein Tutorial. Es geht darin aber
nicht um die bekannten Mechanismen des Kletterns und Schießens,
sondern ihr prügelt euch durch eine Horde englischer Gangster in
einem Pub in einer Londoner Seitengasse. Offensichtlich plante man
für den dritten Teil einiges an Prügelaction. Und so kommt es, dass
ihr nun mit der Dreieck-Taste den Schlägen ausweichen und direkt
kontern könnt. Es erinnert ein wenig an
Rocksteadys
Batman-Serie und geht auch gut von der Hand. Mit dem zweiten
Kapitel hält das bewährte Gameplay aus Klettern und Kraxeln wieder
Einzug. Im Großen und Ganzen hat sich also nicht sonderlich viel am
Gameplay getan, wieso auch? Was bisher gut funktionierte, sollte
man allerhöchstens im Detail verbessern und genau dieser Aufgabe
widmete man sich bei
Naughty Dog. Hinzu gekommen sind
neben den Kontermöglichkeiten und den vermehrten Prügelleien auch
das Zurückwerfen von Granaten, das Hangeln an Kronleuchtern und das
Tauchen.
Für ersteres müsst ihr im richtigen Moment die Dreieck-Taste
betätigen. Im Nu schmeißt der Held die Granate zurück und ihr seid
vorerst in Sicherheit. Noch besser, ihr könnt die gegnerischen
Granaten so auch zu eurem Vorteil nutzen, selbst wenn ihr gar keine
besitzt. Das funktioniert immer klasse und verschafft euch einige
Vorteile unter anderem, dass ihr nun nicht mehr unbedingt die
Deckung verlassen müsst. Apropos Deckung: Zwar können euch Gegner
nun nicht mehr so leicht mit Granaten aus eurem sicheren Schutzwall
heauslocken, aber
Naughty Dog schraubte ein wenig an der
künstlichen Intelligenz eurer Widersacher. So kommt es häufig vor,
dass ihr flankiert werdet, oder euch die Angreifer direkt hinter
eurem Schutz attackieren. Sie verschanzen sich nur noch, wenn sie
euch gegenüber mit Präzisionswaffen oder größeren Kalibern im
Vorteil sind. Ihr seid also viel mehr unterwegs während der Kämpfe,
prügelt euch sehr viel häufiger und müsst euch ab und an auch unter
Wasser verstecken. Das ist ein nächster Gameplay-Neuling in
Uncharted 3. Mit dem nassen Element könnt ihr nun sehr
viel mehr agieren. Zwar nicht in dem Umfang, wie wir ihn uns
gewünscht hätten, aber immerhin kommen so neue taktische
Möglichkeiten ins Spiel.
Eine weitere Neuerung ist, dass ihr nun auch gerne mal zu viert
durch die fremden Ländereien streift. Eure Mitstreiter sind aber
nicht immer die größten Hilfen wenn es zur Sache geht. Oftmals
helfen sie euch bei Rätseln und stehen in Zwischensequenzen als
Dialogpartner bereit. Die Rätsel dürfen natürlich nicht fehlen in
einem Action-Adventure und auch in
Drakes neuem Abenteuer
gibt es wieder allerhand kniffliger Aufgaben zu lösen. Allerdings
habt ihr nach kurzer Überlegung schnell den richtigen Lösungsansatz
gefunden. Trotzdem bieten die Denkeinlagen Abwechslung und machen
viel Spaß. Wer ein Mal gar nicht weiterweiß, bedient sich der
Tipp-Hilfe.
Dafür kommen auch bei den Rätseln neue Elemente dazu, die uns sehr
gut gefallen haben. Leider wiederholte sich bei unserer Session
eine Denkaufgabe. Wir wissen nicht genau, ob dies gewollt war oder
ob es sich einfach um einen Script-Fehler gehandelt hat. Da dies
aber nur ein einziges Mal auftrat, können wir das gut
verschmerzen.
Auch an der Levelarchitektur hat man tüchtig getüftelt.
Naughty
Dog präsentiert uns teils größere, vor allem aber komplexere
Level, wo fester Boden unter den Füßen Mangelware ist und ihr euch
somit einer völlig neuen Herausforderung gegenüberseht. Natürlich
sparte man auch beim Gameplay nicht an den vielen kleinen witzigen
Einlagen.
PRÄSENTATION
Nicht nur für das Tauchen im nassen Element müssen wir kräftig Luft
holen, sondern auch um die ganze Schönheit dieses Spiels zu
beschreiben. Schon mit
Uncharted 2: Among Thieves
übertrafen die Entwickler alles bisher Dagewesene. Wie konnte man
sich mit dem dritten Abenteuer also noch steigern?
Naughty
Dog liefert uns die Antwort prompt auf dem Silbertablett. Was
zu Beginn auffällt und auch schon durch diverse Trailer im Voraus
bekannt war, sind die neuen Gesichtsanimationen. Die Visagen der
Polygonhelden wirken nun noch detaillierter und die Emotionen und
die Mimik lassen sich deutlich besser ablesen. Auch in Sachen Licht
hat man ein wenig mehr erreichen können. In Form von volumetrischen
Lichtberechnungen entstehen nun noch etwas schönere Licht- und
Schatteneffekte. Die Texturen und Shader sind wie gewohnt auf
allerhöchstem Niveau und an Vielfalt nicht zu überbieten. Über
alte, vertrocknete Gemäuer, bis hin zu glänzenden und
zersplitterten Fließen ist hier alles vertreten. Wie man bei
Naughty Dog mit dem Element Wasser umgeht, sollten sich
alle anderen Entwickler hier abschauen. Nicht nur, dass es zum
neuen Gameplay-Element wird, es sieht auch immer absolut
fantastisch aus und verhält sich physikalisch korrekt.
Was im zweiten Teil der Schnee war, ist in
Uncharted 3 der
Sand. Im Vorfeld gab man bekannt, dass man sich im neuesten Werk
dem trockenen Element verschrieben hat. Und wie sollte es anders
sein? Naughty Dog hat sich auch in diesem Punkt selbst übertroffen.
Ob es nun die kleinen Staubwehen sind, die über die endlosen Dünen
der Wüste gleiten, oder das Gefühl durch die Abermillionen heißen
Sandkörner zu laufen, es sieht stets echt aus und fühl sich auch so
an. Schade nur, dass man den Sand nicht besser ins Gameplay
integrieren konnte, wie etwa das Wasser.
Neben den vielen realen Orten, sticht besonders der Jemen hervor,
besser gesagt die historische Architektur der Hauptstadt Sana’a.
Man hat die Altstadt so detailgetreu und mit so viel Hingabe
nachgebaut, dass einem schier die Spucke wegbleibt. Zudem tummeln
sich nun deutlich mehr Statisten auf den Straßen der bekannten
Städte. Aber auch Kolumbiern, der französische Dschungel und London
lassen sich durchaus sehen. Ganz zu schweigen von den vielen
Arealen, die kein direktes reales Vorbild besitzen.
Natürlich dürfen in einem
Uncharted-Spiel die
Zwischensequenzen und eine gelungene Inszenierung nicht fehlen. Mit
den etwas besser dreinblickenden Gesichtern schafften es die
Entwickler auch in den Dialogsequenzen einiges an Tiefe und
Glaubwürdigkeit herauszuholen. Einzig die böse, halbverbrannte
Visage des Schurken
Lazarevic aus dem Vorgänger fehlt im
dritten Abenteuer ein wenig. Einen echten, furchteinflößenden
Charakter gibt es in
Uncharted 3 somit leider nicht. Dafür
stimmt die Action wieder auf ganzer Linie und hier kommt ein
weiteres Element zum Zuge: Feuer. Ob nun die züngelnden Flammen
einer Fackel oder das Lodernde Feuer eines ganzen Holzgebälks, es
sieht einfach fantastisch aus und kann abermals die Areale komplett
verändern.
Neben den visuellen Reizen bietet
Uncharted 3 natürlich
auch wieder eine Menge Audiogenüsse. Der Soundtrack untermalt die
visuellen Gemälde und setzt sowohl leise Momente, als auch
actiongeladene Gefechte gekonnt in Szene. Explosionen sind satt und
erzeugen einen gehörigen Wumms. Leider sind nicht alle Waffen
wirklich präsent und somit kommen sie nicht ehrfürchtig genug
rüber. Doch vor allem die Dialoge sind wieder ein Mal gekonnt
umgesetzt worden. Allerdings muss hier ein großes Aber in Hinblick
auf die deutsche Synchronfassung folgen. Diese ist der englischen
Originalspur leider deutlich unterlegen. Besonders die britischen
Protagonisten sind einfach besser vertont und kreieren noch mehr
Tiefe und Authentizität. Aber auch die charaktergebenden Stimmen
von Nolan North und Richard McGonagle geben wieder das sympathische
Duo bestehend aus dem jungschen
Nate und dem rüstigen
Sully perfekt ab. Stellt also gleich auf Englisch um und
genießt das Abenteuer zur Not mit Untertiteln. Wer aber halbwegs
des Englischen mächtig ist, benötigt die lästigen Zeilen
nicht.
MULTIPLAYER & UMFANG
Wie schon der Vorgänger, kommt auch
Uncharted 3: Drake’s
Deception mit einem Multiplayer daher. In verschiedenen
Spielmodi könnt ihr euch online entweder als Heldenteam oder als
Schurken in vielen Maps mit echten Gegnern messen. Sobald wir uns
den Mehrspielerpart von
Nates neuestem Abenteuer näher
angeschaut haben, bekommt ihr an dieser Stelle auch einen tieferen
Einblick. Die Entwickler haben ihrerseits jedenfalls einiges
versprochen worauf wir gespannt sind.
Neben allerhand Trophies, die euch einige Zeit beschäftigen werden,
findet ihr auch Galerien und vor allem Making-Of Videos. Letztere
sind nicht nur in HD-Qualität auf die Blu-ray gepresst worden,
sondern sind zudem auch wirklich informativ. So erfahrt ihr von den
talentierten Entwicklern rund um Evan Wells und Amy Hennig zum
Beispiel, dass sich der Schiffslevel tatsächlich auf einem
physikalisch korrekt berechneten Ozean bewegt.
Wer die Story auf dem Schwierigkeitsmodus ‚Normal‘ spielt, ein
wenig Übung mitbringt und gerne auch abseits der vorgeschriebenen
Pfade nach allerhand Schätzen Ausschau hält, der wird mit guten 10
Stunden purem Entertainment belohnt. Die Trophies laden zum
mehrfachen Durchspielen ein, ob der Mehrspielermodus den
gewünschten Langezeitspaß liefern kann, wird sich noch zeigen. Doch
selbst wenn nicht, ist das Gebotene mehr als genug und jeden
einzelnen Cent wert. Wärmstens zu empfehlen sei an dieser Stelle
das durchaus gelungene
Lösungsbuch zum Titel.
FAZIT
Wie kann man ein verdammt gutes Spiel noch ein Mal toppen? Für
Naughty Dog schien diese Frage leicht zu beantworten. Man
bleibt bei der bewährten Formel, dreht ein wenig an der
Grafikschraube, indem man wirklich den letzten Rest aus der
mittlerweile betagten PlayStation 3 heraus kitzelt und verfeinert
besonders die Details. Das Ergebnis ist ein in fast allen Belangen
besserer Nachfolger. Die Story ist ein wenig ernster und verspricht
noch mehr Tiefe in Bezug auf den Helden. Nicht umsonst wählte man
den zweideutigen Zusatztitel ‚Drake’s Deception‘. Selbst bei der
Präsentation konnte man an vielen Stellen noch eine Schippe
drauflegen. Neue Gameplayelemente und eine atemberaubende
Levelarchitektur transformieren diesen Test zu einer Ode an
Naughty Dogs neustem Titel. Mit keinem geringeren Wort als
Meisterwerk lässt sich das dritte Abenteuer der sympathischen
Schatzsucher definieren. Natürlich gibt es auch bei einem solchem
Kaliber ein paar kritische Momente, doch kein einziger der kleinen
Mängel täuscht darüber hinweg, dass
Uncharted 3: Drake’s
Deception von jedem Action-Adventure-Fan gespielt werden
sollte. Zu Recht bekommt der Titel unsere bislang höchste Wertung.
Danke,
Naughty Dog.
STORY: 9.5/10
GAMEPLAY: 10/10
PRÄSENTATION: 10/10
MP & UMFANG: 9/10
FAZIT: 9.5/10
Randnotiz:
Ich habe damals schon am Blu-ray Contest teilgenommen und es hat
mir sehr viel Spaß gemacht. Ich schreibe eigentlich für mein
eigenes kleines Projekt, aber ich hatte auch dieses Mal wieder sehr
viel Lust mitzumachen. Erstens, weil die Resonanz hier wirklich
klasse ist. Man bekommt umfangreiches Feedback und tolle Anregungen
von der Community. Und zweitens, weil das Austauschen mit anderen
Schreiberlingen ja sonst nicht so direkt ist. Deswegen wollte ich
auch dieses Mal wieder mitmachen.