Didi und die Rache der Enterbten -
Review
Zahlreichen älteren Filmen ereilt ein gemeinsames Schicksal. Der
Zahn der Zeit hat nach Jahrzehnten gehörig an der Story genagt,
sodass der Bezug zur heutigen Welt stark gelitten hat und der
Abstand zwischen Film und Zuschauer zu groß geworden ist. Dazu
können antiquierte Special Effects, eine langatmig vorgetragene
Handlung oder überholte gesellschaftliche Konflikte beitragen, in
die man sich aus moderner Perspektive nur schwer eindenken kann.
Beim deutschen Komiker-Urgestein Dieter Hallervorden lässt sich
dabei gut differenzieren. Während seine frühe TV Serie Nonstop
Nonsens (1975-1980) heute deutlich angestaubt wirkt, haben die
meisten seiner Kinofilme, wie Didi und die Rache der Enterbten
(1985) nicht an Reiz verloren.
Story
Als Gustav Böllemann (D. Hallervorden) stirbt, hinterlässt er als
Inhaber der erfolgreichsten deutschen Privatbank Deutschlands ein
Vermögen von stattlichen 30 Millionen D-Mark. Seine Verwandtschaft
weint ihm keine Träne nach, denn sie alle bewegt nur der eine
Gedanke: “Was hat der Alte wohl im Tresor?”. Zur
Testamentseröffnung beim Notar Prätorius (W. Kieling) weckt
Böllemann per Videobotschaft zunächst hohe Erwartungen, indem er
verkündet, dass alle der Anwesenden Erben gleichermaßen bedacht
werden. Doch schon sein nächster Satz lässt das Leuchten in den
Augen der Verwandtschaft verschwinden. Sie erhalten nicht einen
einzigen Pfennig, sondern stattdessen erbt Dieter Dödel, ein Neffe
dritten Grades, das gesamte Geld. Er hat als einziger nicht den
Fehler begangen Böllemann, um Geld anzupumpen. Anfängliche
Fassungslosigkeit der Enterbten schlägt allerdings schnell in
Aktivismus um, als Prätorius mit seiner Bemerkung, “Sie wissen
doch, Tote können nichts mehr erben.” den Stein des Anstoßes gibt.
Die Jagd auf den noch unwissenden Dieter Dödel ist eröffnet.
Im Vergleich zum erfolgreichen Vorgänger
Didi – Der Doppelgänger, legt nur ein Jahr
später Didi und die Rache der Enterbten eine spektakuläre
Steigerung hin. Statt wie zuvor zwei Hauptrollen, verkörpert
Hallervorden nun sage und schreibe sieben (!) Figuren. Dazu zählen
neben Gustav Böllemann und Dieter Dödel nämlich alle Enterbten. Und
genau hier begründet sich die Quelle des einzigartigen und
unverwechselbaren Humors, der sogar “den Doppelgänger” toppt. Alle
Erben sind mit so bemerkenswerter Liebe zum Detail ausgearbeitet,
dass es eine wahre Freude ist, wie Hallervorden individuell jedem
Charakter seine unverwechselbaren Züge verleiht. Das Besondere
dabei: Obwohl Didi und die Rache der Enterbten eine Komödie ist,
zeichnen sich ausnahmslos alle Figuren durch eine bemerkenswerte
hohe Authentizität aus. Humoristische Überzeichnung in Form von
Sarkasmus und Zynismus drängen unverkennbar Slapstickeinlagen
zurück, wodurch sich Hallervorden klar von Nonstop Nonsens
distanziert.
Titus Böllemann als verfressender Gastronomiekritiker, Kongo-Otto
als skrupelloser Söldner in Afrika, Albert als zerstreuter
Erfinder, Emilio als italienischer Mafioso und Florentine Böllemann
als ehemalige Kellnerin, sind selbst untereinander so herrlich
gegensätzlich gestrickt, dass es nicht viel Fantasie benötigt, bis
dem Zuschauer klar wird, wohin grenzenloser Egoismus führen wird.
Zwar ist und bleibt Dödel immer die Zielscheibe für die
aberwitzigsten Pläne zu seiner Beseitigung, aber frei nach dem
Motto, je weniger Erben Anspruch erheben können, umso größer wird
der Anteil für die Verbliebenden, erhält Didi und die Rache der
Enterbten verstärkt Züge einer Tragikkomödie.
Wie schon in Didi – Der Doppelgänger dürfen natürlich auch beim
Nachfolger die vielen Kult-Zitate nicht fehlen. Sprüche wie “War
doch nur ‘ne Frage.”, “Rüdiger, du bringst mich noch ins Grab!”
oder “Haben Sie Interesse an Erotika?” lassen Fans augenblicklich
in Erinnerungen schwelgen. Wortwitz sowie Hallervordens
beeindruckende Bandbreite an Mimik und Gestik halten sich nahezu
über den gesamten Film auf hohem Niveau. Lediglich am Ende verliert
sich die Story etwas in einem Katz- und Mausspiel, das nicht mit
dem Ideenfeuerwerk und dem unerreichten Zusammentreffen der Erben
beim Notar mithalten kann. Nichtsdestotrotz gehört Didi und die
Rache der Enterbten zu Hallervordens kreativsten Filmen, die viele
unlustige Komödien der Moderne in den Schatten stellen.
Bild
Turbine Medien stattet den Blu-ray Transfer mit einem MPEG-4/AVC
kodierten Bild bei einer Auflösung von 1080p/24p und einem
Seitenverhältnis von 1.66:1 aus. Da Turbine Medien mit ihrem
Blu-ray Debüt “Didi - Der Doppelgänger” die Messlatte für eine
erstklassige Restaurierung bereits sehr weit oben angesetzt hat,
ist die Erwartungshaltung für den zweiten Didi-Film natürlich hoch.
Umso größer ist die Erleichterung, als die ersten Meter
Filmmaterial in bisher nie dagewesener Brillanz das Auge erfreuen.
Wie im Bonusmaterial erklärt, wurde für die BD-Veröffentlichung
erstmals das Original-Negativ neu gescannt und nicht wie zuvor auf
das Interpositiv zurückgegriffen. Im Zusammenspiel mit einer
aufwendigen Restaurierung, die starke Verschmutzungen und
Beschädigungen auf ein Minimum reduziert, liegen nun Welten
zwischen Blu-ray und der DVD-VÖ von 2004.
Natürliche Farben, ein ausgewogenes Kontrastverhältnis und
hervorragende Detailzeichnung bieten HD-Genuss pur, der nur selten
von kleinen Störungen des Ausgangsmaterials beeinträchtigt wird.
Zum Glück wurde der Körnung des 35mm Films nicht mit Rauschfiltern
zu Leibe gerückt, wodurch somit keine Schärfe verloren geht. Nur an
vereinzelten Stellen sind die Konturen etwas zu stark
nachgeschärft, was jedoch ausschließlich bei geringem
Betrachtungsabstand auffällt. Ein weiterer Vorteil des neuen
Transfers betrifft den korrigierten Bildstand. Auf allen Seiten
sind nun mehr Informationen zu sehen, die im gezoomten Interpositiv
nicht zu sehen waren.
Ton
Die deutsche Tonspur liegt in DTS-HD Master 5.1 vor – auf welche
sich die folgende Bewertung bezieht – sowie als Originalmix in DTS
2.0. Unter Berücksichtigung der Möglichkeiten eines 5.1 Upmixes,
hört sich das akustische Ergebnis sehr überzeugend an. Insbesondere
die Sprachwiedergabe klingt wohltuend mittenbetont, frei von
zischeln, Verzerrungen oder anderen altersbedingten
Einschränkungen. Obwohl in erster Linie die Frontlautsprecher
angesprochen werden, melden sich partiell auch die rear speakers zu
Wort, was in erster Linie bei Effekten und Soundtrack der Fall ist.
Genrebedingt hält sich der Subwoofer dezent im Hintergrund und
kommt nur in vereinzelten Szenen zum Einsatz.
Ausstattung
• Audiokommentar mit u.a. Dieter Hallervorden
•"Testamentseröffnungs"-Modus (Picture-In-Picture)
• Hinter den Kulissen des Audiokommentars (27:43 min, SD)
• Die Testamentseröffnung: Special Effects (6:41 min, SD)
• Die Entstehung der Masken (2:10 min, SD)
• Schnittmaterial der Eröffnungsszene (3:56 min, SD)
• HD-Restaurierung (8:58 min, 1080p)
• Trailer & Trailershow (2:33 min + 2:27 min, SD)
• "Zelleriesalat & Gitterspeise" - Folge 1 & 2 (2x 28 min,
SD)
• Blu-ray Credits
Besitzer der DVD werden einen Großteil des Bonusmaterials bereits
kennen, dennoch ist mit “HD-Restaurierung” ein neues Feature
hinzugekommen, dass sich Blu-ray Fans auf keinen Fall entgehen
lassen sollten. Neben aufschlussreichen Erläuterungen zur
HD-Restaurierung, zeigt Turbine Medien per Split Screen zunächst
das unbearbeitete Negativ im Vergleich zum bisherigen Positiv und
später das Ergebnis des restaurierten Negatives neben dem Positiv.
Darüber hinaus runden u.a. Einblicke hinter die Kulissen des
Audiokommentars mit wissenswerten Hintergrundinformationen und
lustigen Anekdoten das breite Angebot an Extras ab.
Fazit
Wie erhofft, hat auch diesmal Turbine Medien wieder erstklassige
Qualität geliefert. Didi und die Rache der Enterbten ist ein
weiterer Beweis für die unerreicht gute Bildqualität einer
Neuabtastung von den Original-Negativen. In allen Disziplinen, wie
Schärfe, Zeichnung, Kontraste, Farben und Bildstand überzeugt der
HD-Transfer voll und ganz. Auch der Ton liefert im Rahmen der
Möglichkeiten einen adäquaten Klang, bei dem vor allem die
Sprachqualität punktet. Umfangreiches Bonusmaterial wertet das
Gesamtpaket zusätzlich auf, das wirklich jeden einzelnen Euro wert
ist.
Didi und die Rache der Enterbten ausschließlich als Komödie zu
bezeichnen wäre nur die halbe Wahrheit, denn Drama und Tragik geben
dem Stoff eine bemerkenswerte Tiefe. Als Koryphäe auf dem Gebiet
der authentischen Wandlungsfähigkeit verkörpert Dieter Hallervorden
ganze sieben Rollen gleichzeitig, die unterschiedlicher nicht sein
könnten. Zentrale Elemente wie Rache, Neid, Missgunst und Egoismus
sind an keinen zeitlichen Rahmen gebunden, sondern bereiten im
amüsanten Gewand von Didi und die Rache der Enterbten ebenso viel
Spaß wie vor 27 Jahren. (cj)
Story: 9/10
Bildqualität: 9/10
Tonqualität: 8/10
Ausstattung: 9/10
Gesamt: 9/10
Kaufempfehlung: 9/10
Testgeräte
Projektor: Mitsubishi HC-6000
BD-Player: PlayStation 3
AV: Denon AVR-4308
LS: B&W 704
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