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Barry Lyndon

Gestartet: 13 Sep 2011 21:05 - 5 Antworten


Veröffentlichung:
20.05.2011
Laufzeit:
185 Minuten
Schauspieler:
Regisseur:
Produktion:
Kategorie:
Altersfreigabe:
#1
Geschrieben: 13 Sep 2011 21:05

VincentVinyl

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Barry Lyndon

Story 10
Bild 5
Ton 6
Extras 1
Gesamt 4

Mit Werken wie Lolita, 2001 und Uhrwerk Orange hatte Regisseur Stanley Kubrick sich 1975 bereits einen Namen im Bereich der Literaturverfilmungen gemacht. Dennoch nahmen Kritiker seine Verfilmung des William M. Thackeray Romans „Die Memoiren des Junkers Barry Lyndon“ damals gespalten auf und meinten Kubrick erstmals schwächeln zu sehen. Erst im Nachhinein kürte etwa der renommierte Kritiker Roger Ebert Barry Lyndon 2009 zu einem „der schönsten Filme aller Zeiten“. Auf Blu-ray muss sich das malerische Historien-Drama nun erneut beweisen.


Story
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Redmond Barry (R. O’Neal) ist ein junger Ire aus dem bürgerlichen Mittelstand des 18. Jahrhunderts. Seine Geschichte beginnt, als er sich in seine Cousine verliebt, die einem britischen Soldaten versprochen ist. In einem Duell tötet Barry seinen Rivalen, muss jedoch aus Angst vor Repressalien aus dem mütterlichen Zuhause flüchten. Ab hier überschlagen sich für Barry die Ereignisse, denn der naive Jüngling wird kurzerhand ausgeraubt und muss als mittelloser Flüchtling in die Armee eintreten. Dieses Schicksal behagt Barry bereits nach kurzer Zeit überhaupt nicht mehr und er nutzt die erste Gelegenheit, um zu desertieren. Doch damit gerät er letzten Endes nur vom Regen in die Traufe: Barry entwendet die Uniform eines hochrangigen Offiziers und kann sich in dessen Rolle die Prahlerei nicht verkneifen.

Rasch fliegt die Täuschung auf und er muss unter noch müßigeren Umständen für die Preußen in den Krieg ziehen. Auch hier weiß der schlaue Ire sich allerdings zu helfen und erlangt durch seinen Charme und kluge Entscheidungen zur richtigen Zeit am richtigen Ort die Gunst seiner Vorgesetzten. Und damit hat Barrys Aufstieg, der von einem Leben als Adeliger träumt, gerade erst begonnen. Durch geschickte Betrügereien, lässt er schnell auch die preußische Armee hinter sich, um als reisender Spieler die Männer um ihr Geld und die Frauen um ihre Kleider zu erleichtern. Dann trifft er schließlich Lady Lyndon (M. Berenson) und erkennt seine Chance, durch sie für immer zu Reichtum und Ehre zu gelangen.

Ursprünglich plante Kubrick gar keine Verfilmung des William M. Thackeray Romans, sondern eine Biografie Napoléon Bonapartes. Als er von der Entstehung des Films Waterloo hörte, ließ er diesen Plan fallen und beschloss seine Recherche für den historisch zeitnah angesiedelten Barry Lyndon zu nutzen. Dementsprechend perfektionistisch fällt das Ergebnis des Dramas aus: Kubrick orientierte sich bei der Inszenierung an zeitgenössischen Gemälden, was sich in jeder Szene widerspiegelt. Die Landschaftsaufnahmen und die Szenenkomposition sind atemberaubend. Zusätzlich verzichtete Kubrick fast komplett auf künstliche Beleuchtung und nutzte damals hochmoderne Linsen, die sonst nur in der amerikanischen Raumfahrtbehörde, der NASA, zum Einsatz kommen. Das Ergebnis ist ein hochästhetischer Filmgenuss, der seinesgleichen sucht. Der klassische Soundtrack, dessen Aufnahmen von Händels Sarabande und Schuberts Piano-Trio in E-Moll unabhängig vom Film bei Klassikfreunden angesehen sind, ist ebenfalls ein Hochgenuss.

Nicht nur Akustik und Optik, sondern auch die Handlung fesselt: Kubrick interpretiert die literarische Vorlage auf ganz eigene Weise. Wo Barry Lyndon im Roman prahlerisch aus der Ich-Perspektive erzählt und dem Leser automatisch seine subjektive Weltsicht nahelegt, berichtet im Film ein neutraler Erzähler distanziert über das Leben des Redmond Barry. Dies führt dazu, dass der Zuschauer hin- und hergerissen ist: Angesichts der zahlreichen, oft egoistischen Betrügereien Barrys, empfindet man oft Abscheu für den abgebrühten Iren. Andererseits zeigt Barry in gleichem Maß seine Menschlichkeit, ja sogar Edelmut: Als Beispiel sei die fulminant choreographierte Duell-Szene, Höhepunkt des letzten Aktes, genannt.

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Barry schießt auf den Boden und verschont einen hoffnungslos unterlegenen Gegner der eigenen Gesundheit zum Trotz. Auch seinem Sohn gegenüber zeigt Barry aufrichtige Liebe, die er selbst als vaterloses Kind nie erfahren hat. Kubrick vollbringt hier eine Meisterleistung, die kaum einem anderen Regisseur gelingen könnte: Er zeigt seinen Protagonisten voller Fehler und Schwächen, die es leicht machen, ihn zu verabscheuen. Doch zugleich bringt er uns Barrys Menschlichkeit nahe. Es wird deutlich, dass Redmond Barry im Gegensatz zu Alex DeLarge aus Kubricks Uhrwerk Orange kein schlechter Mensch ist, sondern vielmehr jemand wie Du und Ich, dessen Fehler durch äußere Einflüsse die Oberhand über seine Stärken gewinnen. Dieses Wechselbad der Gefühle durchfließt Barrys gesamtes Leben, der einerseits spektakuläre Dinge mit seinem Charme durchsteht und andererseits am Ende an seinem Ego unabwendbar scheitern muss.

Der fast drei Stunden lange Film überforderte Kritiker und Publikum 1975 und galt zunächst als Kubricks erstes Straucheln. Erstmals fehlten die provokanten Thematiken für deren filmische Inszenierung Kubrick bekannt war und Barry Lyndon konnte seine Produktionskosten nicht wieder einspielen. Heute steht Barry Lyndon für eine ungeahnte Perle in Kubricks Laufbahn, ein seltenes Beispiel für einen optisch opulenten Film, der erzählerisch höchste Ansprüche erfüllt. Was dem Film an kontroverser Thematik fehlt, macht er durch seinen grandiosen Protagonisten und dessen bewegende Geschichte in einer detailverliebt dargestellten Gesellschaft des 18. Jahrhunderts mehrfach wieder wett.


Bildqualität
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Technik: Videocodec MPEG-4 AVC, Ansichtsverhältnis 1,78:1, Auflösung 1080p Zunächst der große Wermutstropfen: Aus unerfindlichen Gründen hat Warner sich entschieden, das Bildformat Barry Lyndons von dem Originalformat von 1,66:1 auf 1,78:1 heranzuzoomen. In manchen Szenen wirkt das Bild dadurch unnötig eng, was einen Perfektionisten wie Stanley Kubrick sicherlich in Rage versetzt hätte. Abseits dieses Problems ist der Transfer für einen über 35 Jahre alten Film überraschend gut. Man muss im Kopf behalten, dass Kubrick bei Barry Lyndon absichtlich einen flachen, zweidimensionalen Bildeindruck erzeugen wollte, da er sich in der Ästhetik an Malereien orientierte.

Zudem filmte Kubrick fast ausschließlich mit natürlichem Licht, so dass gerade dunkle Szenen reichlich Filmkorn enthalten. Dazu kommen leider in einigen Szenen kleinere Kompressionsartefakte, da Warner den drei Stunden langen Film auf Krampf auf eine BD-25 packen wollte. Pluspunkte der Blu-ray sind die gegenüber der DVD enorm gesteigerte Schärfe und die kräftigeren Farben. Auch die Schwarzwerte geben keinen Anlass zum Meckern. Für einen 35 Jahre alten Film macht Barry Lyndon insgesamt eine gute Figur und hätte, wenn die Beschneidung des Bildes nicht wäre, durchaus eine bessere Note bekommen können.


Tonqualität
Technik: Deutsch (Dolby Digital 5.1), Englisch (DTS-HD Master Audio 5.1), uvm. Die deutsche Synchronfassung dieses Stanley-Kubrick-Epos hat einige Jahre auf dem Buckel, was man der aufgeblasenen Mono-Spur, die mit der DVD-Variante identisch ist, deutlich anhört: Die Dynamik hält sich in Grenzen und gerade die Stimmen klingen etwas dumpf und können das Alter der Aufnahmen kaum verhehlen. Surroundeffekte bleiben in der Regel aus und der Mix ist sehr frontlastig. Die englische Tonspur in verlustfreiem DTS-HD Master Audio klingt zwar ebenfalls angestaubt, bietet aber etwas mehr Dynamik, was sich gerade bei dem hervorragenden Klassik-Soundtrack positiv bemerkbar macht. So kann die Tonspur mit modernen Blockbustern natürlich nicht mithalten, ist für das Alter des Films aber vollkommen in Ordnung.


Ausstattung
Bis auf einen Kinotrailer in Standard-Auflösung enthält die Blu-ray-Fassung des Films Barry Lyndon leider keinerlei Extras.


Fazit
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Bedenkt man das Alter des Films, überzeugt Barry Lyndon auf Blu-ray durchaus: Die Bildqualität ist für das Ausgangsmaterial trotz einiger Kompressionsprobleme erstaunlich gut. Hätte Warner nicht unverständlicherweise das Bildformat beschnitten, wäre eine höhere Wertung drin gewesen. Der Ton ist wiederum zwar nicht spektakulär, aber das ist zum einen den über 35 Jahren geschuldet, die dieses Epos auf dem Buckel hat und zum anderen Teil des Stils Kubricks. Bedauerlich, dass die Disc bis auf einen Trailer keine Extras bietet, welche die ereignisreiche Entstehungsgeschichte dieser Literatur-Verfilmung beleuchten könnten. Barry Lyndon an sich ist ein vergessenes Juwel in Kubricks ohnehin erstklassiger Filmographie und ausnahmslos jedem Cineasten ans Herz zu legen. Kubrick inszeniert das Leben und den Fall des zugleich unsympathischen wie auch sehr menschlichen Redmond Barrys mit dramatischer Perfektion, die nicht nur handwerklich, sondern auch storytechnisch beeindruckt und bewegt. (anw)


Kaufempfehlung


7 von 10
Die Kaufempfehlung der Barry Lyndon Blu-ray wird anhand der technischen Bewertung und unter Berücksichtigung der Story berechnet.


Testgeräte
Sony Bravia 46 W 4000
Onkyo TX SR 606
Heco Victa 5.1 Komplett-Set
Playstation 3
#2
Geschrieben: 13 Sep 2011 21:15

Gast

Einer der unterschätztesten Filme von Stanley Kubrick, schade nur, dass Warner Bros. dem Film in Sachen Ausstattung in keinster Weise gerecht wird.
Die Bewertung ist mit Sorgfalt und Sachverstand, noch dazu mit dem nötigen Fachwissen geschrieben worden.
Diese Review dürfte all jenen helfen, die sich an den Film nicht heran trau(t)en und/oder den Film nicht kennen.
Auch von mir, klare Kaufempfehlung!
#3
Geschrieben: 13 Sep 2011 21:24

VincentVinyl

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Vielen Dank für das Lob, das Review hat mir auch wirklich Spaß gemacht und ich musste endlich mal die Höchstnote zücken :-).

Ich bin damals auf den guten Barry gestoßen, als ich mitten in der Nacht auf ZDF in die Duellszene reingeschaltet hab. Ich war total fasziniert und als ich dann die Musik im Abspann gehört habe, hab ich wirklich ohne es zu wissen gedacht: Das muss ein Kubrick-Film sein :-).

Am nächsten Tag war die Bestellung der DVD raus, am Wochenende dann der Film mit nem guten Kumpel bei zwei Flaschen Rotwein geschaut und bis heute als Klassiker bekannt :-).

Das Buch ist übrigens auch genial, habe ich mir damals direkt danach gekauft. Es enthält echt endlose Passagen, die sich auch heute noch als Zitate auf das Leben übertragen lassen - teils sehr ironisch.

Ich finde es auch schade, dass der Film nicht allgemein zu Kubricks Meilensteinen zählt. Die Thematik ist vielleicht nicht so brisant wie bei seinen anderen Filmen, die Inszenierung und Geschichte aber beispiellos :-). Allein die ganze Optik ist heuten noch der Wahnsinn.
#4
Geschrieben: 13 Sep 2011 21:35

Gast

Das ist wahr, die Optik und die Ausstattung sind opulent und ausufernd, für die damalige Zeit verschwendend, aber schön anzuschauen.
Wie gesagt, sehr gut geschrieben und sehr informativ, daran merkt man auch, dass hier kein "Dummkopf" am Schreiben ist/war, davon gibt es zu wenige, die gutes und fundiertes Fachwissen zutage Bringen.
Du hast einen ähnlichen Schreibstil wie ich bei meinen bisherigen Bewertungen und das schätze ich, weil es ansonsten niemanden gibt, bei dem es Spaß macht, mitzulesen.
***Weiter so***!
#5
Geschrieben: 13 Sep 2011 22:06

VincentVinyl

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Wow, vielen Dank, das höre ich natürlich gern ^^. Ich versuch immer möglichst schnörkellos zu schreiben und mich einigermaßen an Wolf Schneiders Journalisten-Kanon zu halten. Finde ihn zwar recht arrogant, aber Vieles was er über das "Schreiben für den Leser" sagt, finde ich sehr zutreffend.

Schade finde ich bei Barry übrigens vor allem das geänderte Bildformat, auch wenn es bei Kubrick mit dem Format ja eh immer eine Wissenschaft für sich ist. Ich habe aber den Eindruck das Bild sah in 1,66:1 besser aus. Dank Warners Änderung wirkt es jetzt teilweise zu "eng", was Kubrick bestimmt nicht gefallen hätte.
#6
Geschrieben: 29 Mai 2014 17:17

docharry2005

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Erhielt 173 Danke für 99 Beiträge
docharry2005 Alles ok, ich habe IHN TV..

Dein Review zu diesen
Film passend, umfassend, interessant usw. gestellt.
Was nun meine Neugierde
zu diesem mir noch nicht bekannten Film von Stanley K. verstärkte.
Diesen werde ich dann umgehend in meine Listen stellen.
Vielen Dank für dieses/dein Film Review. Gefällt mir.
harry.
https://bluray-disc.de/forum/club-der-blogger/

Liebe Besucher des Foums.
Wie ihr sicher schon bemerkt habt findet noch bis zum 7. Dezember 2014
unsere Asien-Wochen statt. Näheres könnt ihr vom
Baschti , @TANTRON erfahren.

EUER aka harry.


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