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Auschwitz

Gestartet: 31 Juli 2011 11:59 - 37 Antworten


Veröffentlichung:
29.07.2011
Laufzeit:
71 Minuten
Schauspieler:
Regisseur:
Produktion:
Kategorie:
Altersfreigabe:
#1
Geschrieben: 31 Juli 2011 11:59

Patrick_Star

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Nach der Wahl zum Reichskanzler und damit einhergehend der Machtergreifung Hitlers über Deutschland im Jahr 1933 begann langsam aber stetig die Ausgrenzung, Enteignung und Demütigung der deutschen Juden. Die fabrikmäßige Ermordung von Juden, Behinderten, politischen Gegnern sowie anderer nicht erwünschter Volksgruppen kostete Millionen Menschen bis zum Kriegsende 1945 das Leben. Diesem ernsten Thema widmet ausgerechnet Regisseur Uwe Boll einen Film zwecks „geschichtlicher Aufarbeitung“: „Ich will zeigen, wie es wirklich war“. Der knapp 78minütige Film wurde in Kroatien gedreht, die Kulissen stammen praktischerweise von seinem kurz zuvor gedrehten Trash-Film Bloodrayne – einem Zombie-Nazistreifen.


Story

Eine Schar von Juden wird vom KZ-Wachpersonal in ein Vernichtungslager eskortiert. Gleich beim Eingang wird nach Alter und Geschlecht sortiert. Einige von ihnen werden in Umkleideräume weitergetrieben, in welchen sie ihre gesamte Kleidung und alle Schmuckstücke ablegen müssen – alles unter dem Vorwand hygienischer Bestimmungen. Anschließend betreten sie große Duschräume, die Türen werden hinter ihnen hermetisch abgeschlossen und das Gas eingeleitet.

Wer hätte gedacht, dass ein Regisseur, welcher sich vornehmlich mit unterirdisch schlechten Videospiel-Verfilmungen seinen Lebensunterhalt verdient (zum Beispiel FarCry, Postal, Alone in the Dark), an die Produktion eines Holocaust-Dramas herantraut? Uwe Boll gilt als die deutsche Antwort auf den legendären Ed Wood und als einer der schlechtesten Regisseure der aktuellen Zeit. Mit Auschwitz wollte er nun nichts anderes als einen Film gegen das Vergessen abliefern – so seine eigenen Worte im Vorspann. Zuerst zeigt er die Missstände des aktuellen Schulsystems auf, indem er die dümmsten Hauptschüler Deutschlands rekrutiert und mit Fragen über Hitler bombardiert. Seit Pisa ist hinlänglich bekannt, dass das Lesen, Schreiben und Rechnen nicht jedermanns Sache ist.

Unfair ist es jedoch, Kinder zu befragen, deren Muttersprache nicht Deutsch ist und diese daher die Fragestellung kaum verstehen. Nachdem sich nach geschlagenen 12 Minuten hohler und unsinniger Erkundigungen Boll als Sieger im Wissenstest profilieren darf, beginnt der „filmische“ Part. Historiker benötigte der Starregisseur im Übrigen nicht, schließlich habe er eine Dokumentation zu dem Thema auf DVD gesehen und wusste somit verständlicherweise über alle Eventualitäten Bescheid. Zu den gezeigten Szenen im Lager selbst (Boll erklärte, dass der Film kein bestimmtes Lager zeige – somit ist der Filmtitel wohl ein großer Hilferuf nach Aufmerksamkeit beziehungsweise ein reiner Eyecatcher) muss gesagt werden, dass diese als bodenlose Frechheit betitelt werden müssen. Keine Spur von beengten und total überfüllten Viehwagons – ganz im Gegenteil. Die Todgeweihten spazieren anschließend gemütlich ins Lager, ziehen sich genügsam um und gehen ohne Murren bereitwillig in die Todeskammern.

Selbstverständlich ist Herr Boll höchstpersönlich in die Rolle eines der SS Wachmänner geschlüpft und zeigt dem Filminhalt widerspiegelnd ein dümmliches Gesicht. Die Darstellung der Lagerzustände - der Hunger, die Schwerstarbeit, die beengten Baracken, die ständige Todesangst, die Experimente und der Hunger – dies alles bleibt unerwähnt. Dafür allerdings darf man zwei Aufseher beim banalen Smalltalk belauschen. Auch die Kulissen wirken absolut beschämend und dilettantisch. Um zumindest ein paar Arbeiter in den typischen gestreiften Overalls zu zeigen, buddeln ein paar KZ-Insassen völlig unsinnig neben der Straße ein paar kleine Löcher. Um die Zuseher in Entsetzen zu versetzen, lässt er neben den minutenlangen Erstickungsszenen noch drei Kleinkinder erschießen.

Der Akt wird selbstredend hollywoodtypisch mittels Zeitlupe inszeniert und wirkt deplatziert und völlig geschmacklos. Nach nur knapp 40 Minuten ist ein harter und völlig normaler Arbeitstag im Lager bestritten, weiter gehen die Interviews in einem Gymnasium. Hier bekommt Herr Boll schon mehr Wissen um die Ohren geschlagen. Völlig verängstigt und mit einer derartigen Anhäufung von Bildung konfrontiert stichelt er so lange weiter, bis sich auch der gebildetste Schüler in Widersprüche verstrickt und einmal mehr uralte Vergleiche anstellt: „Auch in anderen Ländern werden Menschen verfolgt“ oder „Stalin war auch schlimm“. Jetzt darf Boll sich wieder freuen, denn er hat doch noch triumphiert gegenüber der Schülermeute. Um die Filmlänge noch etwas zu strecken, werden ein paar Originalaufnahmen von Leichenbergen eingestreut. Boll konnte im Übrigen ganz und gar nicht nachvollziehen, warum sein „Meisterwerk“ nicht auf der Berlinale gezeigt wurde.


Bildqualität
  • Technik: MPEG-2 Codec, 1080i – 25fps, Ansichtsverhältnis 2,35:1

  • sehr guter Schärfegrad

  • leicht bis mittelstarkes Korn

  • Durchzeichnung hervorragend

  • Farben gedämpft, Braun- und Grautöne vorherrschend

  • nervende Wackelkamera

Der Transfer ist sehr gut gelungen, Schärfe und Durchzeichnung stets auf hohem Niveau. Die Kornstruktur passt gut zur Thematik, Mängel aufgrund des Interlaced-Formates gibt es keine. Extrem störend hingegen ist die ständige Verwendung von Handkameras. Dieser Umstand wäre per se nicht schlecht, die amateurhafte, andauernd zitternde Kameraführung stört jedoch. Die verwendeten Archivaufnahmen wurden selbstverständlich nicht restauriert.


Tonqualität
  • Technik: Deutsch DTS-HD MA 2.0

  • extrem schlechte Dialogverständlichkeit aufgrund von Lispeln, zu leiser Abmischung und der Verwendung von Dialektsprache

  • Musikunterstützung äußerst spärlich

  • ganz vereinzelte Stereoeffekte

  • Archivaufnahmen weisen extremes Hintergrundrauschen auf

  • nerviges Kindergeschrei

Eine Stereospur bei einer aktuellen Produktion ist absolut inakzeptabel. Selbst einfache Dokumentationen besitzen heute schon eine Surroundspur. Hinzu kommt das ständig sich wiederholende und deplatziert wirkende Kindergeschrei: „Mama, ich bin hungrig“, „Mama, ich bin müde“, „Mama, mir ist kalt“. Ebenso sind die Dialoge stellenweise extrem schwer verständlich.


Ausstattung

Starregisseur Boll hat es sich nehmen lassen, die Blu-ray mit zahlreichen Extras auszustatten. Vorhanden sind drei Interviews mit dem ihm höchst persönlich, aber auch eine englischsprachige Dokumentation über Auschwitz und eine Bildergalerie sind vorhanden.


Fazit

Bildtechnisch bekommt der Käufer gute Kost serviert, warum der Ton lediglich im Stereoformat vorliegt, ist schlicht unverständlich und dürfte wohl eine Kostenfrage gewesen sein. Schließlich kann Boll seine Filme seit einer Gesetzesänderung leider nicht mehr aus Medienfonds finanzieren. Die Extras spotten jeder Beschreibung. Hier präsentiert Boll seine Unwissenheit und Einfältigkeit groß und breit der Öffentlichkeit. Der Film Auschwitz ist im Grunde ein kleiner Skandal. Der gezeigte „normale“ Tag im Lager hat nichts mit der damaligen Realität zu tun, der Regisseur macht einmal mehr auf seinen eindimensionalen Charakter aufmerksam und zeigt, dass auch er in der Hauptschule besser aufpassen hätte sollen. Denn auch wenn er sich den Schülern als der deutlich Überlegenere präsentiert, das hier Gezeigte unterschreitet deren Niveau bei weitem.

Story 1/10
Bild 7/10
Ton 5/10
Extras 0/10

Testgeräte
Epson TW 4400 LPE (kalibriert) / 110“ Gammalux
Pioneer VSX 920-K
Boxen: Braun M15 (Front) + Braun RM5 (Center) / Teufel Dipol M 550 (Rear) / 2x Teufel M 5500 SW (Sub)
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#2
Geschrieben: 31 Juli 2011 12:18

Kuro77

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Tja, was soll man dazu sagen? Auf jeden Fall Respekt, Matthes, dass Du Dir diesen Rotz tatsächlich angetan hast.

Bis jetzt konnte man Boll ja noch als recht amüsanten Dilletanten weglächeln. Langsam entwickelt er sich allerdings zum echten Ärgernis.
#3
Geschrieben: 31 Juli 2011 12:30

Patrick_Star

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Allerdings. Ich will gar nicht die Reaktion provozieren, wenn sich ein damaliger Überlebender dieses Teil ansieht. Doch es ist nicht nur das alleine. Boll hat den Film mMn deshalb gedreht, weil er einfach noch ne Produktion ohne viel Aufwand machen wollte. Die Kulissen waren schon da (die absolut amateurhaft aussehen) - warum nicht gleich noch einen Film hinterher schieben...nach dem tollen Nazi-Dr Mengele-Zombiestreifen. :eek:

Das Allerbeste ist aber, dass Boll laut seinen eigenen Aussagen nicht "so einen Film wie Schindlers Liste" drehen wollte...sein Film sollte "echt" sein. Also - da greift man sich einfach nur auf die Birne.
#4
Geschrieben: 31 Juli 2011 13:01

ENCOM

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Danke Patrick für das Review.
Hat mir eine weiter Fehlinvestition erspahrt.

mfg ENCOM
#5
Geschrieben: 31 Juli 2011 13:26

Tonymanero

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Danke für das Review und die Warnung vor diesem "Film" . . . es ist schon erstaunlich das ein Mensch immerwieder so einen Müll Produzieren kann.
Wie du es beschrieben hast würde ich fast sagen es ist eine Demütigung und Beleidigung für echte überlebende und seriöse Dokumentationen dieses (ernsten) Themas
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#6
Geschrieben: 31 Juli 2011 13:31

Gonzo71

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Danke für das ehrliche Review. :thumb:
Und immer wieder meine Hochachtung davor das ihr euch diesen Schrott ansehen müsst! :eek:

@töny
Der Name Uwe Boll sollte doch eigentlich schon Warnung genug sein. ;) :rofl:
So Long, and Thanks For All the Fish.
Michael
 
 
#7
Geschrieben: 31 Juli 2011 13:32

Herzeleid

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Meinen allergrößten Respekt sich 73 Minuten das anzutun. :pray:

Uwe Boll hat das ja auch noch auf die Spitze getrieben und wollte die Berlinale verklagen, weil sie sein "Meisterwerk" nicht zeigen wollten. Er reichte Klage ein für 125 € Bearbeitungsgebühr, die er wieder zurückhaben möchte.

Das schlimme an diesem Film ist wirklich die Frage, will er nur noch provozieren oder meint der das tatsächlich ernst.

Klasse Review, wie immer. Danke Dir.
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"Ein Gedanke ist wie ein Virus, resistent, hochansteckend und die kleinste Saat eines Gedanken kann wachsen. Er kann dich aufbauen oder zerstören."
#8
Geschrieben: 31 Juli 2011 13:38

Tonymanero

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Zitat:
Zitat von Gonzo71
Danke für das ehrliche Review. :thumb:
Und immer wieder meine Hochachtung davor das ihr euch diesen Schrott ansehen müsst! :eek:

@töny
Der Name Uwe Boll sollte doch eigentlich schon Warnung genug sein. ;) :rofl:

ja das sowieso Gonzo ;-)
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#9
Geschrieben: 31 Juli 2011 13:44

BlaueScheibe24

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Ich hatte den Film bei Amazon vorbestellt, da ich zeitgeschichtlich sehr interessiert bin und etliche Dokumentationen auf DVD habe. Nachdem ich aber über Google schon einiges zu dem Film lesen konnte, habe ich die Bestellung kurzerhand storniert. Auch wenn der Film mit knappen 9 Euro recht günstig ist, möchte ich nur Scheiben in der Sammlung haben, wo sich der Kauf auch lohnt. Nach dem Review hier kann man sich die 9 Euro wohl sparen. Danke Patrick_Star für Dein wieder mal gut geschriebenes Review.



"Wenn Du zunimmst, wird gelästert. Wenn Du abnimmst, besteht Verdacht auf Magersucht. Wenn Du Dich schön kleidest, bist Du eingebildet. Ziehst Du Dich einfach an, vernachlässigst Du Dich. Wenn Du weinst, bist Du schwach. Wenn Du aber sagst, was Du denkst, bist Du ein Problemmensch. Egal, was Du machst, man wird Dich immer kritisieren".
Geschrieben: 31 Juli 2011 15:28

Blutobi

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Danke Matthias für dein Review. Haben erst kürzlich über der Film gesprochen
Aber 73 min bei einen Boll-Film durchzuhalten ist schon Hardcore :p
Mit freundlichen Grüßen

Tobi
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