Das Wiegenlied vom Totschlag Blu-ray
ReviewDie jungen und ambitionierten Regisseure des New Hollywood, die
Ende der 1960er und Anfang der 1970er Jahre in die Filmstudios
drängten, erschlossen der Traumfabrik einen völlig neuen Horizont.
Filmemacher wie Robert Altman (
M*A*S*H, 1970), George A.
Romero (
Night of the Living
Dead, 1969) oder auch ein George Lucas
(
THX
1138, 1971) verarbeiteten in ihren Werken mal
mehr, mal weniger offensichtlich, deutliche Kritik an den
bestehenden Verhältnissen der Gegenwart, was in dieser Konsequenz
einer kleinen Revolution gleichkam. Auch das Westerngenre wurde von
diesem neuen Ansatz erfasst. Die in den Folgejahren produzierten
Spätwestern kannten keine klar gezogene Grenze zwischen Held und
Schurke mehr. Heldenhafte Cowboys, die die Farm einer einsamen
Witwe gegen einen bösen Viehbaron verteidigen, wurden durch
Antihelden ersetzt, die ebenso skrupellos wie der vermeintliche
Gauner nach ihrem Vorteil streben. Sam Peckinpahs
The Wild
Bunch (1969) oder Arthur Penns
Little
Big Man (1970) legen davon ein beeindruckendes Zeugnis ab.
Im Jahr 1970 erschien auch Ralph Nelsons Western
Das
Wiegenlied vom Totschlag, der seine Botschaft weniger
subtil, als vielmehr mit dem Holzhammer vermittelt.
Story:
Ein Jahr nach der katastrophalen Niederlage General Custers gegen
rebellische Indianerstämme am Little Big Horn, zieht ein
Geldtransport der Armee durch die menschenleere Wildnis. Doch ganz
so menschenleer, wie es den Soldaten lieb wäre, ist das Gebiet
nicht. Ihre Route führt sie geradewegs durch das Territorium
feindlicher Ureinwohner. Gegenseitige Beschwichtigungen erweisen
sich dann auch prompt als haltlos. Unvermittelt greifen die
Cheyenne an und machen keine Gefangenen. Der komplette Zug wird
fast völlig vernichtet. Nur der junge Soldat Honus Gent (P.
Strauss) und die gerade nach zwei Jahren aus Indianergefangenschaft
geflohene Kathy Lee (C. Bergen) entkommen mit knapper Not dem
blutigen Gemetzel. Gemeinsam versucht das ungleiche Paar, ihren Weg
zurück in die vermeintliche Zivilisation zu finden. Am Ende ihres
Marsches müssen sie allerdings erkennen, dass die wahren Monster
keinen Federschmuck tragen.
Die Tatsache, dass
Soldier Blue (Originaltitel)
die Zeiten bis heute überdauert hat, liegt einzig und allein an der
drastischen Brutalität, mit der der Film dem Publikum vor Augen
führt, dass auch die Geschichte Amerikas, das so viel auf seine
Freiheitsrechte hält, zu wesentlichen Teilen mit Blut geschrieben
ist. Denn
Soldier Blue basiert frei auf wahren
Ereignissen, die sich im Jahr 1864 im heutigen Bundesstaat Colorado
ereigneten. Dort wurde von der Armee im sogenannten
Sand-Creek-Massaker ein Dorf voller wehrloser Indianer kaltblütig
abgeschlachtet. Auch vor Frauen und Kindern machten die Soldaten
nicht Halt. Zusätzliche Brisanz erhielt der Film aber auch durch
aktuelle Ereignisse, die die Bevölkerung der USA im Jahr 1970 in
Atem hielten. Genau in diese Zeit fällt die Aufarbeitung des
Massakers von My Lai, das abermals amerikanische Soldaten im Jahr
1968 in Vietnam verübten und dem in einer schrecklichen
Wiederholung der Geschichte über 500 Zivilisten zum Opfer fielen.
Diesen Gräueltaten wird
Soldier Blue durch eine
explizite Gewaltdarstellung gerecht, die es so in einem Western
noch nicht zu sehen gab. Morde, Verstümmelungen und
Vergewaltigungen werden hier in aller Deutlichkeit gezeigt.
Trotzdem ist der Film weit davon entfernt, ein Klassiker des Genres
zu sein. Das liegt zum großen Teil an der Rahmenhandlung. Im
krassen Gegensatz zum dramatischen Finale, entpuppt sich die Flucht
der beiden Protagonisten als in jeder Hinsicht missglückte
Komödie.
Während Candice Bergen ihre Rolle überzeugend mit Leben füllt, ist
Peter Strauss mit seiner ersten Filmrolle hoffnungslos überfordert,
bisweilen agiert er sogar ausgesprochen nervig. Die Chemie zwischen
den beiden Hauptdarstellern stimmt von Beginn an nicht. Die
inszenatorischen Schwächen entfalten sich dann auch vor allem in
der unvermeidlichen, holprigen Lovestory, die zu keiner Zeit zündet
und pure Langeweile hervor ruft. Der im gleichen Jahr entstandene
Klassiker „Ein Fressen für die Geier“ mit Clint Eastwood und
Shirley MacLaine zeigt, wie es richtig geht. So lässt ein innerlich
zerrissener Film, der sich nicht zwischen Komödie und Drama
entscheidet, den Betrachter zwar schockiert aber gleichzeitig auch
ratlos und enttäuscht zurück.
Bildqualität:
- Videocodec MPEG4 AVC, Ansichtsverhältnis 2,35:1, Auflösung
1080p
- zum großen Teil sehr gute Durchzeichnung und Schärfe in
Nahaufnahmen
- tolle Panoramaaufnahmen der Landschaft mit hervorragender
Tiefenschärfe
- natürliche Farben
- kaum feines Filmkorn, was auf die dezente Verwendung von
Rauschfiltern hindeutet
- diese Rauschfilter beeinflussen das Bild zu keiner Zeit
negativ
- geringe Plastizität
- unruhiger Bildstand während des Vorspanns
- in wenigen Szenen teilweise drastisch verschwommene
Bildbereiche
- Schwarzwert wird kaum gefordert
Soldier Blue kommt in den Genuss eines insgesamt
hervorragenden Bildtransfers, der sich nur vereinzelte, kleine
Schwächen leistet.
Tonqualität:
- Deutsch DTSHD Master Audio 2.0
- Tonspur verbirgt ihr Alter zu keiner Zeit
- Dialoge blechern und schrill, aber verständlich
- keine Dynamik
- kein Volumen
- kein Stereopanorama
- bedingt durch die Stereocodierung keine Surroundeffekte und kein
Subwoofereinsatz
Im Gegensatz zum Bildtransfer versagt die Tonspur auf der ganzen
Linie. Die HD-Codierung ist pure Augenwischerei. Zu hören bekommt
man nicht mehr und nicht weniger als 40 Jahre alten Mono Ton.
Ausstattung:
Es sind keine Extras vorhanden.
Fazit:
Auch wenn man aktuelle Maßstäbe anlegt, bleibt der Bildtransfer bis
auf kleinere Schönheitsfehler fast durchgängig HD-würdig. Für
einen 40 Jahre alten Film ist das Ergebnis phänomenal. Der Ton
enttäuscht dagegen völlig. Hier wird das Alter des Films zu jeder
Zeit schmerzlich bewusst. Auf Extras wurde komplett
verzichtet.
Das Wiegenlied vom Totschlag präsentiert sich
sowohl inhaltlich als auch inszenatorisch zerrissen. Zwischen der
brutalen Anfangssequenz und dem finalen Massaker, versucht sich der
Film als ungelenke romantische Komödie, die nie den Funken
überspringen lässt, was hauptsächlich der fehlenden Chemie zwischen
den beiden Hauptdarstellern anzulasten ist. Besonders Peter Strauss
in der Rolle des naiven und unbeholfenen Soldaten stellt mit
fortschreitender Spielzeit ein Ärgernis dar. Die eigentliche
Botschaft des Films, die auf eine Neubewertung der amerikanischen
Geschichte, ohne ungerechtfertigte Glorifizierungen abzielt, wird
aufgrund der gezeigten Gewalt mit dem Holzhammer vermittelt. Dies
ist zwar immer noch schockierend, in Zeiten eines
John
Rambo allerdings nicht mehr so einzigartig wie
vor 40 Jahren.
Kurzbewertungen:
Story: 6/10
Bild: 8/10
Ton: 4/10
Extras: 0/10
Gesamt*: 4/10
* In der Gesamt-Bewertung wird die
Story nicht berücksichtigt.Kaufempfehlung: 5/10
Die Kaufempfehlung der Das Wiegenlied
vom Totschlag Blu-ray wird anhand der technischen Bewertung und
unter Berücksichtigung der Story berechnet.Testgeräte:
TV: Pioneer PDPLX5090 (50“) (kal.)
BDP: Pioneer BDPLX71
AVR: Pioneer SCLX81
Lautsprecher: B&W (Main), Teufel (Surround)