Rain Man (CineProject) - Review
Zwar ist der wahre Rain Man bereits im Alter von nur 58 Jahren Ende
2009 gestorben, doch seine Figur im gleichnamigen, vierfach
oscarprämierten Film bleibt unsterblich. Die Rede ist von
US-Amerikaner Kim Peek, der zu den berühmtesten Savants der Welt
zählte. Peek gehörte zu den wenigen Menschen, die neben ihrer
angeborenen geistigen Behinderung, zu außergewöhnlichen Leistungen
im Stande sind. In seinem Fall äußerte sich die Begabung in Form
von herausragendem Erinnerungsvermögen und ausgeprägter
Merkfähigkeit. 1984 traf ihn Drehbuchautor Barry Morrow, der von
Peek so nachhaltig fasziniert war, dass er seine Geschichte
verfilmt und über die Figur Raymond Babbitt den Rain Man
weltberühmt gemacht hat. Im gleichen Atemzug hat die Thematik rund
um Autismus/Savants seitdem deutlich an Popularität gewonnen, so
dass durch die unerwartete Aufmerksamkeit Kim Peeks Sozialverhalten
verbessert werden konnte. Sich gegenüber anderen Menschen zu öffnen
und ihnen von sich zu erzählen fiel ihm zunehmend leichter. Dabei
hat ihm erneut Barry Morrow geholfen, indem er seinen gewonnen
Oscar an Kim gab, um sein Selbstbewusstsein zu steigern.
Story
Beim Importieren von italienischen Luxuskarossen bekommt der
selbstverliebte Yuppie Charlie Babbitt (T. Cruise) Schwierigkeiten
mit der Umweltbehörde, da zahlreiche Auflagen bei den frisch
eingetroffenen Lamborghinis nicht erfüllt worden sind. Um kein Geld
zu verlieren, täuscht er die Käufer der Wagen und macht sich
anschließend mit seiner Freundin Susanna (V. Golino) auf den Weg
ins gemeinsame Wochenende. Doch aus dem Trip nach Palm Springs wird
nichts, denn Charlie erfährt, dass sein Vater gestorben ist. Frei
nach dem Motto “Ein Unglück kommt selten allein”, fällt zudem die
Verteilung des Erbes zu seinem Nachteil aus. Während 3 Millionen
USD einer psychiatrischen Klinik zu Gute kommen, bedachte sein
Vater ihn mit seiner Rosenhecke sowie einem 49er Buick
Roadmaster.
Als Charlie die Klinik besucht, trifft er auf seinen Bruder Raymond
Babbitt (D. Hoffman), von dessen Existenz er zuvor noch nicht
einmal wusste. Raymond ist Autist und kann seinen Alltag nicht ohne
fremde Hilfe bestreiten. Im Umgang mit seinem Bruder ist Charlie
sichtlich überfordert und benutzt ihn als Druckmittel, um an die
Hälfte des Millionenerbes zu gelangen. Erst im späteren Verlauf
beginnt Charlie zu realisieren, dass sein Bruder über
außergewöhnliche Fähigkeiten verfügt und alles andere ist als nur
ein geistig verwirrter Mann…
Für seine Rolle als Rain Man soll Dustin Hoffman sich über ein Jahr
vorbereitet haben. Dazu hat er Kim Peek und andere Savants besucht,
um ihre Gesten, Gewohnheiten und Besonderheiten genau zu studieren.
Anders wäre es nur schwer vorstellbar, wie es Hoffman gelungen ist,
sich mit derartiger Hingabe und Präzision in Raymond Babbitt
hineinzuversetzen. Jede Bewegung, jeder Gesichtsausdruck und jeder
verbale Kommunikation sind so überwältigend authentisch gespielt,
dass die häufige Verständnislosigkeit und Verstörtheit, auf die
Raymond bei seinen Mitmenschen stößt zu keiner Minute überzeichnet
dargestellt wird. Tom Cruise gelingt es, den schmalen Pfad aus
Intoleranz und Nachsichtigkeit sicher zu bestreiten, ohne
aufgesetzt oder überzeichnet zu wirken. Insbesondere wenn Ray
unaufhörlich an seinen Gewohnheiten, wie bevorzugte Kleidung, stets
die gleiche Sendung im Fernsehen oder dass der Ahornsirup immer vor
dem Eierkuchen auf dem Tisch stehen muss, festhält und nur mit viel
Überzeugungsarbeit zu beeinflussen ist, verlangt ein hohes Maß an
schauspielerischer Leistung diesen Konflikt glaubhaft
darzustellen.
Neben den grandiosen Leistungen der Schauspieler, macht das
erstklassige Drehbuch von Barry Morrow Rain Man zu einem
Meisterwerk. Morrow und Regisseur Barry Levinson nehmen sich
zunächst Zeit, Charlie dem Zuschauer vorzustellen, um die
wesentlichsten Charakterzüge näher zu bringen und die Grundlagen
der Geschichte zu liefern. Die Integration von Raymond ins
Geschehen ist geschickt gewählt, denn beim Besuch der
psychiatrischen Klinik befindet sich der Zuschauer auf dem gleichen
Wissensstand wie Charlie und realisiert erst zeitgleich, wer der
Rain Man ist und dass er überhaupt existiert.
Charakteristisch für die Inszenierung des Films ist die Besinnung
auf die Protagonisten. Die gesamte Laufzeit hindurch besteht eine
unglaubliche Nähe zu den Charakteren, so dass Mitgefühl und
Anteilnahme stark ausgeprägt sind. Diese emotionale Bindung mit dem
Zuschauer bleibt bis zum Schluss bestehen und wird nicht durch
schmückendes Beiwerk oder Nebenhandlungen beeinträchtigt. Des
Weiteren besteht zu keinem Zeitpunkt die Gefahr, dass der Film
einen kitschigen Beigeschmack bekommt oder die Handlung zu dick
aufgetragen wirkt. Die Herausforderung des Genres, ein Drama mit
schicksalhaftem Hintergrund glaubwürdig und realistisch zu
verkaufen, ist eine sehr große und beispielsweise moderne
Produktionen wie
The Blind Side zeigen, dass eine bewegende
Botschaft unter einer kitschigen Inszenierung schnell leiden kann.
Für viel Diskussionsstoff sorgen häufig auch erzwungene Happy
Endings, die zwar für ein wohlwollendes Gefühl sorgen sollen,
leider aber genau das Gegenteil bewirken, indem sich der Abstand
zwischen Film und Zuschauer schlagartig vergrößert. Rain Man hat
mit all den genannten Problemen nicht zu kämpfen, sondern erzählt
stattdessen die ergreifende Geschichte aus dem Leben eines
Autisten.
Bild
MGM stattet den Blu-ray Transfer mit einem MPEG-4/AVC kodierten
Bild bei einer Auflösung von 1080p/24p und einem Seitenverhältnis
von 1.85:1 aus. Der Vorspann lässt Schlimmes befürchten, denn den
Zuschauer erwartet ein unscharfes, detailarmes Bild, das sich auf
Niveau eines DVD Upscale bewegt. Erfreulicherweise steigert sich
die Qualität bereits nach wenigen Minuten deutlich, auch wenn das
nicht über die Tatsache hinwegtäuscht, dass der Blu-ray Transfer
auf Basis eines alten Masters erstellt worden ist, worauf
zahlreiche Indizien hindeuten. Zum einen fällt die enttäuschende
Schärfe und Durchzeichnung auf, die mit unübersehbaren
Scharfzeichnern nachträglich versucht wurde, zu verschlimmbessern.
In Kombination mit starken Anti-Rauschfiltern (DNR) ist dieser
Versuch leider von wenig Erfolg gekrönt, denn auf Kosten von
vermindertem Filmkorn verliert das Bild an Plastizität.
Im Gegensatz dazu überzeugt zumindest der Schwarzwert. Ein gutes
Kontrastverhältnis verleiht dem Transfer ausreichend Tiefe, ohne
dabei zu viele Bereiche in die ewige Nacht zu schicken. Weniger
positiv sieht es am Ende der Farbpalette aus. Weiße Bereiche und
Lichter sind überwiegend überbelichtet (ausgefressen) und sorgen
dementsprechend für einen eingeschränkten Dynamikumfang. Die
farbliche Abstimmung ist zu Gunsten einer hohen Sättigung
ausgefallen, die jedoch bei Abendsonne oder künstlicher Beleuchtung
die Grenze der Natürlichkeit überschreitet. Daher sollte man sich
nicht wundern, wenn es manchmal so aussieht, als wenn Tom Cruise zu
lange unter der Sonne gelegen hat. Hierfür ist außerdem ein zu
starker rot/magenta Anteil im Bild verantwortlich, der die gesamte
Laufzeit hindurch präsent ist.
Insgesamt ist Rain Man auf Blu-ray eindeutig bisherigen DVD
Veröffentlichungen überlegen, jedoch ist der visuelle Eindruck nur
im Mittelfeld anzuordnen und liegt meilenweit hinter den
Möglichkeiten einer hochwertigen Restauration zurück. Aus diesem
Grund reicht es nur für knappe 7 Punkte.
Ton
Der englische Originalton liegt in DTS-HD MA 5.1 bei der üblichen
Datenrate von 1536 kbps vor, währenddessen sich die deutsche
Tonspur auf DTS 5.1 bei halbierter Datenrate beschränkt. Beim Hören
der deutschen Synchronisation fragt man sich bereits nach wenigen
Minuten, ob man versehentlich einen Audiokommentar angewählt hat.
Im Vergleich zum Originalton sind Stimmen viel zu höhenlastig und
laut ausgesteuert, so dass es sich mehr nach Erzählern aus dem off
anhört als nach Synchronstimmen. Zudem sind nahezu alle Dialoge auf
einen gleich hohen Pegel abgemischt worden, was sehr häufig zu
einem undifferenzierten Durcheinander führt und es schwer fällt,
sich auf einzelne Protagonisten zu konzentrieren. Selbst bei der
Lippensynchronität hapert es vielfach und lässt die Distanz
zwischen Schauspieler und Zuschauer noch größer werden.
Erheblich besser hört sich dagegen der äußerst gelungene Soundtrack
von Hans Zimmer an, mit dem ihm übrigens sein großer Durchbruch in
Hollywood gelungen ist. Räumlich gut angeordnet, kommt auch der
Subwoofer des Öfteren zum Einsatz und schafft einen erholsamen
Ausgleich zum nervigen Sound der Synchronisation. Wer der
englischen Sprache mächtig ist, dem sei daher unbedingt empfohlen,
Rain Man im Originalton zu schauen und die in jeder Hinsicht
schwache deutsche Umsetzung zu meiden.
Ausstattung
• The Journey of Rain Man (22 min, SD)
• Lifting the Fog: A Look Into the Mysteries of Autism (20 min,
SD)
• Original Trailer (2 min, SD)
• Entfallene Szene (2 min, SD)
Das Bonusmaterial besteht im Wesentlichen aus zwei Features. “The
Journey of Rain Man” widmet sich in erster Linie den Fragen zur
Entstehung des Films sowie zur Figur Raymond. Hierzu kommt u.a.
Regisseur Barry Levinson zu Wort, der bei der Umsetzung der Story
großen Wert darauf gelegt hat, dass der Fokus vor allem auf Hoffman
und Cruise liegt, so dass sich der Zuschauer ideal mit den
Protagonisten identifizieren kann.
“Lifting the Fog” überschreitet die Grenzen des Films und
beleuchtet die Welt des Autismus im Detail. Um das Verhalten des
Rain Man noch besser verstehen zu können, sind diese 20 Minuten
definitiv gut investiert. Insgesamt runden beide Bonus Features das
Gesamtbild solide ab, auch wenn diese leider nicht in HD
vorliegen.
Fazit
Auf technischer Seite fällt das Ergebnis nur mittelprächtig aus. Da
für den HD Transfer auf ein altes Master zurückgegriffen wurde,
bewegen sich Schärfe und Detailzeichnung lediglich auf
durchschnittlichem Niveau, wozu auch deutlich präsente
Antirauschfilter beitragen. Farben erscheinen zwar kräftig, neigen
jedoch teilweise zur Übersättigung, wodurch insbesondere Hauttöne
unnatürlich aussehen. Kontrast und Schwarzwert machen dagegen einen
überraschend guten Eindruck. Insgesamt ist die Bildqualität nicht
mit einem hochwertigen Scan vom originalen Filmmaterial zu
vergleichen, lässt aber dennoch die DVD ein gutes Stück hinter
sich.
Auch der Ton ist alles andere als optimal. Das liegt in erster
Linie daran, dass der Mix viel zu höhenlastig ausgesteuert wurde
und es an Differenzierung bei der Lautstärke fehlt. Hier wäre ein
neues Mastering dringend nötig gewesen. Rain Man ist keine leichte
Kost, aber dafür eine mit viel Tiefgang. Selten wurde so ein
komplexer Stoff wie Autismus, derart eindrücklich und mit so viel
Feingefühl auf die Leinwand gebracht. Regisseur Barry Levinson
lenkt die volle Aufmerksamkeit auf die Protagonisten, die durch das
Stargebot von Dustin Hoffman und Tom Cruise die anspruchsvolle
Handlung zum Leben erwecken. Dabei wird das Augenmerk nicht nur auf
Raymond selbst gelegt, sondern auch die Wirkung auf seinen Bruder
Charlie.
Der noch zu Beginn selbstverliebte Autohändler beginnt die
menschliche Seite in sich zu entdecken und seinen Bruder zu
verstehen. Wer Rain Man bisher nur auf DVD sein Eigen nennt, kann
bei einem guten Preis auf die blaue Scheibe upgraden, auch wenn zu
hoffen bleibt, dass dem Meisterwerk eines Tages nochmal eine
angemessene Restaurierung spendiert wird.
Story: 10/10
Bildqualität: 7/10
Tonqualität: 5/10
Ausstattung: 7/10
Gesamt: 6/10
Kaufempfehlung: 8/10
Testgeräte
Projektor: Mitsubishi HC-6000
BD-Player: PlayStation 3
AV: Denon AVR-4308
LS: B&W 704
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