Heutige Kinopaläste haben mit ihren Urvätern nur mehr wenig
gemeinsam. Dutzende Säle mit hunderten Sitzplätzen, auf den
Zuschauer herein prasselnde 3D Effekte, digitale Projektoren und
markerschütternder Surround-Sound sind die Schlagwörter der Stunde.
Trotz all der Fortschritte sehnt so mancher Zuschauer die alten
Zeiten herbei, unter anderem auch die Zeiten der Grindhouses (dazu
später mehr) in den 60er und 70er Jahren. Nun darf die wartende
Meute jubeln, denn endlich kommt das Double Feature
Grindhouse von Regisseur Tarantino und Rodriguez
aus dem Jahr 2007/2008, bestehend aus
Planet Terror sowie
Death Proof – auf Blu-ray.
Story
Nach einem missglückten Giftgashandel zwischen einem Waffendealer
und ehemaligen Elitesoldaten, entweichen große Mengen des toxischen
Materials in die Luft und verteilt sich bis zur nächstgelegenen
Stadt. Damit in Berührung kommende Menschen verwandeln sich in
Zombies und machen sich sofort auf die Suche nach Futter. Zur
gleichen Zeit kündigt Cherry ihren Job als GoGo-Tänzerin und macht
sich zu Fuß auf den Weg in die Stadt. Zufällig trifft sie ihren
alten Freund El Wray, der sie prompt in seinem Truck in die
Ortschaft mitnimmt. Aufgrund der freilaufenden Untoten verunfallen
sie und werden auch sofort angegriffen.
Stuntman Mike geht mit seinem todsicheren (in Englisch
Death Proof) Muscle Car einem recht
eigentümlichen Hobby nach: Der Serienkiller sucht in Bars
Mädchengruppen als Opfer aus und tötet diese am anschließenden
Heimweg mit seinem Auto. So geschieht es auch dem Dreiergespann
Shanna, Butterfly und Julia, die von ihm gnadenlos in die ewigen
Jagdgründe befördert werden. Bald nimmt er die Mädchen Abernathy,
Lee, Kim und Zoe aufs Korn, doch er hat nicht mit deren Gegenwehr
gerechnet.
Die Grindhouse-Kinos selbst waren kleine, meist heruntergekommene
Buden, welche Filme abseits des Mainstreams vorführten, an denen
große Kinoketten kein Interesse hatten.
An der Tagesordnung standen B-Movies mit nur geringem Budget, ohne
Stars, dafür allerdings mit herrlich schrägen Filmelementen
verbunden mit Sex, ausufernder Gewalt, Alkoholexzesse und jeder
Menge Action. Meist gab es von den Werken nur wenige Kopien, welche
nach und nach durch das ganze Land reisten. Aufgrund dessen waren
die Filmrollen oft verkratzt und auch stellenweise eingerissen,
Frames fehlten und der Ton rauschte fröhlich einher. All diese
Attribute hören sich in Zeiten von CGI-Effekten, Blu-ray,
HD-Heimkinos und Computernachbearbeitung wenig amüsant
beziehungsweise gar fremdartig an, versprühen aber auch heute noch
einen einzigartigen Charme.
Quentin Tarantino und Robert Rodriguez sind langjährige
Busenkumpel. Daher verwundert die Zusammenarbeit bei dem
Double-Feature wenig. Die Idee wurde eher zufällig geboren und geht
auf ein Filmplakat zurück. Quentin führte Robert in seinem Haus
mehrere Double Features vor, als beide feststellten, dass sie ein
und dasselbe Poster zu „Dragstrip Girl / Rock All Night“ besaßen.
Damit gab es nichts Naheliegenderes, als ein gemeinsames Grindhouse
- Projekt, zu dem jeder der Regisseure einen Teil
beisteuerte.
Beide Filme verkörpern die typischen Grindhouse-Filme.
Planet Terror nimmt mit
übertriebenen Effekten, jeder Menge Blut und knapp verpackten Damen
die Splatter- und Horrorfilme der 70er, bzw. 80er Jahre aufs Korn.
Die Krönung überhaupt stellt Cherrys Maschinengewehrbein dar. Damit
lassen sich ganze Heerscharen von Zombies aufhalten, welche in
bester Splattermarnier das Zeitliche segnen. Einen ganz großen
Pluspunkt verdienen die wunderbar ironischen Dialoge der
Darsteller, welche sich immer wieder gegenseitig toppen. Mit Rose
McGowan, Freddy Rodriguez und Bruce Willis bot Regisseur Rodriguez
allerdings ein wahres Starensemble auf, wodurch die Qualität der
Darstellung natürlich weit über dem Genrestandard liegt.
Death Proof ist in vielen Dingen
das genaue Gegenteil von
Planet Terror: Über weite Strecken
ruhig, dialoglastig und ein völliger Verzicht auf Explosionen oder
Feuergefechte. Der größte Unterschied liegt allerdings in der
Verwendung von computergenerierten Effekten. Im Gegensatz zum
ersten Part, welcher vom Maschinengewehrbein bis hin zu Explosionen
und anderer Effekte viele CGI-Szenen enthält, verzichtete Tarantino
völlig auf den Einsatz des Computers – alle Szenen wurden real
gedreht und abgefilmt („Keep it real“).
Tarantinos Beisteuerung zum Double-Feature ist der deutlich
Schwächere. Die Dialogszenen erscheinen fast unendlich lang, die
Themen sind derartig belanglos, so dass sich abschnittsweise etwas
Langeweile breitmacht. An diesen Stellen ist relativ gut zu
beobachten, dass der Film im Grunde viel zu lang ist und eigentlich
nur auf eine 60 minütige Laufzeit ausgelegt war. Das künstliche
Strecken auf zirka 90 Minuten hat definitiv nicht gut getan. Beide
Abschnitte von
Death Proof sind strukturell
identisch aufgebaut. Die Anleihen an das Slasher-Genres sind hier
übrigends unverkennbar.
Abermals geht es schon wie in Kill Bill um die starke Frau von
heute, die sich durchaus zu verteidigen weiß. Die Darstellung lässt
allerdings an mancher Stelle etwas zu wünschen übrig, denn bis auf
viel Gefluche kommt seitens der Damen nicht viel. Dafür werden die
Häschen in kurzen Shorts gezeigt, fokussiert wird hauptsächlich auf
Beine und Po. Die Verfolgungsjagd selber ist dagegen äußerst
spannend inszeniert und zeigt doch einmal mehr auf, dass nicht
immer computertechnische Unterstützung von Nöten ist, um
beeindruckende Sequenzen zu filmen. Kurt Russell als Stuntman Mike
liefert eine tolle und sehr glaubwürdige Darstellung eines
psychopatischen Killers ab, so dass an dieser Stelle niemals
Zweifel aufkommt.
Bildqualität
Technik: MPEG4/AVC Codec, 1080p – 23,976fps, Ansichtsverhältnis
2,35:1 – 16:9
Eines ist todsicher: Der Transfer ist nichts für Avatar- und
Dokubildjunkies, denn es wurde im Nachhinein digital so ziemlich
alles eingefügt, was den Grindhouse-Anspruch erfordert: Kratzer,
senkrechte Streifenbildung, starke Verschmutzungen,
Überblendungszeichen, fehlende Frames beziehungsweise
hängengebliebene Frames (dadurch ein mehrmaliges Wiederholen
einzelner Sätze oder Wörter) und stellenweise eine extreme Körnung.
Diese Stilmittel passen wie die Faust aufs Auge und geben dem
Transfer einen absolut genialen Touch – selbst auf Beamern mit
großen Leinwänden.
Vor allem
Planet Terror weist diese Stilmittel in
sehr starker Form auf, bei
Death Proof wurde damit sparsamer
umgegangen, wodurch letzterer Transfer deutlich natürlicher und
weniger übertrieben wirkt. Leider wurde auf den Scratch-Free
Transfer (Version gänzlich ohne Stilmittel) verzichtet – dieser ist
auch nicht auf der Bonus-Blu-ray enthalten. Davon abseits zeigt das
Bild immer wieder eine einwandfreie Schärfe, sowohl während
Close-Ups, als auch während Weitwinkelaufnahmen.
Der Schwarzwert ist sehr gut, einzig bei
Death Proof kommt es
abschnittsweise zu recht massivem Blackcrushing. Die Farbgebung ist
bei beiden Werken stark ins gelblich/orangene verschoben (bei
Planet Terror mehr, bei
Death Proof wieder deutlich
weniger), wodurch eine Übersättigung der Farben eintritt.
Hautfarben sehen dadurch unnatürlich aus – dies macht allerdings
nichts – unterstreicht es doch in hervorragender Weise den
Billigtouch der damaligen Grindhouse Filme.
Tonqualität
Technik: Deutsch und Englisch DTS-HD MA 5.1 Die Tonspur gibt sich
wie schon bei den beiden Einzelveröffentlichungen keine Blöße und
wurde perfekt abgemischt. Hier passt einfach alles, von der
rockigen Musik bis hin zur Exakt- und Detailliertheit jedes
einzelnen Kanals. Ganz egal ob grummeliger V8 Sound während der
Verfolgungsjagden oder aber kreischende Zombies, welche in Horden
in die Stadt strömen, jedes Geräusch ist einwandfrei jedem
Lautsprecher zuordenbar und ist schlicht beeindruckend.
Auch der Subwoofer darf immer wieder freudig mitarbeiten und
unterstützt die Lautsprecher während Feuergefechten, bzw. wenn die
Big Blocks der Muscle Cars so richtig aufheulen. Direktionale
Effekte sind ebenso mit an Bord wie fette Explosionen. Dialoge
bleiben auch während des größten Gemetzels stets einwandfrei
verständlich und klar. Auch die Dynamik überzeugt restlos und
rundet den referenzwürdigen Gesamteindruck ab.
Ausstattung
Die erste Disc beinhaltet die beiden Filme sowie eine Erklärung der
beiden Regisseure, was Grindhouse überhaupt ist und wie die Idee zu
dem Feature entstand. Die Hauptfilme sind im Übrigen Uncut
vorhanden, auch wenn die Laufzeit im Bezug zu den
Einzelveröffentlichungen kürzer ist. Das Menü ist hier wirklich
einen Extrasatz wert, denn dieses ist extrem liebevoll im 60iger
Jahre Look gehalten und begeistert alleine beim Auswählen der
Tonspur.
Die zweite Disc ist randvoll mit Extras, und die haben es nicht nur
zahlmäßig richtig in sich. Die Laufzeit beträgt über 300 Minuten
und beinhaltet von Making Ofs über Specials bezüglich
Spezialeffekte und Stunts jede Menge wissenswertes Material. Hinzu
kommen auch eine Reihe von extra für „Grindhouse“ gedrehten
Fake-Trailer und Werbeeinblendungen „Machete“, „Werwolf Frauen der
SS“, „Don´t“ sowie „Thanksgiving“. Audiokommentare, Interviews,
weitere Trailer, Teaser und viele weitere Specials sind ebenso
vorhanden. Hier findet einfach jeder etwas, wobei der echte Fan
sowieso alles durchsehen sollte.
Fazit
Wir sind am Ende angekommen – und am Ende wird zusammengezählt.
Technisch gibt es keinen Grund zur Beanstandung. Das Bild
vermittelt ganz genau den Grundhouse-Look, der beabsichtigt war.
Und dieser sieht einfach genial aus. Der Ton wurde mit sichtlich
viel Liebe abgemischt und begeistert schon von Beginn an. Die
Extras sind derart zahlreich vorhanden, dass man lieber ein ganzes
Wochenende für diese Edition einplanen sollte.
Die Filme an sich haben wie oben schon erwähnt inzwischen
Kultstatus erreicht. Auch wenn Tarantino mit
Death Proof nicht ganz an
vergangene Erfolge wie Pulp Fiction anschließen kann, so reißt
Planet Terror den Karren aus dem
Dreck und verhilft dem Double-Feature doch noch zu einem würdigen
Dasein. Eine tolle Hommage und ein absolutes Must-Have für alle
Freunde des Trashs, der Old-School-Action und des 60er, bzw. 70er
Jahre Kinos.