Nummer 6 Blu-ray ReviewBegibt man sich auf eine kleine Zeitreise in die 1960er Jahre, dann
begegnet man einer britischen TV-Serie, die hierzulande nur den
Wenigsten bekannt sein dürfte, bis heute jedoch weltweit von vielen
Fans immer noch kultisch verehrt wird. Die Rede ist von der
legendären Mutter aller Mysteryserien
Nummer 6 (im
Original
The Prisoner). Erdacht, produziert, in
Teilen auch geschrieben und inszeniert, wurde die Serie von Patrick
McGoohan (1928-2009), der auch die Hauptrolle übernahm. Durch die
erfolgreiche Serie
Danger Man
(
Geheimauftrag für John Drake) war er bereits zu
einiger Bekanntheit gelangt.
Hinter der Kamera wurde McGoohan jedoch von manchen Zeitgenossen
als exzentrisch und „schwierig“ charakterisiert. Nicht nur seine
perfektionistische Arbeitsweise trieb manchen Regisseur in die
Flucht, auch seine moralischen Grundsätze erschienen bereits damals
als skurril. So lehnte er z.B. vor der Kamera jegliche Liebesszenen
mit seinen weiblichen Co-Stars ab. Gleich zweimal sagte er die
Rolle des James Bond (1961 und 1968) ab, weil ihm die Lebensweise
des Agenten zu unmoralisch erschien. Einen negativen Einfluss auf
seine Serie
Nummer 6 hat diese Einstellung zum
Glück nicht.
Story:
Ein namenloser Agent des britischen Geheimdienstes (McGoohan)
stürmt aufgebracht in das Büro seines Vorgesetzten und knallt ihm
seine Kündigung auf den Schreibtisch. Wieder zu Hause angekommen,
packt er sofort die Koffer, um das Land zu verlassen. Doch soweit
kommt es nicht. Noch in seiner Wohnung wird er mit Gas betäubt.
Nachdem er aus der Bewusstlosigkeit erwacht, scheint sich nichts
verändert zu haben. Doch bereits ein Blick aus dem Fenster
offenbart die Wahrheit. Dem verblüfften Agenten zeigen sich nicht
die lebhaften Straßen Londons, sondern ein kleines Städtchen voller
seltsamer Gebäude der unterschiedlichsten Baustile.
Schnell wird deutlich, dass dieses Dorf komplett von der Außenwelt
abgeschnitten ist: unüberwindliche Berge auf der einen, das Meer
auf der anderen Seite. Jedoch ist der Agent keineswegs alleine in
dieser seltsamen Umgebung. Das „Village“ wird von vielen Menschen
bewohnt, die ihm bei seinen Fragen allerdings keine große Hilfe
sind. Seltsam verstockt und einsilbig begegnen sie dem
Neuankömmling. Ebenso gibt es keine Namen in dieser Gemeinschaft,
jeder Einwohner trägt lediglich eine Nummer. Schon bald erhält er
einen Anruf von Nummer 2, der ihn zu sich bestellt. Hier erfährt er
den Grund für seinen Aufenthalt im Village. Nummer 2 will die
Motive für die überstürzte Kündigung des Agenten erfahren. Doch
Nummer 6, wie er ab jetzt heißt, denkt gar nicht daran, die
geforderten Informationen preiszugeben.
Die Serie
Nummer 6 ist einerseits ein Kind ihrer
Zeit und damit deutlich vom Kalten Krieg geprägt. Welche Seite
steckt hinter der Entführung? Die Antwort von Nummer 2: „Die
richtige Seite.“ So zeigt sich, dass das Village von ehemaligen
Agenten bevölkert wird, denen hier ihre Geheimnisse entlockt werden
sollen. Doch ist nie auf Anhieb klar, wer der Gefangene und wer der
Wächter ist. So herrscht unter den Bewohnern eine ausgeprägte
Paranoia. Das öffentliche Leben wird von einem allgegenwärtigen
Überwachungsapparat beobachtet, der keine Skrupel kennt. Die Fäden
hält eine ständig wechselnde Nummer 2 in Händen. Doch wer ist
eigentlich Nummer 1? Aber nicht das „Was“ macht die Serie zu etwas
Besonderem, sondern das „Wie“.
Teilweise wähnt sich der Zuschauer in einen überbordenden
Drogen-Trip versetzt. Der Held sieht sich mit bizarren und
albtraumhaften Situationen konfrontiert. Die Obrigkeit versucht ihm
mit allen Mitteln sein Geheimnis zu entlocken. So dringen sie in
seine Träume ein („A, B und C“), versuchen ihn davon zu überzeugen,
sein eigener Doppelgänger zu sein („Der Doppelgänger“) oder stellen
ihn vor einen surrealen Schauprozess („Die Anklage“). Die
Inszenierung der einzelnen Episoden zeichnet sich durch einen
bunt-bizarren, kafkaesken Charakter aus, voller Symbolik und
grotesker Einfälle. Nummer 6 wird wie eine Laborratte von einem
Albtraum in den nächsten gehetzt. Nur sein eiserner, sturer Wille,
sein Geheimnis um keinen Preis zu offenbaren, hält ihn bei
Verstand. Und der wird nur von einem Gedanken beherrscht:
Flucht.
Bildqualität:
Technik: Videocodec MPEG-4 AVC, Ansichtsverhältnis 1,33:1,
Auflösung 1080p Wer die Serie bereits im Sommer 2010 auf Arte HD
gesehen hat, den wird es nicht überraschen, dass nun auch auf
Blu-ray ein äußerst gelungener Transfer vorliegt. Unglaublich
kräftige Farben, keine Verunreinigungen auf dem Master und eine
sehr gute Grundschärfe stehen auf der Habenseite. Es ist einfach
erstaunlich, wie viel hier aus dem über 40 Jahre alten Bildmaterial
einer TV-Serie herausgeholt wurde. Teilweise zeigt sich das
Bildmaterial so frisch, als sei die Serie erst vor kurzem
produziert worden wäre. Da die Serie im original 4:3 Bildformat
vorliegt, muss man allerdings mit schwarzen Balken an den Seiten
Vorlieb nehmen, woran man sich jedoch schnell gewöhnt.
Ausgezeichnet!
Tonqualität:
Technik: Deutsch/Englisch Linear PCM 2.0 Auch beim Ton wurde
sorgfältig gearbeitet. Die Dialoge sind sehr gut verständlich und
zeigen keine altersbedingten Schwächen. Auf einen Mehrkanal-Upmix
wurde verzichtet. Somit liegt der Ton nur in Stereo vor, weshalb
man natürlich auf eine räumliche Akustik verzichten muss. Doch auch
wenn die Qualität aktueller Produktionen nicht erreicht wird, ist
das Ergebnis mehr als zufriedenstellend und lässt auch hier zu
keiner Zeit Unmut aufkommen. Eine konsequent überarbeitete
Originaltonspur ist einem womöglich missglückten Upmix in jedem
Fall vorzuziehen.
Ausstattung:
Der Hauptbestandteil der Ausstattung liegt hier zur Abwechslung mal
nicht auf der ebenfalls beiliegenden Bonus DVD vor. Die
interessantesten Informationen enthält das Booklet. Hier findet der
Fan auf 36 Seiten nicht nur eine Fülle an Hintergrundinformationen
zur Serie, sondern auch einen vollständigen Episodenführer, in dem
zu jeder der 17 Folgen noch einmal zusätzlich Wissenswertes
aufbereitet wird. Die Bonus DVD liefert neben alternativen
Versionen der Episoden „Die Ankunft“ und „Die Glocken von Big Ben“
ein informatives ca. 26minütiges Interview mit Production Designer
Bernard Williams. Darüber hinaus enthält die DVD Trailer zu jeder
Episode, eine Bildergalerie und noch einige weitere kurze Features.
Das Bonusmaterial liegt in Standard Definition vor.
Fazit:
Die technische Aufbereitung der Serie überzeugt auf der ganzen
Linie. Das Bild ist schlicht umwerfend und präsentiert die Serie in
einer nie zuvor gesehenen Qualität. Selten wurden die knallbunten
Swinging Sixties so überzeugend auf die Mattscheibe gezaubert. Der
Ton erreicht dieses Niveau zwar nicht ganz, liefert allerdings zu
jeder Zeit ein gutes Ergebnis. Die Ausstattung überzeugt besonders
durch das mit Informationen prall gefüllte Booklet.
Nummer 6 ist eine in mehrerer Hinsicht wegweisende
Serie, von der sich nicht nur ein J. J. Abrams für seine Hitserie
Lost deutlich erkennbar
inspirieren ließ. Sie bettet Reflexionen über den Status
persönlicher Freiheit, Obrigkeitshörigkeit und Rebellion gegen das
Establishment in eine vor skurrilen Ideen und Symbolik überbordende
Fantasiewelt namens „The Village“. Dieses entpuppt sich für den
Helden als kafkaesker Albtraum. Nie zuvor wurden Versatzstücke
einer Agentenserie, mit Science-Fiction- und Mysteryelementen auf
ähnliche Weise verknüpft. Eine Serie also, die sowohl unterhält,
aber auch intellektuellen Ansprüchen genügt. Unkonventionell,
bizarr und teilweise fordernd bietet
Nummer 6
Fernsehunterhaltung auf allerhöchstem Niveau.
Kurzbewertungen:
Story: 10/10
Bild: 9/10
Ton: 6/10
Extras: 7/10
Gesamt*: 7/10
* In der Gesamt-Bewertung wird die
Story nicht berücksichtigt.Kaufempfehlung: 9/10
Die Kaufempfehlung der Nummer 6
Blu-ray wird anhand der technischen Bewertung und unter
Berücksichtigung der Story berechnet.Testgeräte:
TV: Pioneer PDP-LX5090
(50“)
BDP: Pioneer BDP-LX71
AVR: Pioneer SC-LX81
Lautsprecher: B&W (Main), Teufel
(Surround)