Lemmy Blu-ray ReviewDer Einfluss, den Ian Fraser Kilmister, kurz: Lemmy (geb. am
24.12.1945 im englischen Stoke-On-Trent), auf die Entstehung des
heutigen Heavy Metal hatte und immer noch hat, ist kaum
abzuschätzen. Musiker wie James Hetfield und Lars Ulrich
(Metallica), Scott Ian (Anthrax) oder David Ellefson (Megadeth)
berufen sich in erster Linie auf ihre erste Begegnung mit Lemmys
Band Motörhead, wenn sie danach gefragt werden, warum sie überhaupt
Musik machen und mittlerweile selbst als wegweisende Protagonisten
des Heavy Metal gelten.
Motörhead waren Ende der 1970er Jahre die härteste, lauteste und,
für einige überforderte Kritiker, auch schlechteste Band der Welt.
Doch egal mit welchem Adjektiv man ihre Musik auch belegt,
unstrittig ist die Tatsache, dass sie in ihrer Anfangszeit
Pionierarbeit geleistet haben. Dabei bezeichnete Lemmy selbst den
Stil seiner Band nie als „Heavy Metal“, sondern sah sich stets in
der Tradition seiner eigenen musikalischen Einflüsse der 1950er
Jahre wie Little Richard, Elvis Presley oder Eddie Cochran. Somit
erklärt sich auch seine mittlerweile legendäre Begrüßung des
Publikums bei Live-Konzerten: „We are Motörhead, and we play Rock
and Roll!“
Story:
Und das Leben eines waschechten Rock’n’Rollers führt Lemmy ohne
jeden Zweifel. Davon legt die vorliegende Rockumentary ein
beeindruckendes Zeugnis ab. Der Film legt Schwerpunkte auf sein
persönliches Umfeld, seine Wahlheimat Los Angeles, Weggefährten aus
den verschiedenen Perioden seines Schaffens und lässt eine Vielzahl
Musiker zu Wort kommen, die von Lemmy und seiner Musik entscheidend
beeinflusst wurden. Dazu gehören neben den bereits erwähnten
Mitgliedern der
Big
Four des Thrash Metal auch bekannte Gesichter
wie Slash (Ex Guns ‚n’ Roses), Dave Grohl (Nirvana, Foo Fighters),
Nicki Sixx (Mötley Crüe, woher hatte die Band wohl die Idee mit den
Umlauten?), Dee Snider (Twisted Sisters) oder sogar Ice T. Auch
Zimmergenossen aus der geriatrischen Abteilung, wie Ozzy Osbourne
und Alice Cooper kommen zu Wort.
Der Film besteht jedoch nicht nur aus verklärten Lobliedern. Gerade
Lemmys Weggefährten aus seiner Frühzeit als Musiker lassen durchaus
kritische Töne verlauten. So wird das komplizierte Verhältnis
zwischen den Mitgliedern der Space Rock Band Hawkwind beleuchtet,
mit der Lemmy Mitte der 1970er Jahre erste Erfolge feierte, es dann
aber wegen seiner Verhaftung an der kanadischen Grenze zur Trennung
kam. Auch seine ehemaligen Bandkollegen der Rocking Vicars, mit
denen er schon in den 1960er Jahren durch Nordengland tourte,
berichten aus dieser Zeit. Zu all dem nimmt der Meister natürlich
ebenfalls Stellung und erzählt darüber hinaus mit seinem ganz
eigenen, trockenen Sinn für Humor zahlreiche Anekdoten aus seinem
Leben.
Der Film zeigt Lemmy auch in seiner Wohnung in Los Angeles, die er
selbst als kleines Museum bezeichnet. Zu Recht, gibt es dort doch
kaum noch eine freie Fläche, die nicht mit allerlei Andenken
vollgestopft ist. Ein weiterer Schwerpunkt zeigt Motörhead auf
Tournee und gibt Einblicke in das Leben im Tourbus oder an
Auftrittsorten. In diesem Zusammenhang kommen natürlich auch seine
aktuellen Bandkollegen Phil Campbell (Gitarre) und Mickey Dee
(Schlagzeug) zu Wort. Auch die legendäre Phase Ende der 1970er bis
Anfang der 1980er Jahre wird beleuchtet. Hier gibt der ehemalige
Gitarrist „Fast“ Eddie Clarke einige amüsante und erstaunliche
Anekdoten zum Besten.
Ein ganz besonderer Höhepunkt der Dokumentation zeigt Lemmy mit
Metallica auf einer Bühne. Diese luden ihn 2009 ein, gemeinsam bei
einer ihrer Shows zwei alte Motörhead Classics zu spielen. Da ist
Gänsehaut natürlich garantiert. Die Dokumentation gibt damit sowohl
einen umfassenden Einblick in Lemmys Leben, als auch ein recht
erhellendes Portrait seines nicht ganz leicht einzuordnenden
Charakters.
Die Regisseure Greg Olliver und Wes Orshoski, die Lemmy über einen
Zeitraum von mehreren Jahren begleiteten und selbst bei der
Morgentoilette nicht von der Seite wichen, enthalten sich dabei
eines eigenen Kommentars oder einer Bewertung und bieten damit die
Möglichkeit, sich einen eigenen Eindruck zu verschaffen. Der
Dokumentation an sich fehlt dabei allerdings ein gewisser roter
Faden. Die Zusammensetzung der einzelnen Themen zeigt sich etwas
willkürlich und ohne echten Zusammenhang. Trotzdem könnte ein
Biopic kaum unterhaltsamer sein und zeigt eine echte Legende des
Rock von seiner ganz persönlichen Seite.
Bildqualität:
Technik: Videocodec VC-1, Ansichtsverhältnis 1,78:1, Auflösung
1080p
Der Film wurde mit einer Kombination aus High Definition und Super
16mm Film gedreht. Daraus resultiert eine schwankende Bildqualität,
die von einem lupenreinen HD-Erlebnis bis Amateurqualität reicht.
Besonders problematisch zeigen sich die Aufnahmen, bei denen die
Regisseure ihr Zielobjekt mit einer Handkamera bis in die
dunkelsten Ecken einer Kneipe verfolgen. Hier zeigt sich deutliches
Rauschen, so dass ein echtes HD-Gefühl ausbleibt.
Die einzelnen Interviews sind dagegen absolut professionell gefilmt
und lassen kaum Wünsche offen. Auf Bild verändernde Stilmittel
wurde verzichtet, so dass die Farbgebung immer natürlich bleibt,
oder sich der Umgebung anpasst. Technische Mängel, die nicht
bereits vom Ursprungsmaterial stammen, sind nicht vorhanden, so
dass hier trotz der erwähnten Schwächen ein gelungener Transfer
vorliegt.
Tonqualität:
Technik: Englisch DTS-HD Master Audio 5.1
Der Ton liegt im englischen Original vor. Natürlich lassen sich
aber deutsche Untertitel einblenden. Es liegt in der Natur der
Sache, dass sich das Geschehen hier eindeutig auf die vorderen
Kanäle beschränkt, besteht der Film doch hauptsächlich aus
Interviews. Die gelegentlichen Livemitschnitte erreichen ebenfalls
zu keiner Zeit die Qualität einer echten Konzert Blu-ray. Wenig
druckvoll und räumlich bleibt die HD-Tonspur über die gesamt
Laufzeit blass. Der Subwoofer hat ebenfalls Sendepause.
Selbstverständlich sind die Interviews zu jeder Zeit einwandfrei
verständlich.
Ausstattung:
Die Extras sind erfreulich umfangreich und bieten einen echten
Mehrwert. Viele Interviews und Gespräche, die im Hauptfilm gekürzt
werden mussten, werden hier nochmals in voller Länge gezeigt.
Darunter etwa die Gespräche mit dem Schauspieler Billy Bob
Thornton, Dave Grohl, dem Profiwrestler Triple H oder mit Lemmy
selbst. Darüber hinaus widmen sich einige Featurettes unter anderem
den „Superfans“ von Motörhead, der treuen Road Crew der Band oder
Lemmys 50. Geburtstag im Jahr 1995. Ebenso ist ein 30minütiger
Livemitschnitt von Motörhead enthalten, der die Band unter anderem
in Berlin zeigt. Leider erreicht auch dieses Konzert nicht die
Tonqualität aktueller Konzert Blu-rays. Insgesamt zeigt sich die
Sonderausstattung mit einer Laufzeit von über 200 Minuten aber
sowohl quantitativ, als auch qualitativ von ihrer besten Seite.
Alle Extras liegen in High Definition vor.
Fazit:
Auf der technischen Seite zeigt sich
Lemmy eher
durchwachsen. Sowohl beim Bild, als auch beim Ton sind einige
Abstriche zu machen, die das positive Gesamtbild allerdings kaum
schmälern. Die Extras sind sowohl erfreulich umfangreich, als auch
informativ und bilden eine gelungene Ergänzung zum Hauptfilm.
Lemmy zeichnet ein offenes und ehrliches Bild
eines Vorreiters des Heavy Metals. Es entsteht zu keiner Zeit der
Eindruck, dass hier eine Kultfigur glorifiziert werden soll.
Vielmehr ermöglicht der neutral inszenierte Film es dem Zuschauer,
sich durch unzensierte Interviews mit Weggefährten und anderen
Künstlern seine eigene Meinung über Lemmy zu bilden. Es ist über
weite Strecken nichts anderes als informativ, amüsant und zuweilen
auch erstaunlich, dem Werdegang eines der einflussreichsten Musiker
der Rockgeschichte zu folgen. Und das gilt nicht nur für Fans der
harten Musik. Die Dokumentation ist für jeden interessant, der sich
für „echte Typen“ interessiert, für Menschen, die in ihrem Leben
vieles geleistet und fast alles erlebt haben. Und es gibt nicht
viele, die in dieser Hinsicht Lemmy das Wasser reichen
können.
Kurzbewertungen:
Story: 9/10
Bild: 7/10
Ton: 6/10
Extras: 9/10
Gesamt*: 7/10
* In der Gesamt-Bewertung wird die
Story nicht berücksichtigt.Kaufempfehlung: 8/10
Die Kaufempfehlung der Lemmy Blu-ray
wird anhand der technischen Bewertung und unter Berücksichtigung
der Story berechnet.Testgeräte:
TV: Pioneer PDP-LX5090 (50“)
BDP: Pioneer BDP-LX71
AVR: Pioneer SC-LX81
Lautsprecher: B&W (Main), Teufel (Surround)