Micmacs - Uns gehört Paris! Blu-ray
ReviewSpätestens seit seinem Überraschungserfolg
Die fabelhafte Welt
der Amélie aus dem Jahr 2001 ist der
französische Regisseur Jean-Pierre Jeunet einem breiten Publikum
bekannt. Mit diesem zauberhaften feel-good-Movie begeisterten er
und insbesondere seine Hauptdarstellerin Audrey Tautou, Millionen
Menschen auf dem ganzen Globus. Doch schon einige Jahre vor diesem
Welterfolg erlangte er durch seine Filme
Delicatessen (1991) und
Die Stadt der verlorenen Kinder (1995), die in
Zusammenarbeit mit Co-Regisseur Mark Caro entstanden, auch über die
französische Grenze hinaus einige Bekanntheit. Natürlich darf in
diesem Zusammenhang der im Jahr 1997 entstandenen Science-Fiction
Film
Alien – Die
Wiedergeburt nicht vergessen werden, der bei
Kritikern und Fans der Serie allerdings auf ein geteiltes Echo
stieß. Das mag teilweise an Jeunets durchaus eigenwilligem
Inszenierungsstil liegen, der sich von dem „gewöhnlicher“
Hollywoodproduktionen erheblich unterscheidet und somit die
Erwartungshaltung einiger nicht erfüllen konnte.
Mit seinem letzten Kinofilm
Micmacs – Uns gehört
Paris! (2009) liefert der Franzose abermals eine skurrile
Komödie ab, die sowohl stilistisch, als auch inszenatorisch
eindeutig seine Handschrift trägt.
Story:
Bazil (D. Boon) wurde in seinem bisherigen Leben nicht gerade vom
Glück verfolgt. Den ersten großen Schicksalsschlag musste er
bereits in seiner Kindheit verkraften, als sein Vater, als Soldat
in Nordafrika von einer Landmine getötet wird. 30 Jahre später
schlägt das Schicksal abermals unbarmherzig zu. Während einer
Schießerei vor seiner Videothek wird Bazil von einem Querschläger
am Kopf getroffen. Durch diesen unglücklichen Zufall gerät sein
Leben abermals völlig aus den Fugen. Er verliert sowohl Wohnung,
als auch Arbeit und muss sich fortan als „Künstler“ auf den Straßen
von Paris durchschlagen. Dadurch wird der alte Placard (J. P.
Marielle) auf ihn aufmerksam. Der gutmütige Clochard, der selbst
vor Jahren nur dem Tod von der Schippe gesprungen ist, weil die
Guillotine klemmte, stellt Bazil einer Gruppe gescheiterter
Existenzen vor, die sich ein gemütliches Heim auf einem
Schrottplatz eingerichtet haben.
Um sich ein bescheidenes Einkommen zu sichern, reparieren hier die
Schlangenfrau La môme Caoutchouc (J. Ferrier), der zwergenhafte
Herkules Petit Pierre (M. Crémadès), die ehemalige menschliche
Kanonenkugel Fracasse (D. Pinon) und einige weitere schillernde
Persönlichkeiten Schrott. Bazil wird herzlich in ihrer Mitte
aufgenommen und durchwühlt fortan Container nach verwertbarem
Sperrmüll. Auf einer seiner Touren durch Paris steht er plötzlich
vor den Gebäuden der beiden Waffenfabriken, deren tödliche Waren
sein Leben zerstört haben. In Bazil reift ein verwegener
Entschluss.
Micmacs ist abermals ein typischer Jeunet. Alle
Merkmale, die seine Filme auszeichnen, sind auch hier vorhanden.
Die schrulligen Charaktere, das unglaublich detailverliebte
Setdesign, welches natürlich wie immer eine bezaubernde
Retroatmosphäre versprüht. Hinzukommt die, trotz aller Tragik,
witzig-skurrile Geschichte, die wie schon bei Amélie, nicht nur zum
Schmunzeln einlädt, sondern an vielen Stellen einfach das Herz
erwärmt. Insbesondere gelingt es dem Film auf locker leichte Art,
die unterschiedlichen Charaktere sofort ans Herz wachsen zu lassen,
ohne sie erst langatmig vorstellen zu müssen. Dabei schwebt eine
„heitere Melancholie“ über jede dieser Figuren. Zwar ist jeder
Einzelne auf die eine oder andere Art im Leben gescheitert, doch
tragen sie ihr Schicksal am Rand der Gesellschaft mit so viel Würde
und Lebensmut, dass sie, wie es im Laufe des Films auch passiert,
gemeinsam alles erreichen können. Aber keine Sorge, Jeunet versucht
sich hier nicht an einem Sozialdrama, sondern zeigt, wie es seine
Underdogs mit Witz, Mut und Intelligenz mit einem scheinbar
übermächtigen Gegner aufnehmen.
Die „Streiche“, die sie den Großindustriellen spielen, stellen
dabei mit ihrem absurden Einfallsreichtum und teils haarsträubender
Verwegenheit selbst die gute Amélie bei Weitem in den Schatten. So
ist
Micmacs in erster Linie ein Wohlfühlfilm, der
zwar nicht übermäßig spannend, dafür aber umso unterhaltsamer das
bekannte Thema „Klein“ gegen „Groß“ aufnimmt und dank seines
Regisseurs daraus eine unterhaltsam-skurrile Geschichte spinnt, die
passend zur kalten Jahreszeit das Gemüt der Zuschauer
erwärmt.
Bildqualität:
Technik: Codec MPEG-4 AVC, Ansichtsverhältnis 2,35:1, Auflösung
1080p.
Jeunet bleibt sich auch hier treu und versieht den Film mit starken
Farbfiltern, welche die Farbtemperatur stark ins grünliche
verschieben. Dadurch entsteht ein warmer Bildeindruck, der die
Grundstimmung des Films sehr gut unterstützt, die Plastizität
bleibt dadurch allerdings auf der Strecke. Gleichzeitig bleiben die
Kontrastwerte im Normalbereich, so dass trotzdem ein homogener
Bildeindruck bestehen bleibt. Die allgemeine Schärfe bewegt sich
über die gesamte Laufzeit auf sehr gutem Niveau. Sowohl
Nahaufnahmen, als auch der Bildhintergrund bleiben zu jeder Zeit
sehr detailliert und gut durchzeichnet. Besonders in der Behausung
der
Micmacs gibt es somit eine unglaubliche Fülle
an Kleinigkeiten zu entdecken. Der Schwarzwert verrichtet seinen
Dienst ebenso vorbildlich, so dass keine Details in dunklen Ecken
verschwinden. Das Filmkorn ist jederzeit präsent und rundet den
gelungenen Bildtransfer angenehm ab.
Tonqualität:
Technik: Deutsch/Französisch DTS-HD Master Audio 5.1.
Der Ton kann das hohe Niveau des Bildtransfers nicht ganz halten.
Die Abmischung ist über weite Strecken des Films sehr frontlastig
und relativ unspektakulär. Zwar werden hier gelungene Stereoeffekte
geboten, die hinteren Lautsprecher leisten allerdings nur einen
sporadischen Beitrag zur Akustik. Direktionale Effekte sind daher
nur selten zu hören. Was schade ist, so kommt der für einen César
nominierte Ton nicht voll zur Geltung. Eine räumlichere Abmischung
wäre hier wünschenswert gewesen. Auch der Subwoofer kommt bis auf
einige Ausnahmen nur sporadisch zu seinem Recht, was allerdings an
der eher ruhigen Machart des Films liegt. Die Dialoge bleiben stets
klar verständlich. Besonders die skurrile Musik profitiert von der
gut aufgelösten HD-Tonspur und trägt dadurch noch einmal zusätzlich
zur leicht bizarren Grundstimmung des Films bei.
Ausstattung:
Das Angebot an Special Features gestaltet sich leider sehr mager.
Neben einem Audiokommentar von Regisseur und Drehbuchautor
Jean-Pierre Jeunet, bietet die Blu-ray nur noch ein gut 45minütiges
Making-Of, welches einige Eindrücke von den Dreharbeiten in Paris
bis zur Uraufführung des Films liefert. Darüber hinaus liefert
Kinowelt nur noch den deutschen und französischen Trailer sowie
eine Fotogalerie. Enttäuschend.
Fazit:
Der Bildtransfer zeigt sich auf der Höhe der Zeit und bietet nur
wenig Anlass zur Kritik. Der durchgängige Grünstich ist natürlich
als Stilmittel zu werten, verhindert allerdings einen plastischen
Eindruck. Der Ton bewegt sich aufgrund fehlender Räumlichkeit nur
im guten Mittelfeld. Die Sonderausstattung ist kaum der Rede
wert.
Mit
Micmacs – Uns gehört Paris! erschafft
Jean-Pierre Jeunet wieder einmal eine kleine Filmperle, die alle
bekannten Trademarks des französischen Regisseurs in sich vereint.
Liebenswert-schrullige Charaktere finden sich in einer skurrilen
Geschichte wieder, die sich durch kuriose Einfälle und einen
warmherzigen Grundton auszeichnet. Sozialkritische Anspielungen und
deutliche Kritik an skrupellosen Waffengeschäften sind zwar ebenso
vorhanden, belasten den heiteren Charakter des Films allerdings
nicht über Gebühr. In erster Linie wird hier ein unterhaltsamer
Wohlfühlfilm geboten. Wer die fabelhafte Amélie mochte, wird auch
mit den
Micmacs einen unbeschwerten Filmabend
erleben. Genau das Richtige also für die kommenden, kalten
Winterabende.
Kurzbewertungen:
Story: 9/10
Bild: 9/10
Ton: 7/10
Extras: 4/10
Gesamt*: 7/10
*In der Gesamt-Bewertung wird die
Story nicht berücksichtigt.Kaufempfehlung: 8/10
Die Kaufempfehlung der Micmacs
Blu-ray wird anhand der technischen Bewertung und unter
Berücksichtigung der Story berechnet.
Testgeräte:
TV: Pioneer PDP-LX5090 (50“)
BDP: Pioneer BDP-LX71
AVR: Pioneer SC-LX81
Lautsprecher: B&W (Main), Teufel (Surround)