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M – Eine Stadt sucht einen Mörder --- Review Contest 2010

Gestartet: 01 Aug 2010 09:00 - 25 Antworten

#1
Geschrieben: 01 Aug 2010 09:00

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M – Eine Stadt sucht einen Mörder / Fritz Lang 1931 Masters of Cinema


M-1931-UK.jpg


HD-Widescreen (4:3, 1.19:1) 1920x1080p

Video-Codec:

MPEG-4/AVC

Spieldauer:

111 Minuten


Hintergrund

Fritz Lang, Schöpfer einiger der wichtigsten Werke der Filmgeschichte (u.a. Metropolis, Dr. Mabuse ect) machte sich Anfang der 30er Jahre auf ein neues Medium zu entdecken, den Tonfilm.

In einer von gesellschaftlichen Umbrüchen geprägten Zeit, der schon im Sterben befindlichen Weimarer Republik, lag bereits der düstere Schatten des Nationalsozialismus in der Luft.

Inspiriert von Presseberichten über Serienmörder (Fritz Haarmann, Peter Kürten u.a.) reifte in Lang der Wunsch einer cinematographischen Bestandsaufnahme der aufkommenden gesellschaflichen Veränderungen und ihrer ausgrenzenden Ideologie, welche er aber erst in
Das Testament des Dr. Mabuse(1933) deutlicher zum Ausdruck brachte.

Langs Interesse ist bei M auf den Menschen und sein von Trieben und Ängsten bestimmtes Wesen gerichtet.

Wozu ist eine Gesellschaft fähig? Wie wird man zu einem Serienmörder? Ablehnung der Todesstrafe und Lynchjustiz als gesellschaftliches Vergeltungsinstrument sind nur einige seiner Fragen und Kernaussagen.

Geschichte

Warte, warte nur ein Weilchen,
bald kommt der schwarze Mann zu dir,
mit dem kleinen Hackebeilchen
macht er Schabefleisch aus dir...

Mit diesem morbiden Aufzählreim, der Adaption eines auf Fritz Haarmann gemünzten Reimes (Originalverse aus Walter Kollos Operette Marietta), inszeniert Lang eine der wohl eindringlichsten
und beängstigensten Szenen der Filmgeschichte.

Ein Kindermörder (Hans Beckert), schockierend überzeugend gespielt von dem genialen Peter Lorre, treibt sein Unwesen in einer deutschen Großstadt.

Während die Staatsgewalt zu einer in diesem Umfang nie dagewesenen Menschenjagd aufruft, versammelt sich eine durch die plötzliche große Präsenz der Ordnungshüter aufgescheuchte Gruppe der Unterwelt.
Ein sogenannter Ringverein, heute würde man organisiertes Verbrechen sagen.

Der Schränker, gespielt von Gustav Gründgens, überzeugt seine „Kollegen“ schließlich dazu selber auf die Jagd zu gehen, um wieder in Ruhe den „Geschäften“ nachgehen zu können.

An dieser Stelle zeigt sich schon der Zynismus einiger Mitglieder der „ehrenwerten Gesellschaft“.

Nach weiteren Morden spitzt sich die Lage in der Bevölkerung immer mehr zu, es kommt zu falschen Verdächtigungen. Denunziantentum und Hysterie greifen um sich
Der Ringverein beschließt die Bettlerkaste in seine Fanhndungsbemühungen zu integrieren.

Schließlich wird Beckart Opfer seines Modus Operandi, ein blinder Ballonverkäufer erkennt die Melodie, die Beckert immer pfeifft, wenn sein Trieb ihn wieder zu neuen Gewalttaten zwingt.
Er wird mit einem M für Mörder markiert und von dem Ringverein gestellt.

Es folgt eine „Gerichtsverhandlung“ und ein Schlußplädoyer Beckarts, das in die Geschichte einging.

Lang verzichtet hier auf eine rein eindimensionale Betrachtungsweise.
Während der Mob und die Staatsgewalt zu einem mit ähnlichen Mitteln operierenden Jagdinstrument verschmelzen, ist Langs Blick auf Beckart differenzierter.

Die Welt ist komplexer, der Mensch ist komplexer. Es gibt nicht nur Das Gute und das Böse.
Lang zeigt an der Figur des innerlich zerrissenen Hans Beckert, dass Täter auch Opfer sein können, Opfer ihrer inneren Zwänge und Triebe.

Dass man eben nicht in der Lage ist das Böse einfach zu markieren, weil das Böse eben nicht nur böse ist und das Gute nicht nur gut.
Dass man eine Gesellschaft nicht „reinigen“ kann durch die pure Ausrottung bestimmter als minderwertig betrachteter Gruppierungen.

10/10

Bild

Besser hat man meiner Meinung nach M nie gesehen.
Feinste Details, die früher verborgen blieben, sind zu erkennen.
Nahaufnahmen, zum Beispiel der Gesichter, vor allem von Peter Lorre sind jetzt noch beängstigender.
Texte auf Werbetafeln ect sind sehr gut zu erkennen im Vergleich zu den doch recht schwammigen und dunklen DVDs.

Allerdings kenne ich die Criterion Veröffentlichung, die wohl auf dem gleichen Master beruht, nicht.
Daher wäre ein Review der Criterion Version zum Vergleich nicht schlecht, wenn die hier ein User haben sollte.

8/10


TON

Der Ton liegt hier in Deutsch DTS-HD MA 2.0 vor und überzeugt durch eine zu jeder Zeit klare und angenehme Soundkulisse. Dialoge sind über den ganzen Film klar und sauber zu verstehen.

8/10

Extras

Audiokommentar von Filmrestaurator Martin Koerber, Regisseur Peter Bogdanovich und Historiker Torsten Kaiser.
Hier erhält man einen technischen Überblick.

Audiokommentar der Filmgelehrten Anton Kaes und Eric Rentschler
Hier bekommt man einen Überblick über den gesellschaftlichen Hintergrund jener Zeit und Anmerkungen zu den Intentionen Langs.

Britische Filmfassung von 1932 mit alternativen Aufnahmen (93 Min.)

Dokumentation: Zum Beispiel Fritz Lang, Interview mit Fritz Lang

Wie man sieht, hier gibt es reichlich interessante Extras. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich mir noch nicht alles angesehen habe. Das wird aber demnächst geschehen.

9/10

Fazit

Langs M überzeugt in allen Bereichen. Hier wurde einem Meilenstein der Filmgeschichte eine würdige Umsetzung spendiert.

Peter Lorres Spiel beängstigt und fasziniert den Zuschauer so sehr, dass man sich ihm nicht zu entziehen vermag. Ein sehr gut restauriertes Bild und ein klarer Ton machen diesen Film noch eindringlicher und verstörender.

Klare Kaufempfehlung.
"Here I am, brain the size of a planet, and they ask me to take you to the bridge. Call that job satisfaction, 'cause I don't." (Marvin, The Hitchhiker’s Guide to the Galaxy)






#2
Geschrieben: 01 Aug 2010 09:27

Ceyda

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Danke für die überzeugende Einschätzung des Films. Ich kann mich dir da voll anschließen, auch mich zieht der Film immer wieder in seinen Bann.

Und vor allem Danke für den Hinweis, dass diese Perle schon auf Blu-ray erschienen ist, was mir bisher vollkommen unbekannt war.
Und da es sich ein Upgrade ja anscheinend lohnt, muss ich doch gleich mal Amazon bemühen.:)
#3
Geschrieben: 01 Aug 2010 09:32

Patrick_Star

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Toll geschrieben Udo - Respekt. V.a. deshalb, weil dieser Film kein einfacher Stoff ist! :thumb::thumb:
#4
Geschrieben: 01 Aug 2010 09:43

HAL 9000

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Zitat:
Zitat von Ceyda
Danke für die überzeugende Einschätzung des Films. Ich kann mich dir da voll anschließen, auch mich zieht der Film immer wieder in seinen Bann.

Und vor allem Danke für den Hinweis, dass diese Perle schon auf Blu-ray erschienen ist, was mir bisher vollkommen unbekannt war.
Und da es sich ein Upgrade ja anscheinend lohnt, muss ich doch gleich mal Amazon bemühen.:)


Bitte, gern geschehen:)
Als nächstes Highlight kommt ja demnächst Metropolis, was freu ich mich:D
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#5
Geschrieben: 01 Aug 2010 09:44

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Zitat:
Zitat von Patrick_Star
Toll geschrieben Udo - Respekt. V.a. deshalb, weil dieser Film kein einfacher Stoff ist! :thumb::thumb:


Danke Dir:)
Das stimmt, vor allem ist es da schwer sich auf die vorgegebene Texlänge zu reduzieren.
Über diesen Film kann man ja ganze Bücherregale schreiben.
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#6
Geschrieben: 01 Aug 2010 09:50

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Wir haben zu danken für deinen tollen Bericht. Ich finde es wirklich bemerkenswert, dass du mit diesem Film und auch unser Matthias (Kuro77) mit "das weiße Band" derart schwierige Filme ausgesucht habt, wo ihr es euch deutlich einfacher hättet machen können mit den üblichen "Standardwerken".

Alleine das verdient schon viel Respekt. Ich hoffe, wir lesen in Zukunft mehr von dir Udo! :)
#7
Geschrieben: 01 Aug 2010 09:58

Ceyda

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Zitat:
Zitat von HAL 9000
Bitte, gern geschehen:)
Als nächstes Highlight kommt ja demnächst Metropolis, was freu ich mich:D


Ja, da freu ich mich mit.

Und ebenfalls auf die Vorführung im Februar nächsten Jahres in der Kölner Philharmonie mit Frank Strobel und dem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin.

Das wird ein Abend!:pray:
#8
Geschrieben: 01 Aug 2010 10:21

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Zitat von Ceyda
Ja, da freu ich mich mit.

Und ebenfalls auf die Vorführung im Februar nächsten Jahres in der Kölner Philharmonie mit Frank Strobel und dem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin.

Das wird ein Abend!:pray:


Davon habe ich auch gehört und überlegt mir das mal zu gönnen. Gibt es da ne HP mit den Terminen?
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#9
Geschrieben: 01 Aug 2010 10:43

Ceyda

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Leider nur 1 Termin - 12.02.2011, kommt aber gut aus - ist ein Samstag.:thumb:

Vorverkauf beginnt allerdings erst im Oktober.

Der Preis ist mit 29 € akzeptabel für solch ein Ereignis.


http://www.koelner-philharmonie.de/veranstaltung/106440/
Geschrieben: 01 Aug 2010 10:54

Breiti

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Kurz vor Toreschluß ein weiterer ernsthafter Contender. Klasse Review zu einem Meilenstein der Filmgeschichte
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