Oben (Up) - Review Contest
2010
Die beiden großen Abräumer bei der Oscarverleihung 2010 (82nd
Academy Awards) waren ohne Zweifel
Avatar und
The Hurt
Locker. Der packende Kriegsthriller von Kathyn Bigelow wurde
mit insgesamt 6 Oscars ausgezeichnet, von denen Bigelow einen für
ihre Regiearbeit erhielt. James Cameron’s Science fiction
Blockbuster
Avatar, mit einem Einspielergebnis von $2,7
Milliarden, ist heute der erfolgreichste Film aller Zeiten.
Doch wer kann schon behaupten nicht nur bei
einer
Verleihung mit der begehrten Trophäe nach Hause gehen zu dürfen,
sondern sich in den letzten Jahren bei fast jeder der alljährlichen
Oscarverleihung gegenüber der Konkurrenz durchsetzen zu
können.
Die Antwort lautet: Pixar Animation Studios. Die Erfolgsstory
begann mit
Toy Story, dem ersten computeranimierten
Spielfilm überhaupt, setzte sich mit
Findet Nemo (Finding
Nemo) fort und ihr bis zur Oscarverleihung 2010 neuster
Geniestreich
Oben (Up) gewann einen von zwei Oscars für
den besten Animationsfilm. Nun stellt sich die Frage, was macht
Oben so besonders, und warum hat auch dieser Pixar Film so
abgeräumt?
Story
Oben erzählt die rührende Geschichte vom ehemaligen
Luftballonverkäufer Carl Fredricksen, der sich nach dem Tod seiner
Frau Ellie nicht seinem fortgeschrittenen Alter von 78 Jahren
hingibt, sondern sich zusammen mit dem Pfadfinderjungen Russell
einen lang ersehnten Traum erfüllt.
Carl und Ellie verbindet seit ihrer gemeinsamen Kindheit eine
Leidenschaft zu ihrem Vorbild Charles Muntz, einem Abenteurer, der
mit seinem Zeppelin die Welt bereist. Zu seinen bedeutendsten
Zielen gehören die Paradiesfälle in Südamerika. So ist es schon als
Kind Ellies sehnlichster Wunsch dort mit einem Haus hoch oben auf
den Felsen am Rande der Paradiesfälle zu leben. Wie Muntz mit einem
Zeppelin, verspricht Carl ihr sie dorthin zu bringen. Ihr
gemeinsamer Kindheitstraum bleibt jedoch auch als verheiratetes
Paar unerfüllt bis Ellie stirbt und Carl im Alter von 78 Jahren
zurücklässt. Mit einer Zukunft im Altersheim lässt er sich jedoch
nicht abspeisen, ebenso wenig wie mit Angeboten zum Abriss seines
Hauses. Stattdessen befestigt er Tausende von Luftballons an seinem
Eigenheim, um wie ein Luftschiff Kurs auf die Paradiesfälle zu
nehmen. Dabei begleitet ihn der Pfadfinderjunge Russell, der sich
versteckt an Bord geschlichen hat. Ein mitreißendes und spannendes
Abenteuer in Südamerika beginnt…
Schon nach den ersten 10 Minuten Laufzeit wird klar, irgendwas ist
anders an diesem Film, das
Oben deutlich von anderen
Animationsfilmen unterscheidet. Um es in einem Satz zu sagen, es
ist die Fähigkeit, gute Geschichten mit Tiefgang erzählen zu
können.
Perfekte Szenenübergänge leiten den Zuschauer durch die einzelnen
Lebensabschnitte von Carl und Ellie. Dabei werden die Charaktere
liebevoll vorgestellt, und wie bei einem guten Buch kann man sich
ohne Probleme in sie hineinversetzen. Hauptgrund dafür ist vor
allem die Glaubwürdigkeit und Authentizität, die alle Figuren
ausstrahlen. Pete Docter, Regisseur von Oben,
verzichtet dabei auf schrille
Stimmen und aufgesetzte Dialoge, die sich wie bei vielen
anderen Animationsfilmen, als endlos nervige running Gags
aneinanderreihen. Stattdessen kann
Oben mit spontaner
Komik und herzerfrischender Schlagfertigkeit punkten. Der
Originalsprecher von Russell, Jordan Nagai kommt verblüffend
natürlich und nicht hyperaktiv rüber, so dass Sprecher und Person
im Film verschmelzen, als wenn es schon immer so gewesen wäre.
Faszinierend ist darüber hinaus die abwechslungsreiche Mischung aus
Höhen und Tiefen. Dem Zuschauer wird keine glattgebügelte Story aus
konstruierten Sequenzen präsentiert, sondern einen Carl
Fredricksen, der zwar zum einen mit dem Tod seiner geliebten Frau
Ellie zu kämpfen hat, zum anderen dafür im Laufe der Handlung
Russell als einen echten Freund zu schätzen lernt. Der unmittelbare
Fortgang der Handlung ist nicht vorhersehbar und überzeugt daher
mit vielen Überraschungsmomenten, die nicht zuletzt durch einen
abwechslungsreichen Schnitt unterstützt werden. Mit
Oben
liefert Pixar ein Feuerwerk an Ideen ab, das für viel Spaß und
geniale Unterhaltung auf hohem Niveau sorgt.
Bild
Oben ist in MPEG-4/AVC (1080p/24p) codiert und liegt im
Seitenverhältnis von 1,78:1 vor. Der Hauptfilm verfügt über eine
Datenrate von 23,93 Mbps, die hoch genug ist, um ein komplett
artefaktfreies Bild bieten zu können. Obwohl sich Animationsfilme
bei der Bildqualität nicht mit denen von normalen Spielfilmen auf
Blu-ray Disc vergleichen lassen, ist es immer wieder erstaunlich,
wie es Pixar gelingt die bereits hohen Ansprüche noch ein gutes
Stück steigern zu können.
Nach
WALL-E, präsentiert sich
Oben in einer
unglaublichen Detailvielfalt, bei der man z.B. Hautpartikel,
Oberflächenstrukturen wie Ledereinbände und unterschiedliche
Holzmaserungen, ebenso wie aufgewirbelte Staubpartikel
beeindruckend realistisch bewundern kann. Der Kompass von Carl
Fredricksen beispielsweise ist nicht nur einfach ein Kompass,
sondern es befinden sich kleine Kratzer auf dessen Glasoberfläche.
Bei der Animation hat Pixar nicht nur die jeweiligen Ist-Zustände
von Objekten gerendert, sondern zeigt auch wie sie sich im Laufe
der Zeit verändern. Schaut man sich den Briefkasten von Carl &
Ellie zu Beginn des Films an, strahlt dieser in leuchtenden Farben,
währenddessen beim drohenden Hausabriss der Kasten aus Blech mit
der Zeit ausgeblichen und vom Staub der Baustellen eingehüllt ist.
Ähnlich verhält es sich auch mit der allgemeinen Farbgestaltung.
Überwiegend dominieren warme, kräftige Farben, die jedoch leider an
einigen Stellen unter etwas Übersättigung leiden. Im Gegensatz dazu
ändert sich die Farbtemperatur passend bei Unwetter in ein kühles
grau-blau. Der Schwarzwert ist durchweg sehr gut, ebenso wie
Kontraste und eine ausgewogene Belichtung. In den vollen Genuss
aller Raffinessen und Details kommt man allerdings erst bei
mehrmaligem Schauen, da 93 Minuten dazu einfach nicht
ausreichen.
Ton
Im Gegensatz zum Bild ist der Ton leider nur teilweise
zufriedenstellend. Während die englische original Tonspur mit
DTS-HD MA 5.1 modernen Standards entspricht, fehlt
unverständlicherweise der HD Ton bei der deutschen Umsetzung. Trotz
der technischen Einschränkung verfügen beide Tonspuren über eine
exzellente Raumaufteilung, hohe Dynamik und präzise Effekten. Wer
der englischen Sprache mächtig ist, dem ist der Originalton zu
empfehlen. Highlights sind dabei die Stimmen von Carl, Russell und
dem Hund Dug, der von Bob Peterson gesprochen wird.
Ausstattung
Film und reichlich Bonusmaterial sind auf zwei Blu-ray Discs
aufgeteilt. Neben dem Hauptfilm befinden sich auf Disc 1 passend zu
Oben zwei neue Pixar Kurzfilme, zahlreiche Trailer, eine
alternative Szene zu Charles Muntz, und eine empfehlenswerte
22-minütige Dokumentation, in der die Filmcrew nach Venezuela
reist. Das Land mit seinen außergewöhnlichen Felsen, aber auch
üppiger Vegetation dient als Vorlage für die Location um die
Paradiesfälle. Zudem beinhaltet die Dokumentation viele spannende
Interviews der Crewmitglieder, die von ihren ganz persönlichen
Abenteuern während ihrer Reise erzählen. Wer an weiteren
Hintergrundinformationen zur Entstehung des Films interessiert ist,
beispielsweise zu den Charakteren, sollte auf jeden Fall Disc 2 ins
Laufwerk einlegen – es lohnt sich!
Fazit
Oben zeichnet sich durch eine großartige Story aus, die
besonders am Anfang sensibel und mit viel Tiefgang den Zuschauer in
seinen Bann zieht. Animationsfilme, die sich mit geistreichen
Dialogen und einer glaubwürdigen Handlung die Herzen der Zuschauer
erobern, sind heutzutage rar gesät. Umso erfreulicher, dass es
Pixar auch mit
Oben gelungen ist durch innovative Ideen zu
begeistern.
Disney hat volle Arbeit geleistet und liefert eine fantastische
Blu-ray ab, die mit prächtiger Bildqualität und viel Bonusmaterial
auch hohe Ansprüche befriedigen kann. Nur die fehlende deutsche HD
Tonspur ist ein Manko und hinterlässt ein großes Fragezeichen.
Dessen ungeachtet spielt
Oben die vollen Möglichkeiten
einer Blu-ray Disc aus, so dass man gar keine andere Wahl hat als
die DVD im Regal stehen zu lassen und stattdessen zur blauen
Scheibe zu greifen.
Bewertung
Story: 10/10
Bildqualität: 10/10
Tonqualität: 9/10
Ausstattung: 10/10
Gesamt: 10/10
Testgeräte
Projektor: Mitsubishi HC-6000
BD-Player: PlayStation 3
AV: Denon AVR-4308
LS: B&W 704