Das Review bezieht sich auf die UK Blu-Ray Disc des Films da ein Deutschland Release noch in den Sternen steht.

EINFÜHRUNG

Einsam und ruhig sitzt ein ehrfürchtig großer Mann auf einer Bank und wartet auf seinen Zug. Scheu wirkt er, die Ruhe selbst gehüllt in einen teuren Anzug. Apathisch umklammert er die schwarze Tasche auf seinem Schoss, der Tag zieht gänzlich an ihm vorbei. Die Nacht bricht herein und die Haltestelle wird immer leerer. Ohne seinen Kopf zu drehen, flüchten seine Augen auf den Tunneleingang und der anrückende Zug bestätigt sein Zeitgefühl. Die stämmigen Türen des Zuges teilen sich und bevor der Mann eintritt rückt er rasch seine Krawatte zurecht. Die stetige Kälte der Haltestelle zieht mit ein in den Zug und nimmt platz zwischen dem Mann und den wenigen restlichen Passagieren. Als der Zug während der laufenden Fahrt die Schiene ändert und der Mann sich von seinem Platz erhebt, ahnt der Zuschauer was nun auf die Passagiere niederschlägt. Nicht wie der eigene Humor vermag handelt es sich um eine Fahrscheinkontrolle, sondern das blanke Grauen wütet wie ein reißender Haifisch durch den Zug. Die Schreie der Fahrgäste werden redlich zermalmt durch das bittere Kreischen der Schienen.

The Midnight Meat Train ist eine Kurzgeschichte von Horrorliterat Clive Barker, welche im ersten Band der "Bücher des Blutes" erschien. Barker's Fans sehnten diesen Film schon länger herbei, ist er doch schon die dritte Verfilmung aus der beliebten Buch-Reihe. Nach dem allseits bekannten "Candyman" und dem "Lord of Illusions" tritt nun der Metzger an, um Barker's abgrundtief finstere Visionen auf die Zuschauer los zu lassen. Obwohl die Geschichte schon ca. 24 Jahre alt ist, wirkt sie zur heutigen Zeit aktueller den je.Voyeurismus an der Perversität des Menschen zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte, welche zwar ein fiktives Ende finden mag, aber als Metapher zu denken gibt. Bekommen wir nun ein frisches Steak serviert oder den nächsten Gammelfleisch-Skandal? Ihr findet es raus.

STORY

Der ehrgeizige Fotograf Leon Kaufman (Bradley Cooper) braucht endlich den großen Durchbruch. Er glaubt an die Motive die er täglich schießt, die Abgründe und Hässlichkeit der Stadt wiederspiegeln. Der bekennende Vegetarier lebt zusammen mit seiner Freundin Maya (Leslie Bipp), die ihn immer wieder ermutigt und unterstützt bei seiner Arbeit. Durch seinen Freund Jurgis (Roger Bart) bekommt er die Chance seine Bilder der renommierten Ausstellerin Susan Hoff (Brooke Shields) vor zu legen.
Jedoch zeigt sich die Dame nicht besonders angetan von Leon's Arbeit und fordert intensivere Bilder von dem Fotografen.

Noch in der selben Nacht bekommt er ein Verbrechen vor die Linse, eine Junge asiatische Frau wird von finster anmutigen Kleinkriminellen bedroht. Doch anstatt sofort Hilfe zu leisten, hält Leon seine Kamera geradewegs auf das Geschehen. Mit genug Material macht er lautstark auf sich aufmerksam und kann die Gang mithilfe der Security-Kamera vertreiben. Am Morgen darauf gilt die Junge Frau, die Leon rettete, als vermisst und lässt der Polizei an Leon's Alibi zweifeln. Bei weiteren Streifzügen durch das Nachleben, entdeckt Leon einen finster blickenden Mann (Vinnie Jones), der ebenfalls in dem Zug saß, in dem das Mädchen einstieg. Komplett vernarrt verfolgt Leon den Mann und stößt schritt für schritt auf die wahre Hässlichkeit der Stadt.

KRITIK

TMMT lässt sich eindeutig als weiteren Volltreffer von Regisseur Ryûhei Kitamura verbuchen. Bewies der gebürtige Japaner schon mit seinen Werken wie "Versus" oder "Azumi" das er ein Händchen für die etwas außergewöhnliche Unterhaltung bieten kann. Detail- und Räumlichkeit verliebte Kameraführung paart sich mit eiskalten Farbfiltern, welche die doch etwas tristen Locations in ganz neuem Glanz erstrahlen lassen. So auch mit TMMT. Endlich bekommt Großbritanniens Exportschlager Vinnie Jones eine große Rolle, die ihm auch noch wie auf den Leib geschneidert steht wie sein makeloser Anzug. Ob er nun zur Tat schreitet oder einfach gefühlslos auf einer Bank sitzt, die stetige Präsents des Briten gleicht dem eines Haifisches.

Bei all den Vorschuss Lorbeeren des recht wortkargen Hauptprotagonisten, sein auch dem Zuschauer das durchweg gute Schauspiel von Bradley Cooper und Leslie Bipp ans Herz gelegt. Jede Minute mit der sich der junge Fotograph Leon mit dem mysteriösen Mann beschäftigt, weckt seine eigene Gier nach der nächsten grässlichen Erkenntnis. Auf dauer zeigt sich das in seiner Verhaltensweise, ganz zum leiden seiner Freundin. Anders als in der Kurzgeschichte, wurde deren Verhältnis deutlich detailierter ausgearbeitet, was aber das gesamte Thema in keinster Weise kippen lässt. Das Hauptaugenmerk beider Figuren gilt ganz Leon's Perversion welche Maya mit jeder weiteren Szene ängstigt. Denn wer einen Mörder fassen will, muss erst einmal anfangen wie einer zu denken. Speziell im zweiten Akt nimmt der Film deutlich an Spannung zu und geht wie eine absteigende Spirale immer Tiefer in das Herz der Dunkelheit.

Die urbanen Settings könnten glatt aus dem Kopf von Clive Barker entflohen sein. Während Leon's Apartment am Tage vor wärme scheint und ein friedliches Ambiente verspürt, zeigt sich die U-Bahn Haltestelle und der Zug in kalten, sterilen und leblosen Bildern. Alles wirkt wie in einer riesigen Schlachthalle und der Zug wie eine fahrende Schlachtbank. Alles ist in Stahl gehalten, jegliche Farbe stirbt unter den dominierenden Kalt-bläulichen Farbfiltern. Peinliche Fluchtaktionen wie in den Filmen "Scream" oder "Ich weiß was du letzten Sommer getan hast" gibt es nicht, den der klaustrophobisch anmutende Zug bietet wenig Spielraum für waghalsige Verfolgungen. So bringt auch die Umgebung die Kompromisslosigkeit des Schlächters auf einen einzigen Nenner.

Ganz klar, das Herzstück eines jeden Horrorfilms sind die Schock-Momente oder der Bodycount. Wenn der Schlachter sein Mordwerkzeug auspackt, kippt die Stimmung von 0 auf 100. Explizit und Kompromisslos zeigt sich die Gewalt durch brechende Schädel, abgetrennte Körperteile, literweise CG-Blut und andere Gemeinheiten. Selten wurden in einem reinen Horrorfilm solch starke Gore-Effekte gezeigt. Lediglich das Torture-Porn und Splatter-Genre kennt und begrüßt solche detailierten Szenen. Wo die meisten Horrorfilme bei einer gewissen Einstellung aufhören, lässt TMMT hier seine Muskeln spielen. Dazu sei gesagt das einige dieser „taten“ recht comic-haft und überzeichnet sind, was dann schon deutlich eine Linie in den Sand setzt. Doch sind die Morde keine Glorifizierung an den Leiden der Opfer, sondern eher mehr als Konsequenzen ausgeführter und präziser Gewalt. Während die Mörder in Hostel sich daran ergötzten, tut der Schlachter eben nur das was für ihn wie "Arbeit" wirkt. Es klingt sehr makaber, jedoch gibt es ein Motiv für seine Taten.

Es ist immer erstaunlich wie gut es funktionieren kann wenn ein Multi-Kulturelles Team an einem Film arbeitet. Fernöstliche Ästhetik trifft auf westlichen Horror. Asiaten nähern sich dem Horrorgenre immer etwas anders als z.B. Amerikanische Regisseure. Das fängt schon bei den Schock-Effekten an. Während Asiaten eher auf ein entsetzendes Bild wert legen, setzten Amerikaner auf viel Blut und massig "BUH" Effekte. Hier wird nicht die Stille mit irgendwelchen lauten Sounds zerrissen, alleine die Bilder bleiben im Gedächtnis. Das ist zwar nicht jedermanns Geschmack, aber durchaus nachhaltiger als ein kurzer lautstarker Aufschrei.

Alles in allem ist The Midnight Meat Train ein Muss für Horrorfans und selbstverständlich absolutes Pflichtprogramm für Barker Fans. Jedoch sollte man in diesem Film nicht die Nadel im Hauhaufen suchen. Alles was dieser Film tut, ist den Zuschauer makaber zu unterhalten. Nicht mehr, nicht weniger. Weder ist die Geschichte Oscar-Reif, noch bieten die Charaktere potenzail zur Ernsthaftigkeit. Man muss der Filmcrew aber zugute lassen, das sie möglichst viel aus dem Quellmaterial rausgeholt haben, sei Visuell oder im Unterhaltungsfaktor. Perfekt ist der Film sicherlich nicht, dazu sind die Figuren zu kitschig, die Story stolpernd und die Effekte für das Massenkino einfach zu hart. Wer aber solche kleinen fiesen Filme begrüßt wird zustimmen, das aus der einstigen Kurzgeschichte mehr rausgeholt wurde, als so manch andere Horrorverfilmung die Hollywood dieser Tage auf die Leinwand bannt.

BILD

Die Blu-Ray wartet auf mit dem Format 2.35:1 mit Full-HD Auflösung 1920x1080/24p und dem Videocodec MPEG-4/AVC.
Wie schon in meiner Kritik erwähnt, besticht der Film durch viele verschiedene Farbfilter die perfekt mit jeder Szenerie Harmonieren.
Die Bildschärfe ist eigentlich ein Blickfang, doch das Bildrauschen in den vielen hellen Sets des Films wirkt der Film zu körnig. Vergleichbar mit der Blu-Ray von "300". Ich denke es war Absicht, die Körnung hoch zu treiben um einen allgemeineren „dreckigeren“ Look zu kreieren. Aber ob es wirklich nötig war, bleibt anderer Ansicht.
Jedoch ist der Schwarzwert wiederum ein Lebensretter, denn bei den vielen dunklen und urbanen Settings zeigt das Bild durchaus, das mehr drinnen ist.
Handgemachter Gore ist in diesem Film ebenfalls präsent, jedoch gibt es hin und wieder Szenen in denen die Rechner ihr übriges getan haben. Was nicht schwer ins Gewicht fällt, da die Farbfilter viele raustechende Elemente gut übertünchen.

SOUND

Und hier wird wieder ordentlich aufgetischt, eine satte DTS-HD Master Audio 7.1 Spur wühlt das Wohnzimmer richtig auf. Besonders auffallend ist die dynamische Ton-Abmischung im Zug, auf einer weitläufigen Straße oder in einem gut besuchten Diner. Zentriert ist das was zentriert sein soll und rundherum besticht der Sound des jeweiligen Ambientes. Vorbildlich. Importeure seien aber gewarnt, auf eine Deutsche Tonspur wurde leider verzichtet.

AUSSTATTUNG

Das auffallendste Stück ist wohl die ca. 15 Minütige Featurette über Clive Barker (The Man behind the Myth). Hier spricht der Altmeister über die Kurzgeschichte, wie auch über Inspiration und seine Malerei. Wem das noch nicht reicht, bekommt 2 weitere Featurettes über das Making-Of des Films und ein Audio-Kommentar von Ryûhei Kitamura und Clive Barker spendiert. Die Featurettes selbst laufen auf 480p.

FAZIT

Wie ich zu sagen pflege: „Verkannte Helden sind aus Lehm gemacht, kann das eigene empfinden sie doch ehren und formen wo andere ihren Kopf wenden“. Leider bekam der Film nicht die Aufmerksamkeit die er verdiente und ging ziemlich unter in den Amerikanischen Kinos. Hier in Europa lief er lediglich nur auf Film-Festivals und bekam recht gute Resonanzen. Jedoch brachte er nicht den Finanziellen Erfolg den sich Lionsgate wünschte. Doch wer weiß was die DVD/Blu-Ray Verkäufe und Verleih noch mit sich bringen. Jeder der nur ansatzweise sich für das Thema interessieren kann, sollte sich einen Einblick nicht entgehen lassen, danach kann man immer noch entscheiden ob Ryûhei Kitamura weiterhin in Asien arbeiten sollte. Was bleibt ist ein vortrefflicher kleiner Genre-Film der zu unterhalten weiß und sich tadellos als mitternächtlichen Fleischsnack für zwischendurch anbietet, aber nicht vergessen: „DON’T CALL IT SCHNITZEL“ ;)

© 2009: sHiBiT0

Wertungsübersicht:
Story: 7/10
Bild: 6/10
Ton: 10/10
Ausstattung: 6/10
Gesamt: 7/10

Daten zur Blu-Ray:

Studio/Verleih: Greene Street Films, Lionsgate
Schauspieler: Vinnie Jones, Bradley Cooper, Leslie Bipp, Roger Bart, Brooke Shields, Tony Curran, Barbara Eve Harris, Erika Sakaki, Ted Raimi, Quinton “Rampage” Jackson
Regisseur: Ryûhei Kitamura
Schreiber: Jeff Buhler, Clive Barker
Laufzeit: ca. 103 Minuten
Region: B
Video Codec: MPEG-4/AVC
Bild Auflösung: 1080p
Bildseitenverhältnis: 2.35:1
Blu-Ray Disc Format: Single Layer 25 GB
Audio: Englisch DTS-HD Master 7.1
Untertitel: Englisch für Hörgeschädigte


PS: Das Bild mit dem Mordopfer wurde von mir nur Blau gefärbt um eine zensur zu vermeiden. Horrorfans sehen im Film selbstverständlich ein rot.

Eine sehr blumige Beschreibung.
Danke für die Filmvorstellung, ich habe mir die Blu-ray schonmal für den nächsten Einkauf in den Warenkorb gepackt!

Danke für die Review, so weiß ich schon, das dies definitiv kein Film für mich ist.
Du schreibst unterhaltsam und kenntnisreich, auch die Bild, Ton und Extra Wertung ist verständlich und nachvollziehbar.
Allerdings würde ich sprachlich noch mal etwas feilen, damit es sich noch flüssiger lesen lässt und manche Feststellung genauer ist. Respekt für dein Erstlingswerk, macht Lust auf mehr!

Wenn es den mal deutsch gibt, leihe ich ihn aus. Danke für die Bericht, ich finde sehr sachlich, kann sehr einfach Stellen überspringen, die einen nicht interessieren.

Nachdem ich Barker schon persönlich treffen konnte in London war ich sehr gespannt auf die Adaption seiner Kurzgeschichte und war mehr als erstaunt und erfreut. Bin ja schon auf "Book of Blood" gespannt.

@sHiBiT0: Klasse gemacht. super Leistung und schön geschrieben. Respekt !!!

@vladib: ob der in Deutschland jemals so auf dem Markt kommt halte ich mal für Zweifelhaft. Das wird dem 12-Kremium gar nicht gefallen ...

@ Tsungam

Dankeschön, freut mich das ich dir diesen Film näher bringen konnte. Wow, gleich gekauft? Na dann viel spass damit, hoffe er gefällt dir :)

@ vladib

Hmmm, tja, ich hab überhaupt keine Ahnung ob der Film jemals in Deutschland erscheinen wird. Aber never say never, weil die ungeschnittene Version von "Doomsday" bekommt ja jetzt auch endlich ein Ösi release.

@ Breiti

hehe ja, der Film ist halt ein genre Film, aber muss ja nicht jedem gefallen oder gar ansprechen :P Aber vielen dank für deine lieben Worte, ja, ist mein erstes Review und klar, da kann man nochmal stolpern :o Aber ich geb mir mühe und mal sehen ob ich noch eins schreibe, hätte ja noch ne idee ;)

@ Timber

Wow echt jetzt? Das muss bestimmt hammer gewesen sein Herrn Barker mal persöhnlich zu treffen. Mal ne blöde frage, aber geht's dem irgendwie nicht so gut letzter Zeit? Er hat eine sehr schwache kratzige Stimme wenn man ihn immer sieht. :(

Auch dir vielen dank, von einem echten Barker Fan ist das natürlich ein super Feedback :)

Aber doch nur als DVD oder war da auch von BD :love: die Rede?

Auf jeden Fall hat mich die gelungene Review auch auf den Film angesetzt, bei der nächsten 10% Aktion von TheHut o.ä. ist der auf der Einkaufsliste.

Ich finde diese Review einfach Super, ich habe twar den Film nicht gesehen, aber durch diese Review wurde ich neugierig gemacht. Das Review ist ziemlich gut gestaltet und durch die eingeführten Bilder ( die noch ein Beschreibung beinhalten) sind das Optisch glänzend aus, gehört zu den besten Reviews die ich bis jetzt hier sah. Vor allem finde ich Vinnie Jones wirklich cool, meiner Meinung war seine beste Rolle in Snatch.

Vielen Dank für Deine Review. Habe den Film auf den FFF in Stuttgart im
September 2008 gesehen. Wirklich der Hammer. Hätte nie gedacht, das man
aus der Kurzgeschichte so einen guten Film machen kann.

Der ist wie ein Tritt in die Magengrube. Habe Ihn mir auch letzten
Donnerstag bei "The Hut" bestellt und hoffe, Ihn bis Ostern zu haben. ;)

Ich denke auch, eine Blu Ray Veröffentlichung in der BRD wird wohl so schnell nicht kommen.

Vieleicht mal nach der nächsten Bundestagswahl, wenn die Bürger in diesem Land mal wieder volljährig
werden und selber entscheiden können, was für Sie gut ist und was nicht. :confused:

Von dem her, zum Glück gibt es das Internet und Länder, wo es noch nicht ganz so "eng" genommen wird.

Dein Schreibstil gefällt mir sehr gut. Die Einleitung ist absolut spitze und auch der Rest des Reviews fügt sich dem nahtlos an. :thumb: