Keine speziell an Dich gerichtete Antwort (siehe mein vorheriges
Posting), sondern eher Input für die Mitlesenden:
Zumindest kann ich aus persönlicher Erfahrung sprechen (ich führe
ein Unternehmen in Deutschland, weiß ja nicht, wie es bei Dir
aussieht), dass die frühere Zollregelung (alles unter 22€ ging frei
durch) mich extrem nachbeteiligt hat und meine
(EU)-Auslandsmitbewerber extrem bevorteiligt hat.
Ich weiß nicht, was Deiner Meinung nach daran cool sein soll, wenn
ein Chinese (im schlimmsten Fall noch minderwertige Fälschungen)
für 10 Cent produziert, weil die Angestellten in China nen € pro
Stunde Lohn kriegen und der Staat den Versand in die EU massiv
subventioniert, während EU-Hersteller 10fach höhere Lohnkosten und
keine Vorteile bei der Logistik erhalten und auf Herstellungskosten
von 1 bis 1,50€ kommen... von Steuerhinterziehungen mal ganz zu
schweigen..
Ein fairer Wettbewerb in einer globalisierten Welt ist ohne
Zollbeschränkungen Utopie, daher muss es zwangsläufig Hebel durch
die Politik geben - um dieser riesigen Problematik zumindest etwas
entgegenzuwirken. Gibt es diese nicht, führt das zwangsläufig zu
mind. 3 Dingen:
- hohe Abhängigkeiten (schon jetzt durch den UKR/RU-Krieg spürbar,
aber ein Witz wenn China ins Spiel kommt)
- Abwanderung der Wirtschaft (made in China kennen selbst
ungebildete Jugendliche)
- massive Lohnsenkungen innerhalb der Zollunion (die sind schon so
massiv gesunken, dass die Firmen gezwungen werden müssen, die Löhne
zu heben)
Man kann diese Diskussion natürlich auf einem polemischen Niveau
führen, aber erreichen wird man mit solchen Plattitüden wohl eher
wenig bis gar nichts.
Ich bin auch ehrlich gesagt unsicher, wie sehr Deine hier
getätigten Aussagen im Einklang mit Deinem Profil stehen:
Zitat:
Beruf teacher, tutor, philosopher
Zumindest gibt es dann ja noch Potenzial nach oben.
Wenn Du tatsächlich in den USA wohnst und nicht im Geschäftsumfeld
eines Handelsunternehmen tätig bist, dann bekommst Du persönlich
wohl auch eher wenig bis gar nichts mit, wie der Hahn in der EU/DE
läuft. Aber ich denke, wenn sich die USA/EU mit China verwirft,
wirst auch Du zu spüren bekommen, was die Abhängigkeit von China
bedeutet. Dann wirst Du Dir entweder wünschen, Du hättest gänzlich
auf Deine Importe verzichtet oder Dir wären die paar EUR/USD mehr
im Nachhinein egal gewesen.
Unter Berücksichtigung all dieser Umstände würde ich fast schon
annehmen, dass pures "Geldverdienen" der letzte Grund ist, warum
man Zölle einführt.
Hab aufgrund meiner letzten Aussage mal einfach noch schnell
Wikipedia bemüht, welchen Zweck Zölle im Allgemeinen haben:
https://de.wikipedia.org/wiki/Zoll_(Abgabe)
Zitat:
Besonders der Einnahmezweck (Fiskal- oder
Finanzzoll) ist immer weiter in den Hintergrund getreten. Im
Vordergrund steht heute die Funktion des Zolls zum Schutz
ausgewählter inländischer Wirtschaftszweige (Schutzzoll). Der
Erziehungszoll soll neue
Industrien eines Landes
durch einen Zoll schützen, wobei der Zoll in dem Maße abgebaut
werden soll, wie die Industrien an Wettbewerbsfähigkeit gewinnen.
Als
Antidumping- oder
Antisubventionsmaßnahme
können auch
Strafzölle (Retorsionszölle) erhoben
werden.
Das entspricht exakt meiner Sichtweise auf diese Thematik.
Aber naja, was rede ich...
Es gibt übrigens immer ein relativ neues, großes Problem:
Unternehmen, die mit Online-Dienstleistungen ihr Geld verdienen
(das sind die pösen I...), erhalten Verdienste auf West-Niveau
(USA/EU), leben aber in Ländern mit einer deutlich niedrigeren
Kaufkraft oder massiven Steuervergünstigungen. Das Ungleichgewicht
in diesem Segment ist extrem. Es sollte jedem einleuchten, dass das
nicht auf Dauer funktionieren kann und auch nicht wird. Aber das
ist nochmal ein anderes Thema. Ich hab das Beispiel jetzt nur
gebracht, um nochmal hervorzuheben, dass es (immer wieder neue)
Ungleichgewichte gibt, die eben immer wieder ausgeglichen werden
müssen.
Meine persönliche Meinung:
Die Zölle und EUSt. unterstütze ich übrigens voll, weil wir auf
diesem Wege anfangen, uns von einer sehr großen Abhängigkeit
zumindest in kleinen Teilen zu lösen und ich außerdem mittlerweile
sehr bewusst lebe (und hoffe, dass andere das aufgrund dieser
Umstände auch evtl. anfangen zu tun bzw. zumindest drüber
nachzudenken) und mich Konsum abseits von Lebensmitteln so gut wie
gar nicht mehr befriedigt. Ich hab gern nette Menschen um mich,
esse gerne und nutze mein Deutschlandticket für schöne Spaziergänge
und Erkundungen. Damit schone ich auch die Umwelt. Bitter ist es
halt für die, die sehr materialistisch sind und alle paar Tage was
importieren 'müssen'. Ich verstehe den Ärger des Einzelnen, aber
die Entscheidung ist meiner Meinung nach im Sinne der Gemeinschaft
und unserer Zukunft völlig richtig.