Nun meine zwei Pfennige zum Film. Spoiler nur so weit voraus, wie
man es aus den Trailern #1 und #2 kennt.
Wer den Thread verfolgt weiß das ich die Trailerkampagne stark
kritisiert habe. War das richtig? Nach Sichtung muss ich sagen
nein. Hätte der Trailer nicht bereits Josh Hartnett als The Butcher
dargestellt, so hätte Shyamalan einen anderen Film drehen müssen.
Der Film selbst macht keinen Hehl draus und es gehört nun mal ab
der zweiten, dritten Minute dazu, das wir alle wissen das wir aus
der Sicht eines Mörders der Handlung folgen. In sofern wurde
tatsächlich nichts verraten ODER, was im Falle eines anders
geschnitten Trailers passiert wäre, das der Vorwurf der Täuschung
durch das Marketing entstanden wäre. Nein. Somit alles gut auch
wenn ich persönlich mir einen anderen Film gewünscht hätte. Eben
mit dem Grundthema der Falle aber das man als Zuschauer lange Zeit
gar nicht erfährt das unser sympathischer Charakter der Mörder
ist.
Aber zum Film selbst. Ich bin großer Josh Hartnett Fan. Gerade
seine Anfänge von
The Faculty (1998) bis
30 Days of Night (2007) fand ich super. Danach kam
leider nicht mehr viel was ich gesehen habe, da er das Genre stark
gewechselt hat. Umso schöner ihn endlich mal wieder in solch einem
Film zu sehen. Und auch er scheint das Hollywood-Gen des
Nicht-Alterns zu haben. Wow. Daneben haben wir ein paar andere
Charaktere die aber alle eher belanglos sind. Seine Tochter fand
ich noch ganz nett und vor allem den T-Shirt Verkäufer, welcher
auch eine Mid-Credit-Scene bekommt. Herrlich. Ansonsten trifft die
Kritik schon zu, das der Film eine starke Promotion für Shyamalan's
Tochter ist, die hier den Konzertstar "Lady Raven" miemt.
Allerdings fand ich sie jetzt nicht so dermaßen schlecht, wie es so
mancher Kritiker sagt. Auch fand ich es jetzt nicht sooooo schlimm,
das es schon recht viele Konzertszenen gibt. Also wo man wirklich
die Show sieht und sie singt. Und nein, es ist kein Konzertfilm. Es
ist sogar so, das der Film 2/3 im Stadion und 1/3 außerhalb spielt.
Von den Szenen im letzten Drittel sehen wir im Trailer aber an sich
nichts.
Und nun kommen wir mal zur Konstruktion des Films. Ja sobald man
sein Hirn einschaltet und hinterfragt, kann man sich den Film
kaputt machen. Es gibt viele Stellen wo der Film eine wichtige
Filmregel missachtet und Dinge gemacht werden, nur aus dem Grund
heraus das es das Drehbuch grad so benötigt. Ganz einfaches
Beispiel mit nem kleinen Spoiler (kann aber ruhig gelesen
werden):
SPOILER! Inhalt
einblenden
Man denkt nun sitzt er fest und zack eine
Szene später sieht man, das er aus der Gefahrensituation bereits
raus ist. Wie er das gemacht hat wird nicht gezeigt /
erklärt.
Und ja von diesen Beispielen gibts ein paar. Aber das ist die
Kategorie "warum enden Lichtschwerter nach nem Meter und sind nicht
unendlich lang". Nimmt man es hin das es einfach so ist, dann ist
der Film bei der Erstsichtung echt spannend. Zumindest ich habe
mich drauf eingelassen und war selber immer wieder am überlegen,
wie er jetzt aus der und der Situation rauskommt. Das funktioniert
gerade die 2/3 im Stadion recht gut. Ab der Stelle wo er einen Weg
aus dem Station gefunden hat, wird es allerdings seeeeehr unlogisch
und würde im echten Leben natürlich niemals funktionieren. Da hat
Shyamalan einfach überdreht was schade ist. Eine andere Lösung
des Problems hätte den Film direkt besser gemacht. Das letzte
Drittel ist dann auch wirklich arg konstruiert. Noch eine Szene mit
einem sehr mildem Spoiler:
SPOILER! Inhalt
einblenden
Wo in der Welt gibt es Polizisten die einen
Mörder in Handschellen abführen und er darf im Vorgarten nochmal in
Ruhe am Fahrrad des Kindes ran um es aufzustellen und zu
suggerieren das er ja ein netter Familienvater ist. Cringe.
Das sind halt die Szenen wo man komplett im Sci-Fi / Comedy Genre
angekommen ist. Nichts desto trotz spielt Hartnett super. Seine
zwei Persönlichkeiten zwischen netter Familienvater und eiskalter
Killer kommen geil rüber. Ein wahnsinns Schauspieler. Umso blöder
ist halt das Finale was diesem Spiel an sich nicht gerecht wird.
Auch die FSK 12 / PG-13 passt sogar gar nicht zu Ton des Films. Es
hätte mindestens eine R-Rating / FSK 16 her gemusst. Wenn nicht
mehr. Weil es wird immer wieder gesagt was für ein krankes Schwein
der Butcher ist und das er seine Opfer zerstückelt. Der T-Shirt
Mann zeigt ihm sogar eine Handyszene von einem Tatort, die wir als
Zuschauer aber nicht zu sehen bekommen. Nein. Um die Gefahr zu
verdeutlichen, wären Goreszenen angebracht gewesen. So
sympathisiert man mit Hartnett bis in den Abspann und hofft die
ganze Zeit, das er heil aus der ganzen Sache raus kommt. Er ist
halt der Held des Films und wird nun mal auch bis auf wenige
Ausnahmen so gezeigt. Ganz ehrlich? Das hier hätte ein
Hannibal 2.0 werden können. So ist es ein Mr. Nice
Guy
Venom 0.1 geworden. Die
Venom-Filme finde ich ja auch scheiße und viel zu
weich gespült. An der Stelle wurde einfach eine riesen große Chance
vertan. Und ob das Thema wirklich so viele 12/13-jährige anspricht
und die nun in Scharen da rein laufen wage ich zu bezweifeln. Was
ja das Einspiel des ersten Wochenende ebenfalls zeigt.
Was bleibt also am Ende? Für mich wars ein zu großen Teilen doch
spannender Film (weniger Thriller), der eine gute Grundidee hat,
aus der aber viel zu wenig gemacht wird. Die Altersfreigabe wurde
völlig falsch gewählt und viele Dinge im Film sind arg konstruiert.
Ein anderer Regisseur hätte hier viel mehr draus machen können.
Gerade mit dieser Top-Besetzung von Hartnett, der sichtlich Spaß an
seiner Rolle hat. Es ist kein Totalausfall im 0 Punkte Bereich wie
bei so vielen Shyamalan Werken. Aber natürlich ist es auch kein
Peak-Shyamalan Movie. Ich würde ihn irgendwo auf der Höhe von
The Village und
The Visit
eingruppieren. Und auch wenn es hier wieder ein Thema von
verschiedenen Persönlichkeiten gibt, so darf man diesen Film
keinesfalls mit einem
Split vergleichen. Davon ist
er meilenweit weg. Somit weitaus besser als die letzten beiden
Totalausfälle
Old und
Knock at the
Cabin. Aber eben auch kein
Split,
Unbreakable oder gar
Sixth Sense.
An Letzteren wird er eh niemals mehr dran kommen. Positiv zu
erwähnen ist das es eben keinen Hammer-Twist ganz am Ende mehr
gibt. Trotzdem wurde ein bissl mit dem Thema gespielt. Stichwort:
seine Frau. Und auch die letzte Szene macht irgendwie Bock auf
mehr, auch wenn ich mir nicht vorstellen kann das es hier noch ein
Sequel geben wird. Aber wer weiß. Vielleicht bekommen wir in 10
Jahren doch noch ein aufeinandertreffen von Kevin Wendell Crumb als
Die Bestie und Cooper Adams aka The Butcher. Könnte ja zwischen
Split und
Glass angesiedelt
werden. Ich würde es mir anschauen.
Ansonsten zum Abschluss: Prädikat "Woke-Free"
Stefan Raab ist der Stinkefinger des aktuellen
Zeitgeists