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Gestartet: 21 Apr 2023 16:29 - 5 Antworten
Der Anfang des Director's Cut macht einen weitaus größeren Bogen
in die Vergangenheit und greift die Erlebnisse aus Rocky 3
umfassender auf. Dabei wird die Wichtigkeit von Apollo in Rockys
Werdegang als Boxer in den Vordergrund geschoben und deren
Freundschaft verstärkt vermittelt.
Das Aufeinanderknallen des US und sowjetischen Boxhandschuhs ist
komplett raus und dieser Aspekt wird auf den ganzen Film
übertragen. Die ganzen politischen Spitzen sind raus - eine Wohltat
für den Film und so wird auch gerechterweise dieser mit "Rocky vs.
Drago" betitelt und nicht "USA vs Russia".
Nachdem Apollo die Entscheidung trifft gegen Drago anzutreten
und Rocky von seinem Vorhaben in Kenntnis setzt, sind die Gespräche
inhaltlich reifer. Rocky und Adrian sind eher besorgt und sich der
Tragweite bewusst. Zum Glück wird die Szene zwischen den Drei am
Tisch nicht von dem Roboter gestört, denn dadurch hat die
Atmosphäre eine ganz andere Wirkung. Nachdem geht die Szene
zwischen Rocky und Adrian weiter mit einem tollen Dialog, der
nochmal alles unterstreicht. Die Charakterzüge von Apollo sind beim
letzten Gespräch mit Rocky durchweg ernst gehalten, die ganzen
blöde Sprüche sind allesamt passé. Zwar stimmt Rocky letztendlich
zu in Apollos Ecke zu sein, aber mit viel Skepsis und
Selbstzweifel.
Der Kampf zwischen Apollo und Drago ist weitaus besser
geschnitten worden und wirkt auch eher wie Sportboxen als eine
offensichtliche Hinrichtung. In der alten Fassung gab es immer
wieder Szenen, in der eindeutig zu sehen war, dass der Punch gar
nicht den Gegner getroffen hat. Zwar sind nicht alle Szenen dieser
Art drausen, aber es sieht um Welten besser aus. Eine der
ärgerlichsten Szene ist auch raus und zwar der Moment mit dem
weißen Handtuch. In der alten Kinoversion nimmt Rocky das
Handtuch in die Hand und wartet und wartet und wartet und mal ganz
ehrlich, sein bester Freund ist in Lebensgefahr - scheiss drauf, da
wird nicht überlegt, es geht um sein Leben. Wie es am Ende
ausgeht wissen wir alle, aber in der neuen Version wird das ganze
realistisch angesetzt. Nachdem Tony Ihn anschreit den Fight
abzubrechen, greift Rocky nach dem Handtuch und unmittelbar danach
bekommt Apollo den tödlichen Schlag. Sprich, Rocky war bereit
den Kampf abzubrechen, aber es war in dem Moment bereits zu
spät. Und auch das fiese Lächeln von Drago's Frau, als Apollo
in Zeitlupe auf den Boden schmettert, ist nicht mehr drin - war
nämlich auch total deplatziert. Als Drago sein Interview
abgibt, lauscht man den Worten, dass bald jeder in der Welt seinen
Namen kennen wird: "Drago" ... "Drago". Auch hier wird der
Fokus auf Drago selbst gelegt, es ist Ihm wichtig Erfolg zu haben
und der Beste zu werden und es wird klarer differenziert. Es
fehlt gänzlich der Austausch der Blicke zwischen Rocky und Drago
während Apollo am Boden liegt. Erneut passend, denn Drago
führt ja keine persönliche Vendetta gegen Apollo oder Rocky und zum
anderen wird Drago dadurch nicht als eine Art gefühlloser Henker
oder Terminator dargestellt. Während Apollo blutig in den
Armen von Rocky liegt, folgt langsam die Abblendung zur
Grabrede.
Die Beerdigung von Apollo hat einen anderen Anfang, denn es
steht sein Trainer Tony vor dem Sarg und hält einen schönen
Monolog, der inhaltlich nachhalt. Es folgt dann die Rede von Rocky
und ich muss sagen, es hat mich hart getroffen. Wenn in Rocky
3 Mickey stirbt, bleibt bei mir kein Auge trocken, dass ist endlos
hart und traurig - da kullert es einfach runter und selbiges trifft
nun auch bei Rocky 4 zu. Vergesst die öde und distanzierte
Rede von Rocky, die dermaßen oberflächlich bleibt und man das
Gefühl bekommt, dass er gerade seinen Goldfisch
verabschiedet. Rocky ist untröstlich über den Verlust von
Apollo, mit stotternder und brüchiger Stimme erweist er Ihm die
letzte Ehre und sagt, dass er Ihm alles im Leben verdanke ... was
für ein emotionaler Moment! Echt irre! Wahrscheinlich wurde
auch deswegen der Anfang von Rocky 4 so umfassend aufgegriffen,
denn ohne Apollo wollte Rocky seine Box-Karriere an den Nagel
hängen und genau das wird von Rocky hier aufgegriffen. Zum
Thema harter Cut: Sobald Rocky mit der Rede fertig ist, löst sich
die Versammlung auf und Adrian kommt auf Rocky zu und der ist
plötzlich wieder entspannt. Die Stimme ist wieder normal und
er wirkt gefasst - also gänzlich andere Gefühlshaltung. Er hat
Schuldgefühle und redet sich ein, dass er alles hätte verhindern
können und Adrian baut Ihn hier wieder etwas auf. Die neue
Grabszene ist emotional wie Tag und Nacht und absolut nicht mit der
bekannten Sequenz vergleichbar. Ganz großes Kino!
Das Gespräch an der Treppe zwischen Rocky und Adrian ist auch
inhaltlich einfach reifer, menschlich greifbarer und nicht so
überspitzt. Es sind zwar nur ein paar Dialoge abgeändert worden,
aber diese treffen einfach eher ins Schwarze. Rocky macht jetzt
nicht mehr den Anschein, als würde er in den heroischen Krieg und
Tod ziehen. Eher zweifelt er selbst daran Drago bezwingen zu
können und dennoch will er den Kampf angehen, da er diese Tatsache
nicht wahr haben möchte. Das wurde richtig gelungen
inszeniert, als Adrian Ihn anschreit mit "... you can't win!" und
Rocky resigniert sagt "Oh , Adrian, Adrian ... always tells the
truth.". Eine weitere, tolle Szene!
Der Abschied zwischen Rocky und seinem Sohn gefällt mir
persönlich auch besser. Die Botschaft, die Rocky Ihm auf dem Weg
gibt, ist Rocky pur, dafür lebt und kämpft er seit diese Figur die
Leinwand schmückt. Was dann passiert hat mich ebenfalls
zutiefst ergriffen und zwar der Auftritt von Adrian! Die
Vater-Sohn-Szene wird nämlich hier fortgesetzt und Adrian ist
regelrecht aufgelöst und verzweifelt. Man spürt Ihre Angst um
Rocky und wie sehr Sie Ihn nicht gehen lassen möchte. Eine
weitere emotional großartige Szene!
Die Trainingssquenzen weichen nicht extrem vom bekannten ab,
sind aber dennoch einen Ticken besser. Weniger Schnittgewitter,
mehr längere Trainingsszenen, die atomsphärisch immer noch
rocken!
Der Endkampf ist um Welten besser geschnitten und inszeniert! In
der alten Kinofassung fand Rocky anfangs kein Mittel gegen Drago,
hier versucht er von Anfang an dagegen zu halten. Er wirkt nicht
wie ein 0815 Sparring-Gegner, sondern wie ein harter Boxer, der
einfach größentechnisch unterlegen ist. Und endlich, endlich wurden
diese unzähligen "falschen" Treffer entfernt. Im Endkampf gab
es dermaßen viele "Treffer", die augenscheinlich keine waren und
hier hat sich Sly zum Glück auch darum gekümmert. Zwar nicht
zu 100%, aber es ist auf ein Minium reduziert
worden. Insgesamt wirkt der Endkampf inszenatorisch
hochwertiger in der Darstellung und ist für mich die bessere
Wahl.
Rocky's Ansprache nach dem Fight fällt kürzer und nicht so
patriotisch aus. Die russischen Befehlshaber klatschen diesmal
nicht mit, was ich eh in der Kinofassung bescheuert fand - als ob
solch hohe Tiere nach einem Boxkampf zur Besinnung kommen.
Stattdessen stehen Sie auf und ziehen einfach ab -
fertig.
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