Geschrieben: 23 Juli 2022 14:24
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Michael Speier youtube.com/MichaelSpeier
Film: 2/10
Bild: 7/10
Ton: 7/10
Ausstattung: 0/10
Gruselgeschichten über verlassene Orte, im englischen „Lost Places“
genannt, erfreuen sich vor allem bei Gruselfreunden einer
steigenden Beliebtheit. Filme, aber auch pseudodokumentarische
Fernseh- und Webformate, die sich mit dieser Thematik beschäftigen,
gibt es zahlreiche. Selbst aus Deutschland kamen bereits einige,
teils recht gelungene Generbeiträge, wobei Michael David Pates
„Heilstätten“ von 2018 und Thorsten Kleins 3D-Film „Lost Place" von
2013 besonders hervorzuheben wären. Nun bringt Lighthouse
Entertainment den von Drehbuchautor und Regisseur Taylor Chien für
Hulu produzierten Grusler „The Resort“ auf den deutschen Markt. Was
der Film zu bieten hat, und wie sich die Blu-ray Disc in
technischer Hinsicht schlägt, klärt die nun folgende
Rezension.
Film:
Die angehende Schriftstellerin Lex (Bianca Haase) bekommt von ihren
Freunden Chris (Brock O‘Hurn), Sam (Michael Vlamis) und Bree
(Michelle Randolph) einen Tripp in ein stillgelegtes Resort auf
Hawaii zum Geburtstag geschenkt. Dort soll es der Legende nach
spuken, seit es zu einem Massaker an Eingeborenen kam, welches nie
wirklich aufgelöst wurde. Dummerweise verpassen sie das letzte Boot
und sind nun über Nacht auf der Insel gefangen. Schon bald stellen
sie fest, dass in jeder Legende auch ein Fünkchen Wahrheit
schlummert …
Die Prämisse des Films bietet zwar kaum etwas neues, aber
Horrorfans nehmen in Zeiten der Not alles was da ist. Dieser Film
allerdings ist eine herbe Enttäuschung auf fast allen Linien. Zum
einen sind die vier Hauptfiguren weitestgehend unsympathisch und
nerven nach kürzester Zeit bereits erheblich, so dass man sich als
Zuschauer wünscht, sie würden möglichst schnell dem zu erwartenden
„Bösen“ zum Opfer fallen. Nicht nur, damit endlich mal etwas
passiert, sondern auch, damit man endlich von dem Elend erlöst
wird. Aber Nein, Regisseur und Drehbuchautor Taylor Chien, dessen
letzter Film rund 10 Jahre zurückliegt, hatte offenbar
Nachholbedarf in puncto Dialoge und lässt die vier jungen Menschen
eine banale und unsinnige Unterhaltung nach der anderen
führen.
Währenddessen schleppen sich die vier Teilzeit-Tagediebe gefühlt
stundenlang orientierungslos durch den Dschungel und präsentieren
ein Logikloch nach dem Anderen. Ein Wegepunkt mit Parkkarte auf
einer nicht vorhandenen Straße? Warum nicht! Immerhin verläuft man
sich ja gerne mal in in sich geschlossenen Ferienanlagen. Und warum
zum Teufel legt überhaupt ein Boot von einer verlassenen Insel ab,
welches man nur mittels Privathelikopter erreicht, oder warum
wartet dieser nicht auf die jungen Leute, oder setzt sie, statt
irgendwo im Dschungel, nicht gleich im stillgelegten Resort ab?
Fragen über Fragen, aber Logik sollte man in solcherlei Filmen
ohnehin nicht erwarten. Dafür schauen die vier Darsteller
einigermaßen gut aus. Brock O’Hurn erinnert ein wenig an den jungen
Chris Hemsworth als Thor, und die Mädels (nein, obwohl es die Regel
für derartige Filme vorschreibt und eine Badeeinlage in einem See
vorkommt, sehen wir keine Brüste!) sind auch ganz nett
anzusehen.
Doch nicht nur nackte Tatsachen bleiben uns verwehrt, auch auf
atmosphärischen Grusel, welcher Lost Places so beliebt macht,
wartet man leider vergeblich. Dafür verzichtet der Film auch auf
billige Jump-Scares, zumindest verdienen die wenigen halbherzigen
Versuche, das Publikum zu erschrecken, nicht einmal ansatzweise.
Erschwerend kommt hinzu, dass das stillgelegte Resort leider
auch so gar nicht nach einem Lost Place aussieht. Es hat eher den
Anschein, als hätte man (vielleicht aufgrund der Corona-Pandemie)
vorübergehend geschlossen und aus Kostengründen den Gärtner
entlassen – plant aber in Kürze wieder zu öffnen.
Kurz gesagt: Trotz der sehr kurzen Spielzeit von gerade einmal 75
Minuten ist „The Resort“ stinklangweilig, nervig und unspektakulär.
Immerhin bietet der Film ein paar schöne Naturaufnahmen, gerade
während des Anflugs auf die Insel, wobei man hier schon fast
erwarten würde, dass gleich Dinos auf die Leute losgehen, wenn die
Musik ein wenig anders wäre. Lediglich das Ende wartet mit einigen
sehr, sehr wenigen, aber „saftigen“ Szenen auf, in denen sich
Makeup-Artist Joanne Adolfo und sein Team schön ausgetobt haben.
Schade, dass man darauf so lange warten muss, und dass diese so
spärlich gesät sind. Die Frage, ob es sich also lohnt, eine runde
Stunde dabei zuzusehen, wie sich vier Nervensägen gegenseitig und
dem Zuschauer auf die Nerven gehen, sollte man eher mit „Nein“
beantwortenVielleicht wäre es besser gewesen, man hätte diesen Film
im Found Footage Stil konzipiert oder als Mockumentary aufgezogen,
aber als konventioneller Spielfilm fehlt es ihm leider an fast
allem, was die Fans sehen wollen.
Bild:
Das glasklare Bild liegt im Ansichtsverhältnis von 2,39:1 vor und
ist alles in allem sehr hochwertig. Die Schärfe bewegt sich, bis
auf wenige Ausnahmen, die auf Fokussierungsfehler zurückzuführen
sein dürften, auf einem guten Niveau und bildet auch kleinere
Details sauber ab. Die Farben sind je nach Setting mal sehr
natürlich, mal ein wenig in Grünliche, dann wieder ins Rötliche
verschoben, was sowohl gewollt als auch auf unterschiedliche
Kameras, deren Funktion den Kameraleuten nicht ganz vertraut waren,
zurückzuführen sein könnte. So oder so schaut der Film unterm
Strich ein wenig merkwürdig und im Endeffekt etwas billig aus. Der
Kontrast ist nicht ganz optimal und szenenweise etwas milchig,
dafür werden in dunklen Bereichen keine Details verschluckt. Da
hier aber nur selten etwas zu sehen ist, hätte man vielleicht
besser doch ein bisschen mehr an den Stellschrauben gedreht, und
stattdessen sattes, tiefes Schwarz erhalten.
Ton:
Akustisch ist der Film, der in der deutscher und englischer
Sprachfassung in dts-HD Master Audio 5.1 ohne Untertitel auf die
Disc gepresst wurde, sehr unauffällig. Die hinteren Kanäle werden
zu keiner Zeit mit nennenswerten Informationen versorgt, so dass
man nahezu keine wirklich Rämlichkeit, oder zumindest keine
Surroundeffekte geboten bekommt. Die deutsche Synchronisation ist
überraschend gut und kann sich absolut hören lassen, der Soundtrack
klingt allerdings so, als hätte man ihn aus urheberrechtsfreier
Musik aus der Youtube-Audio-Mediathek zusammengestellt. Dabei zeigt
„Musiker“ John „Fingazz“ Stary kein sonderliches Gespür für
Stringenz, denn von 80er-Synthesizer-Actionmusik bis zu
düster-pseudobedrohlichem Bass-Gedröhne-Einerlei ist alles am
„Musik“ vertreten, ohne dass dabei ein einheitliches Muster zu
erkennen wäre.
Ausstattung
Bonusmaterial gibt es leider keines. Lediglich ein paar Trailer zu
anderen Titeln des Labels haben es auf die Disc geschafft. Dafür
wurde an ein Wendecover ohne FSK-Siegel gedacht.
Fazit:
Technisch weitestgehend einwandfrei bietet der Film seichte und
billig gemachte Gruselunterhaltung für komplette Genreanfänger oder
-fans auf Entzug. Wer an Lost Places seine Freude hat, kann ruhig
einen Blick riskieren, aber nahezu jede „Geisterjäger“-Doku-Show im
Fernsehen bietet mehr Thrill.