Geschrieben: 23 Juli 2022 14:20
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Michael Speier youtube.com/MichaelSpeier
Film: 8/10
Bild: 5/10
Ton: 6/10
Extras: 4/10
Der Zombie, wie wir ihn heutzutage kennen und lieben, wurde in
seiner Form von George A. Romero im Jahr 1968 in seinem Kultfilm
„Die Nacht der Lebenden Toten“ auf das Kinopublikum losgelassen. In
seiner ursprünglichen Form suchte der aus dem Voodoo-Volksglauben
stammende „Totengeist“ allerdings schon viel früher die
Lichtspielhäuser heim, unterschied sich aber frappierend von dem,
was heute in Serien und Filmen faulend durch die Gegend schlurft.
Einer der früheren, ursprünglichen Zombiefilme, nämlich Jacques
Tourneurs „Ich folgte einem Zombie“ aus dem Jahr 1943 erscheint nun
bei Filmjuwelen im Vertrieb der Al!ve AG auf Blu-ray Disc. Was der
Film zu bieten hat, und wie sich die blaue Scheibe in technischer
Hinsicht schlägt, klärt die nun folgende Rezension.
Film:
Die Krankenschwester Betsy Connell (Francee Dee) reist auf die
Plantage von Paul Holland (Tom Conway) um sich um dessen
lethargische Ehefrau Jessica (Christine Gordon) zu kümmern. Schon
bald fühlt sich Betsy sowohl zu ihrem Arbeitgeber als auch zu
dessen alkoholkrankem Halbbruder Wesley (James Ellison) hingezogen,
während sie sich weiterhin aufopferungsvoll um die ihr anvertraute
Jessica kümmert. Als sie die Hilfe des örtlichen Medizinmannes in
Anspruch nimmt, der scheinbar mehr über Jessicas Erkrankung weiß,
überschlagen sich die Ereignisse…
Mit seinem Film „Katzenmenschen“ schuf Regisseur Jacques Tourneurs
ein Meisterwerk des früheren Horrorfilms und legte den Grundstein
für den von Val Lewton produzierte RKO-Horrorfilm-Zyklus des
„denkenden Horrorfilms“, der damals als Gegenentwurf zu Universals
erfolgreichem Horroruniversum in Leben gerufen wurde. Die Filme
hatten alle gewisse Kriterien zu erfüllen, was das Budget und die
Laufzeit, aber auch die Inszenierung betraf. So war es
beispielsweise auch enorm wichtig, dass die Filme nicht zu viel
zeigten, sondern den Horror in der Vorstellungskraft des Publikums
entstehen ließen. Nach dem Erfolg von „Katzenmenschen“ widmeten
sich Lewton und Tourneuer mit „Ich folgte einem Zombie“ der damals
in Afrika und Haiti weit verbreitete und durch die Kolonialisierung
und Sklaverei auch in Amerika bekannten und teilweise gefürchteten
Voodoo-Religion und dem Bild des „Lebenden Toten“.
war bekommen wir hier Zombies (die klassischen, nicht die
menschenfressenden, vermodernden Untoten, wie wir sie heute kennen)
zu sehen, aber im Kern ist „Ich folgte einem Zombie“ eine
dramatische Liebesgeschichte mit einem übernatürlichen Einschlag,
wobei alle Aspekte dessen was man zu sehen bekommt, in beide
Richtungen interpretiert werden können. Wie bereits erwähnt war es
für Lewtons Filme enorm wichtig, dass der Zuschauer nicht mit
billigen Effekten erschreckt werden sollte (wobei es hier einige
davon gibt), sondern vor allen Dingen auch intellektuell gefordert
werden sollte. Und so ist bis zum Ende nicht ganz klar, was man da
nun eigentlich gesehen hat – und das ist es auch, was diesen Film
so besonders macht, und über das Groß damaliger (und heutiger)
Produktionen heraushebt.
Leider ist dies aber auch einer der größten Kritikpunkte, denn der
Film vermischt verschiedene Genres, unter anderem den
Horrorstreifen und das Liebesdrama, ohne sich dabei festzulegen,
wodurch ein teilweise undurchsichtiger Kuddelmuddel entsteht.
Immerhin ist der Film enorm atmosphärisch ausgefallen (wobei die
Kulissen und die Bildsprache einen erheblichen Beitrag leisten) und
wenn man sich darauf einlässt und sich in die Entstehungszeit
zurückversetzen kann, vermag der Film einen zu schockieren und geht
ordentlich „unter die Haut“. Wenn man ihn jetzt mit den großen und
weitaus bekannteren Titeln von Universal vergleicht, ist er
objektiv gesehen recht harmlos und spannungsarm, zumindest, wenn
man sich auf klassische Weise gruseln möchte. Die vorgeschrieben
kurze Laufzeit von rund 70 Minuten (damit man die Filme im
Double-Feature vermarkten konnte) führt obendrein zu einer sehr
sprunghaften, wenngleich auch sehr straffen Inszenierung, bei der
häufig der Eindruck entsteht, man hätte etwas verpasst. Trotz all
dieser kleinen Mängel ist „Ich folgte einem Zombie“ eine kleine
Genreperle, die nicht nur aus filmhistorischer Sicht wertvoll ist,
sondern, sofern man sich darauf einlässt, auch erstklassige
Unterhaltung mit Anspruch und Niveau bietet.
Bild:
Das körnige Schwarzweiß-Bild liegt im Ansichtsverhältnis von 1,37:1
vor und schaut den Umständen entsprechend gut aus, wenn man das
Alter von annähernd 80 Jahren und das sehr knappe Budget in die
Rechnung mit einbezieht. Die einzelnen Grauabstufungen sind sauber
und differenziert, der Kontrast ist akzeptabel eingestellt aber
alle in allem ist das Bild deutlich zu blass. Richtig tiefes
Schwarz gibt es zu keiner Zeit zu sehen. Die Schärfe bewegt sich
überwiegend auf einem anständigen Niveau, lässt dabei aber noch
deutlich Luft nach oben, was zum Teil das Ausgangsmaterial
zurückzuführen sein dürfte. Grundsätzlich ist der Film eher
weicher, stellenweise sogar leicht weichgezeichnet, wodurch eine
besondere (alp-)traumhafte und unwirkliche Atmosphäre entsteht. Die
Restauration ist ebenfalls ausbaufähig, denn über den gesamten Film
hinweg machen sich mal kleinere, mal größere Beschädigungen und
Verunreinigungen bemerkbar. Obendrein ist das Bild ein wenig
unruhig und flackert szenenweise ein wenig.
Ton:
Der Ton liegt in deutscher und englischer Sprache in dts-HD Master
Audio 2.0 mit optional zuschaltbaren deutschen Untertiteln auf der
Blu-ray Disc vor. Die deutsche Synchronfassung entstand erst im
Jahr 1974 bei der Studio Hamburg Synchron GmbH und klingt leider
sehr steril und unspektakulär. Zischlaute geraten zudem sehr spitz
und unangenehm, dafür sind die Dialoge jederzeit glasklar
verständlich - zumal sie stark priorisiert über dem ganzen Rest
abgemischt sind. Der Soundtrack kommt leider kaum zur Geltung und
Nebengeräusche klingen ebenfalls nicht sehr authentisch. Der
englische Originalton klingt im Vergleich deutlich angenehmer,
wärmer und schlichtweg besser.
Ausstattung:
Im Bonusmaterial finden wir, neben einigen Trailern – darunter auch
den zum Hauptfilm – noch eine Dokumentation in Form eines
ausführlichen Interviews mit Drehbuchautor Curt Siodmak, sowie ein
wie immer sehr informativer und unterhaltsamer deutschsprachiger
Audiokommentar mit dem Filmhistoriker Dr. Rolf Giesen, einer der
größten Koryphäen, wenn es um klassische Horrorfilme geht. Darüber
hinaus beinhaltet die Keep Case Verpackung noch ein reich
bebildertes, 24 seitiges Booklet mit Hintergrundinformationen – und
einiger Eigenwerbung des Labels. Die Keep Case ist mit einem
Wendecover ausgestattet und steckt in einem Schuber, der ebenfalls
ohne FSK-Siegel auskommt – dieses befindet sich als Aufkleber auf
der Einschweißfolie.
Fazit:
Technisch bietet der Film solide Werte, wobei man zum einen das
relativ hohe Alter und zum anderen das niedrige Budget bedenken
muss, unter dem der Film seinerzeit entstand. Aufgrund diverser
Stilmittel wirkt das Bilder sehr weich, wodurch es eine mystische
Atmosphäre erzeugt, was zwar großartig aussieht, aber objektiv
mitunter als „unscharf“ bezeichnet werden könnte. Die deutsche
Tonspur ist alles andere als ein Ohrenschmaus und bestenfalls als
zweckmäßig zu bezeichnen, dafür sind die Dialoge perfekt
verständlich. Als Bonus bekommen wir noch einiges an
Hintergrundinformationen zum gucken, hören und lesen.
„Ich folgte einem Zombie“ ist ein klassischer Voodoo-Schocker mit
Elementen des Liebesdramas, welcher mit atmosphärischen Bildern und
einer straffen Inszenierung punkten kann, aber eben auch ein
Mitdenken des Zuschauers voraussetzt. Somit ist der Film vor allem
für Filmliebhaber und Cineasten geeignet, die derartigen Filmen
etwas abgewinnen und sich in die Entstehungszeit zurückversetzen
können.