Geschrieben: 28 Juni 2022 19:53
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Michael Speier youtube.com/MichaelSpeier
Film: 5/10
Bild: 8/10
Ton: 8/10
Ausstattung: 0/10
Mit „Queenpins – Kriminell günstig“ bringt Capelight Pictures einen
von der Grundidee originellen Film in den Handel, der angeblich auf
wahren Ereignissen basiert; Der von Ben Stillers „Red Hour
Productions“ produzierte Film wurde von Showtime gekauft und auf
Paramount+ ausgestrahlt. Hierzulande erfolgte die Erstauswertung
bei Amazon Prime Video. Ob die vom Regie- und Drehbuchduo Aron
Gaudet und Gita Pullapilly inszenierte Komödie überzeugen kann und
wie sich die Blu-ray Disc in technischer Hinsicht schlägt, klärt
die nun folgende Rezension.
Film
Connie (K. Bell) und JoJo (K. Howell-Baptiste) sind zwei
Vorstadthausfrauen, die vor lauter Langeweile fast umkommen. Das
Spannendste in ihrem Leben ist das Aufspüren von Rabattmarken.
Eines Tages kommt den beiden die Idee, überschüssige Coupons aus
einer Druckerei zu stehlen und gewinnbringend zu verkaufen. Der
Sicherheitsangestellte Ken (P. W. Hauser) und Postinspektor Simon
(V. Vaughn) kommen den Frauen allerdings auf die Schliche und
setzen alles daran, dem illegalen Treiben ein Ende zu setzen
…
Es ist nicht ungewöhnlich dass Diebe im Film zu Helden gemacht
werden. Man bedenke einfach die enorme Zahl an Heist-Filmen wie
„Oceans Eleven“ oder „Italian Job“, oder man nehme den klassischen
Fall des „Robin Hood“, mit dem sich die beiden Hautfiguren dieses
Films vergleichen. Und der Vergleich hält einer Überprüfung
zumindest teilweise stand, denn auch Robin Hood nahm bekanntlich
von den Reichen und gab es den Armen. Gut, Robin Hood stand am Ende
nicht mit einem Fuhrpark aus Luxusfahrzeugen im Sherwood Forrest
und er musste auch kein Geld waschen, aber ... ach, nein. Im Grunde
genommen geht es um Couponbetrug, und dieser lässt sich hierzulande
nur schwer nachvollziehen. Während man hierzulade mitunter
glücklich ist, wenn mal wieder McDonalds oder Burger King
Gutscheine im Briefkasten liegen, mit denen sich ein paar Cent
sparen lassen, ist in den Vereinigten Staaten mitunter ein echter
Boom um sogenannte „Coupons“ entstanden, der von manchen gar auf
die Spitze getrieben wird. Die TLC-Serie „Couponing Extrem“ macht
gar eine Art Sport daraus, sich mittels Coupons für wenig oder am
Ende nahezu kostenlos den Keller mit Klopapier, Dosenfrüchten,
Getränken oder ähnlichem vollzupacken. Hier geht es aber um
komplette Gratis-Coupons, die im großen Stil aus der Fabrik
geschmuggelt und gewinnbringend verkauft werden. Was als kleine
Gaunerei beginnt mündet in einem Wirtschaftsbetrug mit
Millionenschaden, wobei natürlich auch hier bedacht werden muss,
dass die Geschädigten Großindustriebetriebe sind, die diese Coupons
ebenfalls verschenken und für die diese Summen ein Tropfen auf den
heißen Stein sind. Zudem handelt es sich um Ausbeuterbetriebe, was
an mehreren Stellen sichtbar gemacht wird und in einem
entsprechenden Finale mündet. Trotzdem ist und bleibt es ein
Verbrechen, welches hier verharmlost wird, wobei das Ende auch in
diesem Punkt sehr fragwürdig ist. Obendrein stellen sich die beiden
Hauptfiguren so amateurhaft an, dass sich der Zuschauer mit etwas
Fantasie locker in die Situation hineindenken kann und mit ein
wenig krimineller Energie auf den Gedanken kommt: Das kann ich
auch!. Dass die Beiden so lange mit der Sache durchkommen liegt zum
Teil natürlich auch an denen, die hinter ihnen her sind, denn dabei
handelt es sich überspitzt gesagt um einen grenzdebilen Dummkopf
mit hohem Fremdschämfaktor und um einen Agenten des Postamtes, der
unter gnadenlose Selbstüberschätzung leidet. Soll lustig sein, ist
es aber nicht. Oder zumindest nur bedingt.
ie eigentliche Message steckt allerdings zwischen den Zeilen, denn
eigentlich geht es hier darum, dass eine Frau, die mehrfach
olympisches Gold gewonnen hat, nicht die Aufmerksamkeit bekommt die
sie „verdient“. Von ihrem Ehemann allein gelassen fristet sie ein
langweiliges Leben, dass sie mehr oder weniger zu dieser
unvorstellbaren und unglaublichen Aktion „zwingt“ um sich aus der
Bedeutungslosigkeit zu befreien. Auch hier ist das Finale äußerst
fragwürdig und soll vermutlich feministisch sein, oder zumindest
selbstbefreiend. Wie diese Botschaft letztendlich verstanden wird
bleibt wohl jedem selbst überlassen. Die beiden Diebinnen
allerdings als Alltagsheldinnen oder gar Feministinnen in Szene zu
setzen, lässt die Frage aufkommen, was in den Köpfen des Drehbuch-
und Regisseursduo falsch läuft.
Der Film besitzt einige gute Ansätze wie die Kritik am
amerikanischen System, der Waffenlobby und der Großindustrie. Und
auch ein paar witzige Momente, die primär auf Situationskomik
fußen, lassen sich nicht von der Hand weisen. Leider ist der Film
zuweilen sehr zotig und setzt auf überflüssigen Fäkalhumor, bei dem
man sich denkt "Was sollte das jetzt?". Das größte Problem sind
allerdings die beiden Hauptdarstellerinnen. Für sich genommen mag
Kristen Bell noch als niedlich-naiv durchgehen, wobei auch diese
Art mitunter etwas anstrengend ist. In Kombination mit Kirby
Howell-Baptiste sind aber beide nur noch nervig und unangenehm. Auf
der Gegenseite haben wir den eigentlich fantastischen Vince Vaughn,
der weit hinter seinen Möglichkeiten bleibt und Paul Walter Hauser,
der zwar schon so manch zotige Komödie in seinem Lebenslauf stehen
hat, aber hier deutlich über die Stränge schlägt. Gerade in
Hinblick auf seine letzten Filme, wie etwa "Der Fall Richard
Jewell", ist die Rolle des nerdigen Trottels ein grober
Rückschritt.
Bild:
Das Bild liegt im annähernd Bildschirmfüllenden Ansichtsverhältnis
von 1,85:1 vor und hinterlässt einen ordentlichen Eindruck, ohne
dabei an der Referenz zu kratzen. Die Schärfe ist überwiegend gut
,allerdings sind einige Einstellungen etwas weicher, wobei dies
durchaus gewollt sein dürfte. Ansonsten sind selbst kleinere
Details, insbesondere bei Nahaufnahmen und in hell ausgeleuchteten
Szenen, scharf und sauber. In dunkleren Bildbereichen wird es schon
mal etwas matschig. Der Kontrast ist allerdings alles andere als
gut und das gesamte Bild sieht über den kompletten Film hinweg sehr
milchig aus. Darunter leidet natürlich auch der Schwarzwert, der
nie wirklich satt und kräftig ist. Auch die genretypisch etwas zu
knalligen Farben wirken mitunter kraftlos und ausgeblichen. .
Ton:
Die Disc verfügt über die deutsche Synchronfassung und den
englischen Originalton, beides in dts-HD Master 5.1. Optional
lassen sich deutsche Untertitel zuschalten. Alles in allem ist die
Akustik in Ordnung, bleibt aber genreüblich ein wenig
zurückhaltend. In den wenigen „Actionszenen“, wenn man diese so
nennen möchte, bekommen wir auch ein wenig Raumklang, aber hierbei
handelt es sich um Ausnahmen. Primär bleibt der Ton – mit Ausnahme
der Musik – auf die vorderen Kanäle beschränkt. Dafür sind die
Dialoge jederzeit gut verständlich.
Ausstattung:
Außer dem Trailer zum Hauptfilm und einigen Trailern zu anderen
Titeln des Labels wurde auf Bonusmaterial leider verzichtet, aber
zumindest besitzt das Keep-Case ein Wendecover ohne
FSK-Siegel
Fazit:
Die Blu-ray Disc aus dem Hause Capelight Pictures präsentiert sich
in solider Bild- und Tonqualität, ohne dabei jemals Gefahr zu
laufen als Referenzscheibe herhalten zu müssen. Auf Bonusmaterial
wurde ebenfalls komplett verzichtet, wodurch sich die Frage stellt,
welchen Vorteil die Scheibe gegenüber dem Stream auf Prime Video,
wo der Titel bereits Wochen vor der Veröffentlichung zu sehen war
und ist, bietet. Der Film selbst hat zwar einige interessante
Ansätze und hätte von der Idee her auch von Michael Moore sein
können, ist aber letztendlich von Ben Stiller. Daher werden auch
nicht die tatsächlichen Missstände angeprangert sondern zwei
gelangweilte und sehr nervige Hausfrauen in den Fokus gerückt, die
blödgrinsend und tanzend Verbrechen begehen die man zu Hause "ruhig
nachmachen" kann, denn die beiden Ermittler, die ihnen auf den
Fersen sind, sind unterbelichtet und eigentlich ist doch alles gar
nicht sooo schlimm. Der Humor passt leider nicht immer und wird mit
unnötig zotigem Fäkalhumor torpediert und die Message, sofern es
eine gibt, ist zumindest fragwürdig. Ja, man kann sich den Film
durchaus ansehen, aber man könnte genauso gut Coupons aus der
Zeitung ausschneiden und damit vergünstigt einkaufen gehen, womit
die Zeit sinnvoller verbracht wäre.