Geschrieben: 17 Juni 2022 05:52
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Michael Speier youtube.com/MichaelSpeier
Film: 4/20
Bild: 7/10
Ton: 10/10
Ausstattung: 5/10
Mit „Morbius“ bekommt nun der nächste Anti-Held nach „Venom“ seinen
eigenen Film und es ist wohl kein Geheimnis mehr, dass Sony an
seinem eigenen Filmuniversum voller Marvel-Schurken arbeitet, die
sich irgendwann zu den „Sinister Six“ zusammenschließen und den
Kampf gegen Spider-Man aufnehmen sollen. Ob das Publikum nach der
durchwachsenen inhaltlichen Qualität und den inszenatorischen
Defiziten der ersten Venom-Filme und der schier unübersichtlichen
Masse an Superheldenfilmen noch ein weiteres Experiment dieser Art
sehen möchte ist natürlich fraglich, zumal die Freigabe „ab 12“ der
FSK bereits im Vorfeld für so manches Stirnrunzeln gesorgt hatte.
Ob „Morbius“ das Zeug hat, das bisher eher mittelprächtige
Marvelschurken-Franchise auf Tour zu bringen, und wie die
technische Seite der Blu-ray Disc aus dem Hause Sony Pictures Home
Entertainment ausgefallen ist, klärt die nun folgende
Rezension.
Story:
Dr. Michael Morbius (J. Leto) leidet seit seiner Kindheit an einer
seltenen Blutkrankheit, weshalb er sich der Biochemie verschreibt,
um selbst die Möglichkeit zu haben an einer Heilung zu forschen.
Finanziert wird er dabei von seinem Kindheitsfreund Loxias „Milo“
Crown (M. Smith), der sein gesundheitliches Schicksal teilt. Mit
der Entdeckung einer seltenen Art der Vampirfledermaus, scheint ein
Forschungserfolg in greifbare Nähe zu rücken. Überzeugt ein
Heilmittel gefunden zu haben, verabreicht sich Dr. Morbius das
entwickelte Serum, doch anstatt ihn zu heilen, bewirkt die
Injektion eine verheerende Veränderung der DNS und verwandelt ihn
in eine Art Vampir, ausgestattet mit der Kraft und Schnelligkeit
eines echten Blutsaugers, jedoch immun gegen Sonnenlicht und
Kruzifixe. Diese Eigenschaften könnten ein echter Segen sein, wäre
da nicht der schier unstillbare Durst nach Menschenblut, welchen
Morbius mit künstlichen Blutkonserven versucht in Schach zu halten.
Als sich plötzlich Leichen in den Straßen stapeln, denen das Blut
ausgesaugt wurde, wird FBI Agenten Stroud (T. Gibson) auf die Sache
aufmerksam und glaubt in Morbius den Täter gefunden zu haben. Ist
Morbius noch Herr seiner Sinne, oder treibt sich am Ende noch ein
anderer Vampir in den Straßen herum? …
Es ist schon einige Zeit her, dass der erste Trailer zu „Morbius“
veröffentlicht wurde, doch aufgrund widriger Umstände wie
Pandemiebeschränkungen und geschlossener Lichtspielhäuser wurde der
Film immer und immer und immer und immer wieder verschoben, bis er
letztendlich im Kino anlief, wo er allerdings nur mäßig freundlich
aufgenommen wurde. Vor allem die Freigabe „ab 12“ stieß bereits vor
der Ansicht des Films bei vielen Fans auf Unverständnis. Kein
Wunder, schließlich ist die Comicvorlage nicht gerade für ihre
familienfreundliche und gewaltfreie Gangart berühmt. Dabei ist der
hier vorliegende Film inhaltlich an sich gar nicht schlecht und
bietet einem interessanten und ambivalenten Charakter die Bühne, um
sich zu entfalten. Leider kränkelt der Film aber an den gleichen
Mankos, die auch schon bei „Venom“ zu bemängeln waren. Eigentlich
wäre die Figur perfekt geeignet, um einen bluttriefenden
Anti-Helden-Actioner für Erwachsene zu kreieren, der sich in
sämtlichen Punkten von der glatten, weichgespülten und im Großen
und Ganzen familientauglichen MCU-Superhelden-Strahlemann-Masse
abhebt, wie es seinerzeit „Blade“, „The Punisher“, „Spawn“, „The
Crow“ oder in jüngster Vergangenheit „Deadpool“ und „Wolverine“
taten. Aber trotz der finanziell erfolgreichen und von Publikum wie
Kritik wohlwollend aufgenommenen Erwachsenen-Superheldenfilme der
gerade genannten Liste visiert man wider besseres Wissen ein
jüngeres Publikum an und vergrellt letztendlich beide Zielgruppen
damit: Die Erwachsenen, weil der Film trotz aller Brutalität nicht
konsequent genug ist und die Jüngeren, weil der Film einfach zu
düster, gewalttätig und ernst ist, um wirklich Spaß zu
machen.
Nichtsdestotrotz bietet „Morbius“ solide Unterhaltung und hat
einige gute Ansätze zu bieten. Die Geschichte über den sehr
tragischen Antihelden, der im Zwiespalt mit sich selbst ist und
sich sowohl seinen inneren als auch den äußeren „Dämonen“ stellen
muss ist stimmig erzählt (trotz zahlreicher, gravierender
Logiklöcher) und auch wenn die ganze Geschichte recht schnell
vorhersehbar wird und in einigen Punkte an den ersten Film, mit dem
deutlich cooleren und deutlich härter umgesetzten Marvel-Vampir
Blade erinnert, bleibt der Film alles in allem unterhaltsam. Das
liegt zum einen an dem sehr vorsichtig dosierten, überwiegend
schwarzen Humor und zum anderen an der düsteren Stimmung, die sich
trotz Blick auf die Familie als Zielgruppe mehr nach Horrorfilm
denn nach Superhelden-Action anfühlt. Zumindest, bis am Ende
erwartungsgemäß die „Sau rausgelassen“ wird, und ein CGI-Overkill
den nächsten jagt, wobei die von „Venom – Let there be Carnage“
sehr hoch angesetzte Messlatte an mittelprächtigen CGI-Effekten bei
weitem nicht erreicht wird. Obendrein bekommen wir leider auch den
peinlichsten Tanz-Auftritt seit „Spider-Man 3“. Es hat fast den
Anschein, als hätten die Sony-Marvel-Produktionen ein Abo auf
derart peinliche Szenen.
Kurz gesagt: Ein wenig mehr Mut hätte Morbius gut zu Gesicht
gestanden und ihn zu einem exzellenten Film machen können –
zumindest im Rahmen der von der Vorlage gegebenen Möglichkeiten.
Die Masken, beziehungsweise CGI-Effekte sind recht brauchbar, die
Action mitunter brachial, aber wenn jemand den Kopf abgerissen
bekommt, dann sollte auch Blut spritzen. Es ist natürlich so, dass
ein Film, der eine Geschichte erzählt und dies nicht ohne die
Zurschaustellung von extremer Gewalt bewerkstelligen kann, es im
Grunde genommen auch mit Blut und Eingeweiden nicht hinbekommt,
aber wenn man schon einen Comic wie diesen verfilmt, dann sollte
man der Vorlage in gewisser Weise gerecht werden, damit das
Publikum auch bekommt was es erwartet. Ein Erwachsenen-Film für
Kinder, das funktioniert nun einmal nicht wirklich. Trotzdem kann
man sich „Morbius“ definitiv ansehen und kommt auch zum Teil auf
seine Kosten, vorausgesetzt man weiß, worauf man sich einlässt. Die
Weichen für eine Zusammenkunft der Sinistren Sechs im Stile der
„Avengers“ wird jedenfalls bereits vorbereitet, und auch die Bezüge
zu „Spider-Man – No Way Home“ und „Dr. Strange in the Multiverse of
Madness“ sind bereits vorhanden. Ob man das gutheißen kann oder
nicht, aber es deutet alles darauf hin, dass das eh bereits
unübersichtliche Marvel-Universum in absehbarer Zeit noch ein wenig
größer werden wird.
Bildqualität:
Das glasklare Bild der vorliegenden Blu-ray besticht nicht
unbedingt mit herausragenden Werten. Es hat fast den Anschein, als
würde man qualitativ bewusst und willentlich auf Sparflamme kochen,
um die (mutmaßlichen) Vorteile der ebenfalls erhältlichen 4k-UHD
hervorzuheben, die sonst unter Umständen nicht so gravieren
ausgefallen wären. Aber hierbei handelt es sich um Mutmaßungen, die
an dieser Stelle mangels Vergleichsexemplar nicht bestätigt oder
dementiert werden können. Fakt ist, dass das Bild für eine aktuelle
Blu-ray Disc mit einem Big-Budget-Titel eines Mayor-Labels
eigentlich besser aussehen müsste. Die Schärfe bewegt sich
durchgängig im guten bis sehr guten Bereich, erreicht aber nur sehr
selten Spitzenwerte. Das gleiche gilt für die Farben, die zwar
genrebedingt ohnehin ein wenig zurückhaltend sind, aber deutlich
kräftiger und satter hätten aussehen können. Auch hier gibt es ein
paar positive Ausnahmen, die aber leider zu selten sind. Dem
Kontrast fehlt ebenfalls der letzte Feinschliff. Dunkle Flächen
sind nur selten richtig schwarz, neigen aber dazu, Details zu
verschlucken und alles ein wenig matschig aussehen zu lassen. Helle
Szenen neigen hingegen dazu zu überstrahlen, aber diese Szenen
sind, wie man sich denken kann, eher selten. Dazu kommt, dass sich
hie und da Kompressionsartefakte abzeichnen – auch das dürfte
eigentlich nicht sein. Möglicherweise handelt es sich bei dem uns
zur Verfügung gestellten Pressemuster auch um ein qualitativ
reduziertes Muster, aber das wäre sehr ungewöhnlich und ist in
dieser Form bisher noch nie vorgekommen.
Tonqualität:
Der Ton liegt in deutscher und englischer Sprachfassung (sowie in
französischer, optional sogar mit Audiodeskription und türkischer
Synchronfassung) in dts-HD Master 5.1 vor und klingt an den
Möglichkeiten des Codex gemessen phantastisch. Der Subwoofer drückt
ordentlich aufs Gas, fast permanent lassen sich Umgebungsgeräusche
und gut ortbare direktionale Effekte aus den hinteren Kanälen
ausmachen, die Dialoge sind dynamisch und jederzeit gut
verständlich abgemischt und selbst die Lautstärke stimmt. Mehr kann
man aus einer dts-HD Master Tonspur kaum herauskitzeln. Die
deutsche Synchronfassung entstand bei der lyuno-SDI Group Germany
in Berlin unter der fähigen Regie von Björn Schalla nach einem
Dialogbuch von Sven Hasper. Über Jared Leto hören wir Jaron
Löwenberg, Matt Smith wird von Tobias Nath synchronisiert und Adria
Arjonea erhielt die deutsche Stimme von Giuliana Jakobeit. Des
Weiteren bekommen wir mit Alexander Doering, Tobias Kluckert,
Joachim Tennstedt und Lutz Schnell noch weitere fähige Sprecher zu
hören.
Ausstattung:
Im Bonusmaterial tummeln sich ein paar verpatze Szenen und einiges
an Werbematerial, welches teils so gekennzeichnet ist, teils in
„Features“ versteckt wird. Wir erfahren dabei zwar einiges über die
Hintergründe der Figur und des Drehs, und was der Regisseur doch
für ein dufter Typ ist, aber alles in allem wirkt das gesamte
Bonusmaterial sehr oberflächlich und nichtssagend. Nett ist
hingegen das Feature in dem uns (einige) der zahlreichen im Film
versteckten „Easter Eggs“ offenbart werden, die vermutlich
andernfalls nur von Hardcore-Fans erkannt worden wären. Trotzdem
bleibt auch hier der Eindruck haften, dass man damit nur darauf
hinweisen wollte, wie genial der Film doch in Wahrheit ist.
Fazit:
Technisch ist die blaue Scheibe absolut in Ordnung. Auch wenn der
Eindruck entsteht, man würde den Film technisch auf Sparflamme
köcheln lassen, um die Vorteile der 4k-UHD weiter hervorzuheben,
gibt es im Großen und Ganzen nicht viel an der Präsentation
auszusetzen. Das Bonusmaterial hätte allerdings etwas umfangreicher
und das Bild etwas besser sein können. Der Film bietet im Grunde
solide Unterhaltung, ist allerdings weder auf ein jugendliches noch
für ein erwachsenes Publikum zugeschnitten. Die düstere Atmosphäre
und Horror-Szenerie gepaart mit der überwiegenden Ernsthaftigkeit
und der brachialen Gewalt wird ein jüngeres Publikum vergrellen,
während die inkonsequente Umsetzung der Gewaltszenen ein
erwachsenes Publikum verärgern wird. Man kann nun einmal keinen
Film für alle machen, sondern sollte sich im Vorfeld im Klaren
darüber sein, wem man gefallen möchte. Wenn man mit allen anbiedern
will, macht man es letztendlich keinem Recht. Vielleicht wäre hier
eine härtere Schnittfassung genau das gewesen, was der Film und vor
allem der Charakter gebraucht hätte.