Geschrieben: 30 Mai 2022 15:10
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Michael Speier youtube.com/MichaelSpeier
Story:
9/10
Bild:
8/10
Ton:
8/10
Ausstattung:
3
/10
Einleitung:
Die Regisseure und Drehbuchautoren
Jemaine Clement und Taika Waititi schufen mit ihrer, auf dem
eigenen Kurzfilm basierenden Mockumentary „5 Zimmer, Küche, Sarg“
ein kleines Meisterwerk des absurden Humors, welches sehr
erfolgreich in der gleichnamigen Serie „What we do in the Shadows“
fortgesetzt wurde. Neben der eben genannten Serie schufen die
beiden einen weiteren Ableger, der sich zwei Nebenfiguren des Films
widmet – den beiden Polizisten Minogue und O´Leary von der
Wellington Police: Wellington Paranormal. Inzwischen bringt es auch
diese, 2018 gestartete Serie, auf vier Staffeln, von denen die
ersten drei nun in Form eines 3-Disc-Box Sets von LEONINE auf den
deutschen Markt gebracht wurden. Was die Serie zu bieten hat und
wie sie sich in technischer Hinsicht schlägt, klärt die nun
folgende Rezension.
Film:
Die neuseeländische Hauptstadt ist
eine Brutstätte übernatürlicher Aktivitäten. Deshalb beschließt
Sergeant Maaka, die erste paranormale Einheit der Polizei von
Wellington einzurichten. Die beiden Streifenpolizisten Minogue und
O’Leary sind ein eingespieltes Team und bilden ab sofort die
Spezialeinheit, die sich um die übernatürlichen Fälle kümmert.
Fortan haben sie es mit besessenen Teenagern, außerirdischen
Klonen, Dämonen, Geistern oder auch den natürlichen Folgen des
Vollmondes zu tun. Dabei treffen sie auch auf einige bekannte
Gesichter - den blutrünstigen Vampir Nick und den Werwolf Dion. Mit
der Zeit stoßen der übereifrige Wachmeister Parker und der
Parkranger Anton zum Team und die Monster werden größer und die
Spukgeschichten noch lächerlicher, aber die Paranormal Unit nimmt
alles gelassen. (Pressetext Leonine)
Die Idee dieser Serie basiert auf
einem Kurzauftritt der beiden Hauptfiguren O´Leary und Minogue in
dem Spielfilm „5 Zimmer, Küche, Sarg“, in welcher die beiden vor
Inkompetenz strotzenden Beamten die Vampir-WG aufsuchen und mit
stoischer Gelassenheit alles ignorieren was ihnen als zu gefährlich
oder gar unwahrscheinlich erscheint. Aus genau dieser Prämisse
bezieht die hier vorliegende Serie ihren Charme, denn selbst wenn
die beiden Polizisten ganz eindeutig mit übernatürlichen Phänomenen
konfrontiert werden, bleiben sie ruhig und erledigen ihre Pflicht
nach Lehrbuch – allen Widrigkeiten zum Trotz. Im Laufe der Zeit
wird dies immer absurder und witziger, wobei der Serie
glücklicherweise weder die Ideen noch die Puste ausgeht. Egal ob
Aliens, Geister, Werwölfe oder Seeungeheuer – die wackeren
Wachleute werden mit jeder Situation fertig.
Die Serie ist dabei ähnlich aufgebaut
wie der Film, beziehungsweise die Serie „What we do in the
Shadows“. Ein Kamerateam folgt den beiden Polizisten bei ihrer
täglichen Routine und begleitet sie zu ihren ungewöhnlichen
Einsätzen. Dass das Team den beiden dabei auch in den streng
geheimen Besprechungsraum (eine Besenkammer!) oder in
lebensgefährliche Situationen folgt (tatsächlich kommt ein Teil des
Kamerateams sogar ums Leben), was vollkommen unsinnig und
realtitätsfern ist, lassen wir einmal außer Acht, denn eigentlich
ergibt nur wenig von dem, was wir hier zu sehen bekommen, in der
Realität Sinn. Aber dadurch wird es sogar noch lustiger. Besonders
die Interviews mit den Polizisten oder Beteiligten sind ein
unerschöpflicher Quell des Amüsements, vorausgesetzt, man hat etwas
für derartige Albernheiten übrig. Der neuseeländische Humor ist dem
Britischen nicht unähnlich, hat allerdings noch weniger Scham und
schreckt auch vor Gewalt, Blut und Schockmomenten nicht zurück. Vor
allem für Filmfans wird einiges geboten, denn nahezu jede Episode
beinhaltet Bezüge zu Filmen, Serien, Romanen oder andere
Popkulturelle Geschehnisse.
Die erste Staffel punktet noch mit
einer Art naivem Charme und Absurditäten, die sich primär im
Hintergrund abspielen. Nahezu jedes Mal, wenn O´Leary oder Minogue
dem Kamerateam ein Interview geben, passiert irgendetwas absurdes
im Hintergrund. Ab Staffel zwei kommt dies nur noch selten vor,
dafür werden die Monster größer und man erkennt deutlich das
gestiegene Budget – oder zumindest sieht es danach aus. Leider sind
gerade die großen Monster (als Beispiel sei hier der Taniwah in der
ersten Episode der zweiten Staffel genannt) deutlich als
CGI-Kreaturen zu erkennen, aber da man sie nur selten sieht und in
manchen Fällen sogar nur verpixelt, lässt sich das verschmerzen.
Die übrigen Effekte, gerade die Masken, sind hingegen solide und
ordentlich, besitzen aber dennoch einen gewissen Trash-Faktor, was
die Serie sogar noch witziger macht.
Bildqualität:
Das Bild unterliegt einigen
Schwankungen, insbesondere wenn die Staffeln wechseln. Die erste
Staffel ist qualitativ noch ein wenig durchwachsen und neigt häufig
zu Unschärfen, allerdings liegt dies ein gutes Stückweit in der
Natur der Sache, denn immerhin kommen hier (wenn auch nur dem
Schein nach) zum Teil Überwachungskameras oder Dash-Cams zum
Einsatz. Alles in allem ist die Staffel dennoch grundsolide und
gerade durch die kleineren Mankos sehr authentisch. Ab Staffel 2
ist dann Schluss mit unscharfen Bildern, und auch wenn hier
weiterhin der Schein gewahrt wird, man wäre mit einem Kamerateam
live dabei, sind die Bilder zumeist gestochen scharf und bilden
auch kleinere Details sauber ab. Die Farbgebung ist
staffelübergreifend ein wenig ins Bläuliche verschoben, wodurch das
Bild zumeist unnatürlich aussieht, aber auch hier darf von einem
gewollten Stilmittel ausgegangen werden. Alles in allem stößt man
bei dieser Art des Filmemachens leicht an seine Grenzen und muss
den Spagat zwischen glaubhaft und cineastisch, zwischen TV-Show und
Reality-TV schaffen – aber das ist glücklicherweise
gelungen.
Tonqualität:
Akustisch macht die Serie in allen
drei Staffeln ordentlich was her. Die Dialoge (immerhin wird uns
hier eine Dokumentation vorgegaukelt) sind jederzeit optimal zu
verstehen und werden klar priorisiert. Dazu gibt es haufenweise
Umgebungsgeräusche und ein „Soundtrack“ der immer wieder für
Spannung sorgt, aber eher im Hintergrund bleibt. Einzige Ausnahme
sind hier der Vor- und Abspann, wobei die Titelmelodie (offenbar
gewollt) ein wenig an „Akte X“ erinnert. Besonders hervorzuheben
ist der enorme Einsatz des Tieftöners, was man bei einer derartigen
Produktion vermutlich eher weniger erwartet hätte. Die deutsche
Synchronfassung entstand nach einem Dialogbuch und unter der Regie
von Stefan Kaiser und Jörg Heybrock bei der Studio Hamburg Synchron
GmbH und setzt auf unverbrauchte, aber fähige Sprecher wie Fabian
Oscar Wien über Minogue und Nurcan Özdemir über O´Leary. Des
Weiteren hören wir noch Daniel Welbat, Marco Rosenberg, Armin
Schlagwein und zahlreiche andere Sprecher, die ihren Job ganz
hervorragend meistern und der Serie auch in der Synchronfassung
eine enorme Authentizität verleihen.
.
Ausstattung:
Das Bonusmaterial besteht aus einer
bunten Mischung aus Behind-The-Scenes-Material, Interviews,
Hintergrundinformationen und verpatzten Szenen und erlaubt dabei
einen ordentlichen und informativen Blick hinter die Kulissen.
Allerdings merkt man hier auch, wie viel Spaß das Team bei der
Arbeit hatte und man sollte selbst ernstzunehmende Features nicht
allzu Ernst nehmen, denn im Vordergrund des gesamten Materials
steht der Spaß und der Unfug. So kann man also mit Fug und Recht
sagen, dass man nach der Sichtung des Bonusmaterials zwar ein wenig
mehr über die Produktion weiß, aber in erster Linie gut unterhalten
wurde.
Fazit:
Wer „What we do in the Shadows“
mochte wird auch bei „Wellington Paranormal“ voll auf seine Kosten
kommen, denn die Serie bietet alles, was auch den Film „5 Zimmer,
Küche, Sarg“ und die darauf aufbauende Serie über die moderne
Vampir-WG zu einem Erfolg machte: Jede Menge abgefahrener, teils
alberner Humor, Grusel und Absurditäten. Die Darsteller wachsen
einem sofort ans Herz und man kann einfach nicht wegschalten, wenn
die Serie einmal gestartet wurde. Daher ist absolute Vorsicht
geboten: Hohes Suchtpotential!